Jens Lieser: Ein Insolvenz-Problemlöser?

Je länger die Abwicklung der Insolvenz in Eigenverwaltung der Nürburgring GmbH und ihrer Satelliten dauert, je mehr Zwischenfälle eine normale Abwicklung unterbrechen, je mehr Zwischenlösungen gefunden werden, desto undurchsichtiger wird das Verfahren und seine Abwicklung. Wer hat da noch die Übersicht? - Wer schaut da überhaupt noch – nach so langer Zeit – intensiv und genau hin? - Motor-KRITIK hat vor Wochen eine kleine Umfrage gestartet, um die Stimmung unter seinen Lesern zu erfahren, die sicherlich zu den gut Informierten in Sachen Nürburgring-Insolvenz zu zählen sind. Einer davon schreibt in diesen Tagen: „Ihre Kenntnisse über personelle, politische und finanzielle Verflechtungen der Handelnden rund um den Nürburgring ist wohl einmalig.“ - Wenn das so wäre, fänden wir das bedauerlich. Denn wir wüssten gerne mehr, werden aber überall eingebremst, erhalten keine oder unvollkommene Informationen. In der Sache werden wir z.B. vom Insolvenz-Sachwalter oder seinem mit der Information der Öffentlichkeit Beauftragten, Pietro Nuvoloni, wohl bewusst nicht informiert. - Da helfen nur Eigen-Recherchen, die man auch nicht gerade durch Hilfestellungen unterstützt. - Dreh- und Angelpunkt bei Betrachtung der derzeitigen Situation am Nürburgring scheint tatsächlich ein Mann zu sein, der in amtlicher Funktion tätig ist, aber für keine seiner Handlungen zur Verantwortung gezogen werden kann. Er steht – in Sachen Nürburgring - unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts Ahrweiler.

Jens Lieser: Ein Insolvenz-Problemlöser?

In der Öffentlichen Meinung – und sehr oft auch in der Darstellung der Medien – werden zwei Leute gerne in Verbindung mit der Nürburgring-Insolvenz (in Eigenverwaltung!) in einem Atemzug genannt: Jens Lieser und Thomas B. Schmidt. - Bewusst wurden hier zunächst Titel und Zuordnungen weggelassen.

  • Jens Lieser ist Insolvenz-Sachwalter (und Rechtsanwalt)
  • Thomas B. Schmidt ist Insolvenz-Geschäftsführer (und Rechtsanwalt und Prof. Dr. Dr.)

Beide arbeiten in Abwicklung der Nürburgring-Insolvenz in Eigenverwaltung eng zusammen. Das sollen sie auch. Aber sie tun es in unterschiedlicher Funktion. Da wurde der Öffentlichkeit von Anfang an ein falscher Eindruck vermittelt.

Jens Lieser
ist zur Kontrolle des Insolvenz-Geschäftsführers vom Insolvenzgericht eingesetzt.
Thomas. B. Schmidt
arbeitet im Auftrag der Landesregierung, unter Aufsicht des Rechtsanwalt Jens Lieser.

Eigentlich hat der im Auftrag des Besitzers einer Firma tätige Geschäftsführer im Falle einer Insolvenz in Eigenverwaltung die Aufgabe, eine Sanierung voran zu treiben. Dazu wird dann ein Sanierungsplan erstellt, der dem Insolvenzgericht eingereicht wird.

Das ist im Fall der Nürburgring-Insolvenz in Eigenverwaltung nicht geschehen. Den Geschäftsführer der Nürburgring GmbH also als „Sanierungs“-Geschäftsführer zu bezeichnen, wäre  nicht zutreffend. - Geschieht aber immer wieder. - Was einen falschen Eindruck vermittelt.

Verwirrend für den normalen Betrachter ist auch, dass Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach dem GmbH-Gesetz mit Eröffnung eines Insolvenzverfahrens als „aufgelöst“ gelten. Sie bestehen aber „real“ dennoch fort, weil im Rahmen des Insolvenzverfahrens die Verwertung des Vermögens der GmbH vorgenommen werden muss.

Nun ist im Fall der Nürburgring-Insolvenz die Verwertung und Verteilung noch nicht abgeschlossen. Also bedarf es weiterhin eines Geschäftsführers. Dessen Gehalt wird aus der vorhandenen Insolvenz-Masse gezahlt.

Thomas B. Schmidt hat in seiner Funktion – schließlich wurde er auch von Besitzer der GmbH, in diesem Fall der Landesregierung von Rheinland-Pfalz dazu bestimmt – eine Verantwortung dieser Institution gegenüber. Es wäre ungewöhnlich, wenn ein Geschäftsführer  der Landesregierung gegenüber, die ihn eingestellt hat, nicht auch verantwortlich wäre. - Und entsprechend berichtet!

Dass man in Mainz keine Ahnung von den Abläufen im Insolvenzverfahren am Nürburgring gehabt hat, kann also ausgeschlossen werden. Mainz muss also immer exakt informiert gewesen sein, schließlich hatte man einen vertragsgemäß an- und eingebundenen Mitarbeiter direkt „an der Quelle“. Dass Thomas B. Schmidt  immer die Interessen „seines Herrn“ wahrzunehmen hatte, müsste sich aus seinem Geschäftsführervertrag ergeben. - Und handelt  ein Geschäftsführer nicht auch weisungsgebunden? - Wenn der Insolvenz-Sachwalter ihn lässt!

Aufgabe eines Jens Lieser, vom Insolvenzgericht Ahrweiler zum Insolvenz-Sachwalter bestellt, war – und ist -  es, die Arbeit des für die Landesregierung tätigen Geschäftsführers so zu überwachen, dass den Gläubigern kein Schaden entsteht. Es soll eine bestmögliche Verwertung des vorhandenen Vermögens stattfinden. Da wird die Landesregierung weiter durch den von ihr bestellten  Geschäftsführer vertreten. - Und man war wohl in Mainz mit 77 Mio Euro für den Nürburgring (mit Milliardenwert) zufrieden. - Nur weg damit!

Nun sind durch die nicht immer klar zu durchschauenden Abläufe am Nürburgring eine Situation entstanden, die durch unrichtige Aussagen und Erklärungen noch unverständlicher wird, weil nun immer weniger zueinander passt. Eigentlich passt die hier am Nürburgring gewählte Form der Insolvenz „in Eigenverwaltung“ schon gar nicht zu dem praktisch zur gleichen Zeit laufenden EU-Verfahren, da mit dem Insolvenzverfahren – so empfinden wir es bei Motor-KRITIK – eigentlich nur die Rückzahlung von Beträgen lt. einem evtl. EU-Beschluss ausgeschlossen werden sollte.

Gleichzeitig wollte man sich in Mainz so definitiv von dieser Rennstrecke im Landesbesitz trennen, da die aufgetretenen deutlichen Auswirkungen des politischen Eingriffs  nicht gerade das Wählerverwalten bei kommenden Wahlen in Richtung einer bestimmten Partei positiv beeinflussen würden. Man wollte rechtzeitig (!) einen Strich ziehen. - Und vergessen!

Und nun spielt Malu Dreyer (SPD) in Mainz den "Vogel Strauß", der den Kopf in den Sand steckt; wohl der gleiche Sand, in dem vorher Kurt Beck (SPD) hunderte Millionen Euro versenkt hatte.

Das Insolvenzgericht Ahrweiler teilt Motor-KRITIK am 1. Juni 2015 mit:

„Die Verwertung und Verteilung der Nürburgringgesellschaften ist noch nicht abgeschlossen.“

Die CDU-Landtagsfraktion hatte durch ihren Abgeordneten und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, Alexander Licht, schon mal am am 20. März 2015 in einer „Kleine Anfrage“ (Nr. 3227) „zum Verkaufsverfahren im Nürburgring-Prozess“ ein paar Fragen stellen lassen. Die Frage Nr. 2 lautete:

„In welcher Höhe werden Forderungen
a) öffentliche
b) private/Handwerker/Unternehmer
bisher entschädigt?“

Die Antwort „im Namen der Landesregierung“ auf Frage Nr. 2 wurde am 13. April 2015 durch den  Staatssekretär, Prof. Dr. Salvatore Barbaro, klar beantwortet:

„In den Insolvenzverfahren fand bisher keine Verteilung statt.“

Der Herr Staatssekretär fühlte sich wohl sehr sicher, denn er hat in seiner Antwort noch einmal darauf hingwiesen, was alles den Geheimhaltungsvorschriften bei diesem Insolvenzverfahren unterliegt. Im Falle der „öffentlichen Forderungen“ glaubte er sich sicherlich doppelt geschützt, weil da z.B. der Anteil der Kreisverwaltung Ahrweiler zur Forderung an der „Grundsteuer B“ unter das „Steuergeheimnis“ fällt.

Tatsächlich hat aber nicht nur die Kreisverwaltung Ahrweiler inzwischen schon Summen zum Ausgleich von Forderungen, die in der Gläubigerliste beim Insolvenzgericht Ahrweiler als „öffentlich“ angemeldet sind, aus der Insolvenzmasse erhalten. Nach Informationen von Motor-KRITIK – und vorgenommenen „Hochrechnungen“ - müsste es sich hier insgesamt um einen siebenstelligen Betrag (in Euro) handeln.

Herr Staatssekretär, Prof. Barbaro, war sich wohl sehr sicher, da er seine Position im Finanzministerium ausübt und sich – nicht nur weil er auch als Honorar-Professor an der Uni Mainz arbeitet – sehr gut in Finanzdingen auskennt und das „Steuergeheimnis“ wohl als so'ne Art Schutzschild empfand.

Wie gesagt: Insolvenz-Geheimnis und Steuergeheimnis. Da hilft einem Journalisten dann auch kein Informationsfreiheitsgesetz oder – wie geplant – Transparenz-Gesetz. - Da hilft nur intelligente journalistische Recherche nach gründlicher Vorplanung. - Und eine „Hochrechnung“.

Prof. Barbaro kann gerne eine Eidesstattliche Erklärung abgeben, dass es auch heute noch so ist, wie er es am 13. April 2015 schriftlich gegenüber dem Landtagspräsidenten erklärt hat. - Natürlich würde Motor-KRITIK diese Erklärung sofort veröffentlichen, sich „seinen Teil“ dabei denken – und natürlich entschuldigen. - Prof. Barbaro ist eigentlich geradezu auffällig gut!

Und wenn Herr Lieser dann noch eine Eidesstattliche Erklärung abgibt, dass er bisher keine Zahlungen aus der Insolvenzmasse angewiesen hat (oder deren Anweisung überwacht hat), dann wäre Motor-KRITIK mal richtig „in die Ecke gestellt“ und würde sich schämen. - Wirklich!

Am 7. Mai 2015 hatte Motor-KRITIK übrigens auf diesen Seiten seine Leser gefragt:

„Wie beurteilen Sie die Situation am Nürburgring?“

Bis heute haben knapp 360 Leser ihre Meinung kundgetan. Das Ergebnis kann darum nicht repräsentativ sein, aber macht eine Grundstimmung deutlich:

  • Alles OK:.................................1%
  • Unübersichtlich:.....................13%
  • Die Lage ist ernst:..................56%
  • Aktuell alles ärgerlich:...........10%
  • Das war's:...............................18%
  • Nicht ernst zu nehmen:.............1%
  • Interessiert mich nicht:.............1%

Immerhin – wenn man das frei übersetzt – sehen 18 Prozent der Leser am Nürburgring in absehbarer Zeit „die Lichter ausgehen“. Diesem Gefühl kann man auch durch Zahlen eine Basis geben.

Immer noch werden aktuell am Nürburgring um 250 Leute beschäftigt. Zum Betrieb der Rennstrecke werden maximal 60 Leute (insgesamt!) benötigt. Die „Grüne Hölle“, das Restaurant- und Disco-Angebot dort, hat eigentlich keine Basis und wird darum auch nur noch aktuell „auf besonderen Wunsch“ betrieben. Lt. Capricorn-Konzept, das der EU-Kommission (und der Landesregierung) so gut gefiel, müsste es schon längst „rückgebaut“ sein. Auch der „ring°racer“, die Achterbahn, rostet still vor sich hin. Das Ding sollte abgebaut werden. - Sagte Robertino Wild am Tag des Verkauf des Nürburgrings an ihn, bzw. Capricorn – oder besser: Capricorn & Getspeed.

Immerhin hat aber wohl – wer auch immer – aktuell einen Antrag gestellt, die „Grundsteuer B“ zu senken, da der Wert der Gebäude durch eine derzeitige kommerzielle „Nicht-Nutzung“ nicht mehr besteht. - Aber wie gesagt: Das fällt natürlich auch unter das Steuergeheimnis. - Und muss darum auch „unter uns“ bleiben.

Aber solche Abbau-Maßnahmen, wie im „Capricorn“-Konzept lt. EU-Kommission vorhanden, könnte tatsächlich nur ein Besitzer durchführen. Der „Besitzer“ ist aber derzeit eine Treuhand-Gesellschaft(in Frankfurt), von Jens Lieser beauftragt, die sich aber wohl nicht in der Pflicht sieht. Da wird sich auch – denn da ist noch eine Prozessreihe vor – in den nächsten Jahren wenig ändern.

Aber was erwartet denn den russischen Investor, den Jens Lieser als „Ersatz“ für Robertino Wild, den Mittelständler verpflichtete - der zumindest Malu Dreyer durch sein Auftreten überzeugt hatte?

In 2015 müssen der russische Investor und sein Minderheitsbeteiligter, Dr. Axel Heinemann (bzw. „Getspeed“) jeden Monat – als Pächter! - 250 Mitarbeiter entlohnen und eine Pacht von 5 Millionen jährlich zahlen, die allerdings auf die Kaufsumme angerechnet würde. Das ergibt nach überschlägiger Motor-KRITIK-Rechnung einen Gesamtbetrag von rd. 18 Millionen Euro in 2015. - Oder erhält er zu den Löhnen einen stattlichen staatlichen Zuschuss?

In der genannten Summe sind aber keine Investitionen für die Rennstrecke und Anlagen/Gebäude enthalten, die eigentlich auch vom Besitzer übernommen werden müssten.

Es fehlen dem Nürburgring-Pächter in diesem Jahr nicht nur die sonst erzielten Überschüsse von „Rock am Ring“. Wenn man von einem bilanzmäßigen Verlust von 10 – 12 Millionen Euro in diesem Jahr ausgeht, dürfte man mit seinen Schätzungen nicht so ganz falsch liegen. (Oder aber die Bundesrepublik Deutschland würde deutliche „Investorenhilfe“ leisten. - Um Putin einen "unauffälligen" Gefallen zu tun?)

Ob da eine Klage des russischen Investors gegen Jens Lieser hilft? - Jedenfalls befindet sich so etwas in der Prüfung. Wie dieser Investor überhaupt einen großen Aufwand in Richtung Rechtsberatung betreibt, deren Kosten er sicherlich nicht „zum Fenster hinaus werfen möchte“, weil er gut beraten sein will.

Was auf einen interessanten Herbst schließen lässt und die Meinung von 18 Prozent der Motor-KRITIK-Leser verständlich macht:

  • „Das war's!“

Wie immer man auch die derzeitige Situation einschätzt: Man stößt immer wieder darauf, dass bei allen wesentlichen Entscheidungen der Dreh- und Angelpunkt des Insolvenzverfahrens Jens Lieser war, ist - und bleibt.

Die sich jetzt entwickelnde Situation am Nürburgring wird nicht dafür sorgen, dass die Wähler diesen Skandal, diese Affäre, bis zur Landtagswahl 2016 (März) vergessen haben.

Julia Klöckner (CDU) reibt sich die Hände und hat die Weichen schon gestellt. - Was Eveline Lemke entspannt in die Zukunft sehen lässt. - Ihr ist es gleich, ob sie ROT oder SCHWARZ sieht.

Könnte es sein, dass am Nürburgring ein Problemlöser vor lauter Problemlösungen das eigentliche Problem nicht verkleinert, sondern eine „normale Lösung“ eigentlich unmöglich gemacht hat?

Eine Antwort würde sicherlich so klar ausfallen, wie die des Herrn Prof. Barbaro bei der CDU-Anfrage im Mainzer Landtag.

Denn wer hat in diesem Verfahren eigentlich noch Verantwortung zu verantworten?

Eigentlich die Mitglieder des Gläubigerausschusses, die Robertino Wild – warum wohl? - zum Käufer des Nürburgrings bestimmten. Hätten sie gleich jemanden verklagt, den sie ursächlich für ihre Zusage an Capricorn empfinden und verantwortlich machen könnten; dann hätten wir heute am Nürburgring eine andere Situation.

So müssen wir uns mit den Realitäten abfinden.

Wie auch der russische Investor.

MK/Wilhelm Hahne
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