Ford macht Geschichten: Diese handelt von Anlaufschwierigkeiten beim Ford Focus

In einer österreichischen Zeitschrift war folgender Anzeigentext zu lesen, mit dem das neueste Modell der Kölner Autobauer, der Ford Focus, beworben wurde: "der kellner ignoriert sie wie gewöhnlich - das hühnchen ist wie üblich lauwarm - der rotwein wie immer eiskalt - und das trinkgeld schon inkludiert - ob sie das wollen oder nicht - umdenken - der neue fordfocus" - In der Anzeige wird dem Leser geraten: "sie müssen nicht alles hinnehmen. erwarten sie mehr: der neue ford focus." - Aber die Ford-Händler mußten es zum Teil schon: alles hinnehmen. Denn was dem Opel Astra beim Serienanlauf recht war, ist beim Serienanlauf des neuen Ford Focus nicht billig:  

Der neue Ford Focus mußte vor der Präsentation nachgebessert werden

98-10-31/09. Natürlich ist alles ganz geheim. Und die wenigen Eingeweihten - außerhalb der Ford Werke AG - halten wohl zunächst auch mal dicht. Man könnte der Firma schaden. Daß man auch dem Ford-Kunden (und damit auch den eigenen Lesern!) schaden könnte, wenn man die ersten aufgetretenen Ford-Schwächen unter den Teppich kehrt, wird dabei wohl nicht bedacht.

Es geschah beim ersten Test des neuen Ford Focus bei einer großen deutschen Autozeitschrift. Bei den Beschleunigungsmessungen machte es plötzlich "krrraatsch" - und die Messungen waren beendet. Bei einer genauen Untersuchung durch die Ford-Ingenieure stellte sich heraus, daß im Differential des Fahrzeugs ein Zahnrad gebrochen war. Und weitere Untersuchungen ergaben, daß hier wohl ein Härtefehler vorlag.

Ein Härtefehler? - Bei einem Getriebe, daß auch in anderen Modellen schon vielfach verbaut worden war? - Aus dem Getriebebau des Kölner-Qualitätsunternehmens?

Das bestätigte sich leider. Und so mußte man - im wahrsten Sinne des Wortes - zähneknirschend eine Umrüstaktion starten. Bei den schon gefertigten, für den Handel bestimmten Focus-Modellen mußte ein Getriebewechsel vorgenommen werden, denn offensichtlich betraf der Härtefehler eine ganze Reihe von Getrieben.

Aber nicht genug des Ärgers: es wurde auch durch Ford ein Fehler bei den verbauten Hauptbremszylindern festgestellt. Auch die mußten nun ausgetauscht werden. Wie zu hören, stammen sie aus einer Fertigung bei Bosch. (Wobei Motor-KRITIK bei dieser Gelegenheit erfuhr, daß Bosch auch Hauptbremszylinder liefert.) Mit Bremsen scheint es bei Ford häufig zu Ärger zu kommen: Bremsscheiben beim Mondeo, Hauptbremszylinder beim Fiesta, jetzt Hauptbremszylinder beim Puma (s. eine weitere Ford-Geschichte zu diesem Thema) und nun auch der neue Ford Focus.

Wie hatte doch erst vor kurzem Ford-Europa-Chef James Donaldson (gleichzeitig Chef der Kölner Ford-Werke) gesagt: "Wir müssen die Ford-Pflaume polieren." - Leider genügt das wohl nicht. In Köln sollte man zunächst einmal dafür sorgen, daß die Technik unter dem Blech der Ford-Automobile zuverlässig funktioniert. "Mit dem Focus will er zurück auf die Überholspur", wird in "Capital" die Absicht des Ford-Chefs umrissen. - Was nutzt es aber ein Linksfahrer zu sein, wenn die Konkurrenz zu weit entfernt ist? - Oder möchte man etwa so die Überholabsicht anderer Konkurrenten verhindern?

Bei Opel gibt man sich alle Mühe, dem lieben Konkurrenten aus Köln nicht zu weit - in Sachen Zuverlässigkeit - mit dem neuen Astra zu enteilen. Wie schon in "Auto-Bild" zu lesen, wurden in letzter Zeit Astra ohne - oder nur mit sehr wenig - Getriebeöl ausgeliefert. Die automatische Füllanlage in Bochum hatte einen Defekt. - Aber so ist das eben mit allen Automatiken: sie funktionieren automatisch und werden auch automatisch defekt.

Und was die oben geschilderten Schwierigkeiten beim Serienanlauf des neuen Focus betrifft: so etwas ist in letzter Zeit bei neuen Modellen praktisch zur Normalität geworden. Dabei hatte man mit 782 Focus-Prototypen insgesamt mehr als sechs Millionen Testkilometer abgespult. - Aber so ist das nun mal mit neuen Automobilen: sie reifen wohl alle erst in der Hand des Kunden. Mit Garantie. - Garantiert.

MK/Wilhelm Hahne