Wie Porsche-Rennleiter Herbert Ampferer auf den Druck seines Chefs reagiert, in 1998 den Langstrecken-Klassiker "Le Mans" gewinnen zu müssen. Und warum.

Als Rennleiter ist man Sachzwängen unterworfen. Und der Firmenpolitik. Und man hat den Konkurrenzdruck. Nicht jeder kann darum Rennleiter sein. Aber mancher ist es trotzdem. Und er "leitet". - Was Porsche-Rennleiter Herbert Ampferer will und warum so manches nicht funktionieren kann, schildert nachstehende Geschichte vom Ausscheiden der Zakspeed-Porsche vom Typ GT 1 bei der Vorqualifikation in Le Mans. Und wie es dazu kommen konnte. - Das Ergebnis:

Herbert Ampferer gibt der Konkurrenz eine Chance

98-05-12/06. Am Anfang stand bei Porsche die Erkenntnis, im Jahre 1997 das falsche Rennauto gehabt zu haben. Damit konnte man Journalisten beeindrucken, aber nicht die Konkurrenz. Man nahm Rücksicht auf Kosten. Aber jede Mark des tatsächlichen Aufwandes war verschwendet.

Und man man baute nun für 1998 den GT 1 so, wie er eigentlich schon 1997 sein mußte. Aber um die GT-Serie sah es nicht so gut aus. - Sollte man den Aufwand umsonst getrieben haben?

Und so traf man mit dem - eigentlich - ärgsten Konkurrenten eine Geheimabsprache. Um genügende, eine für die Anerkennung als Serie ausreichende Starterzahl nachweisen zu können, wollten sowohl Mercedes wie auch Porsche je vier Fahrzeuge an den Start bringen. Was Mercedes nicht schwer fällt, wollte Porsche kostenmäßig günstig gestalten: ein Semi-Werksteam.

Da traf es sich gut, daß man in der Porsche-Sportabteilung schon einen guten geschäftlichen Kontakt zu Peter Zakowski hatte, der mit einer seiner Firmen zu den Zulieferern der Porsche-Sportabteilung zählt. Und so kam das Zakspeed-Team zu der Ehre, in dieser Saison als Semi-Werksteam der Zuffenhausener auftreten zu können.

Aber zahlen muß Zakowski alles selbst. Für die Fahrzeuge, für den Einsatz, für die Fahrer, und, und, und. - Peter Zakowski schnürte ein Sponsorenpaket, arrangierte sich mit zahlenden Fahrern und anderen. Seinen Sponsoren konnte er die Porsche-Zusicherung vorweisen, daß sein Team "mit werksidentischem Material" unterwegs sein würde. - Und bei Porsche lachte man sich ins Fäustchen.

Die Motor-Kritik-Kontakte in Richtung Zuffenhausen sind rund 40 Jahre alt. Und so erfuhren wir sehr früh von dem Porsche-Deal mit Zakowski. Es blieb uns aber auch nicht verborgen, daß man diesen Deal intern eigentlich gar nicht ernst nahm. In der Rennabteilung wurde über das Zak-Team gesprochen, als wäre es gar nicht vorhanden, einfach Luft.

Herbert Ampferer hatte mit der Zak-Verpflichtung seine Zusage gegenüber Mercedes erfüllt. Auf billige Art. So würde die GT-Serie - allein mit den acht (sogenannten) Werkswagen - über die Saison kommen. Dann würde 1999 Audi dazu stoßen und, und, und.

Und dann war plötzlich zu vernehmen, daß Peter Zakowski (übrigens: einer der wirklich ernst zu nehmenden Profis in der Szene) ein Fahrzeug fahrerisch so besetzen wollte, daß es - bei gleichem Material - eine echte Konkurrenz für die Werkswagen sein würde. Und der Chronist hörte, daß auch sein Bruder Armin... -

Klar, daß er als Bruder seinen Bruder vor dieser Verpflichtung warnte. Ich erzählte von der Stimmung in Weissach, hatte meine Bedenken. Armin Hahne konnte sich das nicht vorstellen. "Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand bei Porsche so blöd ist... - bei dem Aufwand, den man betreiben muß." - Und er hat danach kein Wort mehr über seine Eindrücke - nachdem er nun den Zak-GT 1 fährt - verloren. - Ich finde das OK.

(Wir haben übrigens auch nach dem Wochenende der Vorqualifikation in Le Mans kein Wort miteinander gesprochen. Ich habe auch kein Gespräch mit Peter Zakowski - oder anderen direkt Beteiligten - gesucht. Alle Informationen zu dieser Geschichte stammen aus anderen Quellen. Wobei lustigerweise die Anregung zu mancher Detail-Recherche aus anderen Presseveröffentlichungen stammt.)

So gewinnt man auch einen Eindruck von der Position des Zak-Teams im Porsche-Denken (exakter: in der Strategie des Porsche-Rennleiters Herbert Ampferer), wenn man einen Bericht im "stern" (Heft 20, ab Seite 218, "Power-Lauf mit Hindernissen") aufmerksam liest. Er beschreibt Porsche-Testtage "auf dem südfranzösischen Rennkurs Paul Ricard", die im Hinblick auf den Einsatz der GT 1-Fahrzeuge beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans durchgeführt wurden.

Daß Reinhold Joest mit einem WSC-Prototypen auch dabei war, wird gerade noch erwähnt. Daß auch das Zakspeed-Team, das Semi-Werksteam, mit zwei GT 1-Fahrzeugen zur gleichen Zeit - also gemeinsam mit dem Werksteam - testete, wird unterschlagen. Warum? - Weil die Zak-GT 1 sich da von den gefahrenen Zeiten her als echte Konkurrenz für die "reinrassigen" Werkswagen des Herbert Ampferer erwies?

Immerhin gab diese "stern"-Geschichte Anlaß für bestimmte Motor-KRITIK-Recherchen. Im "stern" ist zu lesen: "Dalmas sagt, es sei etwas mit dem Getriebe nicht in Ordnung. Also werden sie es auseinandernehmen." - Und etwas später: "Bald stehen beide Wagen. Der zweite hat einen Getriebeschaden."

Was ist mit dem - neuen - Getriebe des GT 1 98? - Hat es konstruktive Schwächen. Das Motor-KRITIK-Rechereergebnis: Das Getriebe, die Konstruktion des Getriebes wird vom Porsche-Rennleiter Herbert Ampferer persönlich verantwortet. Und es hat offensichtlich Schwächen. Als nämlich das Porsche-Team vom Test in Paul Ricard zurück ist, ist von den internen Diskussionen bis in die Eifel zu hören. Da gibt es eine Fraktion die es für angebracht hält, beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans ein "altes" (aber bewährtes) Getriebe mit normaler H-Schaltung zu fahren. Aber das käme einer persönlichen Beleidigung des Herrn Ampferer gleich. Also einigt man sich intern darauf, für die Vorqualifikation in Le Mans noch das neue (nennen wir es:) Ampferer-Getriebe, ein sequentielles Sechsganggetriebe zu fahren, während gleichzeitig - für den Einsatz in Le Mans - eine Überarbeitung in Angriff genommen wird. (Natürlich ist das alles geheim.)

Motor-KRITIK hat einmal einen Getriebefachmann befragt, der schon mal ein Blick ins neue Porsche-Getriebe werfen konnte, was er denn von der Ampferer-Schöpfung hält. Dieser Getriebe-Spezialist wurde nicht von Motor-KRITIK mit Hintergrundinformationen versorgt, sondern sollte nur - rein sachlich - die Getriebekonstruktion beurteilen. Seine Einschätzung: "Der das Getriebe verantwortet, hat zum letzten Male vor rund 15 Jahren in ein Getriebe geschaut. Die Porsche-Neuentwicklung entspricht vom grundsätzlichen Aufbau her dem alten Hewland-Getriebe vergangener Tage." - Und dann geht er in die Details, spricht von einer überholten Art der Wellenlagerung, der Gruppierung, und, und, und. - Und ist gar nicht überrascht von Motor-KRITIK zu hören, daß das Getriebe bei ersten Tests Anlaß zu Beanstandungen gab.

Dann kommt das Wochenende der Vorqualifikation in Le Mans. Natürlich gehört der Le Mans-Einsatz zum "Paket", das Peter Zakowski seinen Sponsoren angeboten hat. Und der Le Mans-Einsatz ist Teil seines Gesamt-Finanzierungsplanes: auf einem Fahrzeug werden zusätzlich zahlende Fahrer sitzen.

Der Sonntagmorgen in Le Mans ist frisch. Und die Fahrbahn ist feucht. Armin Hahne wurde mit dem ersten Zakt-GT am Vorabend für die erste Startgruppe ausgelost. Eine schwere Gruppe, die aus 9 Fahrzeugen besteht, von denen zwei "gesetzt" sind und von denen zwei ausscheiden müssen. Man muß in dieser Gruppe also wenigstens die fünftschnellste Zeit fahren.

Da Armin Hahne die größte Erfahrung mit schnellen GTs in Le Mans hat, war er von Peter Zakowski für die Qualifikation ausgewählt worden. Man kann eben kein Risiko eingehen, muß praktisch jede Stunde einen Satz neuer Reifen opfern, wenn man am Ende "mit bei der Musik sein will".

Und das Training läßt sich zunächst gut an. Armin Hahne ist auf feuchter Bahn zweitschnellstes Fahrzeug überhaupt. Und fällt dann, je mehr die Fahrbahn abtrocknet, immer weiter zurück. Auch in seiner Gruppe. Er wird später dem Berichterstatter von "motorsport aktuell" sagen: "Ich bin gefahren wie ein Blöder. Beim Test in Paul Ricard waren wir noch nahe an den Zeiten des Werksteams."

Aber nun ist der um 5 Sekunden langsamer als der Werkswagen in seiner Gruppe. Am Nachmittag ist dann der zweite Zak-GT 1 um 7 Sekunden langsamer als der Porsche-Werkswagen in seiner Gruppe. Während aber in dieser zweiten Gruppe am Nachmittag im Mittel um 2 Sekunden schneller gefahren wird, als in der am Vormittag, ist Armin Hahne mit seiner Zeit vom Vormittag knapp 1 Sekunde schneller als das Zak-Fahrzeug vom Nachmittag. Und das wurde von keinem geringerem als Giroix gesteuert. - Er ist wohl tatsächlich "wie ein Blöder" gefahren.

Armin Hahne hätte mit seiner Zeit, die in diesem Jahr nicht für die Qualifikation reichte, im letzten Jahr auf Startplatz drei, in der zweiten Startreihe gestanden. Die Erklärung von Herbert Ampferer lt. "motorsport aktuell": "Zakspeed hat absolut identische Autos. Doch hier in Le Mans zählt jeder Millimeter Flügel. Vielleicht war das ausschlaggebend."

Nach Motor-KRITIK-Recherchen war Armin Hahne im Zakspeed-Porsche mit der flachsten Flügelstellung auf den langen Geraden in Le Mans um rund 500 Touren oder rund 20 km/h langsamer als die Werkswagen. Also fehlte es an Power. Und was sagten die Ausdrucke?

Und Motor-KRITIK stellt fest: Porsche läßt das Zakspeed-Teams nicht selbst auslesen, schickt jeweils einen Werksingenieur vorbei. Und der soll wenige Minuten vor Trainigsende auch dann tatsächlich aufgetaucht sein, um zu fragen: "Soll ich euch jetzt mal Power machen?"

Aber da gab es keine Reifen mehr. Bei Motor-KRITIK festigt sich der Eindruck: Herbert Ampferer hat das Zackspeed-Team bewußt ins AUS geschickt. Wollte er nicht von Zakspeed-Porsche beim 24-Stunden-Rennen unter Druck kommen? - Ist ihm der Druck eines Nissan und eines Panos, die durch seine Politik nun statt der Zakspeed-Porsche starten, lieber?

Wie Motor-KRITIK bei Recherchen in Weissach erfuhr, ist die Erklärung einfacher: Wenn man beim 24-Stunden-Rennen das Ampferer-Getriebe fahren will - und Ampferer möchte das schon aus politischen Gründen - dann gibt es bis zum Einsatztermin für sechs Porsche (auch die Joest-Porsche fahren dieses Getriebe - und man braucht Ersatzgetriebe und -Ersatzteile) zu wenig Teile. Und da hat der Porsche-Rennleiter einfach die Zakspeed-Porsche "über die Klinge springen" lassen.

Herbert Ampferer muß in Le Mans gewinnen. Sein Chef, Wendelin Wiedeking, hat vor Wochen erklärt: Wenn Porsche nicht die 24-Stunden von Le Mans gewinnt, macht er den Laden zu. - Womit er die Rennabteilung meint. - Was aber noch schlimmer ist: Wendelin Wiedeking gibt sich in Gesprächen mit "Gleichgestellten" fest davon überzeugt, daß Porsche den Gesamtsieg davontragen wird.

Und in einer solchen Situation hält Herbert Ampferer es für richtig, auf zwei zusätzliche Porsche in Le Mans zu verzichten!

Wobei er inzwischen eine neue Erklärung für das Ausscheiden der zwei Zakspeed-Porsche gefunden hat. Wie Porsche-intern zu erfahren:

Direkt nach Le Mans war am Dienstag danach in Dijon ein Test angesagt. Armin Hahne sollte dort fahren. In Le Mans wurde ihm nun bedeutet, daß er bitte darauf verzichten solle, weil Michael Bartels schon durch die "Bevorzugung" von Hahne in Le Mans ein wenig verschnupft wäre. Und der solle nun in Dijon... -

Und so setzte man Armin Hahne in das Zackspeed-Wohnmobil und der gondelt dann so am Montag zurück in die Eifel, während Bartels in Dijon den Test fuhr. Und - oh Wunder! - plötzlich war der Zakspeed-Porsche wieder so schnell wie die Werkswagen. Und Herbert Ampferer hatte nun statt der "Flügel-Theorie" ein neues Argument für das Ausscheiden zweier neuer GT 1 in der Vorqualifikation von Le Mans: Es waren die Fahrer Hahne und Giroix. Und man könne nachweisen, daß die im Infield..., usw., usw. - Für wie dumm hält eigentlich Herbert Ampferer seine Gesprächspartner? - Natürlich reichen seine Argumente - derzeit - für eine Argumentation gegenüber seinem Chef, Wendelin Wiedeking. Der versteht nichts vom Motorsport, muß sich auf die Informationen seiner Mitarbeiter verlassen. - Und ist wohl verlassen.

Und natürlich werden auch die Reifen ins Gespräch gebracht. Von anderen Porsche-Mitarbeitern. Die Werkswagen rollen auf Michelin, die Zakspeed-Porsche auf Pirelli. - Aber 5 - 7 sec. in Le Mans? - Während man in Paul Ricard oder Dijon auf gleichem Zeitniveau fährt?

Das Schlimmste was Herbert Ampferer passieren könnte wäre, wenn Mercedes nicht in Le Mans starten würde. Dann würden beide Zakspeed-Porsche nachrücken. Nicht auszudenken... -

Herbert Ampferer glaubt mit "seiner Lösung" die richtige Lösung für Porsche gefunden zu haben. Aber es ist eine, die Peter Zakowski richtig Geld kostet. Ampferer setzt mehr auf eine Unterstützung seiner Sieg-Pläne in Le Mans durch das Joest-Team. Aber das sind Träume. Wie die Vorqualifikation bewies, sind die GTs deutlich schneller, verfügen über den größeren Tank, haben dadurch weniger Tankstops, die WSCs sind theoretisch chancenlos.

Eigentlich ist der Joest-Einsatz rausgeschmissenes Geld. Als Motor-KRITIK zu diesem Thema recherchierte wurde deutlich, daß das noch mehr Geld ist als man annehmen konnte. Da wurde z.B. - wie zu hören - an Tom Walkinshow (TWR) eine Ablösesumme gezahlt, damit man die Fahrzeuge (die eigentlich mal Jaguars waren) nun als "richtige Porsche" einsetzen kann. Dem Vernehmen nach soll die Summe siebenstellig gewesen sein. Und je weiter Motor-KRITIK in die Details einstieg, desto mehr hatten wir Grund die Recherchen zum Thema Joest-Porsche aufzugeben.

Übrigens: Motor-KRITIK hat Fachleuten der Industrie (nicht Porsche!) vor dem Tag der Vorqualifikation vorhergesagt, daß die GT-Fahrzeuge schneller sein würden, daß die Investitionen in WSC-Fahrzeuge - wenn man nur an Le Mans denkt - eine Fehlinvestition war. Auch die von BMW. - Wer Le Mans 1998 gewinnen wird? - Nach Motor-KRITIK-Einschätzung: Toyota.

Aber auch ein wenig Glück gehört dazu. Möge das Horoskop von Herbert Ampferer zum Le Mans-Termin gut sein. Sonst ist seine Karriere - zumindest auf dem Rennsektor - beendet. Seine Entscheidungen für Le Mans waren nicht auf den Firmenerfolg, sondern auf seine persönliche Darstellung orientiert. - Schade.

Auch für Porsche. - Und für das Zakspeed-Team. Das eigentlich einer Intrige zum Opfer fiel. Und es ist sicherlich kein Zufall, wenn in der aktuellen Ausgabe von "auto motor und sport", wo sich auch ein paar Sätze über das Abschneiden der Werks-Porsche bei der Vorqualifikation für Le Mans finden, kein Wort über die Zakspeed-Truppe verloren wird.

So falsch kann wohl die Information von Anfang des Jahres aus der Rennabteilung von Porsche nicht gewesen sein, was die Bedeutung des Zakspeed-Teams für Herrn Ampferer betrifft: Man tut so, als wäre es nicht da. Und sorgte auch dafür, daß es nicht dabei ist. - In Le Mans.

Um mit etwas Positivem zu enden: Beim Qualifikationstraining in Le Mans waren in der Box des Konrad-Teams so um 20 Audi-Ingenieure anzutreffen, die sich - ganz privat natürlich - einmal ein wenig informierten. Denn der Aufbau der Audi GT-Fahrzeuge läuft derzeit schon. - Schöne Aussichten für 1999. - Auch für Porsche.

MK/Wilhelm Hahne