VW kämpft um Rolls Royce wie ein Lupo

Wieviel bedeuten Ihnen 260 Millionen? - Wenn Sie sie als Aufgeld erhalten! - Für die Vickers-Aktionäre ist´s viel Geld. Für Rolls Royce kann diese Summe das Ende bedeuten. Was nutzt da die Zusage von Piech, einen Absatz von jährlich 10.000 Fahrzeugen der Marken Rolls Royce und Bentley zu garantieren? - In welchem Jahr? - Und warum soll ein Rolls Royce mit der Zusatzbezeichnung "Volkswagen Gruppe" besonders attraktiv sein? - Motor-KRITIK hat zum Thema BMW/VW/Rolls Royce eigentlich in der letzten Geschichte schon alles gesagt. Heute bleibt mir - bei unveränderter Einstellung - nur noch deutlich zu machen, was ich tun würde:

Wenn ich bei BMW das Sagen hätte...

98-05-12.01/01. ...dann würde ich nach dem letzten Angebot von VW an Vickers und deren Reaktion, denen in England einen lieben Brief schreiben:

My dear friends, sehr geehrter Mr. Chandler,

wir in München haben Verständnis für Ihre Situation. Wir haben aber kein Verständnis für Ihr Verhalten. Sie haben damit das Vertrauensverhältnis zerstört, daß sich in langen Jahren der Zusammenarbeit entwickelt hatte.

Wie in jeder Ehe sind unter guten Partnern kleine Fehltritte entschuldbar. Gute Partner? - Wir bezweifeln inzwischen, daß sich diese Bezeichnung noch auf unser Verhältnis anwenden läßt.

Wir ziehen darum die Konsequenzen und unser Angebot für den Kauf von Rolls Royce hiermit zurück.

Da durch Ihr Verhalten dem Ansehen der Marke Rolls Royce in der Öffentlichkeit ein erheblicher Schaden zugefügt wurde, ist der von uns gebotene Preis für die Firma Rolls Royce nicht mehr zu verantworten. Bitte beachten Sie, daß aufgrund der durch Ihr Verhalten bei potentiellen Kunden entstandenen Unsicherheit im 1. Quartal dieses Jahres der Verkauf schon um rund 30 Prozent einbrach. In unserem Angebot war bereits eine zweistellige Millionensumme für die Übernahme der zum Zeitpunkt der Übernahme vorhandenen Lagerbestände gedacht. Doch durch Ihre Empfehlung an Ihre Aktionäre, das VW-Angebot zu beachten, wird sich die vorhandene schlechte Ausgangsposition noch weiter verschlechtern. Der Markenwert von Rolls Royce hat durch das taktisch geschickte Verhalten von VW - in Verbindung mit Ihrer Reaktion - erheblichen Schaden genommen.

Wir sind darum an einem Kauf zu den bisher vereinbarten Bedingungen nicht mehr interessiert und ziehen hiermit unser Ihnen vorliegendes Angebot zurück. Wir betrachten damit auch alle zwischen uns geschlossenen Vor- und Vorab-Verträge als gegenstandslos.

Wir möchten gleichzeitig unseren Vertrag auf Lieferung der Motoren für Rolls Royce und Bentley (Zwölf- und Achtzylinder-) unter Hinweis auf die sich dramatisch veränderten Voraussetzungen zum 31. Juli 1998 aufkündigen, werden ab diesem Datum keinen unserer Motoren mehr an Sie zur Auslieferung bringen und auch alle anderen für Sie noch laufenden Aufträge zu diesem Termin beenden.

Wir treffen unsere Entscheidung unabhängig von der Entscheidung Ihrer Aktionärsversammlung am 4. Juni, da wir - selbst wenn sich die Aktionäre für BMW entscheiden sollten - keine Möglichkeit einer Zusammenarbeit zu den bisher vereinbarten Bedingungen mehr sehen.

Wir wünschen Rolls Royce als Teil der Volkswagen Gruppe in Zukunft alles Gute und verbleiben

mit freundlichen Grüßen

gez. Unterschrift

Klar, mit einem solchen Brief würde BMW auf Rolls Royce verzichten. Aber auch VW und Ferdinand Piech in große Schwierigkeiten bringen, denn eigentlich (s. die entsprechende Geschichte in Motor-KRITIK) kann auch Piech gar nicht an Rolls interessiert sein. Und dann müßte er wirklich 10.000 Rolls Royce und Bentley jährlich bauen, wollte er sich nicht lächerlich machen. Gibt es den "Pluto" dann als Bentley-Sondermodell in Lederausstattung und mit vergoldeten Türgriffen?

Ehrlich: Wäre ich BMW, würde ich den oben stehenden Brief an Mr. Chandler schreiben. Wäre ich Graham Morris, wäre ich schon - unter Protest - zurückgetreten. Wäre ich Mr. Chandler... - Aber das ist eigentlich unvorstellbar. - Eher fällt Rolls Royce an die Volkswagen Gruppe.

MK/Wilhelm Hahne