Mercedes M-Klasse Special: Mächtiges von Mächtigen für Mächtige

Keine Frage: die M-Klasse ist schon ein mächtiges Automobil. Und Daimler-Benz ist auch mächtig. Aber es gibt auch andere. Bei uns. Und es gibt auch Mächtige in Ost-Europa. Natürlich sind die auch gefährdet. Weil da noch die Gangart härter ist. Und da braucht man Schutz. Da braucht man nicht nur einen Schutz-Mann, sondern besser auch ein Schutz-Auto. Natürlich gibt es schußsichere Limousinen. Aber manche brauchen etwas mehr. Da wäre doch eigentlich die M-Klasse... - Und so gibt es sie denn nun endlich:

Die M-Klasse für Moskauer Nächte

98-05-19/01. Die M-Klasse, die an diesem heißen Mai-Nachmittag vom Streckenabschnitt "Eschbach" hinunter zum "Brünnchen" torkelt, macht wirklich den Eindruck, als habe sie einen Hitzestich. Sie torkelt wirklich von Kurve zu Kurve. Und als sie dann in einer Rechtskurve mit dem Vorderrad die Fahrbahnbegrenzung berührt, da hebt sich die ganze rechte Seite des Fahrzeugs in der Art an, wie man das im Zirkus vom Elefanten kennt, wenn der auf Geheiß des Dompteurs das rechte Vorderbein hebt. - Gaaaanz vorsichtig.

Dann schwankt die schwarze M-Klasse in unkontrolliert wirkenden Wank-Bewegungen um die Bergauf-Rechts am "Brünnchen" und verschwindet mit dem feinen Grollen des hubraumgroßen V8-Motors. Auch die Beschleunigung wirkt nicht gerade dynamisch. Diese M-Klasse wirkt beim Fahren so, wie ein Betrunkener beim Gehen.

Motor-KRITIK hat alle Versuchsfahrten der M-Klasse hier in der Eifel beobachtet und erinnert sich nicht, schon jemals vorher so eine träge Version beobachtet zu haben. Selbst wenn die Versuchsfahrzeuge mit voller Zuladung unterwegs waren, wirkten sie "frischer" als dieses schwarze Modell.

Rechercheergebnis: diese M-Klasse ist eine Sonderausführung, die von MBB für einen russischen Auftraggeber in Moskau umgebaut wurde. Das Fahrzeug ist wohl mehr als nur schußsicher ausgefallen, scheint auch den Beschuß mit mittleren Kanonen überstehen zu können.

Was hier am Nürburgring passiert, ist wohl die Abnahme durch den TÜV. Denn als Bunker ist die M-Klasse nach dem Umbau sicher zu gebrauchen. Aber auch noch als Automobil?

Was machen die Reifen? - Was machen die Bremsen? - Reicht die Motorleistung?

Die Leute von MBB sind mit vor Ort, prüfen auch noch eine zum "Schutzengel" umgebaute (alte) S-Klasse auf ihre Fahrtüchtigkeit. Die wirkt schon besser als die M-Klasse. Was aber wohl auch darin begründet liegt, daß bei der M-Klasse der Schwerpunkt ein wenig höher liegt. - Erinnern Sie sich an das A-Klasse-Problem...?

Soweit wir in Erfahrung bringen konnten, liegt das Eigengewicht der umgebauten M-Klasse bei mehr als 3,5 Tonnen. Wer bei diesem Fahrzeug die Tür öffnen will, muß sich richtig anstrengen. Und mal eben die Tür zuwerfen - das geht gar nicht.

Aber was ist zum Beispiel mit der Heckklappe? - Wenn die wirklich auch so mit Einlagen versehen wurde wie die vorderen Türen... - Sie ist es. Und man müßte wohl Deutscher Meister im Gewichtheben (natürlich die höchste Klasse) sein, wenn man die aufstemmen möchte. Normalerweise. Aber die MBB-Leute haben sich etwas einfallen lassen: nach dem Öffnen des Schlosses wird die Klappe fast von alleine von kraftvollen Dämpfern nach oben gehoben. Es scheint sogar so: sollte sich jemand an der Klappe beim Öffnen festhalten, wird der wahrscheinlich mit in die Luft gehoben.

Was der Umbau kostet? - Sicher ein vielfaches des Grundpreises der M-Klasse. Und dabei hörte man bisher oft davon, daß das Leben so mancher Leute in Moskau keinen Pfifferling wert sei. Aber da gab es diese MBB-M-Klasse noch nicht. Jetzt werden die wissen die sie brauchen, wie wertvoll menschliches Leben sein kann.Aber ehrlich: fahren möchte der Chronist so ein Auto nicht. Wenn man so ein Auto mal auf der Nürburgring-Nordschleife gesehen hat, dann ist man dankbar dafür, daß man nicht zu den Großen und Mächtigen gehört. - Ohne eine solche M-Klasse ist das Leben einfach leichter. Im wahrsten Sinne des Wortes. - Auch in Moskau.

Wilhelm Hahne