Auch ein Krimi kann Fachliteratur sein. Wenn er aus der Eifel kommt.

Natürlich liest man als Motor-Journalist Fachzeitschriften. Aber auch Tageszeitungen. Man guckt in die Glotze. Man hört Radio. Und manchmal liest man auch einen Krimi. So zur Entspannung. Dieses Mal sei von einem Krimi gesprochen, den man einfach gelesen haben muß. Weil er gut geschrieben ist. Und weil es sein könnte, daß es noch einmal eine Fortsetzung gibt. Denn guten Krimi-Autoren gehen schon deshalb die Ideen nicht aus, weil sie natürlich auch schon mal den Rahm von der Realität schöpfen.

"Wer is dat Irmchen von Quiddelbach?"

98-02-16/02. Ich hatte gerade getankt, als eine Frau auf mich zutrat. Ich kannte sie, so wie man viele Leute vom Sehen kennt. Tausendmal gegrüßt und nie miteinander gesprochen. Doch dieses Mal sprach sie mich an: "Sie wissen doch sicher Bescheid", gab sie ihrer Frage schon vorweg einen positiven Touch, um dann nach einer kleinen Pause die sie quälende Frage zu stellen: "Wer ist dat Irmchen von Quiddelbach?".

"Ich weiß dat nich", war meine ehrliche Antwort. Denn ich wußte gleich, warum mich die gute Frau fragte. Sie hatte den letzten Eifel-Krimi von Jacques Berndorf gelesen. Und da kommt nicht nur Irmchen drin vor, sondern noch viele andere Personen. Und da die Orte der Handlung alle existent sind, glauben viele Leser, daß es die handelnden Personen auch sind. Hinzu kommt, daß der Autor ganz vorne im Buch eine Widmung untergebracht hat: "Ganz herzlich für Bigi und Wilhelm Hahne in Virneburg". Und da denken nun die, die glauben mitdenken zu können, daß nun der Wilhelm Hahne... -

Aber ich, der Wilhelm Hahne, hat den Krimi nicht geschrieben. Ich habe auch nicht die Handlung erfunden. Ich habe den Autor des Buches nur ein wenig in Sachfragen beraten. Was er damit gemacht hat, ist seine Sache. Zufällig gehen wir beide schon mal abends ins "Stellwerk" nach Monreal. Und wir fahren beide jede Woche mehrfach über die B 257 und B 258. Und ich kenne natürlich auch die Tankstelle an der "Döttinger Höhe". - Aber das sind schon unsere Gemeinsamkeiten. Und wir sehen uns relativ selten. -

Ach, es gibt noch eine Gemeinsamkeit: Wir sind beide Journalisten.

Aber ich bin inzwischen gar nicht mehr überrascht, wenn mich ein Tiefbauunternehmer beim Zeitungskauf in eben jener Tankstelle an der Döttinger Höhe fragt: "Aber sagen Sie doch mal ehrlich: Wen haben Sie denn auf Seite 69 gemeint?" Ich habe niemanden gemeint. Das Buch hat schließlich Jacques Berndorf (tatsächlich heißt er Michael Preute) geschrieben. Und der Anlaß zu diesem Buch war eigentlich eine Geschichte, die jetzt noch die Gerichte beschäftigt.

Denn ich hatte damals, nach einem Besuch einer Lesung dieses Eifel-Krimi-Autors eine Satire geschrieben. Und da glaubten sich Leute verunglimpft oder hatten sich wiedererkannt. Oder so was ähnliches. Und als ich das mal dem Krimi-Autor erzählte - und ihm zum Beweis ein paar Prozeßunterlagen vorlegte - da war der einfach baff. - "Das gibt´s doch nicht!" -

Doch, das gibt es. Und Monate später erzählte er mir dann von seiner Idee, einmal einen seiner Eifel-Krimis in der Motorsport-Szene der Eifel spielen zu lassen. Und welche Art von Rückrufaktion man denn z.B. einbauen könnte. Und so weiter; und so weiter.

Und so entstand das Buch, das nun seit Mitte Dezember im Buchhandel, mehr als 300 Seiten stark, zum wohlfeilen Preis von 16,80 DM zu erstehen ist. Die Handlung kann man dem Klappentext entnehmen:

"Ein Motorjournalist aus Adenau stirbt - angeblich an einem Herzinfarkt. Aber der Spezialist für Fragen rund um den Nürburgring hat etwas recherchiert, das - würde es bekannt - eine Autofirma zu einer unglaublich teuren Rückrufaktion zwingen würde. Und so taucht Pfeifenraucher und Katzenfreund Siggi Baumeister in die skurrile Welt des Nürburgrings ein."

Nicht mehr und nicht weniger kann man in diesem Buch lesen. Und da wohl nichts mehr die Phantasie der Menschen anregt als das geschriebene Wort - sie füllen damit wohl den Platz zwischen den Worten, den Zeilen - denken sich wohl viele Leser ihr Teil beim Lesen. Und "ihr Teil" wird bestimmt von ihren Erfahrungen, ihrem Wissen.

So rief mich vor Wochen z.B. ein hochrangiger Manager einer großen Automobilfirma an um mir zu sagen: "Ich wußte ja bisher gar nicht, daß Sie Schlagzeug spielen, Herr Hahne." - Ich wußte das bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht. Nachdem wir unsere jeweiligen Voraussetzungen geklärt hatten, stellte sich heraus, jener Manager hatte den bewußten Eifel-Krimi gelesen, in einer der handelnden Personen mich, Wilhelm Hahne, erkannt. Und da diese Person in diesem Krimi nun Schlagzeug spielt... -

Nein, ich spiele kein Schlagzeug. Und ich habe den Krimi nicht geschrieben. Und ich werde auch den nächsten nicht schreiben. Und darum kann ich auch nicht sagen, wer nun das Irmchen aus Quiddelbach ist. Ich kenne auch nicht Herrn von Schöntann.

Aber vielleicht erkennen Sie ihn ja. Vielleicht kennen Sie ihn sogar. Und ich kenne die Tankstelle Döttinger Höhe, kenne das "Stellwerk". Ich kenne auch Anja, die schlanke Blonde, die auch mir manchmal Witze erzählt. Und daß der Uli... -

Aber lesen Sie doch einfach selber. Und wenn Sie mal in der Eifel sind, fahren Sie doch mal die Orte des Geschehens ab. Es gibt sie wirklich. -

Aber ich spiele wirklich kein Schlagzeug. -

Jacques Berndorf: “Eifel-Rallye³, ein Taschenbuch-Krimi, erschienen im "grafit"-Verlag, Dortmund, DM 16,80

MK/Wilhelm Hahne