Ein Journalist in der Eifel hat Visionen, denkt an Hayek in der Nacht und wird von Smart fast um den Schlaf gebracht

Jürgen E. Schrempp hat es da einfacher. Schon zum Zeitpunkt des Genfer Salons 1997 konnte der die löchernden Fragen eines Schweizer Journalisten, was denn geschehe, wenn sich der Smart als Flop entpuppe, mit einem "Was soll denn passieren, dann lassen wir ihn halt sterben und streichen uns das Geld ans Bein" parieren. -Inzwischen ist alles ein wenig komplizierter geworden. Und ein wenig einfacher. Weil nun die Besitzverhältnisse klar sind. Damit ist aber nicht klar, daß Smart nun zum Erfolg wird. -Und damit ist auch nicht klar, was nun Nicolas Hayek macht, um seine Träume von einem Swatchmobil zu verwirklichen. Wilhelm Hahne hatte Zukunftsvisionen, was die Möglichkeiten eines Mr. Hayek betrifft. Und schreibt sie nachstehend auf.

Wird Daimler-Chef Jürgen E. Schrempp zum "Sauber"-Lehrling?

98-11-13/06. Es war eigentlich unausweichlich. Die Trennung zwischen Hayek und Daimler. Eine andere Art zu denken, eine andere Art zu handeln. Eine andere Art die Dinge anzugehen. - Jetzt ist man getrennt von Idee und Fertigungsrealität. - Aber das war man schon lange.

Daimler macht jetzt mit dem Kleinwagenprojekt eine neue Erfahrung. Hayek verfolgt weiter seine alte Idee. Denn die war eigentlich ein Hybridfahrzeug. Und Hayek hat dieses Ziel - auch zu Zeiten der (scheinbaren) Zusammenarbeit mit Daimler immer konsequent weiterverfolgt.

Und nun hat er den "Rest" seiner Beteiligung an MCC, immerhin noch 19 Prozent, an Daimler verkauft. - Eigentlich mehr verkaufen müssen. Denn der Smart wird MCC noch eine Menge Geld kosten. Schon weil die Verkaufsorganisation eine riesige Belastung ist. Eine weitere Kapitalerhöhung ist bei MCC (Micro Compact Car AG) eigentlich unvermeidlich. Da hätte Hayek weder mitgehen wollen noch mitgehen können.

Also hat man sich jetzt - vorher - "in beiderseitigem Einvernehmen" getrennt. Und Hayek ist um einen hohen Millionenbetrag "frischer" geworden. Während Daimler dadurch Vorteile "erwirtschaften" kann, daß man den Verlustvortrag nutzt. Dieser Verlustvortrag ist eigentlich das einzige, mit dem Daimler in den nächsten Jahren beim Smart rechnen kann.

Anläßlich der Trennung zwischen Hayek und Daimler sind beiderseits "schöne Reden" geschwungen worden. Aber die netten Worte haben nicht verdeckt, daß Nicolas Hayek der Firma Daimler Daimler (und seinen Bossen!) gerne beweisen möchte, daß seine Ursprungsidee richtig war. Und so hat er denn auch verkündet: "Das Swatch-Mobil kommt!"

Hayek hat von einem Zeitraum von zweieinhalb Jahren gesprochen, in dem er sein Swatch-Mobil mit Hybridantrieb verwirklichen will. Und er sagt: "Wir werden es mit einem namhaften Automobilhersteller entwickeln und vermarkten".

Wer könnte das sein? - Wie soll das gehen? - Und beim darüber Nachdenken entstand eine Vision:

Hayek verbündet sich mit Toyota. Dort baut man bereits ein Hybridfahrzeug, hat Erfahrung, könnte auch mit einem weiteren Hybridfahrzeug einer anderen, kleineren Fahrzeugkategorie das Angebot abrunden. Aber wie könnten Hayek und Toyota zu einer Allianz kommen? - Vielleicht auf "Schweizer Ebene"?

Die Motor-KRITIK-Vision: Hayek verfügt nun über nutzbare Millionen. Das Sauber F 1-Team braucht zahlungskräftige Sponsoren. Auch Swatch-Uhren lassen sich nur mit großem Werbe- und Marketing-Einsatz verkaufen. - Warum sollte Hayek also nicht für Swatch auf  Formel 1-Boliden von Sauber werben?

Nun läuft der Vertrag zwischen Ferrari und Sauber, der die Motorenlieferung regelt, nicht ewig. Und danach braucht Sauber einen neuen, konkurrenzfähigen Formel 1-Motor. - Woher nehmen?

Aber auch Toyota ist an einem Formel 1-Einstieg interessiert. Und in Japan, so ist zu hören, wird längst an einem Formel 1-Aggregat gearbeitet. Toyota könnte also ein möglicher Motorenpartner von Sauber sein. Das Team hat sich als zuverlässig und gut erwiesen. Und wenn nun Mr. Hayek das Sauber-Rennteam mit einer Geldspritze unterstützt... - Nun, dann würde Sauber sicherlich konkurrenzfähiger und damit für Toyota noch interessanter. - Und Sauber verfügt über einen Spitzen-Motoreningenieur. - Ein Japaner übrigens.

Und Toyota müßte Hayek ein wenig dankbar sein, daß er deren Formel 1-Pläne so unterstützt. Aber nicht uneigennützig. (Nicolas Hayek ist übrigens im Libanon geboren!)

Wenn Hayek und Toyota aber nun schon in der Formel 1 "an einem Strick" in eine Richtung ziehen, warum sollte man das nicht auch bei einem neuen kleinen Hybridfahrzeug. Das wäre für Toyota schon interessant. Und könnte Sauber nicht auch - mit einer kleinen europäische Produktion (oder Entwicklungsabteilung) in Sachen Hybridautomobil zum Partner von Hayek und Toyota werden?

Plötzlich würde so eine Schweizer Automobilproduktion denkbar. Und wenn Toyota den europäischen Vertrieb... -

"Die Geister die ich rief..." - Man kann sich Jürgen E. Schrempp schon als "Sauber"-Lehrling vorstellen, wenn die Entwicklung diese Richtung nehmen würde. Aber bisher beruht die nur auf der Vision eines "Eiferers aus der Eifel" (SPIEGEL-Einschätzung).

Übrigens: die Patente für den umweltfreundlichen Hybridantrieb, wie er von Hayek für ein Swatch-Mobil angedacht war, liegen bei Hayek, bei Swatch. - Und bei Schrempp liegt jetzt die Verantwortung für Smart. -

Wer streicht nun wem was an's Bein? -

MK/Wilhelm Hahne