Kleine Anmerkungen zum "Haug-Pokal", den Deutschen Tourenwagen Masters - DTM 2000

Und alles läuft wieder so, als wäre es nie zu Ende gewesen. Es ist wieder ein Event. Den 1. und 2. Lauf haben wir nun überstanden. Damit meine ich - uns - die Fernsehzuschauer. Was wir geboten bekamen, war eigentlich ein Spiegelbild der Veranstaltung. Nur etwas klarer. Denn sie wußten nicht, was sie taten, sagten. Dabei wollten sie die Veranstaltung eigentlich schön reden. Und schön haben sie gesprochen. Und die Zeitungen waren voll des Lobes. Für Mercedes. Und es gab wieder Zuschauerzahlen "wie früher". Was ich beobachten konnte: Zahlen zwischen 38.000 und 76.000. In den Zeitschriften. Auch sehr eindrucksvoll: Opel glaubt noch an Wunder.

...wenn erst mal die Kinematik geändert ist...

00-06-10/07. Nein, so einen klugen Satz hat man bisher - öffentlich - von Opel nicht gehört. Der stammt von mir. Und wurde von mir schon vor Hockenheim ausgesprochen. Denn jedem aufmerksamen Beobachter der Testfahrten im Vorfeld des ersten Rennwochenendes der DTM 2000 war klar, dass Opel keine Chance haben würde.

Das lag nicht an der Aerodynamik, wie von mir schon vor Wochen geschrieben. Diese Erfahrung wird Opel erst noch auf schnellen Strecken machen müssen. Nachdem man jetzt in Hockenheim gegenüber Mercedes "den Kürzeren" gezogen hatte, glaubt man an Vorteile durch die eigene Aerodynamik. "Höchstgeschwindigkeitsmessungen haben ergeben, dass wir hier gegenüber Mercedes im Vorteil sind", träumt man.

Ich hatte vor vielen Wochen schon - aufgrund von Fotovergleichen - vorhergesagt, dass Opel gerade auf schnellen Strecke nur "zweiter Sieger" sein kann. Opel wird auch über die Saison immer "zweiter Sieger" bleiben. - Aber vielleicht lässt Norbert Haug die Rüsselsheimer mal so nach dem dritten Rennen gewinnen. Damit deren Motivation nicht verloren geht.

Und damit ist's innerhalb der Firma nicht weit her. Wenn man einmal von der des Volker Strycek absieht. Der hat noch vor kurzem seine bisher angelaufenen (hohen) Kosten damit erklärt, dass es sich hier überwiegend um "Vorlaufkosten" handeln würde, die natürlich in der nächsten Saison nicht mehr anfallen würden.

Während sich Volker Strycek noch intensiv mit der diesjährigen Saison (und damit mit der Beschaffung von "Vorlaufkosten") beschäftigen muss, damit er einmal ein Rad auf den Boden bekommt, arbeitet man bei HWA (Hans Werner Aufrecht) schon an dem neuen Fahrzeug für 2001. Denn natürlich muss es da ein neues Fahrzeug geben, weil man ja über die Saison nichts verbessern darf. Aber heute liegen schon genug Erkenntnisse vor, die ein neues Wettbewerbsinstrument für 2001 ein wenig anders ausschauen lassen als das für das Jahr 2000.

Vor den Rennen in Hockenheim hatte ich einem Opel-Mann vorhergesagt, dass Mercedes in auf dem Kleinen Kurs im Spargelumfeld klarer Sieger bleiben würde. "Weil die Reifen bei Opel schon sehr früh abbauen werden." - Die Antwort des Opel-Mannes: "Du bist verrückt. Mindestens die ersten zehn werden in Hockenheim innerhalb einer Sekunde liegen. Und da ist Opel vorne mit dabei."

Ich habe ihm zugestimmt. Und festgehalten: "Im Zeittraining, ja. Aber im Rennen werdet ihr hinterherfahren."

Da man im Internet die Entwicklung der Zeiten "live" beobachten kann, konnte ich schon vor der Fernsehübertragung (es wurde kein Lauf live übertragen!) ausmachen, dass meine Einschätzung richtig war. Während Schneider auf seinem Mercedes gegen Ende des ersten Renndrittels seine schnellste Runde fuhr, bauten die Opel-Zeiten ab der Runde drei ab.

Schneider und Winkelhock sind sicherlich Fahrer die man von ihrer fahrerischen Leistung miteinander vergleichen kann. Da man den zweiten Lauf zu einem Vergleich wegen des Regens schlecht heranziehen kann, nehmen wir doch einmal das Ergebnis des 1. Laufs. Hier wurde Schneider Sieger, Winkelhock zehnter. Winkelhock war im Rundendurchschnitt um 1,3 sec langsamer als Schneider. Das sind Welten.

Und zwischen Opel und Audi liegen derzeit noch mal Welten. Audi wird in dieem Jahr niemals um einen vorderen Platz mitfahren können. Und wenn dann im nächsten Jahr der neue A 4 zum Einsatz kommen soll, dann wird man - mal wieder - eine Ausnahme im Reglement vorsehen müssen. Denn das neue Audi A 4-Coupé ist - glaubt man "ams", viertürig. Und Viertürer sind eigentlich nicht zugelassen.

Es war schon überraschend, wie sehr die Teams aus der Übung gekommen sind. Irmscher arbeitet mit Schlagschraubern aus dem Baumarkt, Rennfahrer finden ihre Boxen nicht, Teams haben das Reglement nicht gelesen und sind erstaunt wenn das Rennen (der 2. Lauf) schon nach 31 Runden beendet ist. Ein Rennleiter schickt in einem als Wetrace deklarierten Rennen bei einsetzendem Regen ein Pacecar hinaus. Das dann so langsam fährt (wegen Regen?), dass die Rennfahrzeuge dahinter wegen dramatisch abkühlender Reifen den letzten Grip verlieren.

Schon mal etwas davon gehört, dass bei einem Wetrace der Fahrer bestimmt, wann er zum Reifenwechsel kommt? - Jeder konnte sofort nach einsetzendem Regen an die Box fahren. Dazu braucht man nicht die Erinnerung durch einen zu langsamen Opel. - Mir ist aufgefallen, dass zu diesem Zeitpunkt ganze Gruppen von Zuschauern die Tribünen verließen.

Aber die haben nicht begriffen, dass es sich bei der DTM nicht um Motorsport, sondern um einen sportlichen Event handelt.

Natürlich waren viele Zuschauer da. Das wußte ich schon, als am Dienstagnachmittag, vor der Eröffnung des Genfer Salons, Norbert Haug wutschnaubend (zusammen mit Volker Strycek) das Büro des Dr. Wolfgang Reitzle verließ. Man hatte dem versucht klar zu machen, dass doch ein Volvo C 70... - Dr. Reitzle erklärte, dass Volvo über keinen Hecktriebler, über keinen V8-Motor verfüge und nicht den Sinn erkennen würde, einen Tourenwagen, der nur vom Äußeren her einem Volvo entspricht, in einer Rennserie einzusetzen, die bisher nur dadurch auffiel, dass sie über ein sehr elastisches Reglement verfügt.

Ich weiß, wie Norbert Haug Herrn Dr. Reitzle bezeichnet hat, als er wieder in Stuttgart war. Und er hat jedem gesagt (auch denen, die es nicht hören wollten): "Dem werde ich es in Hockenheim zeigen." - Und er hat zunächst einmal 9.000 Karten kaufen lassen.

Opel hat übrigens 2000 Karten gekauft. - Die man natürlich wieder verkauft hat. - Warum sollte man sie auch sonst gekauft haben? - Auch sonst war alles wie früher. Norbert Haug hat gesiegt. Norbert Haug hat gefeiert. Norbert Haug hat gesungen. Norbert Haug hat die Verlierer getröstet. Norbert Haug, inzwischen schon ein Stück Mercedes, hat dieses Wochenende zu einem Mercedes-Wochenende gemacht, wobei die anderen Teilnehmer die Garnierung bilden durften.

Selbst die Pause zwischen den Rennen war eine "Mercedes-Pause", in der man mit dem F1-Zweisitzer unterhielt. Aus einem Leserbrief in der neusten Ausgabe von "Auto Bild":  "Wer Mercedes kennt, weiß, dass dort die Devise gilt: Nicht kleckern, sondern klotzen."

Und in einem anderen wird gesagt: "Zur DTM fällt mir nur eines ein: Tot geborenes Kind!"

Leser vermögen noch ihre ursprünglichen Empfindungen klar zu formulieren. Motorssport-Journalisten sind dagegen zu verbildet. Aber man kann die DTM, wie sie sich in Hockenheim vorstellte, weder schön schreiben, noch schön reden, wie es die Damen und Herren des ZDF versuchten. Diese Übertragung war eine einzige Katastrophe.

Dagegen war die eigentlich DTM von Norbert Haug perfekt inszeniert. - Aber als ein Motorsport-Ereignis wird so eine Marketing-Veranstaltung wohl kaum in die Motorsport-Geschichte eingehen.

MK/Wilhelm Hahne

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