Am Geld orientiert: Der Motorsport im Jahre 2000 in Deutschland ist wie seine Macher

Der Motor-KRITIK-Herausgeber hat die Nachkriegsentwicklung des deutschen Motorsport mitbekommen. Er erinnert sich noch an Rennstrecken, die es nicht mehr gibt: Dieburg, Schotten, Monschau, Krefeld ("Glockenspitz-") und, und und. Er hat einen Motorsportclub gegründet ("scuderia asciburgium"), aus dem bekannte Rennfahrer hervorgingen: Helmut Kelleners, Hermann Kühne, Hubert Hahne usw., er hat den ersten "Schweizer Rennslalom" in Deutschland veranstaltet (in Herongen), fuhr selbst schon in Hockenheim, als das noch ein Stadtdkurs war, der gegen den Uhrzeigersinn befahren wurde, mit der berühmten engen "Stadtkurve", erinnert sich noch, als Ende der 60er Herr von Kahlen seine Arbeit bei der ONS aufnahm, hat die Ausschreibung zum Auto-Bianchi-Pokal entwickelt, versuchte einen Honda-Markenpokal zu installieren, war mehr als 40 Jahren selbst bei Slalom-, Berg- und Rundstrecken-Rennen unterwegs. Er hat Rennfahrer kommen und gehen sehen, auch Rennleiter, hat die Veränderung des Rennsports (hin zum Geld) miterlebt und die Einflussnahme immer derselben Leute, immer mit derselbe Absicht, die allerdings nicht so sehr von sportlichen Gesichtspunkten geprägt war. Und so wundert er sich eigentlich nicht, wenn der Motorsport in Deutschland im Jahre 2000 so eingestuft werden muss:

Geschäft - Show - Fernsehunterhaltung

00-01-23/03. Warum sollte es im Motorsport im Jahre 2000 auch anders zugehen als im Boxsport. Auch der hat durch das Fernsehen stark an Bedeutung gewonnen. Zumindest eine Zeit lang. Aber dann wurde es auch dem Dümmsten klar: einen schnellen K.O.-Sieg würde es nicht mehr geben können. Vor dem K.O. musste das Fernsehen die Möglichkeit haben, seine Werbeblöcke unterzubringen. - Und so kippt nun das Interesse am Boxen wieder.

Da kommt das - durch die Formel 1 - gestiegene Öffentlichkeitsinteresse am Motorsport gerade recht. Motorsport ist nicht billig, man braucht Sponsoren. Und die rechnen in Fernsehzeit. Ohne Fernsehbeteiligung läßt sich darum kaum eine Serie vermarkten.

Darum stand auch in Motor-KRITIK bereits am 31. Dezember 1999 geschrieben, was bis heute noch nicht offiziell ist: die EUROC, diese so hochgelobte und gefeierte Sportwagenserie der großen Macher Neerpasch und Weber ist tot. SAT 1 hatte von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht. Den Fernsehmachern war das Feld nicht bunt genug, es gab zu wenig Fahrerpersönlichkeiten, es gab zu wenig Top-Teams.

Einige der Teams die sich eingeschrieben hatten, wären auch wohl gar nicht dort an den Start gegangen. Man hatte sich praktisch "zur Sicherheit" dort eingeschrieben, wenn etwas anderes nicht geklappt hätte.

Und es hat im Motorsport vieles nicht geklappt. So ist auch die STW gestorben. Auf unwürdige Art. Es gab schon eine Reihe von Teams die sich fest eingeschrieben hatten, aber die wurden noch nicht einmal benachrichtigt, dass es mit der STW zu Ende gehen sollte. Sie mussten es aus der Zeitung erfahren. Niemand hat sie angeschrieben, angerufen, offiziell informiert. Das ist der Stil der neuen Macher. - Alles im Stil der neuen Zeit.

Diese Macher und Funktionäre  waren auch telefonisch von den schon Eingeschriebenen  nicht zu erreichen, haben sich dort auch nicht gemeldet. Und so hat Honda Deutschland z.B. aus den für den Einsatz in Deutschland vorgesehen zwei Fahrzeugen eins gemacht und nach England gegeben. Dort gibt es auch (aus anderen Gründen) eine nicht gerade gute Situation für die britische Art der STW. Aber das ist wirklich eine andere Geschichte.

Und wenn in Deutschland noch nicht darüber entscheiden wurde, ob so um acht Fahrzeuge als "DTM light" bei der DTM mitfahren können, schon um das ziemlich knappe Fahrzeugfeld (16 - 18 Fahrzeuge zweier Marken) ein wenig bunter zu machen, dann liegt das daran, dass man noch daran arbeitet, (mindestens) eine dritte Marke mit richtigen V8-Motoren zum Mitmachen zu bewegen.

Die Macher in der DTM sind die, die man schon von der "alten" DTM und ITC kennt. Und das verspricht zwar viel Erfahrung, aber wenig Gutes. Dominiert werden die Geschehnisse um die DTM von den Interessen der Hersteller Mercedes (DaimlerChrysler) und Opel. Wobei natürlich Haug den Strycek dominiert. Und wenn man den Etat von Opel kennt... -

Überhaupt macht der werksseitige Einsatz von Opel keinen Sinn. Man fährt mit einem V8-Motor, den es im Opel-Programm zunächst noch nicht gibt. Man fährt im Rennen einen Hecktriebler, während man selbst in Serie demnächst nur noch Fronttriebler bauen wird. Und derV8-Motor wird vom Volvo-Spezialisten Tom Walkinshaw zum Opel-Rennmotor gemacht.

Eigentlich kann dieser Opel-Einsatz nur den Sinn haben, die OPC, die Opel-Rennabteilung am Leben zu erhalten. Dabei finden die Teams dann auch nicht unbedingt günstige Bedingungen zum Einstieg mit Opel-Fahrzeugen vor. Da muss eine Menge bezahlt werden. Bei Mercedes gibt es da vieles günstiger (Leasing). Und besser.

Aber Norbert Haug, der clevere Mercedes-Rennleiter weiss, dass er noch dringend eine dritte Marke - auch jetzt im ersten Jahr - braucht. Und man arbeitet mit allen Tricks und Mitteln, diese dritte Marke zu installieren. Aber diese ganzen Aktionen sind so durchsichtig, dass wir bei Motor-KRITIK die Kollegen bedauert, die sich als "Mittel zum Zweck" missbrauchen lassen.

So wie der Ford-Einstieg (Sie erinnern sich an die Gerüchte vor Monaten?) eine "Ente" war, so ist auch der Volvo-Einstieg eine Fata Morgana. Und darum wird es dann wohl auch die "DTM light" geben (müssen). Aber das ist den Machern noch nicht klar, die übrigens jetzt stark auf SAT 1 setzen, nachdem dieser Sender bei EUROC ausgestiegen war. Gerade Norbert Haug setzt auf diesen Sender, obwohl es eine Quasi-Zusage von ARD und ZDF gab.

Aber was gelten heute im Motorsport schon "Absichtserklärungen" oder auch Verträge? Wer die größeren Vorteile bietet... - Und da ist man ganz schön anstellig, wenn es darum geht, Vorteile zu erlangen. Wir haben es alle bei der DTM und ITC der Vergangenheit erlebt. Und die Macher von heute sind die gleichen wie damals. Nur haben sie inzwischen noch größere Erfahrung.

Nein, es sieht nicht so gut aus um den Motorsport in Deutschland. - Aber da entwickelt sich noch im Hintergrund eine V8-Serie, der ich persönlich Chancen für die Zukunft einräume, weil sie deutlich preiswerter ist als die DTM. Deren Macher sind die Herren Pinske und Ammerschläger. Alle Fahrzeuge haben das gleiche Rohrrahmen-Chassis, über das die jeweilige Firma (oder Team) eine Kunststoffkarosse ihrer Wahl stülpt. Die kann die Form einer Opel-, Mercedes-, VW- oder Alfa-Karosse aufweisen. Und die Motoren stellen die Macher per Leasing. So soll dann ein rennfertiges Fahrzeug um 250.000 DM kosten, statt wie bei der DTM um 900.000. - Dann bräuchte man vielleicht auch nicht bei den Fahrern zu sparen, wie bei der DTM.

Wenn die auch eine "Hersteller-Meisterschaft" werden soll, so werden doch gerade die Fahrer (nicht nur fürs Fernsehen!) dort eine große Bedeutung haben. Sie sollen aber nicht entsprechend bezahlt werden. Zumindest offiziell nicht. So Leute wie Tom Kristensen haben laut gelacht, als sie - wie Tom z.B. von Opel - ein Angebot erhielten und die Zahlen genannt wurden. Bei Opel sollen die Fahrer aber schon deshalb bezahlbar bleiben, weil die Kosten dafür vom einsetzenden Team getragen werden sollen, während sie mit Opel ihren Vertrag abschließen sollen, müssen. - Wegen der Team-Order?

Keine Bange. Opel wird auch schon mal gewinnen dürfen. Das wird wie früher sein, wenn die Opel-Vorstände in Hockenheim den Sieg ihrer Marke feiern durften. Und vielleicht schafft man es ja auch, dass während der Werbepausen bei der Fernsehübertragung immer dann gerade eine "Gelbphase" eintritt. Zufällig.

Dann bräuchten wir demnächst auch nicht mehr bei den Übertragungen von Boxveranstaltungen zuschauen, die inzwischen auch mehr PR-Events geworden sind.

Richtigen Sport wird man bei der DTC erleben können, wo sich gut 40 Fahrzeuge mit ehrgeizigen Fahrern um Sieg und Platz raufen werden. Und beim Veedol-Langstreckenpokal, wo man aber inzwischen der "Viper" auch den Giftzahn gezogen hat. In diesem Jahr wird ihr Gesamtsieg nicht mehr möglich sein, weil sie praktisch in einer Klasse für sich fährt, herausgelöst wurde aus der Masse der Porsche. - Das war es im letzten Jahr, was die Punkte brachte.

In die "Porsche-Klasse" wurde nun aber die Corvette eingebracht, die u.a. von "Viper"-Hasser Edgar Dören gesteuert werden wird. Ob dagegen die alten Porsche eine Chance haben?

Wenn man beobachtet, was sich (hinter den Kulissen) alles im Motorsport tut, muss man sich fragen: Welche Funktion hat da eigentlich die nationale Sportbehörde? - Dominiert tatsächlich heute ausschließlich das Geld den Sport? - Nicht nur den Motorsport, ich weiß. - Aber auch den. Und seitdem das so ist, geht's mit dem Sport bergab.

Aber es gibt Leute, die davon gut leben können.

MK/Wilhelm Hahne

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