24-Stunden-Rennen Nürburgring-Nordschleife, 12. - 14. Juni 1998

Es gibt jetzt die Rahmenausschreibung zum Tourenwagen-Klassiker auf dem "Ring". Und der veranstaltende Club, der ADAC, Gau Nordrhein in Köln, versucht mal etwas Neues. Motor-Kritik hörte schon erste Entsetzenschreie: "Das wird ja ´ne Kirmesveranstaltung." - Na, ja - wenn die so schön wird wie "Pützgens Markt", die "Oberkasseler Rheinwiesen" oder der "Hamburger Dom", wäre dagegen nichts einzuwenden. - Es zeichnet sich für uns ab, daß diese Veranstaltung Diskussionen auslösen wird. Im Sinne des Sports. Denn Stillstand ist Rückgang. Und die Sportbehörden haben lange genug geschlafen. - Jetzt geht´s los. Und wie es ausschaut, könnte das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring in diesem Jahr unter dem Motto laufen:

"Zur ´Hölle´ mit der A-Klasse"

98-02-27/14. Wenn die Ausschreibung des Veranstalters nicht nur begriffen, sondern auch umgesetzt wird, dann gab es bei einem 24-Stunden-Rennen noch niemals ein bunteres Starterfeld als in diesem Jahr, in 1998. Theoretisch können Porsche 996 am Start sein, und auch Boxter. Ein BMW Z 3 würde ins Reglement passen und auch ein Ford Puma. STW-Fahrzeuge dürfen starten, aber auch ein Honda Integra. Und Diesel. Man kann Rallye-Kit-Cars (nach FIA-Reglement) einsetzen und Gruppe A-Tourenwagen. Und natürlich Tourenwagen nach dem Gruppe N-Reglement (aber nicht "national", sondern nach FIA-). Und es können Fahrzeuge starten die noch nicht oder nicht mehr homologiert sind.

Alle sind in vier Wertungsgruppen unterteilt, und die wieder in Klassen. Das werden insgesamt 14 werden, wenn nicht irgendwelche Zusammenlegungen erfolgen, weil einzelne Klassen zu schwach besetzt sind.

Besonders interessant ist die Wertungsgruppe 3. Hier sind nicht nur alle homologierten Tourenwagen der Gruppe A startberechtigt, sondern auch Fahrzeuge, die noch nicht homologiert sind - oder einfach (aus welchen Gründen auch immer) vom Hersteller nicht homologiert werden, oder deren Homologation einfach abgelaufen ist. Sie muß aber noch 1993 gültig gewesen sein.

Es gibt eine Einschränkung: "Über die Zulassung eines Fahrzeuges entscheidet alleine der Veranstalter".Und: Grundsätzlich haben alle Fahrzeuge den FIA-Gruppe A-Bestimmungen zu entsprechen.

Aber: die Bremsen sind freigestellt, das Schaltgetriebe ist freigestellt und die Gemischaufbereitung ist freigestellt. Es gibt je nach Hubraumklassen unterschiedliche, maximal zulässige Breiten der Felgen/Reifen-Einheit. Und der Veranstalter glaubt ein leistungsmäßig homogenes Feld dadurch herstellen zu können, daß er Mindestgewichte festsetzt, je nach Hubraumklasse. Das geht von 700 Kilogramm für die Klasse bis 1150 ccm bis zu 1450 Kilogramm für die Klasse über 3.500 ccm.

Motor-Kritik denkt: und da wird es kritisch. Mit rund 1,5 Tonnen-Fahrzeugen kann man kein 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife auf Sliks (!) fahren, ohne früher oder später die Räder zu verlieren. Also müßte eigentlich ein Porsche zuhause bleiben.

Man sollte in Köln diese Passage der vorläufigen technischen Ausschreibung noch einmal überdenken.

So wie es derzeit ausschaut, werden wir aber den Mercedes SLK beim Rennen erleben, und Exoten wie Ford Falcon, einen Holden oder gar einen Lexus. Die drei Letztgenannten werden aus Australien kommen.

Aus deutschen Landen sind vier der derzeit kleinsten Mercedes zu erwarten: Mercedes A-Klasse. Angeblich verdanken die ihren Einsatz privater Initiative. Keine Frage: diese A-Klasse-Rennfahrzeuge werden die Sympathien des Publikums auf ihrer Seite haben. Und nachdem die Nürburgring-Nordschleife schon lange als "Grüne Hölle" einen besonderen Ruf hat, ist wohl auch das Motto erlaubt, das dieser Geschichte dann auch den Titel gab.

Keine Frage: das 24-Stunden-Rennen könnte zu einem echten Knüller werden, wenn die Privatfahrer - aber auch die Automobilhersteller - die Möglichkeiten erkennen, die die neue - sicher ein wenig unkonventionelle - Ausschreibung beinhaltet. - Und sie nutzen.

Und wenn der Veranstalter noch ein wenig flexibel ist... - Wie heißt das geflügelte Wort? - "Sprechenden Menschen ist zu helfen". - Also sprechen Sie, melden Sie, starten Sie. Denn diese Veranstaltung ist nicht nur für die Zuschauer, sondern auch für die Fahrer immer eine Mords-Gaudi. -

Insofern hat jener Kritiker recht, der von einer "Kirmesveranstaltung" sprach.

MK/Wilhelm Hahne