BMW: Es tut sich was in Sachen Motorsport

Die Bayrischen Motorenwerke bereiten sich organisatorisch auf einen Motorsporteinsatz auf allen Gebieten - ohne "Marktlücken" - vor. Und es geschieht viel mehr, als bis heute bekannt ist. Motor-KRITIK ist bei Recherchen auf bisher unbekannte Aktivitäten der Münchner gestoßen. Und es gibt einen neuen Motorsport Director. Der schreibt sich mit "c", weil die BMW-Motorsport-Firma eine "Limited", also eine in England angesiedelte GmbH ist. Aber es gibt auch große Projekte in Deutschland. Und in Italien. - Nur ein Beispiel:

Das BMW Formel 1-Testzentrum am Nürburgring

98-07-10/04. Die BMW Motorsport Ltd. ist eine selbstständige Firma, abhängig von der Münchner AG nur durch die Geschäftsführung. Gesamtgeschäftsführer der "Ltd." ist Karl-Heinz Kalbfell, der gleichzeitig Marketing-Chef der AG ist. Und der Technical Director ist jener Paul Rosche, der für die Entwicklung des neuen Formel 1-Motors verantwortlich ist, auch für den neuen V 8-Rennmotor und auch - und das ist bisher praktisch unbekannt - für die Entwicklung eines BMW Formel 3-Motors, der nach unseren Informationen in Italien entsteht.

Und es gibt noch einen speziellen Marketing Director für die "Ltd." und natürlich einen Financial Director. Und ganz neu, wird nun das geschäftsführende Team mit Motorsport Director Gerhard Berger komplettiert.

Die "Ltd." hat bisher zwei Standorte: in München sitzt der Hauptgeschäftsführer, das Marketing-Management und die Motorenentwicklung, im englischen Grove findet die Fahrzeugentwicklung und die Finanzüberwachung statt. Und es werden große Summen bewegt. Nicht nur für die Formel 1 direkt, sondern auch indirekt. Aber nicht alles wird gekauft. Es findet eine möglichst geringe Kapitalbindung statt. Aber selbst die ist noch stattlich.

So wird der neue Motorsport Director, Gerhard Berger, schon in den nächsten Wochen zu einem Besuch in der Eifel erwartet. Und dort - bei der Nürburgring GmbH - hat man sich auch schon durch organisatorische Maßnahmen auf eine Zusammenarbeit mit der "AG" und der "Ltd." vorbereitet: es gibt einen Projektmanager, der praktisch der Verbindungsmann zwischen der Nürburgring GmbH und den Verantwortlichen von BMW sein wird, den Verantwortlichen der "AG" und der "Ltd." - Und das ist z.B. mit Karl-Heinz Kalbfell, im Hinblick auf das Marketing der AG und die Interessen der "Ltd." nur eine Person.

Der ist jetzt ganz besonders bei einem neuen Projekt gefragt, das die Nürburgring GmbH gemeinsam mit der BMW AG angeht: der Bau einer BMW-Tribüne am Grand-Prix-Kurs. Sie ist oberhalb der Fahrerlager-Tribüne, der T 12, am Ausgang des Hatzenbachbogens, praktisch gegenüber der Veedol-Schikane geplant. Mercedes hat ja inzwischen "seine" Tribüne am Castrol-S.

Die Finanzierung der BMW-Tribüne wird sicherlich genauso "interessant" ablaufen, wie bei der Mercedes-Tribüne. Hier werden nicht nur die Firmen zur Vorkasse gebeten, woraus ein exklusives Nutzungsrecht auf bestimmte Zeit und für bestimmte Veranstaltungen resultiert, sondern es wird auch den Renn-Veranstaltern in den Beutel gegriffen.

Die BMW-Tribüne wird über die Fußgängerbrücke (nahe Start & Ziel) zu erreichen sein, die weiter durchgezogen wird, und in einem Turm endet, der gleichzeitig die VIP-Räume der BMW AG aufnimmt. Nach rechts erstreckt sich dann die normale BMW-Tribüne.

Dieses Projekt ist - nach Motor-KRITIK-Kenntnis - noch nicht vom BMW-Vorstand verabschiedet, befindet sich aber in der Endphase der Entscheidung.

Wenn Gerhard Berger aber in seiner neuen Eigenschaft als BMW Motorsport Director in den nächsten Wochen in der Eifel erscheint, wird er sich sicherlich auch für das BMW Tribünenprojekt interessieren, aber der Hauptgrund seines Besuchs ist ein anderer: er soll den idealen Standort für ein BMW-F 1-Testzentrum ausloten, das im Inneren des GP-Kurses entstehen soll, mit einer Direktanbindung an die Rennstrecke. Im Gespräch dafür ist z.B. unter anderem jener Platz, der jetzt noch als Kartbahn genutzt wird.

Auch hier stehen die unterschiedlichsten Finanzierungsmöglichkeiten zur Diskussion. Motor-KRITIK sieht die Entwicklung so, daß die BMW Bauten, die nach Vorschlägen der AG und der Ltd. von der Nürburgring GmbH erstellt wurden, von BMW langfristig angepachtet werden.

Wenn man dann noch weiß, daß BMW den Einstieg in die Formel 3 vorbereitet, um dem Nachwuchs von der Formel Junior, durchgängig bis zur Formel 1 mit BMW-Material zu ermöglichen, wenn man... -

Und man stößt auf eine Schwachstelle, die aber praktisch jeder Automobilhersteller hat, der umfassend Motorsport als Marketing-Instrument nutzen möchte: es gibt zu wenig "Racer" in den Firmen, jene Leute, die die Motorsportaktivitäten vorantreiben, in die richtigen Bahnen lenken müssen. Auch bei BMW findet man bisher da mehr und mehr Leute, die z.B. gute Marketing- oder Finanzleute sind, mit den ganzen Eigenheiten jener Berufsgattungen.

Aber das Renngeschäft unterliegt eigenen Gesetzen. Hier geht es nicht um Absicherung, Austausch von Hausmitteilungen, sondern um powervolles Vorantreiben. Da müssen Entscheidungen "aus dem Bauch", sehr schnell (aber auch sicher) getroffen werden. Und das geht nur, wenn diese Leute aus dem Renngeschäft kommen, persönliche Erfahrung haben - aber noch wichtiger - über jene unternehmerischen Fähigkeiten (wozu auch der Mut zum Risiko gehört) verfügen, die im Renngeschäft unverzichtbar sind.

Motor-KRITIK meint: man kann eher einen "Racer" mit Marketinggesetzmäßigkeiten füttern und anreichern, als einen Marketingmann zu einem "Racer" machen. Dazu gehört nämlich eine Grundeinstellung, die man in normalen Großbetrieben nur noch sehr selten findet. Die Leute wurden dazu falsch erzogen. Und das ist das Problem. Und solche Leute stören dann auch in einem sonst vielleicht ideal besetzten Team, verursachen wie Klippen im Fluß Strudel. - An dem ganze Projekte scheitern können.

Warum muß man bei BMW jetzt den WSC-Wagen umkonstruieren? - Warum... - Aber ich glaube, es genügt, das Problem hier angerissen zu haben. Es liegt beim BMW-Spitzenmanagement die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Grundsätzlich sind die BMW-Entscheidungen gut und richtig. BMW ist damit sicherlich die Firma, die den Motorsport am optimalsten für ihre Zwecke nutzt. (Mercedes hat z.B. den Tourenwagensport "vergessen".) Was Ford und Opel machen, hat damit verglichen nur Alibi-Charakter und die VW-Motorsport-Bemühungen scheinen auch im Organisatorischen zu versanden, obwohl sie im Ansatz gut sind. Ein Piech allein genügt eben nicht.

Wichtig ist auch, daß sich die jeweiligen Motorsport-Gruppen in ihren Unternehmen verständlich machen, die Vermarktung ihrer Erfolge so sicherstellen. Daß die Agenturen begreifen, daß der Motorsport-Etat nicht ihren Etat beschneidet, sondern auffüllt, auffüllen kann. Wenn alle in die richtige Richtung, die gleiche Richtung arbeiten.

Die Grund-Voraussetzungen sind bei BMW derzeit die besten. Aber man muß nun auch auf die Details achten. Sie können bremsen und zerstörerisch wirken. Oder beschleunigen und optimieren.

Hoffen wir, daß BMW mit den notwendigen Personalentscheidungen alle diese im Renngeschäft wichtigen Punkte berücksichtigt und - eine glückliche Hand hat.

MK/Wilhelm Hahne