Retrofit 3000 und der Opel-Öffentlichkeitsvorstand

Retrofit steht für Nachbesserung. Soll die - des neuen Opel Astra - in 3000 abgeschlossen sein? - Natürlich nicht. Dafür sorgt der Opel Öffentlichkeitsvorstand .Er verantwortet eine Pressemitteilung, nach der die Aktion Retrofit 3000 bereits am 20. Februar 1998 abgeschlossen war. - Wo denn? - In Deutschland? - In Europa? - In der Welt?. - Nun ist Opel ein "Global Player". Sagt Opel. Gilt dann die Aussage für weltweit? - Oder vielleicht nur für das "Herz des Rhein-Main-Dreiecks", in Rüsselsheim? - Fragen über Fragen. - Aber Motor-KRITIK hat Herrn Horst P. Borghs (so ist sein Name korrekt geschrieben) vier Fragen gestellt. - Die konnte er nicht beantworten. Oder er wollte es nicht. - Und dann hat Motor-KRITIK die gleichen Fragen an den Chef-Justitiar der Adam Opel AG gestellt. - Keine Antwort!

Keine Antwort ist auch eine Antwort

98-06-30/02. Und so veröffentlicht Motor-KRITK hier Rechercheergebnisse, die von Opel weder dementiert noch bestätigt wurden. Weil man nichts sagt. - Weil man nichts zu sagen hat?

Anfang April schrieb Motor-KRITK an den Öffentlichkeitsvorstand, hatte ein paar Fragen. Der antwortet nicht, weil der nicht jedem antwortet. Erst recht nicht Journalisten. Das könnte Ärger geben.

Also versuchte Motor-KRITIK jetzt eine Antwort von Opel zu bekommen, indem ich den Chef-Justitiar der Adam Opel AG anschrieb. Und das Schreiben liest sich dann so, geschrieben am 8. April 1998 und per Fax zugestellt :

Sehr geehrter Herr Becht,

zunächst darf ich Sie daran erinnern, daß ich jener Wilhelm Hahne bin, dessen Geschichten Sie, - d.h. die Adam Opel AG. - sehr gerne in der Lopez-Affäre genutzt haben. Und wir wurden uns s.Zt. auch einmal - es war wohl in einem Gerichtsgebäude in Frankfurt - vorgestellt. Ich erinnere mich noch heute an Ihren wachen, taxierenden Blick.

Ich kann also sicher sein, daß Sie auch diesen Brief so zuordnen, wie er gemeint ist: Ich möchte von der Adam Opel AG wertfrei als Journalist behandelt werden.

Ich kann nachweisen, daß sich das Verhalten der deutschen Automobilindustrie - soweit sie im VDA organisiert ist - ab einem bestimmten Termin mir gegenüber verändert hat. Es ist sicher kein Zufall, wenn eine solche Veränderung im Verhalten nicht bei den Importeuren zu registrieren ist.

Als besonders eindrucksvoll empfinde ich aber das Verhalten der Adam Opel AG, die mir - als Journalist - gegenüber durch das Vorstandsmitglied Öffentlichkeitsarbeit unter der Leitung des Herrn Horst P. Borghs vertreten wird.

Auch in diesem J ahr habe ich die verschiedensten Anfragen an die Adam Opel AG gerichtet, die alle nicht beantwortet wurden.

Ich entnehme zwar der neuesten Ausgabe des "journalist", daß Opel dringend einen PR-Manager sucht ("The area of responsibility is GM/Opel European Public Relation, located in Rüsselsheim/Germany." - Interessant!), aber auch ohne diesen Neuen, müßte doch eine Beantwortung meiner wenigen Fragen möglich sein.

Vielleicht denkt man bei Opel, daß ich - nun schon 65 Jahre alt - mich sicher bald im Ruhestand pflegen werde. Leider wird daraus - durch die Ereignisse bestimmt, die auch Sie bestens kennnen - nichts werden. Ich werde also bis zu meinem Lebensende meinen Beruf ausüben.

Die Nummer meines Presseausweises, ausgestellt vom DLV, Landesverband Rheinland-Pfalz in Mainz, ist 077 171 und ich verfolge auch mit meiner letzten Anfrage an den Leiter Ihres Vorstandsressorts Öffentlichkeitsarbeit kein anderes als das in der Anfrage genannte Informationsinteresse.

Ich darf meine Fragen vom 6. April 1998, per Fax um 9.00 Uhr der Adam Opel AG zugestellt, noch einmal wiederholen und Sie bitten, eine Antwort sicherzustellen:

1) War meine Darstellung von der Nachrüstaktion "Retrofit 3000" in Motor-KRITIK in allen Teilen exakt und stimmend? (Wenn NEIN, bitte ich um Darstellung der Abweichungen.)

2) Ist die Aussage des Herrn Berlinghoff (zitiert in AUTO-BILD) stimmend, nach der die Nachrüstaktion beim neuen Opel Astra bereits am 20. Februar 1998 komplett abgeschlossen war?

3) Oder ist meine Feststellung - entsprechend meinen Rechercheergebnissen - richtig, nach der nach dem 20. Februar 1998 immer noch neue Opel Astra in Europa nachgerüstet wurden?

4) Haben Sie schon den - sicherlich - hochrangigen Informanten ermittelt, der die Redaktion von "Capital" (s. Ausgabe April) mit geheim bleiben sollenden Internas der Adam Opel AG versorgte?

Ich würde mich freuen, wenn ich eine Antwort der Adam Opel AG - von welcher Abteilung auch immer - recht bald auf meinem Faxgerät (02656-8282) finden würde.

Eine Nicht -Antwort wird sicherlich die Veröffentlichung meiner Rechercheergebnisse nicht verhindern. Eine Antwort auch nicht, aber sie könnte sicher meine Geschichte "runder" machen, vielleicht einige Dinge relativieren.

Die Adam Opel AG, der Vorstand mag entscheiden. Und ich werde gerne von Ihnen deren grundsätzliche Entscheidung in der Behandlung meiner zukünftigen Anfragen erfahren.

Ich jedenfalls werde darum bemüht bleiben, mich nicht ausgrenzen zu lassen. Es kann doch nicht sein, daß man einen Journalisten von jedem Informationsfluß abzuschneiden versucht, weil er sich nicht in die lange Reihe der Verlautbarungs-Ab- und Um-Schreiber einordnet.

Ich darf mich jetzt schon für Ihre Bemühungen bedanken und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

gez. Wilhelm Hahne

Herr Becht ist ein Mann, dessen Wissen und Können ich respektiere. Aber als Opel-Mitarbeiter ist er eben nur so gut, wie ihn sein Umfeld sein läßt. Herr Becht hat nicht geantwortet. Weil er - wahrscheinlich - nicht antworten durfte. Aber das ändert nichts an meinem Recherche-Ergebnis:

"Retrofit 3000" wurde danach erst Mitte April 1998 abgeschlossen. Mit einer Nachrüstaktion in Griechenland. Vorher war man in Portugal. Un davor, und davor... - Aus Lappland mußte man die dort stehenden Opel Astra z.B. zurück nach Süd-Finnland holen, weil es in Lappland für eine Außenreparatur zu kalt war. - Es gäbe viele kleine nette Geschichten zu Retrofit 3000 zu erzählen. - Und Opel schweigt.

Und als man - offiziell - dann Mitte April 1998 die Aktion Retrofit 3000 abgeschlossen hatte, da übernahmen - z.B. in Deutschland - die Händler die Weiterführung der Kontroll- und Nachrüstaktion. Mitte April 1998,direkt nach der Einstellung von Retrofit 3000, sah man z.B. die Monteure deutscher Händler in den angelieferten Opel Astra liegen, mit Taschenlampe und Spiegel, um zu kontrollieren, ob die Lenksäule im Innenraum richtig arretiert sei.

Horst P. Borghs ist bei der Adam Opel AG für die Information der Öffentlichkeit im Sinne seiner Firma verantwortlich. Manchmal verlangt das von ihm auch Gratwanderungen. Und dann müssen evtl. sogar Gutachter bemüht werden, um zu beweisen, daß das was er sagte, vielleicht doch nicht ganz unrichtig war.

Horst P. Borghs möchte im Falle von Retrofit 3000 nicht der Gefahr ausgesetzt sein, einer Lüge überführt zu werden. Darum sagt er nichts. Und Herr Becht, eben Jurist, weiß auch um die Gefahr. Und darum gibt´s keine Antwort. - Ist es so, meine Herren? (Motor-KRITIK räumt Ihrer Art der Darstellung gerne Platz ein. Damit sich die Öffentlichkeit ein Bild machen kann.)

Aber man weiß ja, daß der Auftragsbestand beim Astra groß sein soll. Und die Zulassungszahlen sind - dann an dieser Aussage gemessen - zu klein. Und so ist es eigentlich auch kein Geheimnis, daß man bei Opel vom Astra zur Zeit nur um 80 Prozent der eigentlich gedachten Stückzahl produziert . Weil man Qualität liefern möchte. Was eigentlich Opel ehrt. Denn so handelte man früher nicht. Man hat nun sogar den Anlauftermin für den neuen Astra "Zafira" auf 1999 verschoben, weil dessen Produktionsanlauf sonst das Hochfahren der Astra-Produktionszahlen gefährden würde. Man gibt sich also Mühe. Und trotzdem... -Und warum gibt es jetzt schon Sondermodelle zu Sonderkonditionen vom neuen Opel Astra?

Wie es zur Zeit - immer noch - bei Opel aussieht, macht eine aktuelle Geschichte in der "Auto-Zeitung" deutlich. Dort wird beschrieben, was mit Astra-Testwagen passierte. Zitat:

"Beim ersten Wagen, einem 1,8 16V mit 115 PS, sorgte Ölverlust im Differential für das vorzeitige Ende der Testfahrt. Beim zweiten, einem 1,6 mit 75 PS, ging während der vierten Beschleunigung schlagartig das Differential kaputt."

Die "Auto-Zeitung" ist vom 26. Juni 1998, also nach dem 20. Februar erschienen. Auch die Testwagen gingen nach diesem Termin an die "Auto-Zeitung". Opel führt als Entschuldigung an, "daß beide Testfahrzeuge aus der Vorserienproduktion vom November 1997 stammen". - Warum hat man das nicht abgestellt, wenn man um die Schadensmöglichkeit wußte? - Oder ist Retrofit 3000 immer noch nicht abgeschlossen? Wo doch schon am 20. Februar 1998 ... - Aber auf konkrete Fragen antwortet man einfach nicht. Obwohl es bei Opel eine Abteilung Öffentlichkeitsarbeit gibt. - Aber solche Fragen werden ja auch dieser Abteilung im Normalfall nicht gestellt.

Auch den Kunden interessiert übrigens nicht, aus welchem Zeitraum der Produktion sein Opel Astra stammt. Er hat perfekt zu funktionieren. Und Opel hat das sicherzustellen.

Motor-KRITIK hat jedenfalls durch seine Anfrage bei Opel versucht, deren Vorstellung von journalistischer Sorgfaltspflicht nachzukommen. Wenn man bei Opel so engagiert und sorgfältig arbeiten würde wie bei Motor-KRITIK recherchiert wird, brauchte man auch vor den eigenen Antworten keine Angst zu haben.

Wir werden weiterhin den Astra und seine Zuverlässigkeit beobachten. Und wenn es uns nach unseren Beobachtungen und Feststellungen angebracht erscheint, darüber berichten. Auch positiv, wenn dazu ein Anlaß besteht. - Und wie durch unseren ersten Astra-Fahr/Erlebnisbericht bewiesen werden kann.

MK/Wilhelm Hahne