24h-Rennen: Letzte Ausfahrt Nürburgring?

Den Titel kann man deuten. Bestimmte Situationen kann man „so und so“ empfinden. Man kann Situationen schönen. Auch Teile. - Körperteile z.B.mit Silicon. Statistiken mit Zahlen, z.B.  Zuschauerzahlen. Das beeindruckt Unwissende. Aber hinter der Fassade von geschönten Zahlen gibt es die Realität. Keine 200.000 Zuschauer. - Und ab wann sind Besucher Zuschauer? - Keine Frage: Das 24-Stunden-Rennen 2015 war ein großes Fest. - Für manche ein teures. - Für einige ein Fest, das sich gelohnt hat. Es gab eine erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit. - Für den Nürburgring? - Man sollte versuchen nüchtern eine Bilanz zu ziehen. Sollte die Situation des Nürburgrings realistisch betrachten. - Was passiert jetzt in den Wochen danach? - Ist die Nürburgring-Nordschleife eigentlich noch eine Rennstrecke? - Bei „facebook“ war zu lesen: „Totgesagte leben länger.“ - Man muss daran glauben und zur Sicherheit die richtigen Ärzte konsultieren. Quacksalber sollte man meiden. - Motor-KRITIK zieht am Ende einer öffentlichkeitswirksamen Veranstaltung Bilanz. - Hubert Hahne, einer meiner Brüder, der Rennfahrer, der als Erster die alte Nürburgring-Nordschleife mit einem Renntourenwagen – seriennah – in einer Zeit unter 10 Minuten umkreiste stellte am Rennsonntag in einem Fax an mich, an Motor-KRITIK, als seine Meinung fest: „“Geschwindigkeits-Begrenzungs-Schilder sind ein Armuts-Zeugnis für alle. Für die Rennleitung und die Akteure.“

24h-Rennen: Letzte Ausfahrt Nürburgring?

Offensichtlich gibt es zwei Nürburgring-Nordschleifen. Die eine ist die, die der DMSB-Provinzveranstaltung „ADAC-24-Stunden-Rennen“ als Basis dient, die andere die, die die FIA als Rennstrecke für zwei Weltmeisterschaftsläufe der Tourenwagen (WTCC) am gleichen Wochenende nutzte.

Bei der Provinzveranstaltung gab es 151 Starter mit einer bunten Mischung von Rennfahrzeugen mit z.T. teuren elektronischen Ausstattungen auf einer Rennstrecke, die auf einem bedeutenden Teil der Strecke Geschwindigkeitsbeschränkungen aufwies. Wozu dann die Fahrer auch eine Zusatz-Lizenz des DMSB, der nationalen Motorsportbehörde, ein „Nordschleifen-Permit“ benötigten.

Bei den Weltmeisterschaftsläufen, unter Aufsicht der FIA, konnte man mit viertürigen Limousinen starten, die noch nicht einmal ein ABS aufwiesen und auch keine Rücksicht auf vom DMSB – dem „Provinz“-Verein (?) – verhängte Geschwindigkeitsbegrenzungen nehmen mussten. Die Fahrer benötigten auch kein „Nordschleifen-Permit“. - Das unterscheidet eben Welt- von Provinz-Klasse!

Aber bei der Provinz-Veranstaltungen waren zehn Mal mehr Fahrzeuge am Start. Zu auch deutlich höheren Kosten. Die gegenüber den Vorjahren deutlich geringere Anzahl von Eintrittskarten wurde aber an Leute verkauft, die noch nicht einmal – primär – wegen eines 24-Stunden-Rennens gekommen waren, das in diesem Jahr durch Geschwindigkeitsbeschränkungen, Nordschleifen-Permit, BoP, Mindestandzeiten, Benzindurchflussmengenbegrenzer und die in schwindelnde Höhe getriebenen Teilnahmekosten insgesamt bestimmt war, sondern wegen der Möglichkeit, einmal eine besondere Art von „Vatertag“ in der wilden Atmosphäre der Eifel-Natur – sozusagen in einer „Langstreckenversion“ - ungehemmt zu verbringen.

Einer der Besucher, die durch die Fernsehberichterstattung der letzten Jahre zu einem Besuch angeregt wurde, schildert auf „facebook“ die erlebte Wirklichkeit so – das wird nachstehend nur ausschnittsweise wiedergegeben:

„24 Stunden Rennen 2015 DANKE NIE WIEDER !!
Dieses Jahr wollte ich mit meiner Familie (Anmerkung: drei Personen) ein paar schöne Tage an der Strecke bei Grillgeruch und Lagerfeuer verbringen. So wie es im TV immer so schön dargestellt wird.“
...
Der erste Schock: Die Preise. Da bin ich mal eben fürs Campen 476 Euro los !!
Dafür sind wir nun im Wippermann. Es ist noch vieles frei  - ABER alles mit Flatterband abgesperrt.
...
Also stelle ich fest: Lagerfeuerromantik beim 24 Stunden Rennen ist Saufen bis zum Umfallen und festzustellen wer die lauteste Musikanlage an den Ring karren kann. Motorsport ist hier Nebensache.
Aber dazu passen die anwesenden Security Personen, die mit den Worten "Ich bin mein eigener Chef" den 3. Wodka in sich hineinschütten und zuschauen wie Fahrzeuge von Zuschauern beschädigt werden.
Kommen wir zum Programm:
WTCC ..... 17 Autos, von denen ich 14 gesehen habe.
Porsche Carrera Cup ....... 22 Autos auf 25km ......
Youngtimer....tolle Autos , volles Feld.....das einzige von dem ich behaupte das es ein gelungenes Rahmenprogramm war.
24H Rennen.....150 Starter....so wenig waren es lange nicht, aber ich denke das dies der Unmenge an GT3 Fahrzeugen geschuldet ist, denn da stören die Kleinen Amateure ja nur.
Leider war das Feld am Sonntag Morgen so ausgedünnt, dass wir früh nach Hause konnten.
Ihr könnt jetzt darüber denken wie ihr wollt, aber für knapp 500 Euro fahr ich lieber irgendwo hin wo ich nicht …

Wenn ich ich allerdings Lust auf 4 Tage durchgehend laute Musik, eine Ansammlung von besoffenen Vollpfosten, beschmierte Toiletten und schwaches Programm für viel Geld haben will, dann fahr ich vieleicht nochmal hin......zum 24h Rennen.“

Ein anderer Leser schreibt an Motor-KRITIK direkt. Auch hier nur Auszüge:

Ich „...habe die schönste Zeit am Ring live erleben
dürfen und merke immer mehr, dass das alles nicht mehr meine Welt
ist.

Lügner, Heuchler, Egoisten, Ingnoranten!!!!

Was haben unsere Demos gebracht, die Versammlungen in Adenau usw. - NICHTS.

Ich freue mich jetzt auf die Ferrari Days in Spa. Um den Ring mache ich weiterhin
einen großen Bogen.“

Einzeldarstellungen, die nicht ernst genommen werden sollten? - Vielleicht von den „Pragmatikern“ nicht, die versuchen im richtigen Moment immer der richtigen Meinung zu sein; der Meinung, die der jeweilige Gesprächspartner hören will. Und die auf ihre Chance lauern, irgendwie aus Allem (!) ein Geschäft zu machen.

In einem aktuellen – und lesenswerten (!) Bericht von „Auto-Bild“ ( http://www.autobild.de/artikel/24h-rennen-nuerburgring-reportage-5763114... ) wird die Situation des 24-Stunden-Rennens am Nürburgring so sehr gut zusammenfassend dargestellt:

„Die Kult-Veranstaltung ist dabei, sich selbst abzuschaffen.“

Offensichtlich von einem Journalisten geschrieben, der nicht nur mit offenen Augen durch die Welt geht, sondern auch seine vielen kleinen Eindrucks-Puzzle-Stücke zu einem richtigen Bild zusammen setzen kann.

Die Nürburgring-Nordschleife ist derzeit...

...wie ein Patient auf einer Intensivstation. Er hängt an unzähligen Schläuchen die unzählige „Einstiche“ erfordern, die alle lebenserhaltend sein sollen. Im Fall der Nordschleife wurden sie von Quacksalbern verschrieben und sind – eigentlich – nicht ernst zu nehmen. - Achten Sie nur auf auf den Anteil der Strecke, die mit Geschwindigkeitsbeschränkungen bedacht wurde.

Ich weiß die Leistungen der einzelnen Fahrer zu schätzen. Die fahrerische Leistung! - So sie Werksfahrer sind, haben sie zwar unter den Reglementierungen gelitten, haben geschwiegen, sind gefahren. Die Kosten haben die Werke getragen, die nun am Ende des Rennens die gegenseitigen Leistungen loben. - Weil man das so macht. Und weil man eigentlich auch verlernt hat, wirklich ehrlich zu sein.

BMW muss nun seinen Z4 GT3 ins Museum stellen, ohne dass man jemals damit einen Sieg beim 24-Stunden-Rennen einfahren konnte. Das wäre wichtig gewesen, denn das – immer noch vorhandene (!) Ansehen der Nürburgring-Nordschleife adelt ein Modell durch einen Sieg auf dieser Strecke. - Auch wenn jetzt etwas Tourenwagenähnliches neu kommt. - Weil das Marketing... -

Aber es ist keine Frage: Audi hatte das beste Auto für dieses Rennen an den Start gebracht. Und als einer der bedeutenden Sponsoren hat man dann in „unserer Zeit“ auch – irgendwie – einen Anspruch auf den Sieg.

Bentley hat von drei eingesetzten Fahrzeugen zwei innerhalb von 20 Minuten nach 16 Uhr über die Ziellinie fahren lassen. Eins kam wirklich über die ganzen 24 Stunden, ein anderes musste aufwändig instand gesetzt werden. - Das ist immerhin anerkennenswert.

Eigentlich ist das 24-Stunden-Rennen – wenn man es genau nimmt (!) - keine Sportveranstaltung mehr, die nach dem Motto abläuft: Der Beste soll gewinnen.

Beim 24-Stunden-Rennen wird an vielen Stellschrauben gedreht, die das zu vermeiden suchen. Und irgendwie verkommt dann das Ganze zu einer „Kirmes“, deren Rahmen so 'ne Art Rennen bildet. Kein Wunder, dass der DMSB es nicht beanstandet, wenn z.B. ein Inhaber einer von ihr vergebenen Internationalen Lizenz, Martin Tomczyk, bei einer anderen „Kirmes“-Veranstaltung (von Stefan Raab), einem „Crash-Rennen“ teilnimmt, mit der Anmerkung, dass es sich da ja nicht um eine Motorsport-Veranstaltung handeln würde. - Das ist das 24-Stunden-Rennen auf einer Rennstrecke mit Geschwindigkeitsbeschränkungen eigentlich auch nicht. Vielleicht braucht man deswegen auch ein „Nordschleifen-Permit“!

Der ADAC-Nordrhein wird sicherlich sagen, dass er dieses „Rennen“ (?) nicht unter dem Gesichtspunkt des Geldverdienens durchgeführt hat. Es war wohl mehr eine Feier für seine Mitglieder, die den Gesamt-Etat nicht belasten durfte.

Man scheint wirklich „arm dran“ zu sein in Köln und München! - Das ist es nicht nur durch die „Enthüllungen“ über unkorrektes Verhalten in der Vereinsführung in der Vergangenheit, sondern auch mit dem wohl nun nur noch vorhandenen „Tunnelblick“ in Richtung Gewinne zu erklären. Das Gefühl für – auch notwendige (!) - kleine Ausgaben scheint verloren verloren gegangen.

Während rings um Nürburg während des „ADAC 24-Stunden-Rennens“ „der Bär tobte“...

...vermittelte das Grab des ehemaligen ADAC-Präsidenten (zwischen 1964 und 1972), Hans Bretz, auf dem Friedhof in Nürburg den Eindruck, den auch der ADAC und der DMSB (an dem der ADAC natürlich beteiligt ist und einen wesentlichen Einfluss durch den Vater des o.g. Rennfahrers ausübt) vermittelt, dass man seine Wurzeln vergessen hat und damit auch die Menschen, die vor langer Zeit auf korrekte Art die Basis für eine helfende Arbeit für die immer mehr werdenden – und von der Politik inzwischen „gemolkenen“ - Autofahrer geschaffen haben.

Wie heißt es aktuell doch auf der Interseitseite von „Auto-Bild“ ganz richtig:

  • „Die Kult-Veranstaltung ist dabei, sich selbst abzuschaffen.“

Und der Nürburgring leidet darunter. Und damit – auf Sicht gesehen – eine ganze Region.

Jetzt in den Wochen nach dem Rennen wird es ernsthafte und klare Gespräche der beim Rennen so freundlich und verbindlich wirkenden Industrievertreter mit den derzeitigen Pächtern der capricorn NÜRBURING GmbH geben. Die Industrie ist nicht bereit, die Geschwindigkeitsbegrenzungen im Testbetrieb zu respektieren, wie es der Nürburgring-Pächter fordert. Auch vorher wurden die für den Touristenverkehr aufgestellten Schilder mit Geschwindigkeitsbeschränkungen dann weggedreht, wenn die Industrie die Nordschleife als Teststrecke nutzte.

Außerdem möchte die Industrie die Rennstrecke Nürburgring-Nordschleife weiterhin fǘr „Rekordversuche“ nutzen, die sie als aus Marketinggründen in vielen Teilen der Welt sehr gut PR-mäßig nutzen kann. - Weniger in Deutschland.

Ist die „Nürburgring-Nordschleife“ noch zu retten? - Motor-KRITIK hat vor einigen Tagen seine Leser gefragt. Natürlich sind die Aussagen – bzw. die Wertung in Prozent (der geringen Zahlen wegen) - nicht repräsentativ, aber – ehrlich:

  • 46 Prozent stellen fest: Die Lage ist ernst!
  • 23 Prozent meinen resigniert aber überzeugt: Das war's!
  • 16 Prozent empfinden die Situation so: Unübersichtlich!
  • 13 Prozent finden: Aktuell alles ärgerlich!
  •   1 Prozent sagen klar: Interessiert mich nicht
  •   1 Prozent finden: Alles OK!

Ich möchte die Leser dieser Geschichte bitten, durch die Abgabe ihrer Stimme (rechts auf dieser Internetseite) mit dazu beizutragen, dass auch der ADAC – oder auch der neue Investor! - diese Abstimmung ein wenig ernster nimmt.

Es wäre gut, wenn sich die Herren (und Damen) „da oben“ nicht weiter etwas vormachen, sondern sich an der Realität orientieren würden!

Kurt Beck (SPD) verantwortet, dass der Nürburgring an der gewollten Über-Größe scheiterte.
Malu Dreyer (SPD) verantwortet die zweite Phase des Niedergangs, durch die „Förderung“ eines nicht solventen Mittelständlers zum Kauf-Favoriten. - Daran ändert auch eine Regierungsumbildung nichts.

Die Region wartet auf einen Retter!

Der Nürburgring ist so wichtig und bedeutend, nicht nur für die Menschen hier, dass sich ein Einsatz lohnt und sinnvoll ist!

Mein Bruder Hubert stellt in dem schon erwähnten Fax an mich fest:

„Der Nürburgring ist die schönste und schwierigste Rennstrecke der Welt.“

Und wertet aufgrund vorhandener internationaler Erfahrung:

„Sie ist der 'Mount Everest' aller global existierender Pisten.“

Noch Fragen?

MK/Wilhelm Hahne

PS: Motor-KRITIK hätte noch eine: Wie wäre es denn mit einem Abo? (Auch wenn Nürburgring-Geschichten kostenlos sind!)

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