FIA Grand Touring Championship in Silverstone - und wie sich Porsche darstellte

Aufgrund der Motor-KRITIK-Geschichte über die Vorqualifikation in Le Mans war man intern schon sauer auf den Chronisten. "Idiot" war noch eine nette Bezeichnung, mit der der Chronist porsche-intern bedacht wurde. -Wie bis in die Eifel zu hören. - Natürlich hatte der Chronist alle Infos von seinem Bruder Armin - meint man bei Porsche. Auf der anderen Seite verstand man nicht, wie man seinem Bruder mit einer solchen Geschichte so schaden konnte. - Wieso schaden? - Will man sich .jetzt an ihm rächen? - Es ist für diese Leute unvorstellbar, daß mein Bruder Armin Rennfahrer ist und ich ihm da nicht dreinrede; ich aber Journalist bin, und mir nicht dreinreden lasse. Er fährt Rennen. Und ich schreibe meine Geschichten. Und ich brauche meinen Bruder nicht als Informanten. Er war und ist es nicht! - Und warum sollte er es gewesen sein? - Will er sich selbst schaden? (Um die Logik der Porsche-Leute zu übernehmen.) - Aber was war denn nun in Silverstone?

Das Porsche-"Gänseblümchen" entblättert sich selbst

98-05-19/04. Wer in Le Mans ein 24-Stunden-Rennen gewinnen will, den muß ein 3-Stunden-Rennen in keiner Weise belasten. Hinfahren, trainieren, starten, gewinnen.

Das mit dem Hinfahren klappte bei Porsche. Aber schon das Training verlief ein wenig eigenartig, wenn man weiß, wie normalerweise ein Training abläuft. Im ersten freien Training schaut man sich um, paßt alles ein wenig an, überprüft die Verbesserungen im zweiten freien Training, ist ein wenig schneller. Man wirft die Qualifikationsreifen drauf und versucht es im ersten Qualifying, aktiviert die letzten Reserven fürs zweite Qualifying - und steht dann dort, wo man hingehört.

Aber im 1. freien Training gabs bereits die erste Überraschung: die Zakspeed-Porsche waren vor den Werks-Porsche:
 
Bartels/Hahne 1:42,239 min
Grau/Scheld 1:42,301 min
Alzen/Müller 1:42,401 min 
Wollek/McNish 1:42,675 min
 
Und die gleichen Automobile, die gleichen Fahrer - die eigentlich nun alle im 2. freien Training etwas schneller fahren müßten - die fahren nun deutlich unterschiedliche Zeiten. Um es besser vergleichen zu können, behalten wir die gleiche Reihenfolge wie oben bei:
 
Bartels/Hahne 1:43,224 min 0,985 sec langsamer 
Grau/Scheld 1:47,809 min 5,508 sec langsamer
Alzen/ Müller 1:40,854 min 1.547 sec schneller
Wollek/McNish 1:42,897 min 0,222 sec langsamer
 
Im Qualifying wird alles noch abstrakter. Im 2. Qualifying fahren die Semi-Werks-Porsche von Zak deutlich langsamer als im 1. freien Training (mit Rennreifen!), während die Werks-Porsche nun richtig schnell sind:
 
Platz 1. Qualifying 2. Qualifying

 1. Wollek/McNish 1:40,361 min 1:39,703 min
 3. Alzen/Müller 1:41,821 min 1:39,885 min
 7. Bartels/Hahne 1:41,752 min 1:42,954 min
 9. Grau/Scheld 1:42,221 min 1:45,689 min
 
Bartels/Hahne im 1. Qualifying zweitschnellster Porsche, wurden im 2. Qualifying an die Kette gelegt, waren da denn mit Quali-Reifen (!) und wenig Benzin im Tank langsamer als im 1. freien Training mit Rennreifen. Beide Fahrer hatten also wohl einen Schwächeanfall. Oder war´s der Motor?

Wie das bei einem gut geführten Werksteam einschl. eines Semi-Werksteams abläuft, zeigen die Mercedes-Zeiten:
 
1. Training 2. Training 1. Quali. 2. Quali.

Schneider/Webber 1:44,092 1:43,296 1:41,866 1:40,841 
Ludwig/Zonta 1:44,952 1:43,785 1:42,200 1:40,213
Bouchut/Mayländer 1:44,588 1:43,846 1:42,424 1:41,615 
Gounon/Tiemann 1:44,213 1:43,594 1:41,869 1:41,940 
 
Zeitunterschiede sind hier nur fahrerisch, nicht politisch erklärbar. Oder man könnte es auch so ausdrücken: Herr Ampferer ist der "bedeutendere" Rennleiter.

Im Rennen lief es denn so: Ampferer denkt, Alzen lenkt. Und der andere Werks-Porsche erlitt einen Turbolader-Schaden. Während man dem Zak-Porsche von Grau soviel Leistung mit ins Rennen gegeben hatte, daß er eine schnelle Rennrunde mit 1:42,850 min, fast so schnell wie seine schnellste Quali-Runde fahren konnte (er sollte wohl Bartels/Hahne in Schach halten), konnten Bartels/Hahne nur eine schnellste Rennrunde mit 1:43,267 realisieren. Aber sie fuhren immerhin auf Platz drei und damit aufs Treppchen. - Eine fahrerische Leistung!

Grau/Scheld hatten natürlich einen Grund für ihr schlechtes Abschneiden: ihnen standen gegen Rennende nur noch zwei Gangstufen zur Verfügung, die vier anderen hatten sich abgemeldet. So war im rallye racing-Telefon zu hören.

Und beim Alzen/Müller-Porsche sprangen immer wieder die Gänge heraus, mußten

festgehalten werden. (Auch von rallye racing.) - Hätte man sonst vielleicht doch noch gewinnen können?

Für Motor-KRITIK ist das alles keine Überraschung. Über die Getriebeprobleme war bei uns bereits nach Le Mans zu lesen.

Und so erhielt Herbert Ampferer am Montag in der Tagespresse die Schlagzeilen, die seine Leistung als Rennleiter verdiente: "Mercedes schlägt Porsche".

Sieht Herr Wiedeking nun immer noch den Le Mans-Sieg deutlich vor sich?

Das Porsche-"Gänseblümchen" entblättert sich: Wir gewinnen - wir gewinnen nicht - wir gewinnen - wir gewinnen nicht...

Mit vier GT 1-Fahrzeugen in Le Mans am Start, hätte man sich größere Chancen ausrechnen können. Und jetzt sollen es die Kats gewesen sein, die die zwei ausgeschiedenen Zak-Porsche behinderten? - Unter welchen Betriebsbedingungen zerstören die sich denn selbst? (Die Kat-Info stammt übrigens von VOX.)

Vielleicht sollte man jetzt einmal zu einer für alle Porsche-Abteilungen verbindlichen Sprachregelung kommen. Aber der Chronist läßt sich ersatzweise auch gerne einen "Idioten" nennen. - Bis daß das Endergebnis des 24-Stunden-Rennens in Le Mans feststeht.

Wilhelm Hahne