"Der Wind der Wahrheit, er soll weh´n -
von dir zu mir, von mir zu dir,
aus uns hinaus - GERADEAUS."
(Udo Jürgens, 1991)

"...um Ihnen die öffentliche Bewertung der angesprochenen Thematik zu erleichtern."

Das schrieb der Leiter Presse und Öffentlichkeitsarbeit der Adam Opel AG als Begründung dafür, warum er "beiliegend" den Inhalt eines Briefes von David J. Herman, Vorsitzender des Vorstandes der Adam Opel AG an "Herrn Dr. Ferdinand Piech, Vorstandsvorsitzender Volkswagen AG" der Presse zugänglich machte. - Ein "ehrenwertes Haus", das der Adam Opel AG. (Das fiel mir nur ein, weil Udo Jürgens - s.o. - mal davon gesungen hat.) Und mit einem "Aufsichtsratschef" (Bezeichnung aus einer Opel-Pressemitteilung), der mit dem ganzen Schmutz im wirklichen Leben wohl nichts mehr zu tun hat. Sein Name, seine Figur steht für Moral und Ethik. Und er achtet darauf, daß sein Image keinen Schaden nimmt. Gerade eben wieder hat er Dr. Kocks und dem "stern"... - Lesen Sie das und noch etwas mehr in nachfolgender Geschichte.

"Kippst du meinen, kipp´ ich deinen"

98-03-20/01. Das war der Titel einer Geschichte im "stern", die versuchte, die Geschehnisse um das Thema des umgekippten Golf bei einem Training von Opel-Verkäufern zu beleuchten. Im Rüsselsheimer Management war das unbekannt.

Aus dem Brief des Herrn Herman an Herrn Piech: "Im Rahmen von Verkäuferschulungen für den neuen Opel Astra wurden Fahrdynamikübungen auch mit Wettbewerbsfahrzeugen einschließlich des VW Golf durchgeführt." (Einschub von Motor-KRITIK: Herr Herman meint natürlich keine Wettbewerbsfahrzeuge, sondern Fahrzeuge von Wettbewerbern.)

"In den Trainingskatalog fand dabei ein extremer Spurwechsel-Test Eingang, ohne daß dies im Vorstand oder mit anderen verantwortlichen Managern bei Opel besprochen worden war." (Einschub von Motor-KRITIK: Das ist glaubhaft. Es gab also einen "Trainingskatalog" zur Schulung von Opel-Verkäufern, dessen Inhalt dem Opel-Management unbekannt war. - Hallo, Herr Grupe! - Aufwachen!)

"Ich habe die entsprechenden Schritte eingeleitet, um sicherzustellen, daß sich ein solches Verhalten bei Opel in Zukunft nicht wiederholt." (Motor-KRITIK-Frage: Welches Verhalten?)

Der "stern" hatte alles sehr genau vermeldet und um die Reaktionen eines VW-Markenvorstandsmitgliedes, Prof. Dr. Klaus Kocks nämlich, ergänzt. Im "stern" war zu lesen: ">Das ist eine Schlammschlacht<, kläffte VW-Vorstand Klaus Kocks, ging in die Offensive und streute seinerseits genüßlich, daß Opel-Aufsichtsrat Hans-Wilhelm Gäb für die Verbreitung dieser Meldung gesorgt habe."

Das ist natürlich aus der Sicht eines so korrekten Mannes wie Hans Wilhelm Gäb eine ungeheuerliche Unterstellung. Da hat man nicht nur seine Vornamen - unkorrekt - mit einem Bindestrich verbunden, sondern er, er, der... - Also da könnte er bestimmt viele Zeugen nennen, die ihm so etwas niemals zutrauen würden. Steffi Graf, den Herrn Beickler, Herrn Enderle, Herrn Hüskes usw. -

Und so hat Hans Wilhelm Gäb dann auch sofort reagiert. Oder reagieren lassen. Vielleicht sogar durch Herrn RA Volker H. Hoffmann? - Der zählt bekannte Firmen und Manager zu seinen Mandanten. Nicht nur einen Vogel (den von Thyssen), sondern er ist - soweit ich das aus eigener Erfahrung beurteilen kann - auch der Erfinder der Opel-Kronzeugenregelung. (Darüber werde ich zu gegebener Zeit einmal berichten. Wobei dann auch deutlich wird, daß es heute nicht mehr genügt Jura zu studieren, um ein erfolgreicher Rechtsanwalt zu sein.)

Und so gab es dann am 18. März 1998 eine "Opel-Information" (die dank der Mitarbeit von netten Kollegen auch schnellstens Motor-KRITIK bekannt wurde), in der zu lesen stand:

"Dr. Klaus Kocks, Markenvorstand Volkswagen, hat sich in einer ´Unterlassungserklärung´ verpflichtet, nicht weiter zu behaupten oder behaupten zu lassen, Opel-Aufsichtsratschef Hans Wilhelm Gäb habe für eine Verbreitung von Meldungen über einen umgestürzten Golf IV gesorgt."

Natürlich hat sich Hans Wilhelm Gäb "gesorgt", aber doch nur um das Ansehen der Volkswagen AG. Und wenn in "Auto-BILD" Fotos vom umgestürzten Golf zu finden sind, so haben Mitarbeiter der Adam Opel AG mit dieser Veröffentlichung nichts zu tun. Nun gut, da hat vielleicht ein Opel-Verkäufer ein Foto gemacht. Aber das sicher nicht in seiner Eigenschaft als Opel-Verkäufer. Er hatte da - natürlich nachweislich - bestimmt gerade Pause. David J.Herman macht es in seinem Brief an Herrn Dr. Ferdinand Piech auch klar: "Opel hatte und hat in dieser Sache selbstverständlich niemals mit irgendwelchen Medien zum Nachteil von Volkswagen kooperiert."

Und der "stern" wird nun auch "eine entsprechende Korrektur seiner Meldung" (O-Ton Opel) drucken. Damit das Ansehen des Herrn Hans Wilhem Gäb nicht Schaden nimmt. Und auch nicht das von Opel.

Dumm nur, daß gerade in einem von Horst P. Borghs und seiner Frau Brunhilde angestrengten Prozeß gegen den Chronisten (und andere) in diesen Tagen mal wieder deutlich wurde: ein wenig Gäb gehört oft schon dazu. Ehemalige GM-Mitarbeiter (exakt: solche von Saab) haben da etwas zur Gäb-Beteiligung an der SPIEGEL-Geschichte (über PS-report im Jahre 1995) ausgesagt. Selbst Motor-KRITIK hätte davon nichts erfahren, weil diese alte Sache eigentlich durch einen Vergleich beendet wurde.

Aber nun kocht das wieder hoch, da man bei Opel wohl gerne nach dem Motto der aktuellen Astra-Werbung handelt: "Den muß ich Gabi zeigen. Den muß ich Herrn Bieberstein zeigen. Den muß ich Paul zeigen."

Und so werden wir sicherlich auch noch so manche Dinge um den "Golf-Kipper" im Laufe der nächsten Wochen und Monate erfahren. Im Moment sorgen ja noch die Opel-Aktivitäten dafür, daß die Geschichte so schnell nicht vergessen ist.

Man sollte einmal bei VW nachfragen, was deren Untersuchungen am Fahrzeug, bzw. das sicherlich vorhandene Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen ergeben hat. - In welchem technischen Zustand war eigentlich der "Kipp-Golf" zum Zeitpunkt des Unfalls? - Weiß man alles über Luftdruck, Zustand der Bereifung, Fahrwerkeinstelldaten?

Vielleicht ist ja auch der Aufsichtsratsvorsitzende von Opel in der Lage, die Hintergründe der Opel-Verkäuferschulung auszuleuchten. Im Management, das eigentlich für das operative Geschäft zuständig ist, hatte man von allem - wie man dem Herman-Brief entnehmen kann - keine Ahnung.

Weiß man z.B. in Rüsselsheim - was man in der Eifel weiß - , daß bei einer der Veranstaltungen (in Hockenheim) die Mitarbeiter eines japanischen Mitbewerbers um Marktanteile in Deutschland, die wohl konfusen organisatorischen Zustände nutzten, um den neuen Astra erstmals zu fahren und in allen Details zu fotografieren?

Die Test-Astra für die Opel-Verkäufer standen mit steckendem Zündschlüssel in der Boxengasse und wurden nach Lust und Laune von allen gefahren. Und bei den vielen Opel-Verkäufern sind die paar, die keine waren, eben nicht aufgefallen.

Motor-KRITIK entschuldigt sofort das Opel-Management nach inzwischen bekanntem Muster: Es wußte von nichts. Außerdem waren keine Opel-Mitarbeiter anwesend. Die Organisation lag in den Händen einer Agentur, die wieder keine Schuld trifft, weil die ihrerseits wieder andere... - Und dann gab es noch andere... - Also einfach ein "Zuliefererproblem". - Jeder hat sich auf den anderen verlassen. Wie meistens bei Opel.

Mal eine ganz andere Frage: Welche Aufgabe hat eigentlich bei Opel der Aufsichtsrat?

MK/Wilhelm Hahne