VW Workshop in der Eifel - und VW-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Kocks "zur Lage"

Alle für VW wichtigen Journalisten waren eingeladen. Und sie erfuhren alles über die "drei Innovationen von Volkswagen". Natürlich war Motor-KRITIK nicht eingeladen (Prof. Dr. Kocks ist an einer persönlichen Begegnung nicht interessiert), möchte aber nachstehend darüber berichten, was Prof. Dr. Kocks, der persönlich in die Eifel geeilt war, nun wirklich Wichtiges zu erzählen hatte. Natürlich nicht den Journalisten. Darum steht das denn auch nachfolgend in Motor-KRITIK. Damit auch die gut informiert sind, die - trotz schlechtem Wetter - dem Ruf von VW in die Eifel gefolgt waren. Und trotzdem bisher nicht mehr wissen, als auch in den Pressemappen steht.

Von Bestwerten und anderen Problemen

98-07-10/01. Dieser VW-Termin war für die im Umfeld des Nürburgrings lebenden Eifelaner deshalb unübersehbar, als praktisch immer irgendwo gerade ein WOB-VW auf einer Landstraße irgendwie wendete. Man konnte davon an Tankstellen erzählen hören, aber ich habe es auch persönlich (auf der B 258) erlebt. Der wahrscheinliche Grund: die VW-Testwagen waren mit einem Navigationssystem ausgerüstet und die lieben Journalisten-Kollegen hatten wohl jeweils das notwendige Abbiegen verpaßt.

VW informierte die Kollegen über einen neuen Allrad-Golf ("4motion" mit "Haldex"-Kupplung), über ESP für den Golf und einen Passat TDI mit "Pumpe-Düse-Einspritztechnik". Der Passat hat nun zwar immer noch den 1,9 Liter-Dieselmotor, der sich nach VW-Angaben aber nun so darstellt:

"Mit einem Einspritzdruck von erstmals mehr als 2000 bar erreicht der neue TDI nicht nur Bestwerte in Leistung (85 kW/115 PS) und Drehmoment (285 Newtonmeter bei 1900 U/min), sondern bleibt auch einer der sparsamsten Pkw-Antriebe überhaupt."

VW scheint das "Bestwerte" auf die eigenen bisher bekannten Dieselmotoren zu beziehen, denn z.B. der Motor des BMW 320d leistet mit 1951 ccm 100 kW (136 PS) und erreicht sein höchstes Drehmoment von 280 Nm bei 1750 Umdrehungen. - BMW ist auf dem Dieselmotorensektor also eigentlich der Maßstab. Und daran gemessen... -

BMW gewann mit einem solchen Motor ein 24-Stunden-Rennen, VW brachte dagegen seine Rennversion des Pumpe-Düse-Diesel nicht zum Einsatz. Weil es Probleme gab.

Weil Motor-KRITIK nicht beim Workshop war, möchten wir die dort gegebenen Informationen noch wie folgt ergänzen: Nach Motor-KRITIK-Recherchen hat VW bereits 1993 seine vergleichenden Untersuchungen über Diesel-Einspritzsysteme abgeschlossen. Verglichen wurden Hochdruckpumpen-, Common Rail- und Pumpe-Düse-Einspritzsysteme. Die VW-Entscheidung für das Pumpe-Düsesystem fiel u.a. deshalb, weil es nach der damaligen Untersuchung auch das System war, mit dem man bei geringstem Aufwand (Kosten) den größten Effekt (Druck und Leistung) erzielen konnte.

Hört man sich in der Branche um, scheint sich das ein wenig verschoben zu haben. Aber ohne Zweifel hat das Pumpe-Düse-System z.B. gegenüber dem Common-Rail-Prinzip den unbestreitbaren Vorteil, daß sich hier viel höhere Einspritzdrücke realisieren lassen. (Wie übrigens auch mit der Hochdruckpumpe.) Das macht denn auch bei VW einen Diesel-Sportmotor möglich, den die Wolfsburger noch im nächsten Frühjahr in Serie bringen möchten. Der soll dann um 150 PS leisten und war dazu ausersehen, beim Käuferpublikum bisher gegenüber dem Diesel vorhandene Vorurteile (zu wenig Power, zu laut, stinkt, qualmt, zu zäh) abzubauen. Die Qualitäten dieses Serienmotors sollten vorher durch den Einsatz in Diesel-Renntourenwagen bei Langstreckenrennen überzeugend dargestellt werden.

VW hat hier leider gepatzt: der Renntourenwagen wurde zum 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring nicht fertig und es blieb BMW überlassen der Öffentlichkeit deutlich zu machen, wie man heute moderne Vierzylinder-Dieselmotoren baut: mit einer Hochdruckpumpe, als Vierventiler, mit hoher Leistung, auffallend leise, auch unter Vollast nicht qualmend. Und BMW hat auch die Standfestigkeit eines High-Tech-Dieselmotors durch den 24-Stunden-Renneinsatz (Literleistung bei mehr als 100 PS pro Liter!) überzeugend nachgewiesen.

Und damit wären wir bei dem, was (auch) Prof. Dr. Kocks, VW-Vorstandsmitglied, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit, ein wenig bedrückt.

Kocks sieht einige "innerbetrieblichen Probleme". Es müssen zur Zeit - gerade durch die Zukäufe - eine Reihe von Problemen gelöst werden. Aber es gibt nicht genügend Leute, die das könnten. Prof. Kocks sieht z.B. kein Problem darin, einen Zwölfzylindermotor für den Rolls Royce kurzfristig - und damit rechtzitig - bereit zu stellen. Denn BMW hat inzwischen seinen Liefervertrag mit Rolls Royce definitiv gekündigt. Aber er sieht schon ein Problem darin, überhaupt an die Rechte zu kommen, die VW den Namen Rolls Royce überhaupt erst nutzen läßt. Und es entwickeln sich jetzt schon Probleme mit den Leuten "drüben", in England. Es gibt wohl "Kontaktschwierigkeiten". - Jetzt schon!

Was nun folgt ist Motor-KRITIK-Meinung: Rolls Royce war als Automobil im Markt schon angeschlagen, bevor die Übernahme durch den VW-Konzern perfekt war. Nach der Übernahme ist Rolls Royce eigentlich ohne Bedeutung. Wer will jetzt noch einen Rolls kaufen, der in der aktuellen Motorversion (BMW) praktisch im nächsten Jahr ausläuft? - Wer will dann einen Rolls Royce kaufen, der von einem VW-Motor befeuert wird? - Die Entscheidung der Vickers-Aktionäre hat die Marke Rolls Royce vernichtet.

Nun wieder Prof. Dr. Kocks ("Ich bin die Nummer Eins der Branche.") mit seinen Aussagen in der Eifel: Natürlich würde man gerne Bugatti kaufen. Aber es gibt auch hier Probleme, weil die Namensrechte für Bugatti als Automobil zwar für Geld zu kaufen sind, aber andere Hersteller, solche von Kleidungsstücken und z.B. Taschen auch mit "Bugatti"-Produkten auf dem Markt sind. Und das stört. Trotzdem: Nach Motor-KRITIK-Informationen hat VW (für Audi!) die Namensrechte an Bugatti längst gekauft. Nur möchte man - im Hinblick auf die anderen "Bugattis" ganz sicher sein.

So forciert man zunächst lieber den "Super-Passat", wie er in der Fachpresse bezeichnet wird, einen Passat mit V 8-Motor, der übrigens lt. Prof. Dr. Kocks die interne Bezeichnung "B 5F" trägt. (Kocks hat übrigens nicht davon gesprochen, daß der "W 12" auch in den Passat paßt. Er paßt!)

Aber natürlich kommt ein Zwölfzylinder Audi. Sagt Prof. Dr. Kocks. Aber wenn die Fachpresse meint, daß dieser Zwölfzylinder im A 8 komme, so liegt sie doch insofern deutlich neben der Wirklichkeit, als dieses Zwölfzylindermodell von Audi auf einer vollkommen neuen Plattform, als vollkommen neues Automobil dargestellt wird, das nun nichts - aber auch gar nichts mehr - mit dem jetzt bekannten Audi Alu-Struktur A 8 zu tun hat.

Was Prof. Dr. Kocks hier in der Eifel nicht gesagt hat, möchte Motor-KRITIK ergänzend anfügen: dieser neue Zwölfzylinder-Audi wird in zwei Hubraumversionen, die eine so bei Fünfliter, die andere deutlich darüber, lieferbar werden. Bei den Motoren handelt es sich um Langhuber, deren Drehzahlniveau relativ niedrig liegt. Hier wurde nicht auf eine hohe PS-Zahl Wert gelegt, sondern versucht, Kraft, große Kraft in Fahrkultur umzusetzen. Der Drehmomentverlauf soll möglichst keine Kurve, sondern eher eine Gerade sein.

Ferdinand Piech wird diesen neuen Zwölfzylinder preislich klar unter 200.000 DM - und das in einer Top-Ausstattung - plazieren. Der Preisabstand zu den wichtigsten Konkurrenten soll wenigstens 30.000 DM betragen, auch wenn die Konkurrenz nicht ein gleichhohes Ausstattungsniveau bietet.

Bis hierher wurde der neue Zwölfzylinder von Audi immer auch Audi genannt. Motor-KRITIK ist jedoch der Auffassung, daß mit diesem Fahrzeug der Name Bugatti neu aufleben wird.

Der Audi A 8 wird übrigens bis zur Einführung der Zwölfzylindermodelle gleich ob als Audi oder Bugatti - nicht nur ein Facelift erfahren, sondern auch eine Hubraumvergrößerung auf knapp 5.0 Liter. Auch dieser Motor wird dann ein deutlicher Langhuber sein und die neue Philosophie deutlich machen, die die Arbeit der Motorenkonstrukteure bestimmt, die die Motorisierung der VW-, Audi- und Rolls Royce-Fahrzeuge, soweit sie also Fahrzeuge der Oberklasse sind, sicherstellen sollen.

Und jetzt wieder Prof. Dr. Kocks: Und wenn die Fachpresse immer noch damit rechnet, daß VW mit der Übernahme von Cosworth seine Formel 1-Einstiegsgelüste verdeutlicht: auch hier liegt die Fachpresse falsch. Ferdinand Piech verschwendet derzeit keinen Gedanken an die Formel 1 und wird deshalb auch die Rennabteilung von Cosworth abtrennen und sie Ford (gegen eine kleine Schutzgebühr, versteht sich) überlassen.

Soweit die wichtigsten Informationen, die Prof. Dr. Kocks, "der große Kommunikator aus Wolfsburg" (O-Ton "Süddeutsche Zeitung") bei seinem Besuch in der Eifel (für Motor-KRITIK?) hinterließ.

Da er nicht die Motorenversionen erwähnt hat, die derzeit in Neckarsulm im Versuch laufen, wird Motor-KRITIK demnächst dann auch hier ein wenig den Schleier lüften müssen. Aber wir möchten zunächst noch Herrn Prof. Dr. Kocks die Möglichkeit einräumen, durch eine Exklusiv-Information an eine der großen Motor-Fachzeitschriften ("auto motor und sport" oder "Auto-BILD") ein paar Pluspunkte zu sammeln. Man weiß doch - auch er, obwohl Professor, weiß das - wie es im richtigen Leben zugeht: Eine Hand wäscht die andere. Und beide das Gesicht. (Prof. Dr. Kocks ist ein Kind des Ruhrpotts.)

Ja, ja, Prof. Dr. Kocks hat über die '"Dreigroschenoper" promoviert (er selbst sagt, über "Brechts literarische Evolution")und kennt die Niederungen des Alltags. - Um mit O-Ton Prof. Dr. Klaus Kocks zu enden: "Ende, aus, Micky Maus".

MK/Wilhelm Hahne