Es war einmal: die gemeinsame Fertigung eines Van in Portugal durch VW und Ford

Ford und VW haben am letzten Tag des September die portugiesische Regierung in Kenntnis gesetzt. Es endet die gemeinsame Leidenschaft für die Van-Fertigung im portugiesischen Palmela. Eigentlich hatte es von Anfang an Differenzen gegeben. Und wäre es nach Ferdinand Piech gegangen... - Nun geht es nach Ferdinand Piech. Und der hat auch mit dem portugiesischen Werk ganz andere Pläne. - Aber die hat auch Ford. Nur nicht mit diesem Werk. Das Ganze ist nun eine endliche Geschichte. Ab 1. Januar 1999. - Was dazu zu sagen ist, steht in folgender Geschichte.- Aber auch, daß sich Ford in Deutschland von 200 (in Europa insgesamt von 600) meist leitenden Mitarbeitern trennen wird. 

Kooperations-Träume zerplatzen an der Ego-Realität

98-10-03/01. Eigentlich war das Ende schon abzusehen, bevor es richtig begonnen hatte. Die Pläne für eine gemeinsame Entwicklung und Fertigung eines Van waren in der Vor-Piech-Zeit bei VW entstanden. Wäre es nach ihm gegangen... - Aber Piech hat sich an Zusagen gehalten. Aber trotzdem im Sinne von VW gemacht, was er für richtig hielt. Und so gab es dann doch schon Unterschiede zwischen einem Sharan und einem Galaxy. Obwohl die Fahrzeuge im gleichen Werkt gebaut wurden.

Da Fachleute Ford die größeren Fähigkeiten beim Aufbau eines komplett neuen Werkes zutrauten, war Ford für die Einrichtung der Produktion im portugiesischen Palmela verantwortlich. Und VW für die Entwicklung des Fahrzeuges. Und der damalige Ford-Chef Caspers (dessen Manager-Qualitäten  erst heute beim 1. FC Köln für eine breitere Öffentlichkeit deutlich zutage treten) war dann nach Anlaufen der Serienfertigung schon erstaunt, daß zwischen VW Sharan und Ford Galaxy trotz gleicher Motoren (z.B. VW TDI-) in den ersten Tests Unterschiede deutlich wurden. Nicht nur beim Preis, wo Ford sich sozusagen VW "unterordnete". Und damit absatzmäßig nicht schlecht fuhr.

Aber Ford hatte zum Teil auch andere Zulieferer als VW. Was sich nicht immer zum Vorteil des Ford Galaxy auswirkte. So gab es z.B. mit dem Ford Rückrufaktionen, wenn beim VW Sharan keine notwendig waren. VW registrierte es mit Vergnügen, weil es mit dazu beitrug, das eigene Qualitäts-Image zu festigen. Und Ford-Caspers fühlte sich z.T. von VW-Piech "gelinkt". - Wie auch sonst sollte er erklären, daß zwei eigentlich gleiche Fahrzeuge aus der gleichen Produktionsstätte, vom gleichen Band, im Praxisverhalten unterschiedlich waren.

VW stellte dann dem preisgünstigeren Galaxy den Seal Alhambra vor die Nase. Aber das hat Ford wenig gestört. Der Preis ist (u.a.) für eine Kaufentscheidung sehr wichtig. Und Ford war - verglichen mit dem VW Sharan - immer preisgünstiger. Im letzten Jahr, in 1997 wurden in Portugal insgesamt rund 140.000 VW/Seat und Ford gebaut. Der Anteil von Ford betrug rund 65.000 Fahrzeuge, auf VW/Seat entfielen ca. 75.000 Stück.

Aber sowohl Ford wie auch VW hat diese Stückzahl nicht glücklich gemacht. Immerhin war das Werk auf eine Gesamt-Produktionszahl von 180.000 Fahrzeugen ausgelegt und in der Spitze - wenn es denn der Markt verlangt hätte - wären 200.000 möglich gewesen. Das Ergebnis in der Realität ist also unbefriedigend.

Die Verkaufs-"Renner" bei Ford waren zuletzt neben dem seit 1997 produziertem 2,3 l Sharan, das Modell mit dem Dieselmotor von VW, dem 1,9 l-TDI. Und es gab auch Absprachen über Motorenlieferungen von VW an Ford. Und da ein Ford Galaxy mit VW TDI-Motor billiger war, als ein VW Sharan mit dem gleichen Motor, verkaufte sich der Ford natürlich - gerade in Deutschland - besser als der VW. - Was Ferdinand Piech schon störte.

Und darum kam es in den letzten Wochen auch zu Gesprächen zwischen den "Partnern". Ford hätte gerne mehr Galaxy mit TDI-Motoren bekommen. VW dagegen verwies auf die Stückzahl-Absprache und bedauerte. - Ford drängte, aber Piech blieb hart. - Und so ist z.B. zur Zeit ein Ford Galaxy mit VW TDI-Motor nicht vor 1999 lieferbar, während man ihn beim VW-Händler sofort mitnehmen kann. Allerdings ein wenig teurer.

Ferdinand Piech hat sich nicht ohne Absicht so verhalten. Er wollte schon ein wenig die Ford-Manager vergraulen. Der Hintergrund: Piech hatte mit dem Werk in Portugal andere Pläne.

Da aber auch Ford - für die Zukunft - andere Pläne hat, soweit es das Thema Van betrifft, kam es dann zu "Auflösungsgesprächen". Noch während der Pressetage auf dem Pariser Salon wurde intern von Ford-Europa-Mitarbeitern  "geflüstert", daß es wohl bald Gespräche "in der Sache" geben würde. Zu diesem Zeitpunkt war aber praktisch schon die Entscheidung gefallen: Ford wird sich aus der Produktionsstätte in Portugal ganz zurückziehen, verkauft seinen Anteil an VW. Aber VW liefert zunächst an Ford den Galaxy weiter. Bis Ende 2002. Ford kauft also ab 1. Januar 1999 praktisch den Galaxy von VW.

Und dann - ab 2003 - will Ford soweit sein, daß man eigene Produkte - in feinen Abstufungen - von groß bis klein (als Van!) liefern kann. Als Front- und Hecktriebler. Und was macht dann VW mit den in Portugal freiwerdenden Kapazitäten?

Ferdinand Piech hat da bereits feste Pläne. Immerhin möchte man sehr bald mit einem Geländefahrzeug auf den Markt kommen. Porsche - so die entsprechenden Vereinbarungen - entwickelt die Plattform, auf der denn die neuen Partner Porsche und VW jeweils ihre eigenen Vorstellung von einem Geländefahrzeug verwirklichen können. Porsche mit einer Karosse und selbst entwickeltem V8-Motor (!), die sich deutlich von den von VW verwendeten Komponenten unterscheidet. Porsche möchte bei dieser Gemeinschaftsentwicklung schließlich nicht wie der Edel-Tuner von VW dastehen.

Aber ob sich mit der Fertigung des neuen Fahrzeugs von VW und Porsche die entstehende Fertigungslücke von gut 100.000 Fahrzeugen (ab 1.1.2003) mit einem neuen Geländewagen schließen läßt, darf bezweifelt werden. Zu diesem Zeitpunkt sind dann längst neue Konkurrenten (z.B. auch BMW) auf dem Markt, was den Marktsegment-Kuchen insgesamt nur unwesentlich größer werden läßt, aber die Stücke für den einzelnen Hersteller wohl deutlich kleiner. - Sich aus diesem "Kuchen" größere Stücke abzuschneiden, erfordert größere Anstrengungen (und damit Kosten!) in Marketing, Werbung und Vertrieb.

Aber Ferdinand Piech hat so schließlich seine Pläne in die Realität umgesetzt. Und Wendelin Wiedeking, der mit seinen Plänen von der jetzt publik gewordenen "Vorleistung" von Piech stark abhängig war, kann nun wieder ruhig schlafen. Und bei Ford schläft man nun auch ruhiger. Die Zusammenarbeit mit VW war nicht einfach. Schon hier, bei einer Kooperation, machte sich der Unterschied in den Firmenkulturen bemerkbar. Es war schon während der Entwickllungs- und Aufbau-Phase für Motor-KRITIK sehr interessant, in Gesprächen mit einzelnen VW- und Ford-Mitarbeitern etwas über die "Harmonie" zu erfahren, mit der das Werk und das Produkt in Portugal angegangen wurde. - Und nun ist es auch so gekommen, wie es sich schon damals abzeichnete. (Was soll das erst zwischen Daimler und Chrysler werden?)

Diese Entwicklung auf dem Van-Sektor hat übrigens keinen Einfluß auf die Ford-Entscheidung, die auch in diesen Tagen bekanntgeben werden wird, nach der man sich in Europa vorzeitig von 600 (meist) leitenden Mitarbeitern trennen wird. Von älteren Mitarbeiter! Sie sollen frühzeitig in den Ruhestand geschickt werden. Aber sie werden zum Teil ersetzt. Durch junge, preiswertere, unerfahrene Mitarbeiter. In Deutschland werden rund 200 "Graue Ford-Pumas" daran glauben müssen.

Bei Ford wird eben alles zur Disposition gestellt. Nicht nur die Zusammenarbeit von Firmen, sondern auch die mit Mitarbeitern. So wie in Zukunft Opel von Suzuki einen Kleinwagen zukauft und unter eigenem Label anbieten wird, so wird Ford nun ab Anfang 1999 bis Ende 2002 einen VW Van zukaufen. Auch mit VW-Motoren. Um ihm als Ford zu verkaufen. Obwohl dann kein Teil mehr von einem Ford-Zulieferer stammt. - Oder vielleicht doch? Schließlich hatte z.B. der VW VR 6-Motor im Sharan  immerhin einen eigenständigen Ford-Ölfilter. Damit der Kunde auf den Ford-Kundendienst angewiesen war. - Oder kann man demnächst mit dem Ford Sharan mit VW-Motor auch auch in den VW-Kundendient gehen?

Ob diese Details bei der "einvernehmlichen Trennung" schon gelöst sind, weiß selbst Motor-KRITIK nicht.

MK/Wilhelm Hahne