Etwas über Reifen und Felgen am Beispiel des STW-Laufs auf dem Salzburgring

Natürlich folgt jetzt keine Rennberichterstattung. Aber vielleicht fällt mir doch während des Schreibens die eine oder andere kleine Randgeschichte ein, die dann das etwas trockene Thema ein wenig schmackhafter macht. Nein, ich war nicht in Salzburg. Aber z.B. bei den letzten Testtagen der STW hier am Nürburgring. Und ich habe Fernsehen geguckt. Und die Opel-Pleite erlebt. Und den Abflug von Winkelhock. - Ach ja - und das eigenartige "Versagen" von Asch.

Wenn einer vom anderen abguckt

98-09-01/05. Ja, dann gibt es überall die gleichen Fehler. Aber wenn man nicht abguckt, dann hat man evtl. zuwenig Elektronik an Bord. - Obwohl das jetzt sehr streng kontrolliert wird.

Ich verlasse mich da auf meine Erfahrung im Umgang mit Rennautomobilen, mein Gehör und mein Beobachtungsvermögen. Und die Fähigkeit, Eins und Eins zusammenzuzählen.

Was mir dabei bei der Beobachtung der Testfahrten auffiel: der Trend bei der Fahrwerkabstimmung geht wieder in Richtung weich. Man hat auch gemerkt, daß das Vorhandensein von Federwegen (auch Negativfederwegen) kein Fehler ist.

Der Dämpfung wird schon seit gut einem Jahr vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt. Und über Differentiale und ihre Wirkung (und die Art ihrer Beeinflussung) müßte vielleicht ein Wissenschaftler schreiben. In Verbindung mit anderen Einflußgrößen ist das Gebiet inzwischen so unübersichtlich geworden, daß es - wie ich beobachten konnte - noch nicht einmal mehr von den Fahrern begriffen wird, die es nutzen. Das heißt: eigentlich nutzen sie es gar nicht optimal, weil ihnen wohl niemand gesagt hat, wie man damit umgeht.

Und weiß man bei Schnitzer noch nicht einmal, wie man den vorhandenen Aerodynamik-Nachteil (man hat zu viel Abtrieb) des BMW 320i auf schnellen Kursen in einen Vorteil (aber nur auf den Geraden!) umwandelt? - Da sollte man doch mal mit Norbert Haug sprechen. Der könnte aus seinem reichen Erfahrungsschatz (DTM und ITC) bestimmt eine Lösung beisteuern.

Man ist inzwischen im STW-Cup aber schon so sehr mit "Kunstgriffen" beschäftigt, daß man verlernt hat, einfache mechanische Veränderungen so vorzunehmen, daß sie auch wirklich dem Fahrer nutzen.

Als z.B. jetzt in Salzburg Roland Asch klar war, daß er einen Hauch von Zeit dadurch verlor, daß der dritte Gang nicht optimal übersetzt war, da ließ er nach dem Warm-up die Übersetzung ändern. Und er war dann nach dem Start zum Sprintrennen solange von seiner Entscheidung begeistert, bis er in den 4. Gang schaltete: es gab keine Drehzahlveränderung. Lösung: man hatte dem armen Roland den dritten Gang gleich zweimal eingebaut. Und dann kam gleich der 5. Gang. - Weil Roland Asch damit nun gar nicht zurechtkam, mußte er sich im Sprint als Letzter werten lassen.

Im Rennen gings ihm dann deutlich besser. Besser auch als bei Manfred Winkelhock, dessen BMW plötzlich nach links ausbrach, nachdem sein linker Vorderreifen geplatzt war. Crash. Auch die beiden Opel von Alzen und Reuter bekamen zwei Reifenschäden vorne links und damit sind dann diese Herren (und Opel) aus dem Kreis der Meisterschaftsfavoriten ausgeschieden.

Jeder der auf sich hält, fährt in der STW-Meisterschaft einen 19 Zoll-Michelin. Das macht BMW genauso wie Opel. Natürlich fährt auch Peugeot einen Michelin. Und da gab es keine Probleme. Aber da erzählt man sich dann hinter vorgehaltener Hand, daß Peugeot durch Michelin eine Sonderbehandlung erfahren würde. Nur dieses Team erhielte die besten Reifen.

Aber Michelin hat inzwischen praktisch eine Monopolstellung, kann machen, was man will. Und da alle Spitzenteams... - Einer guckt eben beim anderen ab. Und da man bei Reifentestfahrten... -

Aber nun ist es trotzdem mal wieder passiert. Reifenplatzer in Salzburg. Die gab´s bei Michelin auch in den Jahren vorher. Und darum gabs auch in diesem Jahr spezielle Testfahrten, um die richtige Fahrwerkabstimmung zu finden, eine solche, die die Reifen gerade noch vertragen. Und in diesem Jahr waren die Temperaturen eigentlich noch günstig. 16 Grad Außentemperatur und 17 Grad auf dem Asphalt waren eigentlich eine gute Voraussetzung. Und trotzdem sind wieder Reifen geplatzt.

Nach meiner Meinung ist man bei den Reifen auf dem falschen Weg. Man hat eigentlich versäumt, den Reifen in den Gesamtkomplex Federung/Dämpfung auf richtige Weise mit einzubinden. Man verlangt präzise Einlenkeigenschaften, Grip, Grip und Grip,und eine vernünftige Seitenführung. Also baut man niedrige, flache Reifen. Und so ist man auf die 19-Zöller gekommen.

Da lassen sich auch große Bremsen unterbringen. Und inzwischen hat man auch Radaufhängungen gebaut, die sich an den 19-Zöllern orientieren (Anlenkpunkte). Dabei sind diese Reifen (Räder) nach meiner Ansicht der richtige Schritt in die falsche Richtung. Ein 18-Zoll Rad brächte - gerade im Hinblick auf die Haltbarkeit bei Extrembeanspruchung - größere Vorteile, mit denen man sich auch dann keine Nachteile einhandelt, wenn man den Reifen nicht für sich, sondern in Verbindung mit der (richtigen) Felge als ein System betrachtet.

Was die 19-Zöller in Salzburg zerstörte, ist die Wärme. Und die entsteht eben durch die laterale Verformung. Und die ist groß beim 19 Zoll. Und die Flanken des Reifens, deren Seitenwände sind klein. Aber die dort auftretenden Kräfte schaffen Wärme und diese Wärme bündelt sich in den Flanken. Und da die Flanken sehr niedrig und flach sind... -

Würde man nun z.B. einen 18-Zoll-Reifen verwenden, wären die Voraussetzungen besser. Und man bräuchte auch dann nicht auf die guten Einlenkeigenschaften des 19-Zöllers zu verzichten, wenn man eine sogenannte Hochhornfelge verwenden würde, die die Reifenflanke auf der Radinnenseite abstützt.

Idealerweise müßte man eigentlich einen 18-Zoll Reifen speziell für die Hochhornfelge entwickeln. Aber daran ist man offenbar bei der Reifenindustrie nicht interessiert. Aber auch schon mit einem normalen 18-Zöller würde die Felge Vorteile bringen. - Aber hier gibt es auch z.Zt. keinen Spitzenreifen, weil die Industrie sich voll auf die Entwicklung eines guten 19-Zöllers konzentriert hat. (Primär auf die Laufflächenentwicklung.)

Die Entwicklung eines "richtigen" Rad/Reifen-Systems, also im Falle der STW eines 18-Zöllers in Verbindung mit einer Hochhornfelge, wäre aus meiner Sicht der bessere Kompromiß.

Ich bin in meinen Aussagen deshalb so sicher, weil ich die Hochhornfelge schon vor Jahren in mehr als zwei Dutzend Rennen - aber auch in reinen Tests und Versuchen - gefahren habe.Das Einlenkverhalten wurde besser, das bei einem Renn-Fronttriebler immer unangenehme Untersteuern wurde abgebaut, die Laufzeiten der Reifen erhöhten sich und man fuhr schnellere Rundenzeiten.

Das ist übrigens nicht nur meine Feststellung, sondern ich habe damals auch von "richtigen Rennfahrern" meine Eindrücke in einem "Blindversuch" (der Fahrer wußte nicht um was es ging, schloß aufgrund seiner Eindrücke dann auf zwei unterschiedliche Reifen) bestätigen lassen.

Die Hochhornfelge wäre übrigens auch eine prächtige - und preisgünstige - Hilfestellung zur Beseitigung des Fehlverhaltens der A-Klasse bei schnellen Richtungswechseln gewesen. - Aber das nur so am Rande.

Es wäre gut, wenn sich eine Reifenfirma finden würde, mit der man einmal die Vorteile eines Komplett-Radsystems (Hochhornfelge mit angepaßter Reifenkonstruktion) z.B. in der STW darstellen könnte. Denn der Fortschritt kann nach meiner Meinung in der nächsten Zukunft nur noch über eine solche Lösung dargestellt werden. Alles andere - wie oben beschrieben - ist heute praktisch ausgereizt.

MK/Wilhelm Hahne