Die Mercedes A-Klasse und ihr ständiger Fahrwerk-Abstimmungs-Wandel

"Auf einem Bein kann man nicht stehen", ist ein geflügeltes Wort, wenn es darum geht, andere Leute dazu zu bringen, auch auf zwei Beinen nicht mehr stehen zu können. (Dank Alkohol.) - Die Mercedes A-Klasse konnte zwar von Anfang an auf vier Rädern stehen, war aber nicht unbedingt auf vier Rädern - in allen Fahrsituationen - fahrbar. Und das Fahrwerk wurde geändert. Die A-Klasse wurde tiefergelegt, bekam ESP. Und andere Räder und Reifen. Und war bei dieser Gelegenheit bretthart geworden. Nun gibt es die A-Klasse bald auch mit Dieselmotor. Und - wie die Kollegen feststellten - auch mit einer anderen Fahrwerkabstimmung. - Wirklich? - Ja, mit einer Minimaländerung, die etwas "vorschaukelt" was nicht ist. - Aber das wird noch kommen.

Die A-Klasse stößt hart und schaukelt weich

98-06-30/04. An der Mercedes A-Klasse wird immer noch gearbeitet. Die Entwicklung zu einem fertigen Automobil ist noch nicht abgeschlossen. Nur der Preis ist perfekt. Eben mercedes-like. Und trotzdem ist Daimler-Chef Schrempp nicht zufrieden. Wie aus der Befehlszentrale zu vernehmen, hat der "Chef" angeordnet, daß man nun schnellstens eine vernünftige Rendite sicherstellen soll, indem man das Fahrzeug preiswerter produziert. Dabei macht es jetzt schon nicht gerade den teuersten Eindruck.

Wie aus den Kreisen der Zuliefererindustrie zu hören, werden irgendwann auch wieder normale Reifengrößen verbaut werden, weil die einfach preiswerter zu kaufen sind. Und die neue Dieselversion, die gerade der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, rollt schon auf anderen Reifendimensionen als bisher.

Aber das soll noch normaler werden. Die Felgen sollen dann auch u.a. eine etwas breitere Reifenaufnahme erhalten. Wenn man hört, was sich noch so alles bei der A-Klasse - spätestens ab dem ersten Facelift - tun wird, hat man nicht den Eindruck, es jetzt schon mit einem fertig entwickelten Automobil zu tun zu haben.

Der Eindruck konnte auch beim Fahrwerk - schon wegen seiner Härte - bisher nicht aufkommen. Selbst Fachleute, die Mercedes gegenüber großes Einfühlungsvermögen zeigen, konnten die bisherige Härte nicht akzeptieren.

So war gerade am letzten Wochenende in der Frankfurter Rundschau zu lesen: "Die seinerzeit auch von der FR-Motorredaktion heftig kritisierte Härte (s. FR vom 2. Mai 1998) ist durch eine veränderte Stoßdämpferabstimmung etwas gemildert." Der FR-Motorredakteur, Peter Klinkenberg spricht dabei über seine aktuellen Eindrücke, die er bei ersten Testfahrten mit den neuen Dieselversionen der A-Klasse erhalten hat.

Aber Klinkenberg, der in seinem Test vom 2. Mai die A-Klasse schon gerecht kritisierte, bescheinigt nun in seiner neuen Beurteilung, der neuen Abstimmungsvariante (wie viele werden wir noch erleben?) ein "halbwegs akzeptables Komfortniveau".

Versucht man einmal zu ergründen, was denn Mercedes wirklich bei der neuesten Version der A-Klasse geändert hat, so "stößt" man auf weicher abgestimmte Stoßdämpfer. Aber können die wirklich nun - und das wäre ein Wunder - die Federhärte mindern? Die "Auto->Zeitung" spricht in seiner neuesten Ausgabe, von "aber immer noch lästigen Nickschwingungen".

Am schönsten fanden wir aber den Komforteindruck von der Mercedes A-Klasse in der österreichischen "auto revue" formuliert (wo sonst?), die den Gesamteindruck "im kurzschenkeligen, überstraffen Gestühl ohne Seitenhalt" der neuesten Version so beschrieb: "Die fahrbahnbedingten, sehr mitteilsamen Wagenkörper-Bewegungen empfindet man mit der Zeit als anstrengend, der Oberkörper hat einiges auszutarieren - sowohl in Wank- als auch in Roll-Richtung. Mit dem Rücksitzkomfort waren wir trotz guter Kniefreiheit und hilfreicher Kopfstützen unzufrieden - zu hart, nicht nur für einen Mercedes."

Lieber Herr Schrempp, lieber Herr Hubbert. Wie wäre es, wenn Sie, bevor Sie an die eigene Rendite denken, zunächst einmal sicherstellen würden, daß der Käufer einer Mercedes A-Klasse jenen Fahrkomfort erhält, den er sehr wohl - nicht nur weil er Mercedes-Käufer ist - von einem Fahrzeug der Preisklasse über 30.000 DM von einem Automobil heute erwarten kann?

MK/Wilhelm Hahne