Der Veedol-Langstreckenpokal am Nürburgring bringt sich selbst in eine Krise

Gerade noch in Motor-KRITIK sehr gelobt, gerät der Veedol-Langstreckenpokal in diesem Jahr in eine Krise, weil hier bei dieser - eigentlich von der Anlage her sehr guten - Breitensportserie aus den verschiedensten Gründen einige Personen, Organisationen, Funktionäre, Fahrer und Sponsoren - sozusagen zwangsweise - aufeinander treffen, deren unerschiedliche Interessen - beruflicher und privater Natur - sich dann plötzlich mischen und zu Aktionen führen, die man zwar erklären kann, die aber  - und das ist meine Meinung - einfach lächerlich sind. Hinzu kommt, dass man eigentlich mit einem Nürburgringgeschäftsführer, der sich als Marketingspezialist versteht, und inzwischen die "größten Räder zu drehen" versucht, schon genug gestraft ist. Seine Baumaßnahmen (neue Boxenanlage), die bei Anlaufen dieser Motorsport-Saison längst nicht abgeschlossen sind, verwirren eigentlich die Organisatoren der VLN-Rennen genug.

Es gibt schlimmere "Giftschlangen" als die Viper

00-04-20/05. Was wie ein Chaos schien, war eigentlich keines. Das erste Langstreckenrennen dieses Jahres, die ADAC-Westfalenfahrt hatte es wahrlich nicht leicht. Es waren eher "ausreichend" Starter vorhanden, man fuhr ohne Boxenanlage, mußte aus diesem Grunde praktisch Zwangspausen in Kauf nehmen. Hinzu kam, das die Witterungsbedingungen zwischen nass und trocken wechselten, was eigentlich dazu führen sollte, dass man auch das Renneregebnis als nicht unbedingt regulär bezeichnen könnte. - Aber alles funktionierte.

Erinnern wir uns: Es gewann - wie bei allen 10 Läufen in 1999 - auch den 1. Lauf dieses Jahres die Chrysler Viper mit ihren Fahrern Peter Zakowski/Hans-Jürgen Thiemann. Mit 6,9 sec Vorsprung vor dem "Erdgas"-Audi von Abt/Menzel. Erst dann kamen die Porsche.

Porsche-Fahrer sind manchmal eine besondere Gattung. Selbst wenn sie "alte Hobel" fahren sind sie davon überzeugt, dass es sich um ein Siegerfahrzeug handeln müsse. Dass ein Sieg auch von der Fahrerqualität mitbestimmt ist, wird schnell vergessen. Und bei der Langstrecke sitzen meistens abwechselnd zwei Fahrer hinter dem Steuer. Und die sind nicht unbedingt von gleicher Qualität.

Für den aufmerksamen Beobachter ist es keine Frage, dass im letzten Jahr Peter Zakowski zu den schnellsten Fahrern auf dem Eifelkurs gehörte. Auch mit einer Viper kann nicht jeder schnell fahren. Erst recht nicht auf der Nordschleife des Nürburgrings.

Beim ersten Rennen dieses Jahres hatte Tiemann das Pech (machte er den Fehler), in der ersten Trainingsrunde die Viper schon in der "Hatzenbach" in die Leitplanken zu setzen. Da brauchte man z.B. neue Dreieckslenker, da mußten Karosserieteile ausgewechselt werden, jedenfalls war Hektik angesagt. - Und die Viper mußte am Ende der 1. Startergruppe starten, was ihr am Ende der ersten Rennrunde einen Rückstand von etwas mehr als 2 min bescherte.

Weil in der letzten Saison - gerade durch die Porschefahrer - schon einmal Kritik an der Überlegenheit der Viper aufgekommen war, hatte man das Fahrzeug - schon in der letzten Saison - einzubremsen versucht. Eigentlich wiegt so eine Viper 1.150 Kilogramm, am Nürburgring mußte sie 50 Kilogramm zulegen. Und ist dieser derzeit erfolgreichste Langstrecken GT z.B. in der FIA-GT-Serie mit einem Airrestriktor von 33,8 mm unterwegs, so hatte man der Viper am Nürburgring 1999 eine Verengung auf 32,8 mm verordnet.

Für die 2000er Saison hatte man -nach der Erfolgsserie in 1999 - dem Zackspeed-Team eine weitere Verengung des Airrestriktors auf 30,8 mm vorgeschrieben. Damit hoffte man sichergestellt zu haben, dass nun auch ein Porsche eine Chance hätte. Aber der schnellste Porsche war in seiner schnellsten Runde gegenüber der der Viper um 11sec. langsamer. Und das brachte die Funktionäre "auf die Palme". Sie haben nicht begriffen, das schnelle Runden auf der Nordschleife nicht aus einer Top-Leistung sondern aus einem Top-Dremoment resultieren. Und wenn sie ein wenig von Motorentechnik und physikalischen Gesetzmäßigkeiten verstehen würden... -

Aber so vermutete man wohl, dass das Fahrzeug nicht dem Reglement entsprechen würde und führte nach dem ersten Sieg der Viper in diesem Jahr eine technische Überprüfung durch. Aber der Airrestirktor stimmte und auch das Gewicht. Die Viper war exakt um 7 Kilogramm schwerer. Also beschloss man sofort, hart durchzugreifen. Damit - verdammt noch mal - die Viper nicht immer gewinnt. Man ging gleich brutal vor: 100 kg mehr Gewicht und weitere 1,5 mm weniger Luftdurchlass.

Das war dann Peter Zakowski zu viel. Überall auf der Welt werden GT-Langstreckenrennen von der Chrysler (oder auch Dodge-) Viper gewonnen. Es ist derzeit wirklich der beste Langstrecken-GT. - Darf der Beste nicht am Nürburgring gewinnen? - Muss es denn unbedingt Porsche sein?

Peter Zakowski machte gleich klar, dass er unter diesen Bedingungen nicht mehr im Veedol-Langstreckenpokal starten würde. Einmal waren die technischen Anpassungen am Motor in so kurzer Zeit - bis zum nächsten Rennen - nicht vorzunehmen, auf der anderen Seite würde das nun vorgeschriebene Basisgewicht von 1300 Kilogramm zu einer so hohen Fahrwerkbelastung führen, dass der weitere Einsatz der Viper aus der Sicht seiner Besitzer ein Sicherheitsrisiko darstellte.

Doch die Verantwortlichen des Veedol-Langstreckenpokals haben das nicht geglaubt. Erst als das 2. Rennen näher rückte, hat man einen "Vergleich" mit Thiemann/Zakowski angestrebt. Doch die Herren blieben hart. - Und so fand dann das zweite Rennen ohne die Viper statt. - Und nun auch alle zukünftigen? - Außerdem war noch eine zweite Viper im Anrollen. Was ist nun damit?

Die Zuschauer, die Fans, wurden nicht informiert. Und wenn die Rennen mit der Viper als Sieger in der Vergangenheit "langweilig" gewesen sein sollen, so war es der 2. Lauf zum Veedol-Langstreckenpokal erst recht. Dieses Mal siegte ein ganz alter BMW M3 E 36 GTRS vor 5 alten Porsche. Und der schnellste Porsche fuhr nun plötzlich (ohne eine Viper vor sich) um 5 sec schneller als beim letzten Mal. Der Unterschied zwischen dem Porsche und der Viper beträgt also zur Zeit nur noch 6 sec. - In der schnellsten Runde.

Kurt Thiim hatte mit dem Scheid-BMW bei feuchter Strecke keine Mühe, alle Porsche (bzw. ihre Fahrer!) schon in der ersten Rennrunde klar zu distanzieren. Nur der Abt-"Erdgas"-Audi war ihm zunächst dicht auf den Fersen. Thiim fuhr auf dem BMW einen Doppeltörn und baute seinen Vorsprung auf mehr als 3 min aus. Johannes Scheid mußte dann nur noch das Auto "nach Hause tragen", um mit mehr als 2 min. Vorsprung vor dem schnellsten Porsche zu gewinnen. Eine alte viertürige Limousine schlägt die Sportwagen von gestern.

Warum spricht jetzt niemand davon, dass der Scheid-BMW schwerer, sein Lufteinlass verkleinert werden muss? Oder vielleicht sollte man verbieten, dass Kurt Thiim auf dem Auto fährt. - Aber nun will man abwarten. Auf wen, auf was? - Warum mußte im Falle der Viper eine Kurzschluss-Entscheidung getroffen werden?

Eigentlich sollte man sich darüber im Klaren sein, dass der Veedol-Langstreckenpokal kein Event, sondern eine sportliche Sache ist, die man übrigens auch nicht speziell für die Zuschauer, sondern für die Fahrer veranstaltet. Die Zuschauer wollen interessante Automobile an sich vorbeifliegen sehen. Ist es keine anerkennenswerte Leistung, wenn ein Team mit seinem Fahrzeug elfmal hintereiander gewinnt? - Muss das bestraft werden?

Und was die "Wahnsinnszeit" des Peter Zakowski von 7.15 min auf der Nordschleife betrifft: die wurde schon von DTM-Fahrzeugen vor einigen Jahren erreicht, die eigentlich nur zum "Mittelfeld" zählten. Mit einer Viper müßte es noch schneller gehen, wenn alle Voraussetzungen stimmen. Dann übrigens auch bei den Porsche. Aber was stimmt bei denen schon?

Nun gibt es keine Viper, nicht einen dieser geradezu "skandalösen" Viper-Siege mehr - aus technischer und fahrerischer Überlegenheit resultierend. Wer von den Herren Porsche-Fahrern (und ich schließe Herrn Dören da ein, der nun mit einer Corvette in der Porsche-Klasse fährt) würde mit der Viper in 7.15 min üm die Nordschleife brennen - können?

Aber der 2. Lauf zum Langstreckenpokal hatte trotzdem seinen Skandal: die Auswertung und Siegerehrung.

Auch dieses Mal mußte wieder mit zwei 15 min Zwangspausen gefahren werden, weil die Nürburgring GmbH die Boxenanlage immer noch nicht fertiggestellt hat. Leider verlor der Veranstalter ein wenig die Übersicht,. Und so mußte man die erste Auswertung der Ergebnisse verwerfen. Es steckten zu viele Fehler drin. (Ein kleiner Suzuki war z.B. 8. im Gesamtklassement.) Und auch die zweite Auswertung... -

Dem Abt-Team dauerte das alles ein wenig zu lange. Man hatte einen Unfall mit Reifenschaden gehabt, war sowieso nicht vorne plaziert und hatte den Einsatz des "Erdgasfahrzeugs" eigentlich nur als Training zum 24-Stunden-Rennen gedacht; also holte man sein Fahrzeug aus dem Parc ferme. Und wurde - sehr richtig - disqualifiziert. Was auch anderen Teilnehmern passierte, die nicht warten konnten.

Ist zu einer normalen Siegerehrung sonst das Michelin-Center immer übervoll, so waren - nachdem sich auch die 3. Auswertung als falsch erwiesen hatte - vielleicht noch um 30 Personen anwesend. Wovon einer dann das Wort ergriff und deutlich aussprach, was alle dachten: Nun sei aber Schluss. Lassen wir die doch ihre Siegerehrung alleine machen. - Und man ging.

Zur Siegerehrung - nach der 4. Auswertung (die nun stimmen soll!) war dann wohl nur noch der Gesamtsieger vor Ort.

Auch andere Fahrer sind bei den Geschehnissen um den Langstreckenpokal nachdenklich geworden. Die Frage: Muß man so ein Chaos bei allen Kosten und Anstrengungen die man hat, muss man auch noch Ungerechtigkeiten hinnehmen?

Einige Fahrer sind angeregt durch die Ereignisse nachdenklich geworden, werden so in diesem Jahr nicht mehr erscheinen. Wozu z.B. auch Uli Richter, Essen gehört. Auch das ist ein Verlust für die Langstreckenveranstaltung, die alle anderen Motorsportveranstaltungen auch, nicht nur von attraktiven Automobilen, Sportgeräten, sondern auch von Fahrerpersönlichkeiten lebt. - "Füllmaterial" gibt es meistens genug. Man muss sich davor hüten, dass der Veedol-Langstreckenpokal nur noch aus "Füllmaterial" besteht. Das braucht auch Vorbilder. Technisch und fahrerisch. Damit sich aus der "Mittelklasse" auch eine "Spitze" entwickeln kann, die dem Breitensport  eine Funktion gibt.

Manche der engagierten Mitarbeiter im Umfeld des Veedol-Langstreckenpokals wüßten schon, wie man so manches verbessern kann. Aber jeder Verein muss sein eigenes Süppchen kochen, jeder Gau seine eigenen Sportkommissare plazieren. Sonst könnte ja auch die Organsiation einmal reibungslos funktionieren. - Man hat mit dieser Veranstaltungsserie schließlich auch erst 23 Jahre Erfahrung.

Aber Alter schützt vor Torheit nicht. Wie die Geschehnisse um den Veedol-Langstreckenpokal gerade einmal wieder beweisen.

MK/Wilhelm Hahne

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