Über eine BMW-Pressemitteilung - und dazu Ergänzendes

Pressemitteilung von Firmen können wirklich interessant sein. Wenn man sie aufmerksam liest. In so mancher dieser Firmenmitteilungen stecken so viele Informationen - weil man sie dort "verschleiert" hat - daß sich ein intensives Studium wirklich lohnt. Und manchmal findet man auch Beweise dafür, daß es nicht genügt des Schreibens mächtig zu sein. - Na ja, so schlimm ist es bei BMW nicht, aber... - Lesen Sie doch einmal selbst nach.

Der "small block"-Renn V8 von BMW

98-01-11/02. BMW präsentierte ihn auf der Motorshow in Detroit: den neuen V8-Rennmotor, der lt. Pressemitteilung "für Einsätze in den USA" gedacht ist, aber tatsächlich auch ab 1999 in europäischen Sportwagenrennen eingesetzt werden kann.

Daß BMW den Motor in den USA vorstellte, ist nur logisch. "In Nordamerika", so läßt man Karl-Heinz Kalbfell, Leiter Zentrales Marketing der BMW AG und Geschäftsführer der BMW Motorsport Ltd. sagen, "sind Achtzylinder-V-Motoren traditionell und auch heute noch die beliebtesten und damit wichtigsten Triebwerke". - Was er nicht sagte: großvolumige Achtzylindermotoren sind die Lieblinge der Amerikaner. Ein V8 mit 5,7 Liter Hubraum wird schon als "small block" bezeichnet. Da ist der BMW V8 mit seinen knapp 4 Liter Hubraum eigentlich nur ein "little block"

BMW möchte mit dem ab 1999 vorgesehenen erfolgreichen Einsatz dieses Rennmotors seine "technische Kompetenz auf diesem Gebiet beweisen", wie es Karl-Heinz Kalbfell formuliert. Natürlich gerade in den USA, wo auf der Motorshow in Detroit Mercedes gerade die Einführung ihrer neuen Achtzylindermotoren auf dem US-Markt noch in 1998 bekanntgab. Von der M-Klasse bis hinunter zum C 43 von AMG.

Wenn BMW in der Pressemitteilung geradezu verschämt davon spricht, daß man sich wegen der "unter anderem mit der Vorbereitung des BMW Formel 1-Motors beschäftigten Abteilung (des Technischen Geschäftsführes der Motorsport Ltd, Paul Rosche) zusätzlich der Kapazitäten des Schweizer Unternehmers Heini Mader Racing Components S.A." bediente, dann ist das nach Motor-Kritik- Recherchen eine Untertreibung. Der Rennmotor entstand - natürlich nach Vorgaben von BMW - praktisch ganz bei Heini Mader. Und der nahm auch die V8-Rennmotoren der amerikanischen Konkurrenz auf seine Motorenbremse, um festzustellen, daß z.B. auch bei Chrysler (Oldsmobil Aurora V 8) "nur mit Wasser gekocht" wird. Da ist der BMW-Motor in seiner jetzigen Auslegung tatsächlich deutlich überlegen. Für ihn werden um 600 PS genannt. Und die hat er. Für den Oldsmobilmotor werden übrigens auch um 600 PS angegeben. Auf dem Papier.

Interessant ist, daß man gerade bei Rennmotoren kaum noch einen Zahnriemen zum Antrieb der obenliegenden Nockenwellen verwendet. Beim BMW-Motor wird schon in der Serie der Antrieb über eine zentrale Doppelrollenkette sichergestellt. Und die macht es dann auch beim Rennmotor. Eine Rollenkette ist wohl doch zuverlässiger als ein Zahnriemen. Aber nicht billiger. Und darum kommen bei Großerienmotoren meistens... - Bei Opel weiß man, wie teuer das werden kann.
Ein schönes Beispiel für "schnelle" Pressearbeit bildet in der BMW-Pressemitteilung der folgende Absatz:

"Während der Zylinderkopf selbst unverändert blieb, wurden die Ventilgrößen, die Durchmesser der Ventilfedern und die Steuerzeiten für die Nockenwellen modifiziert, außerdem die Ein- und Auslaßkanäle zur Minimierung der Reibungsverluste bearbeitet."

Ein- und Auslaßkanäle wurden bearbeitet, die Ventilgrößen wurden geändert, usw., usw., aber der Zylinderkopf blieb unverändert. Und man hat die "Reibunsverluste" in den Ein- und Auslaßkanälen minimiert. - Was reibt da eigentlich? - Sicher meinte man die Strömungsverluste. Aber man kann wohl auch von
den Bayerischen Motoren Werken nicht verlangen, daß jeder in der Presseabteilung etwas von Motoren versteht.

Interessant: Es gibt beim BMW Renn-V8 keine Drosselklappen mehr, sondern Drosselwalzen. So wie es da geschrieben steht, könnte man es glatt für eine Erfindung von BMW halten. Ist es aber nicht, sondern wird in ähnlicher Form schon einige Zeit bei anderen Motoren - z.B. in der Formel 1 - eingesetzt.
Der BMW-Rennmotor ist mit seinen 165 Kilogramm nicht gerade ein Leichtgewicht. Man wollte, weil es sich um einen Kundenmotor handelt, die Kosten möglichst gering halten. So wird es in der BMW- Pressemitteilung Paul Rosche in den Mund gelegt. - Und was kostet nun der BMW-Rennmotor?

Das ist nirgendwo zu lesen und selbst nach einer Reihe von Telefonaten mit BMW nicht herauszubekommen. Wenn man den Aussagen von BMW-Mitarbeitern Glauben schenken darf, wird sich der Preis zwischen 75.000 und 115.000 Dollar bewegen - also zwischen rund 135.000 und gut 200.000 DM. Wenn das keine präzise Aussage ist! - Dabei darf der Motor in der amerikanischen Serie nicht teurer sein als eben die erwähnten 75.000 Dollar. Und an dieser Marke orientiert sich wohl auch die von BMW genannte untere Preisgrenze.

Wie man hört soll der Motor zunächst noch eine Praxiserprobung in einem Sportwagen erfahren. Und man geht wohl nicht fehl in der Annahme, wenn der Test in jenem WSC-Sportwagen erfolgt, der gerade bei Williams für BMW und den Einsatz in Le Mans (dort aber mit Zwölfzylindermotor) fertiggestellt wird. Aber was soll das dabei erzielte Ergebnis am Preis ändern?

Interessant noch eine andere Stelle in der BMW-Pressemitteilung: "Die elektronische Zünd- und Einspritzanlage stammt von Magneti Marelli aus Italien." - Das ist wohl das Ergebnis einer Bosch- Entscheidung, ihre eigene Rennabteilung aufzulösen. Bosch sah sich dazu veranlaßt, weil man dringend Ingenieur-Kapazität für die Entwicklung von Direkteinspritzsystemen für Ottomotoren benötigte, die man - wie andere Firmen auch - ein wenig verschlafen hatte. Aber auch diese Auflösung ist schon wieder ein Fehler, der aber erst in einigen Jahren deutlich werden wird. Und manwird dann irgendwo wieder eine Lücke reißen müssen, um eine andere zu stopfen. Wie wäre es eigentlich mit einer Langzeitstrategie? - Auch im Motorsport!

Ja, ja, - wenn man Presseinformationen aufmerksam liest, stößt man auch auf Internas anderer Firmen, für die es bei denen keine Pressemitteilung gab.
Übrigens: Der BMW V8-Rennmotor soll in der Saison 1999 von interessierten Kunden-Teams eingesetzt werden können. Dann müßte er ab Mitte des Jahres 1998 lieferbar sein. - Und ab wann kann man den Preis erfahren?

MK/Wilhelm Hahne