24h N-Ring: „...nicht mehr meine Welt!“

Als das 24-Stunden-Rennen des ADAC Nordrhein am letzten Wochenende auf der Nürburgring-Nordschleife am Sonntag mit ein paar dramatisch verlaufenden letzten Runden endete, da war die Mehrzahl der vermeldeten 205.000 Zuschauer längst auf dem Heimweg. Und das lag nicht am Wetter, sondern war in den letzten Jahren immer schon so. - Nur hat man das geflissentlich übersehen. - Der Ordnung halber: Der Veranstalter vermeldete die 205.000 Besucher des Rennens für vier Tage. Da muss er beim Zählen aber am Sonntag, dem 4. Tag, sehr früh aufgestanden sein. Auch sonst gab es einige Zeitzeichen. Eigentlich alles zusammen Grund genug, einmal über das Rennen und dessen eigentlichen Sinn nachzudenken. - Motor-KRITIK hat dann auch einmal eine Reihe von Leuten befragt. Sowohl welche die „live“ vor Ort waren, als auch solche, die den Fernseher nutzten und auch die, die zwar mal kurz da waren, aber auch nach ein paar „Schnupperstunden“ nicht so begeistert sind, dass sie auch im nächsten Jahr wieder dabei sein werden.

Grund: „Das ist nicht mehr meine Welt!“

Das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring sollte einmal eine Prüfung für Mensch und Material sein. Darum fuhr man auch nur mit zwei Fahrern und einige Fahrzeuge waren auch auf normalen Straßenreifen unterwegs. Da sparte man glatt den Reifenwechsel bei einsetzendem Regen.

Da waren auch Reifenwechsel dann nicht so häufig wie in unseren modernen Zeiten.

Es gab keine Funkverbindung zu den Boxen, die Fahrer hatten keine Wasservorräte – und auch keine Klimaanlage – an Bord; der vorher auf Null gestellte Tageskilometerzähler erinnerte den Fahrer daran – sollte er das Boxensignal übersehen – wann er zum Tanken an die Box kommen musste.

Natürlich sind damals auch sehr viele Teams gestartet um zu gewinnen, aber genauso vielen war es wirklich wichtiger, nach 24 Stunden mit einem „gesunden“ Automobil die Ziellinie zu überqueren.

Es gab kein Catering, die kragen Boxen hat man nach hinten mit Waggondecken abgehängt, damit es nicht so zog, die Boxenmannschaft bestand meistens nur aus 2 Mann und den Ehefrauen oder Freundinnen der Fahrer. Vorher war man nicht auf Sponsorensuche unterwegs, sondern man hatte gespart. - Die Automobile damals waren auch gekauft und nicht geleast.

OK, OK! - Die Zeiten sind vorbei. Wir leben im digitalen Zeitalter. Aber in der Zeit der „papierlosen Büros“ sind wir immer noch nicht angekommen. Dafür braucht man immer mehr Papier und Plastikkarten, wenn man im Rennen die Nürburgring-Nordschleife im Rennen umrunden will. - Papier in unserer papierarmen Zeit? - Früher genügte es Autofahren zu können, heute braucht man in jedem Fall viel Papiergeld.

Aber es müssen auch Sonder-Bedingungen erfüllt werden. Besonders zum ADAC-24-Stunden-Rennen. Da verlangt der ADAC Nordrhein das Vorzeigen des „DMSB-Nordschleifen-Permit A“. - Wer da den Präsidenten des DMSB nicht kennt oder… - Aber alles Humbug: Motor-KRITIK hat auf diesen Seiten nachzuweisen versucht, dass der DMSB noch nicht einmal berechtigt ist ein solches Zusatz-Permit ins Leben zu rufen und zu erteilen.

Den Präsidenten stört das weniger, auch nicht die Aufregung der Fahrer und Teams beim Streit über „Sein oder Nicht-Sein“ beim 24h-Rennen, ausgelöst durch‘s Thema DMSB-Nordschleifen-Permit A.“ - Er war „dienstlich“ daran gehindert, beim 24h-Rennen, der größten deutschen Motorsportveranstaltung dabei zu sein.

Und die FIA, als oberste internationale Motorsportinstanz schreitet bisher zum Thema „Nordschleifen-Permit“ nicht ein, weil sie die Situation in Deutschland noch nicht offiziell zur Kenntnis genommen hat. Es liegt in Paris auch bisher noch keine offizielle Beschwerde vor. - Was will man da machen?

Kein Wunder, dass auch dieses Mal wieder ein paar Fahrer zuschauen mussten, wie andere fuhren. Kein „DMSB-Nordschleifen-Permit A“ bedeutete auch: Kein Start!

Im Nachhinein wird man sicherlich noch von solchen Fällen hören.

Aber daran lag es natürlich nicht, dass nach Motor-KRITIK-Feststellungen nur 155 Fahrzeuge am Start waren. Immerhin konnten die sich auf 21 Klassen verteilen.

Aber es gab auch so die Möglichkeit, sich mit einem bestimmten Zuordnen zu einer aussichtsreichen Klasse, mit einem bestimmten Fahrzeugmodell – wie es beim diesjährigen 24h-Rennen der Fall war – z.B. in sieben Klassen einzubringen. Natürlich musste das Fahrzeug entsprechend vorbereitet sein, wie es die Porsche Cayman, die dieses Jahr in sieben Klassen antraten, natürlich auch waren.

Gerade aus den Cup-Kategorien, in denen „Einheitsreifen“ vorgeschrieben sind, drängte es so manchen Teilnehmer in andere passende Klassen, damit sie nicht einen bestimmten – nicht unbedingt erstklassigen – „Einheits“-Reifen fahren mussten, sondern den Reifen fahren konnten, den sie persönlich als besser empfinden.

Die „Einheitsreifen“-Masche gefällt den Teams und Fahrern nicht unbedingt, aber z.B. den Reifenherstellern deshalb, weil sie nun dort an Entwicklungskosten sparen können, indem sie den „Ausschreibern“ einen „gewissen Betrag“ in dessen Kasse tun. - Es muss ja nicht die Portokasse sein.

So ist es kein Wunder, dass das Thema Reifen beim 24h-Rennen ein Thema war. Reifenschäden gab es genug. Und es war keine Überraschung, wenn irgendein Spitzenteam noch kurz vor dem Rennen die Reifenmarke wechselte. Schließlich wollte man gewinnen, wenn man sich als „Werksteam“ empfinden durfte.

Dass Spitzenteams wie selbstverständlich alle Vorzüge des digitalen Zeitalters nutzten, war keine Überraschung. Es wäre auch nur zeitgemäß, wenn beim nächsten 24h-Rennen die Mitnahme eines Software-Ingenieurs auf dem Beifahrersitz bei allen modernen Rennfahrzeugen Pflicht werden würde. - Das ist eigentlich der Darstellung des Fortschritts geschuldet.

Und es wäre doch auch sportlich modern, wenn man den Beifahrer-Gewichtsnachteil in Kauf nehmend, den Vorteil der Software-Veränderung während der Fahrt nutzen könnte, um die Bedeutung der digitalen Entwicklung auch im Automobilbau zu verdeutlichen.

Mathematiker unter den Motor-KRITIK-Lesern haben auch inzwischen bei Nutzung digitaler Rechner errechnet, dass bei Anreise von 51.250 Zuschauern pro Tag, es am ersten Tag der Anreise einen Fahrzeugstau von Nürburg, über Adenau, die B 257 bis zum Meckenheimer Kreuz, weiter über die A 565 dann bis Bonn gegeben hätte. - Vorausgesetzt: Alle Automobile waren Mittelklasse-Fahrzeuge, die mit 4 Personen besetzt waren. - Natürlich Stoßstange an Stoßstange.

Was so eine Rechnung soll? - Nun, die vom Veranstalter genannten Zuschauerzahlen räumlich verdeutlichen! - 205.000 : 4 (Tage) = 51.250 : 4 (Personen) x Fahrzeuglänge ergibt den o.g. Wert.

Natürlich wird man noch von den „Nachwehen“ des 24h-Rennens hören. Motor-KRITIK wird genau hin- und zuhören und zu gegebener Zeit berichten.

Motor-KRITIK kann sehr wohl die Leute verstehen, die bei oberflächlicher Betrachtung des Gesamtkomplexes 24h-Rennen unter dem Eindruck der durch das Wetter verursachten Dramatik in den letzten Rennrunden dieses Rennen richtig spannend fanden.

Wir können auch jene verstehen, die uns nach dem Rennen deutlich machten:

„Das ist nicht mehr meine Welt!“

Nicht nur so ein Rennen hat seine zwei Seiten.

Motor-KRITIK versucht auch die zweite Seite aufzuschlagen, wenn die Kollegen sozusagen als Titelseite die erste Seite als „schöne Seite“ - einseitig eben - dargestellt haben.

MK/Wilhelm Hahne
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