Egon Meurer tödlich verunglückt

Da war die kurze Telefoninformation am Sonntag. Und der, der sie mir gab, war auch nicht zu einer weiteren Erklärung fähig. Sie war auch nicht nötig. Denn jedes WARUM ändert nichts an der Tatsache. Und die macht still. Und nachdenklich. Und wenn auch ein WARUM keinen Sinn macht, so hinterfragt man doch... - Egon Meurer. Er war - verglichen mit mir - jung. Für mich war gut vorstellbar, daß er eines Tages im "report" des ADAC Nordrhein meinen Nachruf geschrieben hätte. - Verdammt lang her. Alles. Wenn man einmal zurückblickt. - Und wenn man nach vorne schaut:

Es ist eine Lücke auf der falschen Seite entstanden

98-03-25/02. Vor Wochen haben wir noch am Telefon diskutiert. Nein, wir waren uns nicht einig. Wie wir uns oft nicht einig waren. Egon war ein Verrückter. Einer jener Verrückten, ohne die der Motorsport auch in Zukunft nicht auskommen kann. Die aber immer weniger werden. Aber es sind die, die für die Eckwerte unseres Sports stehen, sie verteidigen, sie festigen.

Egon Meurer und das 24-Stunden-Rennen. Egon Meurer und seine "Youngtimer". Egon Meuer und sein 76er Ford Escort RS 2000. Er war, in der Sportabteilung des ADAC in Köln beschäftigt, eigentlich Funktionär. Aber einer der funktionierte. Und er war Aktiver. Er war Motorsportler. Durch und durch.

Ich weiß noch, wie ich Anfang November letzten Jahres im Programmheft der Youngtimer Rallye Köln - Ahrweiler blätterte. Nanu, warum fand ich den Namen Egon Meurer nicht unter "Organisation"? - Ich fand ihn in der Starterliste unter der Startnummer 44. Und natürlich habe ich dann später mal ins Ergebnis geschaut. Immerhin hatte Egon bei 10 Sonderprüfungen in einer die Bestzeit erzielt. - Es war naß gewesen. Und wer jemals einen Escort RS 2000 im Wettbewerb gefahren hat... -

Egon war kein Theoretiker. Er war von der Praxis geprägt. Motorsport-Praxis. Und er kannte den "Club", den Club, für den er arbeitete, den ADAC. Und dieser Club ist nicht einfach, da eigentlich kein Verein mehr, sondern eine "Geldvermehrungsmaschine". Mit einer entsprechenden Ausrichtung. Dagegen stand nun Egon, mit seiner emotionalen Ausrichtung in Sachen Motorsport. Er wollte nicht Events. Er wollte Sport.

Was heißt hier wollen? - Er strebte an, seine Ideale zu verwirklichen, die die Ideale der Mehrheit aller Aktiven sind. Dagegen standen die Pragmatiker des Clubs. Politik bestimmt deren Verhalten. Egon paßte eigentlich da nicht so herein. Er gehörte aber zu den Leuten, die den ADAC noch erträglich machen.

Am 21. März hat einer meiner Brüder Geburtstag. Und wir haben uns getroffen und auch über gemeinsame Erlebnisse bei 24-Stunden-Rennen am Nürburgring gesprochen. Und daß wir noch einmal etwas zusammen machen sollten. Beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring. Bevor wir an Altersschwäche sterben. Und wir haben dann auch von Egon Meurer sprechen müssen und seinen neuen Plänen und Absichten zum 24-Stunden-Rennen.

Zu dieser Zeit war Egon Meurer bereits tot. Wie zu hören, saß er auf dem Beifahrersitz, auf der Fahrt zu einer historischen Rallye, einer Rallye mit "alten" Fahrzeugen in England. Offenbar hatte man sich verfahren. Man wendete. Und war wohl dann auf der falschen Straßenseite. In England. Und man kollidierte mit dem Gegenverkehr. Die Fahrerin des anderen Fahrzeuges und Egon Meurer sind tot. Der Fahrer des Wettbewerbsfahrerzeugs überlebte. Bis jetzt. - Wer will da nach Schuld fragen?

Wie zu hören, gab es noch eine Notoperation für Egon Meurer. Zu spät.

Natürlich haben Egon und ich uns auch schon über die Gefährlichkeit des Motorsports unterhalten. Wir beide wußten - und ich weiß - daß er so gefährlich ist, wie das Leben an sich. Und das Leben ist normal. Warum sollte dann unser Sport unnormal sein? - Egon Meurer schrieb vor einigen Wochen in "report", dem Sport-Report des ADAC, Gau Nordrhein: "...Außerdem halte ich diesen Sport für eine ganz normale Angelegenheit".

Auch der Tod ist normal. Er ist das normale Ende eines Menschen. Wir vergessen es oft. Egon hat sein Ende erreicht. Wir haben es noch vor uns. Aber wir sind jetzt gehalten - wir, die wir für den echten Motorsport arbeiten - die Position des Egon Meurer mit zu übernehmen. Und er war für "kleine Kosten", für guten Sport. Er war für eine objektive Berichterstattung. Er konnte sich aufregen, daß nur maximale Leistung, große Motoren, große Namen in unserem Sport zählen sollten. Und er war auch mit der Arbeit der Motorsport-Presse nicht zufrieden. Noch im Februar konnten wir von ihm lesen: "Eine Unart in der derzeitigen Motorsportberichterstattung ist die Konzentration auf die Aspiranten, die vom Material her die Chance haben, ganz vorne mitzufahren."

Dabei hatte Egon Meurer niemals etwas gegen diese Aspiranten. Er mochte die Werksfahrer mit ihrem perfekten Werksmaterial. Er mochte aber auch die Privatfahrer, die mit geringen Mitteln ihr Ideal vom Motorsport zu verwirklichen suchen.

Ohne Egon Meurer hätte es z.B. 1997 keine Diesel-Klasse beim 24-Stunden-Rennen gegeben. Ich erinnere mich noch unserer ersten Gespräche zu diesem Thema. Egon hatte sofort begriffen. Und so konnten Golf TDI und BMW tds gegeneinander fahren und deutlich machen, wo die Dieseltechnik heute steht. Und weil "Nocken-Paule" (Paul Rosche) den Renndiesel nicht unter der BMW-Bewerbung laufen lassen wollte, weil er (vielleicht) nicht davon überzeugt war, daß ein Diesel... - da bot ihm Egon Meurer an, doch unter der Bewerbung "seines", des von ihm mitbegründeten Brühler Automobilclub, "scuderia augustusburg" zu starten. - Kleinigkeiten?

Egon hat mehr für den Motorsport getan, als jemals von den meisten "Fachleuten" begriffen werden wird, weil sie eigentlich nur wenig von der Arbeit "hinter den Kulissen" wissen. Natürlich gab es persönliche Interessen. Bei den "Youngtimern", bei den "Historischen", bei den "24-Stunden", bei den kleinen Hubraumklassen. - Eben, beim Motorsport in seiner Gesamtheit.

Egon Meurer ist beim ADAC derzeit nicht zu ersetzen. Dieser Mann, der nicht nur eine eigene Meinung hatte, sondern sie auch vertrat, wird fehlen. - Wir waren uns zwar immer über die Ziele einig, aber oft nicht über den Weg dahin. - Verdammt Egon, ich habe mich so gerne mit Dir gestritten!

Wilhelm Hahne