"GM schickt Opel-Chef David Herman nach Sibirien"

Das ist ein Zitat aus der "Rhein-Zeitung". Und es trifft vielleicht den Eindruck, den man als neutraler Beobachter haben muß genauer, als die offizielle Opel-Mitteilung, die von AP so vermeldet wurde: "Opel-Konzernchef David Herman wird Mitte des Jahres von seinem Posten zurücktreten. Er habe den Aufsichtsrat des Unternehmens gebeten, ihn von seinen Pflichten freizustellen, teilte Opel am Mittwoch in Rüsselsheim mit." - Sein Rücktritt war also freiwillig. Wie übrigens auch der Rücktritt von Präsident Suharto freiwillig war. Wenn man die Entwicklung dieser Geschichte - die von Herman - hin zu diesem Punkt beobachtet hat, weiß man eigentlich, wie sich dieser Konzern darstellt:

Glaubwürdig

98-05-22/02. Wie hat doch Hans Wilhelm Gäb um David Herman gekämpft, als die Konzernspitze ihn ablösen wollte.Schon im letzten Herbst. Und er hat gewonnen. Herman durfte bleiben. Und wie hat Gäb später mit GM-Chef Smith gerungen. Und er hat gewonnen. Hughes mußte zurück in die USA. Und der von Hughes vorgesehene Nachfolger von Herman, Cary Cowger, der durfte nun in der Schweiz europäische GM-Werke koordinieren.

Jeder deutlich spürbare GM-Eingriff bei Opel wäre von der Öffentlichkeit negativ empfunden worden. Und so hat Hans Wilhelm Gäb Opel immer wieder geschützt. Wie er damals auch Herrn Hüskes vor der Öffentlichkeit geschützt hat, ihn - z.B. dem Chronisten gegenüber - als seinen Freund bezeichnet. (Da hatte ihn GM bereits angezeigt.) Oder wie sich Herr Gäb darum bemühte, Herrn Enderle vor Schaden zu bewahren. Und die Herren - ach, wie hießen die Aufsichtsratsmitglieder (o.a.) doch alle.

Und alle sind untergetaucht. Für die Öffentlichkeit. Still going strong. Der eine lebt (gut - und ohne daß noch ein Zusammenhang mit Opel oder GM hergestellt wird) in Montecarlo. Der andere berät Arzneimittelhersteller in Sachen Produktionseinrichtungen. Und David Herman darf sich nun seinen großen Wunsch erfüllen und nach Rußland gehen. - Bravo!

Was sagt übrigens Frau Herman dazu, daß General Motors nun ihrem Mann diesen Wunsch erfüllt hat? - Das wäre doch einmal ein Thema für eine Frauenzeitschrift. - Und was wird nun aus den Kindern? - Das wäre doch einmal ein Thema für eine Elternzeitschrift.

Und was wird nun aus dem Kompetenzgerangel zwischen allen bisher Beteiligten? Wo wird der Sitz von Herrn Hanenberger sein? Was wird nun aus Opel, aus Opel International? - Wer ist in Zukunft für die Modellpalette von Opel verantwortlich? - Das wäre doch mal ein Thema für ein Manager Magazin. - Wer steuert denn nun den Einkauf, das Marketing, für Europa, den Rest der Welt? - Wer ist für die Opel-Werke im "Ausland" verantwortlich?

Wird am neuen Opel Chef Cary Cowger (51) auch alles so vorbeilaufen, wie an David Hermann, der sich wirklich alle Mühe gab. Aber wie ohnmächtig er in seiner Position wirklich war, ließ einmal ein Interview in der Schweizer "Automobil-Revue" durchblicken. Erhält Cary Cowger wirklich Vollmachten oder wird er mehr Diener seiner Herren sein?

David Herman tut mir leid. Opel hat ihn mehr gekostet als nur 6 Jahre seines Lebens. Und trotz seiner Bemühungen um Opel und aller Bemühungen von Hans Wilhelm Gäb um die Darstellung "eines weichen Übergangs" bleibt bei uns allen der Eindruck wirksam, den am deutlichsten die "Rhein-Zeitung" artikulierte.

Die Darstellungsversuche der Opel-Öffentlichkeitsarbeit haben sich eben im Laufe der Zeit abgenutzt, sind zu durchsichtig geworden. Denn für wen war die Entwicklung, so wie sie sich jetzt abgespielt hat, eigentlich noch eine Überraschung?

Cary Cowger steht eigentlich vor einer großen Aufgabe. - Packt er sie an? -

Geben wir ihm etwas zum Nachdenken mit auf seinen neuen Karriereabschnitt: "Es gibt Entscheidungen, die muß man sein Leben lang mit sich herumtragen, auch wenn man sie kurze Zeit später nicht mehr verstehen kann." - David Herman dürfte diese Worte gut verstehen. Und das beweist doch, wie glaubwürdig Opel-Öffentlichkeitsarbeit sein kann. - Denn die nachdenklichen Worte oben stammen aus der aktuellen Opel Astra-Werbung.

MK/Wilhelm Hahne