Über "les incidents petits" beim "Petit Le Mans" in Road Atlanta/USA

Natürlich kennt inzwischen jeder die Ergebnisse. Und man konnte auch lesen, warum und was passierte. Und daß BMW nicht am Start war. Hier in Motor-KRITIK kann man dann lesen, was für den wirklichen Fan auch noch interessant ist. - Wie sich z.B. der Porsche LMP 1 des Joest-Teams darstellte, warum der "Abflug" des Porsche GT 1 nicht so entstehen konnte, wie in Rennberichten geschildert. Und was man beim GT 1 ´98 des Porsche-Werksteams vor dem Rennen vorsichtigerweise änderte. - Warum war eigentlich Dr. Ullrich (Audi) in Atlanta? - Und was ist eigentlich mit dem BMW V8-Motor?

Die GT 1 testen ein Stück ihrer Zukunft

98-10-15/02. "Die Premiere der 'American Le Mans Serie' in Road Atlanta hätte zur Triumphfahrt für Porsche werden können", formuliert "motorsport aktuell" seinen Einstieg in den Rennbericht. Das ist genauso stimmend, als wenn ich nun in Motor-KRITIK meine Geschichte mit dem Satz beginnen würde: BMW verpaßte durch seine Nichtteilnahme den Gesamtsieg nur ganz knapp. - Beides stimmt (oder stimmt nicht), weil doch die Fakten entscheiden. Fakt bei Porsche ist: der Werks GT 1 ist ausgefallen. Der Fakt bei BMW: man war erst gar nicht am Start.

Dabei hat BMW seinen neuen V8-Rennmotor, der fürs nächste Jahr auch für Privatteams lieferbar sein soll, noch nicht einmal diesem Renntest unterzogen. Man war wohl davon überzeugt, daß das eine Pleite werden würde. Wer von welchen Privatteams wird nach so einer "Darstellung" dieses BMW-Produkts wohl 1999 in die Tasche greifen, um so einen Rennmotor zu kaufen?

Motor-KRITIK hatte sich das Team,  Fahrzeug und Motor beim letzten Rennen auf dem Nürburgring angeschaut. Ein Team, das am Freitag vor dem Rennen in der Box an Karosserieteilen fräst, Anpassungen vornimmt, vermittelt eigentlich den Eindruck, mehr ein Hobby-Team zu sein. Man kam nicht mit fertig vorbereiteten Fahrzeugen zum Rennen, sondern nutzte die Stunden davor, um das Fahrzeug vorzubereiten. - Geldmangel?

Der wird bei BMW in letzter Zeit deutlich spürbar. Bei allen Motorsport-Projekten. Es ist keine Linie mehr erkennbar. Alles ist bestimmt vom Geschehen um das Formel 1-Projekt. Und dabei hat man sich wohl kräftig verrechnet, die entstehenden Kosten vollkommen falsch eingeschätzt.

Ein F 1-Rennmotor von heute ist nicht mit dem von "gestern", noch nicht einmal mehr von einem von vor drei Jahren zu vergleichen. Darum wurden durch die Forderungen von Patrick Head (Williams) in München wohl alle Vorarbeiten über den Haufen geworfen, die im Vorfeld zur Entwicklung eines Formel 1-Motors schon gelaufen waren. Motor-KRITIK wurden die Gesichter der BMW-Mitarbeiter geschildert, wenn sie in den letzten Monaten aus dem Büro des Patrick Head kamen, nachdem sie ihm die jeweils aktuellen BMW-Vorschläge unterbreitet hatten.

Da blieb dann - wenn man die Williams-Ansprüche erfüllen wollte - wohl zu wenig Zeit, sich auch noch um den V8-Motor zu kümmern, den eigentlich auch Heini Mader in der Schweiz aus dem Serienmotor entwickelt hat. Nur ist inzwischen wenig von dem Serienmotor übrig geblieben. Und wenn Paul Rosche und Karl-Heinz Kalbfell Ende 1996 noch eindrücklich darauf hinwiesen, daß dieser neue V8-Rennmotor von ihm, Paul Rosche, von seinen Leuten gemacht würde, so hat sich das längst geändert. Inzwischen ist das zu einer Mader-Entwicklung geworden. - Warum denn?

Motor-KRITIK hat beim Nürburgring-Rennen (GP-Kurs) einmal das BMW Rennfahrzeug beobachtet und z.B.. das Ansprechverhalten des BMW V8-Motors mit dem des "alten" Ferrari-Motors im 333 verglichen: in einer einzigen Kurvenkombination, dem "Castrol S-", nimmt der Ferrari dem BMW mindestens 50 Meter ab. Der Ferrari 333 SP hat mit dem BMW V8 gespielt. Und wenn in Rennberichten davon die Rede war, daß BMW nun - ab Nürburgring - konkurrenzfähig sei, dann haben wir uns bei Motor-KRITIK gewundert. Wenige Runden vor Ende betrug der Abstand - ganz nach Belieben herausgefahren - zwischen Ferrari und BMW noch mehr als 30 sec. Bei der Zieldurchfahrt waren es dann noch gut 9 sec., weil das Ferrari-Team nur noch so schnell fuhr, daß der Motor nicht abstarb.

Motor-KRITIK steht vor einem Rätsel: es müßte doch möglich sein, in vielen Monaten einem neuen Rennmotor ein gutes Ansprechverhalten mitzugeben. Oder liegt das an den Fahrern? - Oder liegt das am Chassis, das keinen Grip aufbaut? - Oder liegt es am Team, das keine Weiterentwicklung zustande bringt?

Wahrscheinlich liegt es doch mehr am Motor. Und an BMW. Weil man dort mit dem Formel 1-Projekt etwas begonnen hat, ohne wirklich zu überschauen.... - Liegt das daran, daß hier Träumer (von gestern) am Werk sind? Die Formel 1-Erfolge "von gestern" sagen nichts aus über das Können der gleichen Leute unter den Ansprüchen der Gegenwart!

Also: den BMW V8-Motor kann man im Moment noch vergessen. Und es war sicherlich richtig, mit diesem Motor in den USA nicht anzutreten. Man hätte sich im Mutterland des V8-Motors nur unsäglich blamiert.

Eine Blamage wollte Porsche sicherlich nicht erleiden. Darum hatte man sich gut präpariert. Nachdem man die Trainingsbestzeit erzielt hatte, ging man ganz auf "Nummer Sicher" und baute sogar für's Rennen noch das Getriebe um. Das "Seriengetriebe" wurde durch das Getriebe ersetzt, das speziell für Le Mans gefertigt worden war. Was sich beim "Großen Le Mans" bewährt hatte, sollte wohl auch fürs "Kleine Le Mans" reichen. Und wenn man das bedeutende Le Mans gewonnen hatte, dann sollte man wohl auch... -

Aber 1. kommt es anders und 2. als Herr Ampferer denkt. - Yannick Dalmas folgte in der 236. Runde dem LMP 1-Porsche mit exakt 222 km/h (so wurde es vom Computer ausgelesen), als der Porsche GT 1 plötzlich Unterluft bekam, aufstieg, sich rückwärts über- und in eine Mauer einschlug, um als Schrott liegenzubleiben. - Dalmas blieb unversehrt.

Aber warum bekam das Fahrzeug Unterluft? - Porsche-Erklärung: Dalmas sei zu nahe aufgefahren. Der Abstand zum LMP 1 wäre bestenfalls 20 Zentimeter gewesen. - Na und? - Wenn das wirklich so wäre, sollten sich die Aerodynamiker bei Porsche (wir befinden uns im Jahre 1998!) ihr Lehrgeld wiedergeben lassen. Motor-KRITIK hat mit einer Reihe von Insidern gesprochen. Jeder lächelt über diese Porsche-Erklärung.

Wahrscheinlicher ist: Etwas ist gebrochen. - Könnte das nicht ein Achsträger gewesen sein? (Das wäre kein unbekannter Schaden.)

Aber es war ja noch ein anderer Porsche, eben dieser LMP 1, vom Joest-Team eingesetzt, am Start. Was daran auffiel: dieses Fahrzeug war komplett (gegenüber dem Einsatz 1998 in Le Mans) zurückgerüstet. Das Fahrzeug fuhr mit dem alten Motor, dem alten, ursprünglichen Getriebe, war ganz so, wie "damals", 1997, als man auch in Le Mans... -

Und dieses alte Auto, das einmal ein Jaguar war, belegte dann noch in seiner "Porsche-Ursprungsversion" den zweiten Platz im Endergebnis. Joest zeigte damit, was man wirklich braucht, wenn man ein Rennen gewinnen will: ein Team. Ein Team, daß sich nicht nur so nennt, sondern sich auch als solches begreift, handelt, in sich stimmig ist. Einschließlich Fahrer. Dann darf es ruhig eine alte Konstruktion sein, sofern das Verfallsdatum noch nicht überschritten ist.

Über den Ferrari-Sieg muß man keine Worte verlieren. Keine Werkswagen, keine Werksunterstützung, ein altes Auto, ein eingespieltes Team, bewährte Fahrer. Mal wieder ein Gesamtsieg.

Dr. Ullrich von Audi, "zufällig" in Atlanta als Gast eines Caterers dabei, wird interessante Eindrücke mit nach Ingolstadt genommen haben. Denn wo wird Audi wohl in 1999 mit seinem WSC-Fahrzeug (noch geheim) fahren? - Natürlich in Le Mans und in den USA. Wo man dann sicherlich wieder auf Porsche treffen wird. Mit der neuen, Achtzylinder-Version des GT 1. Denn Porsche war nicht zufällig in den USA beim "Schnupper-Rennen" zur neuen "American Le Mans Serie" am Start.

Und man wird 1999 in der Sportwagen-Szene auf ein Team treffen, dessen Namen man in den letzten Jahren nur in Verbindung mit Porsche kannte: das Joest-Team. Nach Motor-KRITIK-Beobachtungen (und -Informationen) wird das Joest-Team in 1999 den Einsatz der Audi-Werkswagen (als Werksteam!) vronehmen. - Dr. Ullrich war also nicht ganz zufällig - und nicht nur so zum Spaß - in die USA gereist. - Als Gast eines Caterers! - Haha!

Was insgesamt nichts anderes bedeutet als: die europäische GT-Serie in der bisherigen Form ist tot. - Die Frage ist: Was macht Mercedes?

MK/Wilhelm Hahne