Über Kleinwagen, Sportwagen, deren richtige und falsche Preis-Plazierung

Man muß sich manchmal sehr wundern. Da werden Automobile vorgestellt, deren Preise aber noch unbekannt sind. Aber sie werden schon gelobt oder getadelt, obwohl man ein sehr wichtiges Kriterium noch gar nicht kennt, das dann erst die Vorzüge und Nachteile relativieren würde: den Preis. Obwohl der Markt sehr eng geworden ist, werden bei uns die Preise für Automobile immer noch weniger exakt kalkuliert, sondern mehr "marktgerecht gestaltet". Manche Firmen bevorzugen sogar "Mondpreise". Dann lassen sich gut "wohlfeile" Sonderaktionen fahren. Mit niedrigen Finanzierungszinsen, mit Eintausch-Lockprämien, usw. - Trotzdem müssen die Grundpreise zunächst einmal in die Hierarchie passen. Und irgendwer gibt die Preise vor. Meist der Marktleader. In der "Golf-Klasse" natürlich der Golf. Der Opel ist preiswerter, ein Ford noch günstiger zu erstehen. - Aber zeigen wir doch mal ein aktuelles Beispiel auf: Peugeot 106. - Und haben Sie mal darüber nachgedacht, warum ein BMW Z 1 "einging", ein Porsche 968 kein Verkaufserfolg wurde?

Wenn der Preis nicht passend ist

98-09-28/04. Es sind meist die Marketingabteilungen, die den Preis eines Fahrzeugs bestimmen. Da werden die Preise der Konkurrenz aufgelistet, das eigene Produkt bewertet und - unabhängig von einer Kalkulation - wird dem Vorstand der Verkaufspreis vorgeschlagen. Bei Porsche denkt man anders als bei Opel. Bei Porsche hat man ein Stückzahl/Preis-Problem, bei Opel ist es eher ein Preis/Stückzahl-Problem. Bei Porsche muß mit einer relativ kleinen Stückzahl ein Gewinn erzielt werden, bei Opel muß man über den Preis eine Stückzahl möglich machen, die eine möglichst volle Auslastung der Produktionsstätten sicherstellt.

Innerhalb einer Modellreihe gelten da unterschiedliche Gesichtspunkte. Das beginnt schon damit, daß - z.B. nach Anlaufen einer neuen Serie - das Marketing (natürlich in Zusammenarbeit mit dem Vertrieb) bestimmt, was denn eigentlich als erstes, in welcher Farbe und Ausstattung und zu welchen Preis lieferbar wird. Natürlich spielt auch eine Rolle, daß die Produktion eines neuen Modells nur langsam hochgefahren werden kann. Folglich beginnt man oft  mit weniger gekauften Hochpreis-Modellen, die aber eine relativ hohe Rendite garantieren. Und durch ihr besseres Image positiv auf die "Massenware" der Modellreihe abstrahlen.

Erinnern Sie sich noch an den BMW Z 1? - Ein tolles Fahrzeug. Er wäre sicherlich länger ein Verkaufserfolg gewesen, wäre er im preislich richtig plaziert worden. Er war um gut 20.000 Mark zu teuer, was zunächst nicht auffiel, da in der Zeit des Autobooms sogar noch Aufpreise gezahlt wurden, nur um schnell in den Besitz des Fahrzeugs zu kommen. Aber unterschwellig hat jeder Käufer ein Gefühl dafür, ob ein Fahrzeug den "richtigen Preis" besitzt oder nicht. Spätestens dann, wenn er "sein Fahrzeug" näher kennengelernt hat.

Und so war es auch beim Z 1. Wäre das Fahrzeug damals mit einer "6" als erste Zahl im Preis angeboten worden, hätten dann - wie heute üblich - in der Folge normale Preiserhöhungen stattgefunden, das Fahrzeug könnte heute noch im Programm sein.

Oder nehmen wir doch mal den Porsche 968. Hier gestaltete die Angst der Porsche-Manager den Preis. Sie hatten Angst, daß der Erfolg des 968 den Erfolg des 911 gefährden könnte. Und so wurde der 968 preislich viel zu weit oben angesiedelt. Das hatte den Vorzug, daß man an jedem Fahrzeug sehr gut verdiente.

Und dann ging es mit Preisen und Ausstattung wild durcheinander. Und der Kunde wurde verunsichert. Und nichts paßte zueinander. Ergebnis: der 968 ist verschwunden, sein Wert wurde in der Öffentlichkeit erst richtig erkannt, als er - nun gebraucht - zu marktgerechten Preisen gehandelt wurde. Fragen Sie doch mal einen 968-Besitzer, der sein Fahrzeug zu einem "vernünftigen" Preis gekauft hat, wie zufrieden er mit dem Fahrzeug ist.

Aber lassen Sie mich einmal zu einem aktuellen Beispiel von "allgemeiner Verunsicherung" kommen: der Peugeot 106. Der ist ein sehr vernünftiger Kleinwagen. Er wird eigentlich schon seit August 1991 gebaut, erfuhr im Laufe der Jahre normale Modellpflegemaßnahmen, die Modellreihe wurde durch diesen oder jenen Motor (z.B. Diesel ab Herbst 1994) ergänzt, um schließlich - ab April 1996 - optisch und technisch überarbeitet wieder neue Käuferherzen zu gewinnen.

Er verkauft sicher immer noch gut, obwohl die Konkurrenz in dieser Klasse größer geworden ist. In der Zeit von Januar bis Juli 1998 wurden um 1.0 Prozent mehr 106 in Deutschland zugelassen, als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. (Zum Vergleich: der Opel Corsa baute im gleichen Zeitraum um 11,5 Prozent ab, der Polo um 18,3 Prozent, der Fiat Punto um 38,1 Prozent, der Ford-Fiesta um 8.0 Prozent, selbst der Ford Ka hatte einen Zulassungsrückgang von6,5 Prozent zu verzeichnen.) Ein Erfolg für Peugeot. Dabei hatte Peugeot alles getan, um die Kaufinteressenten zu verunsichern.

Im April senkte man die Preise, im Mai erhöhte man sie wieder. Und jetzt - seit Anfang September - gehen sie wieder nach unten. Aber nicht alle. Plötzlich kann man bei dem einen Modell mehr als 1.300 Mark sparen, während bei dem anderen Modell.... -

Schauen wir uns doch mal die Preis- und Ausstattungsentwicklung beim Top-Modell der 106-Reihe, dem "S 16" an und vergleichen dann die aktuellen Preise dieses Fahrzeugs mit dem eines anderen, preiswerteren Modells der 106-Reihe, dem 106 "Sport" mit 1,4 l-Motor, 75 PS.

Nach der aktuellen Preis-"Anpassung" kostet der 75 PS "Sport" nun 21.500 DM. Das Fahrzeug hat - verglichen mit dem "S 16" 200 ccm und 33 PS weniger, kein ABS, keine Öldruckanzeige, hat vorne keine innenbelüfteten Scheibenbremsen und muß sich hinten mit Trommelbremsen begnügen und er kann auch nicht serienmäßig mit Leichtmetallfelgen glänzen..

Als es vor Monaten bei der 106-Reihe bei den anderen Modellen Preiserhöhungen gab, hatte man den Preis für den "S 16" unverändert gelassen. Aber man hatte stillschweigend - der Kunde wird's schon nicht merken - einige Ausstattungsänderungen vorgenommen: die Sitze waren nun (auch vom Stoff und dessen Design her) exakt die gleichen wie im "Sport", dem "S 16" wurde das bis dahin serienmäßig vorhandene Lederlenkrad genommen, außerdem fielen die Kunststoff-Seitenleisten weg. Kostete der Peugeot 106 "S 16" zunächst (1996) 28.800, erhöhte sich der Preis 1997 auf 29.800 DM, um jetzt - für das ausstattungsmäßig abgemagerte Fahrzeug . auf 30.400 DM anzusteigen.

Die Differenz zwischen dem optisch gleichen "Sport" und dem "S 16" beträgt also nun exakt 8.900 DM. Oder anders:

Ist das durch die Ausstattungsdifferenz berechtigt?
 
Sucht man nach einer Argumentation, warum der Importeur (das ist Peugeot selbst) eine solche irre Preisgestaltung vornimmt, dann findet man sie vielleicht in der Preisgestaltung für den neuen VW Polo GTI. Der hat genau wie der "S 16" einen 1,6 Liter-Motor, der 120 PS leistet. Seine Fahrleistungen (die des Polo GTI) sind um einen Hauch schlechter als die des Peugeot 106 "S 16". Null auf hundert: Polo GTI 9,1 sec, "S 16" 8,7 sec. Höchstgeschwindigkeit Polo GTI 200 km/h, "S 16" 205 km/h.. Und nun glaubt man wohl bei Peugeot Deutschland, sich in der Preisgestaltung am VW Polo GTI ausrichten zu können. Der Polo kostet 31.900 DM und der "S 16" nun - damit verglichen - "wohlfeile" 30.400 DM.

Aber nun wird bald der Lupo, auch mit dem 120 PS-Motor des Polo GTI kommen. Zu welchem Preis? - Natürlich wird er unter 30.000 DM kosten. - Und dann?

Der Peugeot 106 "S 16" war bisher ein "Blüm'chen, das im Verborgenen blühte". Die sogenannte Fachpresse nahm bestenfalls in einem Kurztest davon Notiz. Nun wird er wahrscheinlich wieder in Vergleichstests mit dem Polo GTI aufleben und ein Großteil der Öffentlichkeit wird erstmals davon erfahren, daß es so ein Fahrzeug überhaupt gibt. Da möchte Peugeot Deutschland dann noch mal schnell "den Rahm abschöpfen".

Aber man bringt isch eigentlich selbst in Schwierigkeiten. Auf dem "Pariser Salon" wird in den nächsten Tagen der neue Peugeot 206 GTI stehen, mit einem Zweiliter-Motor mit 138 PS. - Wie will man den dann preislich plazieren? - Den 306 "S16", nach meinen Vorstellung vollkommen falsch ausgestattet, hat man mit 41.700 DM im Markt plaziert. - Soll der 206 GTI nun dazwischen rangieren?

Richtig wäre: 106 "S16" unter der 30.000 Mark-Grenze (und wieder mit Seitenleisten und Lederlenkrad und Sitzbezügen, die sich vom "Sport" unterscheiden); der 206 GTI dann kaum teurer als ein Polo GTI in den Preislisten erscheinen und den 306 "S 16" sollte es dann neben der jetzt käuflichen Version mit einer "überlasteten" Ausstattung, dann auch in einer sportlicheren, leichten Version um 36.500 DM geben. Selbst die jetzige Version des 306 "S 16" gehört unter die 40.000 DM-Grenze.

Und dann könnte Peugeot wieder "eine neue GTI-Offensive" einläuten, wie man wohl schon anderswo verlauten ließ. Dabei ist dieser Ansatz eigentlich falsch, weil er Zeitströmungen zuwider läuft. - Aber Motor-KRITIK möchte hier nicht weiter den Vordenker spielen, wird aber die Entwicklung - auch die der Preise - sehr aufmerksam beobachten.

MK/Wilhelm Hahne