Warum der Nachfolger des Ford Mondeo etwas später als ursprünglich geplant erscheint.

Was wird nun wirklich aus der Designrichtung "New Edge" bei Ford? - Bedeutet - zeitlich betrachtet - der Nachfolger des Escort, der Ford "Focus", das Ende einer Design-"Versuchsreihe"? - Was ist - die nicht verbreitete - Meinung des neuen Chefdesigners der Ford Motor Company dazu? - Diese Fragen - und noch ein paar mehr - werden in nachfolgender Geschichte beantwortet. Der Leser erfährt u.a. auch, wann denn nun mit dem Nachfolger des Mondeo gerechnet werden kann und welche Konkurrenzmodelle vom neuen Ford Chefdesigner wirklich ernst genommen werden.

"Ich will so einen Mist nicht mehr sehen!"

98-04-16/01. Der das gesagt haben soll, war der Chefdesigner der Ford Motor Company in Detroit. Und er sagte es - wie man aus dem Mund zuverlässiger Informanten hören kann - zu Beginn des Jahres 1998, anläßlich eines seiner Besuche in Köln. - Was er so beurteilte? - Motor-KRITIK erzählt die Geschichte nachstehend im Zusammenhang.

Nach seiner Berufung zum Chefstylisten der Ford Motor Company war James C. Mays zum ersten Male Ende des Jahres 1997 in Begleitung seines Vorgängers, Jack Telnack, in Köln erschienen. Und man machte den üblichen smalltalk. Und Mays sah sich bei dieser Gelegenheit auch zum ersten Male das an, was die Kölner Designer sich als Nachfolger des Ford Mondeo vorstellten. Aber in Gegenwart seines Vorgängers gab es keine konkrete Beurteilung des Entwurfs, der zu diesem Zeitpunkt schon mehr war als nur ein Entwurf. - Aber immerhin waren noch keine Werkzeuge zur Herstellung der Karosserie in Auftrag gegeben.

Zu diesem Zeitpunkt hatte auch Redakteur Wolfgang König von "auto motor und sport" ein erstes Gespräch mit dem neuen Ford Chefdesigner. Und es wird in der aus diesem Gespräch entstandenen Geschichte (in Heft 2/98) die Meinung des damals frisch gebackenen Ford Designchefs zum Thema "New Edge" mit dem Zitat dargestellt: "Das New Edge wird weiterentwickelt." - Was immer das heißen mag.

Daß "auto motor und sport" schon zu diesem frühen Zeitpunkt ein erstes Gespräch mit dem neuen Ford Designchef führen konnte, kann nur Branchen-Greenhorns überraschen. James C. Mays zählte immerhin vor Jahren schon zu den Mitarbeitern des Stuttgarter Automagazins. Unter einem Pseudonym illustrierte er (und einer seiner damaligen Kollegen) für "ams" deren Erlkönig-Geschichten.

James C. Mays hatte zwar Design in den USA studiert, aber seine erlernte Theorie zum ersten Male bei Audi in die Praxis umgesetzt. Und dann bei BMW. Und dann bei VW. Er war an der Schaffung der Sportwagenstudie "Avus" genauso beteiligt, wie bei der der des VW Concept 1, aus der dann der "Beetle" entstand. Auch der nun bald erscheinende Audi TT verrät etwas über die Designvorstellungen des James C. Mays.

Und wenn man dann noch weiß, daß er den klassischen Porsche 911 liebt, einen Ferrari 456 mag, voller Hochachtung vom Mercedes CLK spricht, dann wundert man sich schon über seine Aussage in "ams" zum Thema New Edge. Wenn er sie denn so gemeint hat, wie sie damals wohl überwiegend von den Lesern des Stuttgaarter Magazins verstanden werden mußte.

Aber da war auch noch sein Vorgänger dabei und aus Rücksicht dem gegenüber, wurde das Interview sogar in Englisch geführt, obwohl Mays das Gespräch auch in in gepflegtem Deutsch hätte führen können.

Als er nun später wiederkam, waren seine Gespräche mit den Kölner Designern des Mondeo-Nachfolgers schon von anderer Art. Und er "bat" sie, zum nächsten Termin doch jene Automobile dem Mondeo-Nachfolger-Entwurf zur Seite zu stellen, die er als Maßstab dieser Klasse empfand: VW Passat und Audi A 4.

Das geschah. Da stand der von den Kölnern geschaffene Mondeo-Nachfolger nun zwischen Audi und VW. Und James C. Mays machte den Kölner Designkünstlern klar, warum die von ihnen geschaffene Lösung für den Nachfolger des Mondeo auf keinen Fall so bleiben konnte wie vorgesehen. "Ich will solchen Mist nicht mehr sehen", soll seine klare Meinungsäußerung gewesen sein. Und die zwei für die so gescholtene Studie verantwortlichen deutschen Designer sind seitdem auch nicht mehr mit der bisherigen Aufgabe betraut.

Es ist also nicht weit her mit der in "ams" zitierten Meinung von James C. Mays zum Thema "New Edge". Denn der Nachfolger des Ford Mondeo war von den deutschen Designern als Fortsetzung des Ford Escort-Konzepts - der sich dann inzwischen als Ford Focus vorstellte - aber mit anderen Mitteln geplant.

Daraus wird nun nichts. Einer der Kölner Verantwortlichen für den Mondeo-Nachfolger wird - ziemlich frustriert - mit 56 Jahren in den Vorruhestand gehen, der andere, der auch schon für den Scorpio mitverantwortlich war, ist wohl nun mit anderen Aufgaben betraut.

Und der Mondeo-Nachfolger wird nun überarbeitet. Entsprechend den Vorstellungen von James C. Mays. Soweit das noch möglich ist. Darum ist auch hier keine Karosserie "wie aus einem Guß" zu erwarten. Aber es wird schon deutlich werden, daß James C. Mays eine andere Vorstellung vom Ford-Design hat, als sie jetzt ein Rudolf J. Kunze, Vehicle Line Director, Family and Speciality Vehicles, Small and Medium Car Vehicle Centre, Ford Automotive Operations, in Köln, vor Wochen in der Öffentlichkeit immer noch äußerte. - Aber der muß auch noch "seinen" Ford Cougar verkaufen.

Und was den kommenden Escort-Nachfolger, den "Focus" betrifft: da werden die Stimmen der Ford-Mitarbeiter besonders fest (und laut), wenn sie sich vom Erfolg des "Focus" überzeugt geben. Sie erinnern da ein wenig an die oft als Beispiel mißbrauchten Männer, die laut vor sich hin pfeifend durch einen dunklen Wald müssen und ihre Angst durch das scheinbar selbstsichere Auftreten überdecken wollen.

Die Ford Company pfeift nicht: Zur Sicherheit wird man aber den guten alten Escort im englischen Halewood (bei Liverpool) weiterbauen lassen. Bis zum Jahre 2001. Dort wird aber nur noch die fünftürige Version und der Kombi vom Band laufen. Und das dann zu einem besonders interessanten Preis. Damit will man VW und Opel Kunden abjagen. Aber es bestimmt auch dem New Edge-Focus schwer machen. - Noch schwerer.

Damit man nicht auch noch den alten Mondeo eines Tages weiterbauen muß, darum hat James C. Mays, der neue Chefdesigner der Ford Company nun den Entwurf des Nachfolgers korrigiert. Eigentlich sollte der schon im Jahre 2000 präsentiert werden, aber nun wird sich dieser Termin etwas verschieben.

Wenn alles klappt, wird der Mondeo-Nachfolger nun so um sechs Monate später den Blick der Öffentlichkeit auf sich verspüren. Und man wird dann das zu sehen bekommen, was von der jetzigen New Edge-Linie übrig blieb.

"Der Mays ist gekommen" überschrieb "ams" Anfang 1998 seine Geschichte über den neuen Ford Designchef. Er kam - vielleicht - gerade noch im richtigen Moment. Denn Ford verlangte von seiner bisherigen Kundschaft in den letzten Jahren vielleicht ein wenig zu viel: den Granada-Fahrern bot man den Scorpio, den Escort-Fahrern nun den "Focus". Da empfindet es James C. Mays - auch nach Motor-KRITIK-Auffassung - durchaus richtig, wenn er diese Epoche nun mit dem Satz beendet: "Ich will so einen Mist nicht mehr sehen."

MK/Wilhelm Hahne