Porsche und der Motorsport: Ohne Geld keine konsequente Umsetzung möglich

Porsche verfügt über eine Rennabteilung, einen Rennleiter, ein Werksteam mit zwei Einsatzfahrzeugen, ein Semi-Werksteam mit zwei Einsatzfahrzeugen, hat derzeit nur einen wirklichen Konkurrenten in der GT-Serie und fährt trotzdem konstant hinter diesem Konkurrenten her. Porsche ist unterlegen. Bisher in allen Rennen zur GT-Meisterschaft. Und wird auch in dieser Saison weiterhin unterlegen bleiben. Inzwischen fährt sogar ein Panoz, "mit einem Motor aus dem zweiten Weltkrieg" (O-Ton Rennbesucher) am Porsche vorbei. Was zu erwarten ist, warum sich etwas tun wird, steht in nachfolgender Geschichte. Die aber auch klar macht:

Motorsport "auf kleiner Flamme" geht nicht

98-07-31/02. Porsche ist zwar ein renommierter Sportwagenhersteller, aber die Marke hat an Faszination verloren. Die Fans feiern immer noch den guten alten 911, den 993. DerNachfolger, der 996, wird von ihnen nicht als "richtiger" Porsche empfunden. Und Porsche tut alles, um das zu unterstreichen.

Eine Wettbewerbsversion des 996 existiert bisher nur im Porsche Super-Cup, einem der Rahmenrennen zur Formel 1.(Übrigens unter Ausschluß der Öffentlichkeit durchgeführt. Zum Leidwesen der Teilnehmer und ihrer Sponsoren wurden "Fernsehversprechungen" nicht eingehalten.) Immerhin kann man hier aber in Zuffenhausen sicher sein, daß ein Porsche gewinnt. Aber selbst das ist nicht einfach. Es kommt noch (zu) häufig zu Motorenschäden. In Silverstone reichten z.B. gerade die vom Porsche-Kundendienst mitgeführten vier Ersatzmotoren, um den Start aller Teilnehmer zu ermöglichen.

Erst in 1999 soll ein zaghafter Versuch unternommen werden, den 996 ins Renngeschehen - möglichst erfolgreich - eingreifen zu lassen. Es ist eine GT 3-Version in Planung, die eigentlich schon im Frühjahr1999 erscheinen sollte. Aber inzwischen hat man den Termin verschoben, weil man wohl noch Zeit benötigt, um die Kinderkrankheiten unter Kontrolle zu bekommen. So wird die Präsentation wohl erst Ende des nächsten Porsche-Geschäftsjahres, also im Juni 1999, zu erwarten sein.

Bei der GT 2-Version wird man sich also bei Porsche auch im nächsten Sportjahr auf den guten alten 993 verlassen. Was nicht gerade eine Werbung für den neuen 996 darstellt. Natürlich wird man das anders argumentieren. Vielleicht mit Kapazitätsproblemen. Aber damit ist auch klar, daß Porsche in der GT 2 auch 1999 weiterhin hinter der Konkurrenz herfahren wird. Der Maßstab ist vom Großserienhersteller Chrysler geschaffen.

Wenn man einmal beobachtet, mit welchen Fahrzeugen der Konkurrenz die Porsche-Mitarbeiter unterwegs sind, um die Konkurrenzfähigkeit ihrer kommender Serienprodukte zu überprüfen, ist man schon erstaunt.. Man vergleicht den 996 z.B. mit einer Chevrolet Corvette. Es gibt eben heute Porsche-Fahrleistungen schon für 100.000 DM. Und ein neuer Porsche 996, so ausgestattet, wie er überwiegend gekauft wird, geht selten unter 160.000 DM vom Händlerhof.

Und es gibt bald das Maserati-Coupe. Und der Nachfolger des Ferrari 355 steht vor der Tür. Und bei BMW arbeitet man an einem Mittelmotorsportwagen in der 150.000 Mark-Preisklasse. Und bei Mercdes auch. - Der Markt wird eng. Eigentlich für Porsche Gründe genug, im "großen" Motorsport unter Beweis zu stellen, daß man weiß, wie man heute Sportwagen baut. - Und fähig ist, das auch zu tun.

Der Anlauf mit dem ersten GT 1 (1997) war mißlungen. Der Ansatz zur 1998er Version war schon besser. Aber - und Motor-KRITIK hat von Anfang an darauf hingewiesen - das Getriebe ist ein wenig "von gestern". Porsche-Rennleiter Herbert Ampferer hat aber mit seinem Eins-Zwei-Le Mans-Sieg bewiesen, daß das Porsche-Getriebe standfest ist. Zum Erstaunen von Motor-KRITIK, wo man fest den Ausfall durch Getriebeschäden einkalkuliert hatte.

Was erst jetzt - bei den aktuellen Recherchen - zutage kam: Ampferer verwendete bei seinem Le Mans-Einsatz nicht das neue Getriebe, wie es danach wieder bei den GT 1-Läufen zum Einsatz (und zu Schäden) kam, sondern eine andere, klauengeschaltete Version, die die Tortur der 24 Stunden dann klaglos überstand.

Aber jetzt hakt die neue Version wieder. In Training und Rennen. Und die Motorleistung reicht nicht. Mercedes, mit Acht- und Zwölfzylinder-Motor, setzt den Maßstab. Porsche durfte schon mal in freien Trainingssitzungen vor den Mercedes herfahren. Aber das hängt dann wohl eher von den Anweisungen des Mercedes-Rennleiters ab. Im Qualifying (spätestens!) ist der Spuk vorbei. Und im Rennen... - s. Ergebnislisten.

Das Porsche Semi-Werksteam, von Peter Zakowski eingesetzt, spielt gar keine Rolle. Porsche schiebt die "Schuld" auf die von Zak verwendete Reifenmarke, Pirelli. Aber das ist es nicht (allein): das Zakspeed-Team wird mit "Altteilen" versorgt, wobei Zak jede "alte" Schraube bezahlen muß. Kenner der Szene rätseln darüber, warum sich Peter Zakowski das gefallen läßt, weil so das Ansehen des Teams leidet.

Die Werkswagen unterscheiden sich von denen des Zakspeed-Teams schon optisch; z.B. durch eine andere Lufthutze auf dem Dach. Das geht weiter mit der Luftführung und endet sicherlich nicht bei den unterschiedlichen Ansaugtrichterlängen der Motoren.

Das sogenannte Semi-Werksteam stellt einfach nur das von Herbert Ampferer den Mercedes-Mannen versprochene "Füllmittel" für die GT 1-Klasse dar. Derzeit sind meist 11 Fahrzeuge am Start, wovon eben je 4 von Mercedes und Porsche gestellt werden. Die FIA hatte zur Bedingung gemacht, daß wenigstens 10 GT 1 am Start sein müßten, sonst würde man die GT 1-Klasse erst gar nicht ausschrieben.

Darum gibt´s also das Zak-Team mit zwei neuen, aber "antiquiert" hinterherfahrenden 98er GT 1. Porsche hat nicht genug Geld, um die Entwicklung und den Einsatz von vier Fahrzeugen zu finanzieren. Mercedes hat. Und darum ist auch das Semi-Werksteam von Mercedes konkurrenzfähig. Aber nun könnte bald eine Wende eintreten.

Was folgt, ist eine Motor-KRITIK Vorhersage. Sie ist möglich, weil wir die Motorsport-Szene kennen und einschätzen können. Während des Rennwochenendes in Budapest ist nämlich folgendes passiert:

Da haben die Herren Aufrecht (AMG) und Haug (Mercedes) den Herrn Ampferer (Porsche) zu einem Sechs-Augen-Gespräch (es war nur für sechs Ohren bestimmt) gebeten. Die Herren werden ihrem jungen Freund schon klar gemacht haben, wie er es anstellen muß, um sich gut zu verkaufen. Und da das Gespann Aufrecht/Haug aus DTM/ITC-Zeiten über genügend Erfahrung verfügt, da Jung-Rennleiter Ampferer sicherlich deutlich über seine internen Schwierigkeiten geklagt haben wird, wird man bald schon für Porsche eine Pole Position erwarten können. Und wenn der Punkteabstand zwischen Mercdes und Porsche groß genug ist, auch ein Rennsieg. - Wetten das?

Ampferer könnte so seinem Vorstandschef wieder ein wenig Sand in die Augen streuen. Die Rennen würden so auch vielleicht wieder für die Öffentlichkeit ein wenig reizvoller wirken. Tatsächlich werden sie aber erst in der nächsten Saison erst interessant werden, wenn sich Toyota und Audi zur Teilnahme an der GT-Meisterschaft entschließen.

Was Herbert Ampferer den Herren Aufrecht und Haug sicherlich nicht erzählt haben wird ist, daß man in Weissach an neuen Rennmotoren arbeitet. Die Zylinderanzahl wurde nicht etwa von den Idealdaten bestimmt, sondern davon, wie sich ein solcher Rennmotor am preisgünstigsten realisieren läßt. So werden vielleicht dann auch gleich zwei neue Porsche-Rennmotoren möglich.

Der eine soll ein Zwölfzylinder werden, der mehr als 6 Liter Hubraum haben soll. Natürlich ist das eine Saugversion. Und da dieser Motor über einen Mittelabtrieb verfügt... - Natürlich: man koppelt einfach zwei der jetzigen Sechszylinder. - Das wäre die Rennversion Nr. 1.

Und dann gibt es noch die Rennversion Nr 2. Die geht - preisgünstig - so: Porsche braucht für sein neues Geländewagenprojekt (zusammen mit VW) einen prestigeträchtigen Motor. Das soll nun ein Achtzylinder werden. Natürlich auch ein Boxermotor. Wenn man nun diesen Achtzylinder-Sauger, so wie er für die Serie gedacht ist, mit Turboladern zwangsbeatmet... - Und fertig ist der Rennmotor. Porsche hätte dann schon in 1999 - genauso wie Mercedes - zwei Rennmotor-Versionen zur Verfügung: einen Zwölfzylinder und einen Achtzylinder. Der spätere Achtzylinder-Serienmotor im Porsche-Geländewagen hätte damit schon seinen motorsportlich geprägten Vorgänger.- Da freut sich aber das Porsche-Marketing! - Wenn denn alles so funktioniert.

Und wenn man dann noch ein passendes Getriebe... - Und wenn man dann noch einen konkurrenzfähigen GT 2... - Und wenn man dann noch... -

Leider wird sich Herbert Ampferer in 1999 nicht mehr auf irgendwelche Siegzusagen der Herren Aufrecht und Haug verlassen können. Audi war diesen Herren schon in DTM-Zeiten unangenehm genug. Und Toyota... - Es wird dann wieder um Sieg und Platz gekämpft werden müssen. Was sicherlich das Publikumsinteresse nachhaltiger anregen könnte, als irgendwelche geschickten Marketingmaßnahmen.

Und was wird 1999 aus dem Zakspeed-Team, wenn man Klassenfüller nicht mehr braucht?

MK/Wilhelm Hahne