Das "24-Stunden-Rennen" auf dem Nürburgring und seine "Gewichtsprobleme"

Ich gehöre nicht nur zu den Fans dieses Langstrecken-Klassikers. Ich war von Anfang an aktiv dabei. Aktiver, als selbst die Aktivsten wissen. Der erste Rennleiter dieses Rennens (das zunächst eine Gleichmäßigkeitsprüfung war) kam aus Langenfeld und war zur Zeit der Entwicklung dieser Langstrecken-Idee oft bei mir in Düsseldorf. Und wir haben an der Idee im Detail gestrickt. Manchmal - und dann immer öfter - kam noch Willy Knupp dazu, den wir heute als F1-Spezialisten bei RTL kennen. Damals, Ende der 60er Jahre, war er Mitarbeiter des ADAC, Gau Nordrhein, in Köln.
Die "Versuchsveranstaltung" bin ich auf einem 360er Honda mit der Start-Nr. 1 (als Dank für meine Mitarbeit) gefahren. Gestartet wurde ich damals von Juan Emanuel Fangio. (Kein Witz.) Und wenn es in späteren Rennen Prämien für schnellste Runden, Stundenpreise usw. gab, dann stammte nicht nur die Idee von mir, sondern auch, wie - nach welchem Schema - die  Prämien verteilt wurden. - Im letzten Jahr hatte ich im Vorfeld davor gewarnt, Zusatzgewichte praktisch nach oben unbegrenzt zur Nivelierung der Wettbewerbsfähigkeit einzusetzen. Und hatte darauf aufmerksam gemacht, dass so manche Klasseneinteilung "von gestern" ist. - Das 24-Stunden-Rennen 1999 war ein großer Erfolg, hatte aber noch so manche Macken. Jetzt, in 2000 hätten sie ausgebügelt sein müssen.  - Aber sie sind es nicht.

Müssen auch dieses Mal wieder Reserveräder von drei Mann getragen werden?

00-06-10/09. Einer der wahrscheinlichen Teilnehmer am diesjährigen 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife hat sich inzwischen auf die Hinterbeine gestellt und beim DMSB (Deutscher Motorsport Bund e.V.) beschwert. Er verweist in seinem Schreiben auf einen Abschnitt der Ausschreibung, in dem es um die Fahrzeug-Bestimmungen der Gruppe "24-Stunden-Spezial" geht.

Dort heißt es u.a.:

"Sollte das zulässige Gesamtgewicht (s. Fahrzeugbrief oder -Schein) geringer sein, als das in obiger Tabelle jeweils geforderte Mindestgewicht, so kann das Fahrzeug nicht in die Nennungsliste aufgenommen werden. Somit gilt, dass kein Fahrzeug im rennbereiten Zustand, d.h. Leergewicht nach obiger Tabelle plus Treibstoff plus Fahrer (75 kg nach EU-Norm), das Gewicht überschreiten darf, das für das betreffende Fahrzeug serienmäßig als zulässiges Gesamtgewicht für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr angegeben wird. Den Nachweis hat der Bewerber selbst anhand von Unterlagen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA), des Herstellers oder des deutschen Generalimporteurs zu führen."
So wie ich es sehe, will sich der Veranstalter mit dieser Formulierung gegen evtl. Ansprüche von Teilnehmern absichern, die mit einem höheren Gewicht als gesetzlich zulässig, bei einem 24-Stunden-Rennen auf der Nordschleife unterwegs sind. Da kann es dann z.B. schnell zu einem Radnabenbruch kommen, ein Aufhängungsschaden entstehen. Wer aber auf der Nordschleife abfliegt, der muss damit rechnen, dass er sich mehr als eine Beule holt.

Natürlich hat  der Veranstalter - worauf auch der Beschwerdeführer in seinem Schreiben an den DMSB hinweist - schon im letzten Jahr "beide Augen zugedrückt", weil zunächst einmal wieder das Niveau des 24-Stunden-Rennens angehoben werden sollte, was auch über die Anzahl der Teilnehmer erfolgen kann.

In diesem Jahr hat es dann übrigens eine Meldeflut zu diesem Langstrecken-Klassiker gegeben. Fast 350 Fahrzeuge wurden genannt. Der Veranstalter, der ADAC Gau Nordrhein in Köln, hat darum die Nennung von vielen Teilnehmern nicht angenommen, ablehnen müssen und so z.B. dann am 29. Mai, nachdem über die Annahme der Nennungen entschieden war, nicht nur die Bewerber um einen Startplatz informiert, sondern auch deren Nenngeld in Höhe von insgesamt 210.000 DM wieder an sie zurücküberwiesen.

So wie es aussieht, hat man 266 Nennungen fest akzeptiert; 20 Teilnehmer stehen auf der Reserveliste. Da aber nicht alle Fahrzeuge zum Training erscheinen werden, weil es dort dann schon eine Reihe von Ausfällen geben wird, ist damit zu rechnen, dass so um 230 - 240 Fahrzeuge am 24./25. Juni am Start sein werden.

Und jetzt jetzt kommt der Blödsinn: Man versucht der Öffentlichkeit und den (wahrscheinlich dummen) Teilnehmern klar zu machen, dass jeder Teilnehmer eine Chance hat. Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung vom 17.Mai:

"Durch das Reglement wird dabei garantiert, dass die sehr unterschiedlichen Fahrzeugtypen unter einen Hut gebracht werden. Über Einflussgrößen wie Gewicht, Tankinhalt und Reifendimensionen stellen die Reglementswächter beim ADAC Nordrhein sicher, dass jeder Teilnehmer eineChance hat."
Im Grunde genommen, wird nach dem gleichen System - aber ein wenig modifiziert - wie letztes Jahr verfahren. Und dann hat der oben zitierte Teilnehmer mit seiner Beschwerde beim DMSB recht. Im letzten Jahr wurde ja noch nicht einmal das Gewicht der Teilnehmer im Rennen kontrolliert. Und so konnte man beim letzten Tankstop vor Rennende dann z.B. beobachten, dass drei Monteure ein Reserverad in ein Wettbewerbsfahrzeug verbauten, damit es nach Zielankunft jeder Wiegekontrolle standhielt.

In diesem Jahr sollte z.B. die Chrysler Viper des Peter Zakowsi entsprechend dem Reglement mit einem Startgewicht von gut 1,7 Tonnen unterwegs sein. Das Fahrzeug ist aber von der FIA mit 1150 kg homologiert. Im Langstreckenpokal darf er mit 1350 kg starten. Wobei hier sowieso auffällt, dass es die Klasse "24 Stunden Spezial" zwar auch im Langstreckenpokal gibt;. warum aber unter der gleichen Flagge ("24-StundenSpezial") in zwei unterschiedlichen Rennen dann die gleichen Fahrzeuge unterschiedliche Gewichte an den Start bringen müssen, ist ein Geheimnis des DMSB, der die jeweiligen Ausschreibungen zu genehmigen hatte.

Das Wichtigste scheint das Kassieren der Gebühren zu sein; Gedanken macht man sich wohl sonst beim Genehmigen nicht.Vieles ist auch offenscihtlich verhandelbar. So erhielt Peter Zakowski durch den ADAC Gau Nordrhein (schriftlich!) die Genehmigung, seine Viper mit einem anderen Gewicht als in der Ausschreibung vorgesehen, an den Start zu bringen. Die Viper darf mit 1350 kg(+ Fahrer + Treibstoff) starten.

Was wiederum ein konkurrierendes Porscheteam (Porsche-Zentrum, Koblenz) auf den Plan rief. Und nun zankt man sich, beruft sich darauf, dass die Ausschreibungbestimmungen bindend wären, andere verweisen darauf, dass durch die Annahme der Nennung ein Werkvertrag nach § 631 BGB zustandegekommen ist, der bindend ist. Für Unruhe sorgt auch die Zusage des Gau Nordrhein an Peter Zakowski, dass er die Viper mit einem großen Tank einsetzen könne. Nur: er darf jeweils nur 80 Liter nachtanken.

"Aber dadurch hat er doch wieder einen weiteren Vorteil", jammert ein Porcheteam. Und hat recht. Aber das Durcheinander war schon im letzten Jahr auf diesem Gebiet sehr groß. Es konnten sogar in der Nacht Fahrer beobachtet werden, die in keinem Nennungsformular auftauchten, aber am Steuer von No-Names im Schutze der Nacht richtig schnelle Runden drehten. (Und Motor-KRITIK darum auffielen.)

Das 24-Stunden-Rennen 1999 wurde durch den persönlichen Einsatz des Peter Geishecker (Wige Data, Wige Media usw.) auf den richtigen Weg gebracht. Aber nicht immer mit richtigen Mitteln. Diese Arbeit kann man auch eigentlich nicht von Herrn Geishecker erwarten. Sie hätte durch die eingesetzten Spezialisten erfolgen müssen. Leider ist deren einzige Linie die erkennbar ist: man hat keine Linie.

Oder wenn doch, so ist die natürlich am Geld orientiert. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine ganze Menge von Teilnehmern bei der diesjährigen Abnahme "ganz dumm aus der Wäsche gucken" wird, wenn sie am Ende durch eine etwa 20 Meter lange "Klebestraße" rollen müssen, wo ihre Fahrzeuge mit den der Sponsoren des Veranstalters beklebt werden. Das er dazu das Recht hat, steht in der Ausschreibung. Im letzten Jahr konnte man sich davon mit Geld freikaufen. Das soll dieses Jahr nicht mehr möglich sein. - Und wo bleiben die Aufkleber der Sponsoren, mit denen die Teilnehmer ihren Start in der Eifel finanzieren? - Und wenn nun plötzlich konkurrierende Firmen aus der gleichen Branche ihre Aufkleber traulich vereint, nebeneinander auf der Blech und Glas "ihres" Fahrzeuges finden?

Es wird noch vor Ort Auseinandersetzungen geben. Aber alle diese - auch für den Sport - negativen Dinge hätten im Vorfeld dadurch vermieden werden können, dass man sie offen ausgesprochen und abgeklärt hätte. Aber es geht natürlich auch hier für jeden um Geld. Auch der Veranstalter möchte schließlich kein Geld mehr zuschießen, wie das jahrelang passierte.

Der eingangs genannte und zitierte Teilnehmer, der übrigens mit einem Ford Fiesta am Start sein will, schreibt in seinem Brief an den DMSB abschließend:

"Uns auf die DMSB-genehmigte Ausschreibung verlassend, haben wir rund 35.000 DM in das Rennen investiert und sehen nun Probleme, uns wegen der geschilderten Situation mit unserem reglementskonformen Fahrzeug überhaupt zu qualifizieren. Wenn der DMSB keinen Handlungsbedarf sieht und nichts unternimmt, werden wir und unsere Sponsoren notfalls zivilrechtliche Schritte einleiten müssen."
Motor-KRITIK wird die Dinge aufmerksam beobachten und weniger rücksichtsvoll als im letzten Jahr, dann den Finger in die Wunden legen.

Und sonst? - Es wird richtiger Sport geboten werden. Es gibt die DTC auf der Nordschleife. Auch so mancher Renault V6-Fahrer wird dumm aus der Wäsche gucken. Leute die auf Flugplatzkursen zu den Schnellsten gehören, wird man hier vielleicht im Mittelfeld finden.

Im großen Starterfeld zum 24-Stunden-Rennen wird man interessante Fahrzeuge erleben können (Erdgas, Diesel, Transporter), es werden auch bekannte Fahrer, auch solche mit großem Namen, am Start sein. Fast noch interessanter ist, dass auch leitende Manager (z.B. die Entwicklungschefs von Ford und Opel) am Steuer drehen werden. Auf dass sie einen Eindruck von den Eigenschaften ihrer Modelle gewinnen.

Wenn auch am Ende des 24-Stunden-Rennens das große Erlebnis Nordschleife so manche Schwäche des Rennens überdecken wird, auch wenn die Stimmung nach dem Rennen insgesamt besser sein wird, als jetzt in den Tagen zuvor, so sollte man sich trotzdem entschließen, im Hinblick auf das Rennen in 2001, dort Korrekturen vorzunehmen, wo sie dringend - im Interesse des Sports! - erforderlich sind.

MK/Wilhelm Hahne

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