Wenn Tester nicht zum Testen kommen, kann das an der Porsche-Qualität liegen

Motor-KRITIK beobachtet seit vielen Jahren den Versuchsbetrieb der Automobil-, Zubehör- und Reifenindustrie auf der Nürburgring-Nordschleife. Nicht alles an Eindrücken kann sofort verarbeitet werden. Manchmal gibt es nur Puzzle-Stücke, die man dann später zu einem Bild zusammenfügen kann. Und manchmal ist das Ergebnis der Beobachtungen ein ganz anderes als das, daß man glaubte erlangen zu können. So haben die Beobachtungen von Reifentests in den letzten Monaten einen Eindruck von der Veränderung bei der Qualität der Porsche-Fahrzeuge erbracht. Ein Reifentester über sein Reifen-Testwerkzeug Porsche Turbo:

"Meistens ist das Ding kaputt"

98-08-10/03 .Auch Reifentester stehen unter Termindruck. Die Automobilhersteller möchten stets Verbesserungen. Und jeder der Reifenhersteller möchte sie als erster anbieten können. Weil es sehr wichtig ist, im Erstausrüstungsgeschäft vertreten zu sein. Wenn irgendwo ein Neuwagen mit Conti ausgeliefert wird, wird der Kunde wohl auch Conti nachkaufen. Und ist ein Pirelli drauf... -

Und gerade der Nachrüst-Verkauf von Hochgeschwindigkeitsreifen ist ein gutes Geschäft. Obwohl die Entwicklung eine Menge Geld verschlingt. Zum Beispiel beim Testen auf Porsche-Turbofahrzeugen.

Jedes Jahr ist die Nürburgring-Nordschleife eine Reihe von Wochen für die Industrie reserviert, die dann ihre Tests durchführt. Und das Programm ist dicht. Auch für die Reifentester. Zu den Testfahrzeugen gehören bei Dunlop, Pirelli, Conti, Bridgestone und Yokohama auch Porsche-Fahrzeuge. Und früher, in den vergangenen Jahren, gab es damit auch wenig Ärger. Natürlich fiel ab und an einmal ein Fahrzeug aus. Aber das war die Ausnahme.

In diesem Jahr ist jedoch der Ausfall der Porsche Turbo die Normalität. Kaum einer der fünf Porsche Turbo übersteht eine ganze Testwoche ohne Schaden. Die Reifenfirmen hinken in ihrem Entwicklungsprogramm inzwischen weit hinter den Vorgaben her. Weil vor einigen Wochen mal gar so sehr drückte, kaufte sich eine Reifenfirma - weil der Test-Porsche mal wieder streikte und der Termindruck dazu zwang - kurzentschlossen ein neues Fahrzeug bei einem Bonner Autohändler, der ein solches Fahrzeug gerade unverkauft im Fenster stehen hatte. - Der Versuchsbetrieb mußte halt weitergehen. Koste es, was es wolle.

Und die Testfahrer fluchen, weil sie sich noch nicht einmal bei Porsche beschweren können. Einer von ihnen: "Wir müssen die Schnauze halten, weil doch Porsche unser Kunde ist und wir im Erstausrüstergeschäft bleiben wollen." - Und Herr Wiedeking weiß von nichts?

Es ist durchaus nicht so, daß die Porsche alle mit einem ähnlichen oder gar dem gleichen Schaden ausfallen. Mal ist es der Motor, mal das Getriebe, mal der Turbolader, mal die Radlager, mal die Lenkung. Als ständiger Beobachter des Versuchsbetriebs auf der Nürburgring-Nordschleife bekommt man so einen eigenartigen Eindruck von der derzeitigen Qualität der Porsche-Fahrzeuge, oder präziser, von der Qualität des Porsche Turbo. Da tröstest es nicht, daß es bald einen neuen Turbo (auf 996-Basis) geben wird, weil das auch einen Kunden nicht trösten dürfte, der einen 993-Turbo besitzt. Und die Reifenfirmen sind eigentlich auch Kunden.

Ist man bei Porsche auf dem falschen Weg? - Gehen niedrige Fertigungskosten vor Kundenzufriedenheit? - Es gibt eine Menge Gründe - nicht nur den hier geschilderten Fall des Porsche Turbo - bei Porsche einmal darüber nachzudenken.

MK/Wilhelm Hahne