Das Show-Fahren der Super-Reichen in superteuren "Altwagen"

Früher wurde über ein "Hunder-Dollar-Mißverständnis" ein Buch geschrieben. Heute ist selbst 1 Million Dollar kaum noch der Stoff für eine Geschichte. - Na und? - Nun lassen sich Automobilhersteller inzwischen "Altwagen" - damit meint Motor-KRITIK Modelle, die durch neue Modelle überholt sind - mindestens (!) mit einer Million Dollar bezahlen. (Obwohl alles vom Euro spricht.) - Aber so macht man auch deutlich, daß man sich den Global Playern zurechnet. Und die Käufer dieser "Sonderangebote"?

Schwärmen Sie für Goldschmuck über der feuerfesten Kombi?

98-07-10/05. Zugegeben, es ist eine blöde Frage. Aber die Antwort gab in der dritten Dekade Juni eine mittelalte Dame, die tatsächlich über einer Rennfahrerkombi, garantiert feuerfest, ihren Goldschmuck plazierte. Die Halskette (in Gold), das Armband (in Gold), die Rolex (na, wie wohl?).

Mercedes-Benz, bzw. AMG hatten zu Probefahrten der Straßenversion des Mercedes-Benz CLK-GTR geladen. Der Zwölfzylinderversion natürlich. Inzwischen gibt es zwar die fahrleistungsmäßig überlegene Achtzlinderversion bei Rennen... - Aber die Straßenversion ist auch nicht für Rennen gedacht. Man fährt mit ihr so im Straßenverkehr, wie man Goldschmuck über der feuerfesten Kombi trägt.

Das "Test-Treffen" fand in Hockenheim statt. Am Abend war man angereist. Im Ferrari, im McLaren - mit allem, was man heute so fährt, wenn man "dazu gehören möchte". Aber man sollte nicht verallgemeinern. Es gibt auch echte Auto-Sammler unter den Käufern des Mercedes-Benz CLK-GTR. Da reist einer z.B. im Porsche 959 an. Der hatte ihn also immer noch, ihn nicht "zu Geld gemacht". Und der fuhr ihn tatsächlich, weil ihm das wohl Spaß machte.

Man hat zusammen Abend gegessen, hat zusammengesessen und erzählt. Eigentlich hatte Jürgen Hubbert kommen sollen. Aber der hatte etwas Wichtigeres zu tun. Und er wurde durch Herrn Aufrecht vertreten. Der hatte seiner Zeit schon bei den Siegesfeiern der ITC bewiesen, daß er dieser Oberschicht zuzurechnen ist, die heute "seine" Fahrzeuge kauft. Zum Beispiel einen CLK-GTR.

Das ist so ein Eine-Million-Dollar-Auto. Wenn man z.B. dem "stern" glaubt, der vor Monaten über das Fahrzeug eine große Geschichte machte. Und im Foto wurde der CLK-GTR mit dem polizeilichen Kennzeichen "LB-RA 100" gezeigt.

Als die Probefahrten am nächsten Morgen begannen, war auch der "LB-RA 100" wieder dabei. Und noch eine weitere Straßenversion. Und eine Rennversion, natürlich die des alten Zwölfzylinder. Klaus Ludwig fuhr damit die "Hochleistungs-Käufer" um den "Kleinen Kurs" in Hockenheim. Und die Besteller eines CLK-GTR durften die "Street-Version" selber steuern. Zunächst. Bis dann ein Fahrzeug strandete.

Und dann fuhr Klaus Ludwig die Herrschaften um den Kurs. So, wie die niemals fahren werden. Quer und kreuz. So wie kleine Buben fahren würden, wenn sie es denn könnten. "Bubi" Ludwig kann es. Und er zeigte es. Bis sein CLK-GTR qualmte. Und es gab eine Pause. Weil beim einen Wagen das Fahrwerk zu richten war, weil einer der Kunden die Straße verlassen hatte. Vielleicht hatte ihn auch seine Fahrkunst verlassen. Wer weiß das schon? - Beim anderen (Automobil) war ein Elektronikschaden zu beseitigen. Sagte man. - Und man ging zum Essen.

Und dann ging es weiter. Auch mit goldener Kette und Armband und Rolex über der feuerfesten Kombi. Man gönnt sich ja sonst nichts. Außer vielleicht diesem kleinen Mercedes-Benz CLK-GTR, der zum wohlfeilen Preis von einer Million... - Bitte?

Das war wohl ein Mißverständnis. Wie vor Monaten schon richtig in Motor-KRITIK (und im "stern" falsch) stand, hat Mercedes (oder AMG?) den Preis für das Fahrzeug längst erhöht. Motor-KRITIK nannte damals 2,65 Mio DM. - Ist das nun der immer noch gültige Preis? - Oder wurde er dem Preisniveau der anderen - vergleichbaren - Fahrzeuge angepaßt?

Nissan bietet seinen in Le Mans so zuverlässigen Renner - natürlich in einer Straßenversion - immer noch zum Preise von einer Million Dollar an. Und nur an ausgesuchte Kunden. Also man sucht die Kunden nicht, sondern sortiert sie aus.

Bei Porsche ist man froh, daß man von der Straßenversion des 911 GT 1 so"um 30 Stück" (?) - jedenfalls behauptet das Jürgen Pippig - verkauft hat. Und deren Produktion ist angelaufen. Und so ein Porsche ist zum wohlfeilen Preis von 1.563.477 DM, einschließlich der aktuellen Mehrwertsteuer von 16 Prozent zu erstehen. Aber natürlich ist das die alte 97er Version. Von der 98er Version gibt es zwar ein Exemplar, aber das ist nicht zum Verkauf bestimmt.

Aber nun kommen wir zum Höhepunkt der Preisgestaltung. Und die findet - natürlich - bei Mercedes statt. Warum sollte es auch dem Käufer eines CLK-GTR besser ergehen, als dem Käufer einer A-Klasse?

Hier ist also der Komplettpreis für einen Mercedes-Benz CLK-GTR mit Zwölfzylindermotor. Wobei man dazu bemerken muß, daß der die Servicekosten für die ersten drei Jahre mit einschließt. Und auch die 16 Prozent Mehrwertsteuer. Der Gesamtpreis beträgt:

3.364.000 DM (in Worten: drei Millionen, dreihundervierundschszigtausend Mark)

Um den Preis noch einmal zu spezifizieren. Es folgen alles Nettopreise: Grundpreis DM 2,6 Mio., Servicekosten für die ersten drei Jahre 0,3 Mio. Und das alles plus 16 Prozent Mehrwertsteuer.

(Legen Sie bitte hier zunächst eine Gedenk-Minute ein.) Über die Anzahl der Käufer gibt es Zahlen, die leicht auseinander klaffen. Einmal wird die Zahl 15, das andere Mal die Zahl 19 genannt. Wobei in beiden Zahlen (angeblich) die 6 vom Scheich von Brunei gekauften Fahrzeuge enthalten sein sollen. Der kauft oft ein halbes Dutzend. Nur so. Dafür trägt der dann kein Goldkettchen über der feuerfesten Kombi.

Wobei Motor-KRITIK der Ordnung halber erwähnen muß, daß die feuerfeste Kombi, plus Handschuhe und Schuhe usw. von Mercedes kostenlos den in Hockenheim probefahrenden Käufern eines CLK-GTR zugegeben wurde. - Hoffentlich verstößt. das nicht gegen die Zugabeverordnung!

Nochmal zurück zum Scheich von Brunei. Der hat gerade Sparmaßnahmen verkündet, will seine Autokauferei ein wenig einschränken. Zur Zeit läuft nach Wissen von Motor-KRITIK noch ein Auftrag bei Pinin Farina, wo sich der Sultan gerade sechs Ferrari 456 als Viertürer und 6 Stück als Kombi umbauen läßt. Der Sultan ist auch im Besitz eines zum Allrad-Kombi umgebauten Rolls Royce und... - Aber so wie es zur Zeit aussieht, wird Ferdinand Piech mit ihm in nächster Zeit nicht mehr als Kunden rechnen können.

Den Sultan hat sehr gestört, daß ein lebenslustiger naher Verwandter, Prinz Jefri, gerade eine 30-Milliarden-Pleite hingelegt hat. Und ihn hat geärgert, daß über seine Auto-Kaufeskapaden mit Foto in "Auto-BILD" berichtet wurde. Nun muß er zunächst mal mit den paar hundert Fahrzeugen auskommen, die er besitzt.

Übrigens: der Scheich von Brunei war der erste Käufer eines CLK-GTR. Das heißt: vom ersten halben Dutzend. Noch vor Weihnachten 1996, noch bevor der Mercedes-Benz-Vorstand überhaupt den Bau des Fahrzeugs genehmigt hatte, bestellte er bereits einen solchen Wagen. - Oder mehrere? - Wirklich sechs?

Was Motor-KRITIK stört: der Scheich von Brunei hat von Mercedes keine feuerfeste Kombi (kostenlos!) erhalten. Oder zahlt der Scheich vielleicht noch den "alten Preis", den aus dem "stern", von einer Million Dollar? - Dann hätte er eine Menge Geld verdient.

Die Mercedes-Benz CLK-GTR gehen übrigens jetzt in Produktion und sollen ab September 1998 an ihre Kunden ausgeliefert werden. - Und der Preis soll bis dahin stabil bleiben.

MK/Wilhelm Hahne