Jürgen Schrempp hat kein Personalproblem

Das hat der Spitzenmanager des Daimler-Benz Konzerns seit vielen Monaten immer wieder betont, wenn sich z.B. im Falle der A-Klasse... - Aber es gibt noch mehr Fälle. Auch solche, über die bis heute gar nicht gesprochen wurde. Motor-KRITIK möchte daran erinnern. Und sich wundern. Weil doch alle Spitzenmanager von Meredes-Benz besonders qualifiziert sind. Wie sagte Jürgen Hubbert, Anführer der Mercedes-Truppe, doch beim inzwischen historischen Treffen aus Anlaß der A-Klasse-Missere im Oktober 1997 so schön:

"Wir sind alle Techniker"

98-04-07/02. Damals, im Oktober 1997, war Jürgen Hubbert praktisch der Geburtshelfer fürs EPS. Ohne ihn, ohne seine Fehlentscheidungen, hätte es niemals die Bedeutung erlangt, die es inzwischen - durch gute Öffntlichkeitsarbeit der "betroffenen" Firmen angeheizt - nun hat. Und Jürgen Hubbert rettete mit diesem "Sicherheitssystem" zunächst einmal seinen Stuhl.

Aber verlassen wir einmal das Thema A-Klasse und stellen ein paar andere Fragen.

Warum hat Mercedes bis heute keinen vernünftigen Van? - Natürlich, es gibt einen "angepaßten" Lkw, aber der sollte eigentlich bei den Ansprüchen, die Mercedes sonst an die eigenen Produkte stellt, nur als Notlösung betrachtet werden.

Antwort: Das Spitzenmanagement von Mercedes hat die Entwicklung verschlafen, die sich ergebenen Möglichkeiten im Markt falsch eingeschätzt. Zu den Falscheinschätzern gehörte auch Jürgen Hubbert.

Und wenn Mercedes-Benz, einmal Spitzenreiter bei der Einführung des Dieselmotors auf dem Pkw-Sektor heute hier nur noch die "zweite Geige" spielt, mit allen Entwicklungen hinterherhinkt: Wer war`s? - Jürgen Hubbert gibt darauf eine klare Antwort: Es war Dr. Peter, der damalige Entwicklungschef, der die Dieselsituation falsch eingeschätzt hätte. Aber Jürgen Hubbert hat sich wohl seiner Meinung angeschlossen. - Oder?

Und nun ist man - endlich - mit einer Common-Rail-Entwicklung auf dem Markt. Aber als versierte Techniker sollte man wissen, daß dieses System (wie jede technische Lösung) auch Schwächen hat. Und die wirken sich derzeit noch gerade da aus, wo der Dieselmotor bisher verbrauchsmäßig seine Stärken hatte: im Teillastbereich.

Und warum wurde die Entwicklung des neuen Vierzylinder-Otto-Motors zu einer vielstelligen Millionenpleite? - Weil das Spitzenmanagement bei Mercedes-Benz fast ausschließlich aus Technikern besteht?

Und dann der "Smart". Hätte Hayek statt mit Mercedes mit McDonalds zusammengearbeitet, wäre das Ergebnis sicherlich nicht schlechter, eher besser gewesen. Das Thema Smart wird uns auch noch einige Zeit beschäftigen. Wir stehen ja gerade erst am Rande einer Entwicklung, die fast ein Phänomen ist, weil hier von "Technikern" an der Spitze kontrolliert, etwas entstehen konnte, daß erst, nachdem die Serienfertigung bereits angelaufen war, mit all seinen Schwächen (...aber natürlich hat das Projekt auch Stärken) erfaßt und begriffen wurde. - McDonalds wäre das nicht passiert. - Aber dort sitzen auch keine Techniker vom Format der Mercedes-Management-Spitze.

Spitzenverkäufer von Mercedes ist Dr. Dieter Zetsche. Natürlich ist der auch Techniker. (Verkäufer ist er auch nie gewesen.) Aber nun hat er (als Techniker?) einen Kunden beim Kauf eines Geländewagens beraten. Und er hat die M-Klasse empfohlen, obwohl er das Einsatzgebiet vom Kunden exakt beschrieben bekam.

Und so kommen nun die "Schwächen" der M-Klasse ans Tageslicht. Da arbeitet dann - beim verwendeten sensationell billigen Allradsystem - die Motorleistung gegen die Bremsleistung. Einer wird gewinnen. - Wer wohl?

Als ich - bevor nun diese Schwäche der M-Klasse offensichtlich wurde - in einem Telefonat mit Herrn Inhester, dem Mercedes-Pressechef, meine Bedenken gegenüber dem System äußerte und versuchte, sie ihm an einem theoretisch durchdachten Beispiel (es war Eisregen) zu erklären, da wiegelte der sehr intelligent ab, indem er sagte: "Eigentlich soll die M-Klasse auch gar kein Geländewagen sein".

Er hätte es auch Herrn Zetsche sagen sollen.

Aber vielleicht ist dieses ganze Spitzenmanagement ja genauso wie die M-Klasse: Es sieht nur so aus wie ein Management. Und es ist - wie die M-Klasse - nicht wirklich für den Einsatz im "schweren Gelände" gedacht. Das sollte man dann auch z.B. auch in der Werbung deutlich machen, damit die nicht eines Tages gar noch als Irreführung des Verbrauchers ausgelegt werden kann. (Ich denke da an die Doppelseiten mit dem Wolf.)

Vielleicht braucht Mercedes nun, wo der Markt inzwischen einem "schweren Gelände" ähnelt, auch ein anderes Management als das, das sich bisher in den "Schön-Wetter-Zeiten" des Marktes hervorragend bewährte.

Aber Jürgen Schrempp hat kein Personalproblem. Es sind alles Techniker.

Übrigens: Um nicht mit dem Mercedes-Spitzenmanagement in "einen Topf" geworfen zu werden: der Autor dieser Geschichte ist kein Techniker.

MK/Wilhelm Hahne