Erinnerungen und Vorschläge zum Thema: Fünfzig Jahre Porsche

Porsche hat gerade mal wieder einen Grund zum Feiern entdeckt. Fünfzig Jahre sind ein Grund. Andere, als die jetzigen Chefs, entdeckten den schon vorher. Da hat Motor-KRITIK nach weiteren Jubiläums-Möglichkeiten gesucht. Und ist dabei darauf gestoßen, daß der Chronist z.B. vor 40 Jahren, exakt im Jahre 1958, seine Laufbahn im Automobilgeschäft als Porsche-Verkäufer begann. Hätte es ihn damals nicht gegeben, gäbe es heute ein Porsche-Center in Deutschland weniger. Weil der Porsche-Händler ohne ihn sonst seinen Porschevertrag verloren hätte. - Damals, 1958.

Welches Jubiläum darf es denn sein?

98-09-01/07. Mitte August feierte Porsche "50 Jahre Porsche" mit netten Kollegen der Presse im Rahmen der Monterey Historics Races ("mit anschließendem Abendessen") auf der Rennstrecke in Laguna Seca. - 50 Jahre Porsche? - Als Porsche-Fan möchte man diese Feier gerne zuordnen. Also wenn es 1998 exakt 50 Jahre her ist, daß... - Ja, was eigentlich?

Na, ja, ein ziemlich konstruiertes Jubiläum. Im Jahre 1948 wurde der erste Wagen vom Typ 356 ausgeliefert. Reicht das? - Der derzeitige Porsche-Pressechef wurde auch 1948 geboren. - Also vielleicht ein Doppel-Jubiläum?

Warum hier so dumm gefragt wird ist, daß es das Porsche-Jubiläum "50 Jahre Porsche" schon einmal gab, es schon einmal gefeiert wurde. Aber das können die jetzigen Manager an der Spitze der Sportwagenfirma nicht wissen. Das war im Jahre 1981. Weil im Jahre 1931 das selbstständige Konstruktionsbüro Porsche gegründet wurde... - Damals, also 1981, nannte Porsche das Jubiläum auch "50 Jahre Porsche".

Und damals, so erinnere ich mich - damit das heutige Porsche- Management auch davon erfährt - da präsentierte der Stuttgarter Sportwagenhersteller zum 50jährigen Firmen-Jubiläum drei exklusiv ausgestattete Sondermodelle: 924, 911 und 928. Allen Jubiläumsmodellen gemeinam war ein markantes Signum: Die Kopfstützen der Jubel-Porsche zierte der eingestickte Schriftzug "F.Porsche".

Insgesamt wurden 600 Porsche 924 in der Farbe Zinnmetallic, 200 Porsche 911 SC in Meteormetallic und 140 Porsche 928 S, ebenfalls in Meteormetallic in der Bundesrepublik angeboten.

Nur so zum Vergleich, um zu begreifen, wohin die Entwicklung gegangen ist: der Jubi-Porsche vom Typ 924 kostete einschl. aller Sonderausstattungen (Vordersitze Leder schwarz, Gußspeichen-Felgen, elektr. Fensterheber, Heckspoiler, und, und, und - 34.500 DM.

Das Jubiläumsmodell vom Typ Porsche 911 SC kostete mit geschmiedeten Leichtmetallfelgen, einer Innenausstattung aus einer Leder-Stoff-Kombination in weinrot, Dreispeichenlenkrad, usw, dann exakt 57.500 DM. Und der Porsche 928 S war mit grün getönten Scheiben zum Endpreis von 81.775 DM zu erstehen.

Damals gab es also zum Fünfzigsten drei Top-Modelle zum Vorzugspreis. Dieses Mal habe ich nichts von einem ähnlichen Angebot gehört. Aber wo man doch inzwischen zum zweiten Male"50 Jahre Porsche" feierte, hätte man doch eigentlich allen Grund gehabt etwas ähnliches oder gar etwas Besonderes zu machen.

Das nächste "50 Jahre Porsche" kann man nun erst wieder im Jahre 2022 feiern. Im Jahre 1972 wurde Porsche nämlich zu einer Aktiengesellschaft.

Und im Jahre 2034 wäre dann das nächste "50 Jahre Porsche" fällig. Im Jahre 1984 ging die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG nämlich (im April) an die Börse. - Welche Möglichkeiten!

Porsche ist eben eine Firma, die nicht altert. Und es ändert sich auch nicht viel. Höchstens die Fahrzeugpreise. Auch früher kam es schon mal vor, daß die Fahrzeuge erst dann fertig entwickelt wurden, wenn sie eigentlich schon produziert wurden.

So habe ich mal als Porsche-Verkäufer Ärger mit dem Werk bekommen, als ich einem Kinderschuhfabrikanten keinen Super 90 verkaufte, obwohl er einen haben wollte. Das war direkt nach Erscheinen dieses Typs. Schon damals wußte ich mehr als ich aus offiziellen Mitteilungen erfahren konnte. So vertrug z.B: der erste Super 90 kein Dauervollgas. Und das war damals noch möglich. Zwischen Hannover und Hamburg konnte man z.B. auch einen Porsche fahren, ohne den Fuß nur einmal vom Gas zu nehmen. Bei den ersten S 90-Motoren lud sich dann aber das Kurbelgehäuse auf und alles Öl wurde über die Kurbelgehäuse-Entlüftung nach draußen gepumpt. Ergebnis: Motorschaden. Und das wollte ich eben meinen Porsche-Kunden nicht zumuten.

Es gab auch damals schon Rückrufe. So wurde damals beim 356 B in der Serie die Sicherung der Tellerradschrauben im Differential geändert. Die waren - wie auch beim VW "Käfer"- im Kopf durchbohrt und wurden mit einem Draht gesichert, der durch diese Bohrungen geführt wurde und alle kreisförmig angeordneten Schrauben miteinander verband. Aber nun waren die "selbstsperrenden" Schrauben neu. Wenn man die mit einem bestimmten Drehmoment anzog, sicherten die sich selbst. Das ersparte nicht nur den Draht, sondern auch eine Menge Arbeit.

Natürlich war das zunächst auch erprobt worden. Da wurden auch Dauerversuche gefahren. Alles top. Und es erfolgte die Serien-Freigabe. Aber dann, die ersten Fahrzeuge waren noch nicht lange in Kundenhand, lösten sich die Schrauben, das Differential sperrte und ein paar Porsche drehten sich von der Straße. Nein, es gab keinen Personenschaden. Und so kam es zur Rückrufaktion.

Alle Tellerradschrauben wurden nun wieder ausgewechselt. Es kam wieder der Draht dadurch. Fertig. - Und bei Porsche wurden nervös neue Versuche mit den selbstsichernden Schrauben gefahren. Nichts passierte. Alles OK. - Es war unverständlich.

Bis einer der Versuchsingenieure einmal die Produktion inspizierte, um zu sehen, wie dort das Differential montiert wurde. Und er ließ sich vom Meister vorführen, wie man die selbstsichernden Schrauben verbaut hatte. Und der Meister machte das so, wie er das immer schon gemacht hatte: er tauchte die Schrauben zunächst in eine alte Öldose mit ein wenig Öl, die er neben sich stehen hatte, schraubte die Schraube von Hand an, setzte dann den Drehmomentschlüssel an, um die Schraube mit dem vorgesehenen Drehmoment anzuziehen.

Dem Versuchsingenieur wurde ganz schlecht. Aber das war es. Beim Festschrauben wurde zwar das vorgesehene Drehmoment erreicht, aber unter der Schraube war ein Ölpolster, daß das Selbstsperren verhinderte. - Diese Schrauben mußten unbedingt "trocken" eingeschraubt werden. Aber niemand hatte das den Leuten in der Produktion gesagt.

Heute gibt es eine Menge Sicherheitsausstattungen. Sicherheitsgurte, Airbags, und, und, und. Soll ich Ihnen einmal von einer "Sicherheitsausstattung" im Porsche 356 erzählen, die ich (nicht nur damals) für sehr vernünftig hielt?

Auf der Beifahrerseite war an der Tür eine kleine Armlehne (-stütze) serienmäßig. An der Fahrerseite kostete sie einen Aufpreis. - Das war´s.

Dazu konnte ich damals als Verkäufer meinen Interessenten eine Menge erzählen. Und das machte Porsche als Sportwagenhersteller glaubwürdig. Und die wenigsten meiner Kunden haben dann eine Armstütze auf der Fahrerseite bestellt.

Oder eine Geschichte aus späteren Porsche-Jahren. - Kennen Sie den "Schutz-Punkt" im Porsche 911? - Nein? - Dann kennen Sie auch Frau Schutz, die Frau des damaligen Porsche Vorstandsvorsitzenden, Peter W. Schutz, nicht. Sheila konnte meist nicht den Türöffner im Porsche 911 finden. Und als sie merkte, daß das auch anderen Leuten passierte, regte sie bei ihrem Mann an, doch den Türöffner mit einem farbigen Punkt zu markieren. Was dann auch geschah. Und er wurde auch noch angebracht, als Peter W. Schutz längst nicht mehr Vorstandsmitglied war.

Ich weiß sicherlich mehr von Porsche - und dem was bei Porsche passierte - als alle derzeitigen Vorstandsmitglieder zusammen. Aber ich habe nur deshalb ein wenig in meinem Gedächtnis gekramt, weil es so gut zu "50 Jahren Porsche" paßt.

Und bei den nächsten "50 Jahre Porsche" krame ich dann wieder.

Es ist sicherlich erlaubt, bei dieser Gelegenheit auch dem guten Anton Hunger zu seinem 50. Geburtstag zu gratulieren. Er feierte ihn (still) am 13. August 1998 in Kalifornien. In Erwartung der lieben Kollegen, die an diesem Tag zu "50 Jahren Porsche" vom Frankfurter Flughafen (mit LH 450) über LA nach Monterey flogen. - Herzlichen Glückwunsch! - Und wenn Sie mal etwas über Porsche nicht wissen... -

MK/Wilhelm Hahne