Formel 3000: Was ist aus dem Kampf der BMW- gegen die Mercedes-Junioren geworden?

Motor-KRITIK hat in den letzten Monaten immer wieder über das Aufblühen der Formel 3000 berichtet und auch über die Entwicklung bei den Teams, die die deutsche Renn-Fans interessieren. Dort fahren nämlich Nick Heidfeld, Dominik Schwager und Alex Müller. Timo Scheider hat sich ja aus diesem Trio ausgeklinkt. - War das ein Fehler? - Eigentlich nicht, wenn man es an den sportlichen Erfolgen von Müller und Schwager mißt. Nun war gerade mal erst das zweite Rennen in Imola. Aber man muß als aufmerksamer Beobachter die Frage stellen:

Traf BMW die Entscheidung für das falsche Team?

98-04-30/02. Karl-Heinz Kalbfell sagte vor Saisonbeginn zu Motor-KRITIK, er habe mit dem Team, mit den Entscheidungen von Jochen Neerpasch für oder gegen etwas, überhaupt nichts zu tun. Natürlich zahle er einen Beitrag für die Fahrer.Aber mehr nicht.

Damals gab es noch drei BMW-Junioren: Müller, Scheider und Schwager. Und sie wurden in ihren fahrerischen Möglichkeiten auch in dieser Reihenfolge von Motor-KRITIK eingeschätzt. Müller wurde sogar von Motor-KRITIK für eine echte Konkurrenz von Nick Heidfeld, dem Mercedes-Junior gehalten.

Und die ersten Testfahrten schienen diese Einschätzung zu bestätigen. Aber nach den ersten Rennen sieht alles ganz anders aus. Heidfeld bestätigt mit seinen Leistungen die Einschätzungen, Müller und Schwager tummeln sich dagegen im Mittelfeld.

Ein anderer Fahrer dagegen, der 1997 einige Male sogar um seine Qualifikation bangen mußte, der ist nun in dieser Saison ganz vorne zu finden: Gonzalo Rodriguez. - Teamsache? - Eindeutig: JA.

Da stehen sich - aus deutscher Sicht betrachtet - die Teams von West Competition (McLaren) und RTL Teams Oreca (Hugues de Chaunac, ein alter BMW-Partner) gegenüber. Beide hatten bisher in der Formel 3000 keine Erfahrung. Doch nach den ersten Tests im Winter hatte man bei McLaren begriffen, worauf es ankam: testen, testen, testen. Windkanal, Ausrollversuche, und, und, und. - Geld spielt - dank Mercedes - keine Rolex.

Bei Oreca gibt es eine andere Situation. Da hat man gerade - praktisch vor Tagen - erst ein drittes Auto (als Ersatzfahrzeug) angeschafft. Und die wichtigen Wintertests ließ man durch das Astromega-Team mit den BMW-Junioren durchführen. (s. die entsprechenden Motor-KRITIK-Geschichten) - Diese Tests zeigten, wo die BMW-Junioren fahrerisch wirklich stehen. Denn: das Astromega-Team hat Formel 3000-Erfahrung. Und so war Alex Müller z.B. bei den Tests immer nahe bei den Heidfeld-Zeiten.

Doch die ersten Rennen zeigen: nun liegen Welten zwischen Heidfeld und Müller. Während ein vorher ein fast als "unfähig" eingeschätzter Mann wie Gonzalo Rodriguez im Astromega-Team ganz weit vorne fährt.

Werfen wir doch mal einen Blick auf das Rennwochenende in Imola:

Schnellster im Training war Montoya, fahrerisch sicherlich ein Top-Mann. Aber das Super Nova Racing-Team ist auch top. Zweitschnellster ist schon Rodriguez, im Astromega-F 3000 unterwegs. Auf Platz fünf dann Nick Heidfeld (McLaren); er ist knapp 6/10 sec "hinter der Musik". Schnellster BMW-Junior ist Schwager, der offensichtlich mit den fahrwerkmäßig nicht optimal eingestellten Fahrzeugen des Oreca-Teams am besten zurecht kommt. Aber rund 1,4 sec hinter dem Trainigsschnellsten. Alex Müller ist noch einmal rund 3/10 sec langsamer, liegt auf Platz 20 des Starterfeldes von 35 (!) Fahrzeugen.

Im Rennen ist Müller schon zu Beginn durch einen Unfall draußen. Schwager fährt brav auf Platz 11. Heidfeld sammelt Punkte auf Platz vier. Doch der Super-Mann Rodriguez fährt auf dem perfekt vorbereiteten Astromega-F 3000 auf Platz drei, und natürlich auch die schnellste Runde im Rennen. Und er hätte eigentlich gewinnen müssen... - Aber lassen wir sein "Feuerwerk" mal weg.

Wo wäre wohl Müller in einem Astromega gewesen? - Er wäre eine echte Konkurrenz für Heidfeld. Im Oreca-Team verkommt er langsam zum Blödmann der Nation. Da wird sich Timo Scheider freuen, daß er im richtigen Moment ausgestiegen ist.

Tatsächlich können Müller und auch Schwager bestätigen, daß sie mit F 3000 des Oreca-Teams, das an der Rennstrecke Paul Ricard beheimatet ist, noch niemals in Tests die Strecke so schnell umrundet haben, wie im Astromega-F 3000. - Hat Jochen Neerpasch, hat BMW, für seine Junioren das falsche Team - da ohne jede Formel 3000-Erfahrung - ausgewählt?

Motor-KRITIK kennt auch ohne gefragt zu haben die Antworten (Ausreden) von Neerpasch und Kalbfell: ...die Jungen erst mal an die Aufgabe heranführen... - wichtig für die Persönlichkeitsbildung... - bla-bla-bla. - Gegenfrage: Und was ist mit der Persönlichkeitsbildung von Nick Heidfeld? - Wird der gleich als Siegertyp aufgebaut? - Will man aus Müller eine gute Nr. 2 machen?

Während man "die Kinder" in Rennen erst mal aufbaut, werden mit ihnen Verträge "wie mit Männern" abgeschlossen. Siehe den Fall Timo Scheider, über den man "in BMW-Kreisen" sehr abfällig redet. - Natürlich hat Timo Fehler gemacht. Schon als er sich mit Verträgen... - Aber lassen wir das. Zurück zum Sport:

Hier muß BMW mit Druck auf Neerpasch dafür sorgen, daß das Oreca-Team nun langsam das Niveau bekommt, das heute nötig ist, um in der Formel 3000 vorne zu fahren. Die Ergebnisse der ersten Rennen zeigen eindeutig einen Rückstand, der nicht mit mangelnder fahrerischer Leistung zu begründen ist. - Wie ein Blick auf die Ergebnisse der Wintertests beweist. - Oder hat das RTL Team Oreca zu wenig Geld zur Verfügung? - Dann wird am Ende der Saison niemand mehr von Alex Müller und Dominik Schwager sprechen. Und den Zweikampf zwischen Mercedes- und BMW-Junioren wird man nicht erlebt haben.

MK/Wilhelm Hahne