"Die Aktie von BMW zu verkaufen, rät das Bankhaus B. Metzler seel. Sohn & Co. KGaA. Der angemessene Kurs der Aktie liege bei 1 400 DM. Die im Vergleich zu den Wettbewerbern angeblich konservative Bilanzierungspolitik sei eine Legende, heißt es unter anderem in der Begründung. Das bayerische Unternehmen sei gegenwärtig, gemessen am Aktienkurs, der teuerste Automobilhersteller der Welt. Nach Ansicht der Analysten werde BMW in den kommenden Jahren mit keiner attraktiven Neuentwicklung mehr aufwarten können, die Motorradsparte sei zu klein, und auch die Produktion von Flugzeugmotoren werde noch über Jahre unprofitabel bleiben."
Da schluckt man denn ganz kurz, legt sich zurück und denkt nach.
Am 14. August, vier Tage nach dieser Meldung, schaltet man dann einmal
den Videotext ein, um - abends um 18 Uhr - folgende Aktienkurse interessanter
deutscher Automobilherteller zu notieren und zu vergleichen:
Wieso ist BMW so teuer, wenn der Aktienpreis bei Porsche rund dreimal so hoch ist? - Und warum ist die VW-Aktie so billig? - Wer nichts mit der Börse zu tun hat, muß verwirrt sein. Und die erste Lektion die man lernen muß ist: Nicht alle Aktien haben den gleichen Nennwert.
So haben die BMW- und Porsche-Aktien einen Nennwert von DM 50; die von
Daimler und VW jedoch nur von DM 5,00. - Man müßte also zunächst
einmal aufgrund dieser Voraussetzungen die Börsenkurse ein wenig relativieren.
Und ordnet man die vier ausgesuchten Werte dann nach 5 Mark-Preis, so ergibt
sich folgende Reihenfolge:
Motor-KRITIK hat nach diesen unbeantworteten Fragen (Was sagt eigentlich
die FAZ dazu?) mal wieder am 7. September, also gut drei Wochen nach der
oben zitierten Notierung (abends um 18 Uhr) in den Videotext geschaut.
Nicht zuletzt durch die politische Entwicklung in Rußland (und was
sonst alles bei Aktienkursen eine Rolle spielt) hatten sich die Kurse der
oben genannten Firmen um folgenden Prozentsatz nach unten entwickelt:
Woher wissen diese Herren eigentlich, daß "BMW in den nächsten Jahren mit keiner attraktiven Neuentwicklung mehr aufwarten" kann? - Was ist aus der Sicht solcher "Bankbeamten" denn eigentlich eine "attraktive Neuentwicklung"? - Offensichtlich sind es High-Tech-Dieselmotoren, die derzeit anderen Dieselmotorenherstellern nur als Vorlage dienen können, die sind es nicht. Und auch ein neuer Rolls Royce, der derzeit in München (!) entsteht, ist es auch nicht. Und ein neuer Ottomotor ohne obenliegenden Nockenwellen (weil er keine mehr braucht!) ist es auch nicht. Und... -
Glaubt man den Herren jenes Bankhauses mit ihrer Behauptung vom "Wert" einer BMW-Aktie, dann müßte doch eine Porsche-Aktie ein wohlfeiler Kauf sein. Weil dort ein Geländewagen zu erwarten ist, irgendwann? - Weil es dort Produktionsschwierigkeiten gibt? - Weil...-
Nun eigentlich, weil der Aktienkäufer, soweit es die Masse der Aktienkäufer betrifft, eigentlich gar nichts von den Märkten versteht, die ihm erst durch seinen Aktienbesitz nahe gebracht werden. Und dann von Analysten erläutert. Die zum Kauf oder Verkauf raten. Weil das Umsätze bringt. Und an denen verdient dann ein Bankhaus.
Übrigens: Wenn Sie auch wenig von Aktien verstehen (wie der Chronist), dann werden Sie sich über den unterschiedlichen Nennwert von Aktien (die eine DM 5,--, die andere DM 50,--) gewundert haben. - Wie der Chronist. - In Amerika gibt es so etwas auch z.B. nicht. Dort ist die Aktie nennwertlos. Ihr Wert ergibt sich aus der Anzahl der im Umlauf befindlichen Aktien einer Firma.(Man muß das Kapital der jeweiligen Firma durch die Anzahl der Aktien teilen.) - Auch für Deutschland ist irgendwann eine ähnliche Lösung zu erwarten.
Aber auch dann werden Analysten Entwicklungen auf Gebieten prognostizieren, von denen sie nichts verstehen und nur das wissen, was in den Medien verbreitet wird. - Darum ist z.B. eine Porsche-Aktie auch so erfolgreich. Das Ergebnis einer geschickten Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Eine Daimler-Aktie dagegen (deren Wert in der Vergangenheit weitgehend durch die Erfolge von Mercedes-Benz bestimmt wurde) lebt dagegen von der Tradition. Natürlich auch von guter Selbstdarstellung.- Und weil ein Hang zum Gigantismus derzeit wohl gut ankommt.
Wenn Sie mich fragen sollten, dann ist z.B. die VW-Aktie noch entwicklungsfähig. - Aber verlangen Sie jetzt nicht von mir, daß ich das mit Herrn Prof. Dr. Kocks argumentiere. - Obwohl man das - überlegen Sie mal! - sehr wohl könnte.