Laut "Capital" 12/98 ist eine von ihm im Juni verfaßte Richtlinie "Das Vermächtnis" des Hans Wilhelm Gäb

Es wäre schade, wenn Hans Wilhelm Gäb uns nicht mehr hinterlassen hätte; sein "Vermächtnis" war bedeutender. Denn das, was er lt. "Capital" als angeblich "brisante Richtlinien" hinterläßt, war eigentlich längst im Aktiengesetz niedergeschrieben. Hatten das bis dahin die Amerikaner nicht gelesen? Oder doch? - "Das Vermächtnis" von Hans Wilhelm Gäb in "Capital" macht jedenfalls deutlich, von welcher Qualität der Opel-Vorstand in den letzten Jahren insgesamt war. Man kann also durchaus in "Das Vermächtnis" etwas Positives sehen. Man könnte die Geschichte mit einer Blume vergleichen, die man in eine übervoll mit Wasser gefüllte Vase stellt. Diese Blume kann dann das Wasser zum Überlaufen bringen, weil sie die Oberflächenspannung durchbricht, aufhebt. - Und das Wasser rinnt. - Eigentlich wäre das auch Opel zu wünschen. Weil das reinigend wirken kann. Aber auch mit dem derzeitigen - ganz aktuellen - Vorstand wird es nicht anders sein wie mit dem vorhergehenden: Man hört auf...

Die Vorstands-Flüsterer aus Detroit

98-11-30/08. Ein Opel-Mitarbeiter stellte nach Lesen der Geschichte in "Capital" ein wenig ratlos fest: "Wir verstehen das alles nicht mehr. Woher hat 'Capital' diese Informationen? Bei uns wird aus Geheimhaltungsgründen immer wieder die Zugangsberechtigung zu eigentlich unwichtigen Festplattenteilen des Servers geändert und dann lesen wir alles - was selbst wir nicht wissen sollen - in 'Capital'. - Es macht keinen Spaß mehr!

In "Capital" wird tatsächlich oftmals betont, daß hier "die streng vertraulichen Richtlinien", von Hans Wilhelm Gäb als Aufsichtsratsvorsitzender erarbeitet, der Öffentlichkeit offenbart werden. Nach Auffassung der Kölner Wirtschaftszeitschrift handelt es sich um "brisante Richtlinien", die Gäb am 9. Juni unterschrieb, nachdem sie, so die Darstellung des Blattes, zuvor die Zustimmung des "mächtigen European Strategy Board von GM" gefunden hatten.

Warum wurden Sie dann nicht von diesen Herren (bei GM gibt es keine "wichtigen" Damen) unterschrieben? Denn schließlich soll in dem Gäb-Papier geschrieben sein: "Die Amerikaner 'erteilen keine Weisungen' mehr, sie unterstützen Opel lediglich 'mit Rat und Empfehlung'". - Gab es denn jemals eine andere Situation? - Es genügte doch immer schon, gegenüber Opel-Vorständen eine "Empfehlung" auszusprechen, um sie den Befehl ausführen zu lassen.

Jeder, der jemals ins Aktiengesetz geblickt hat, weiß, welche Rechte und Pflichten Vorstände einer Aktiengesellschaft (nach deutschem Recht) haben. Natürlich haben die deutschen Vorstände in den Aktiengesellschaften, die praktisch von Amerikanern beherrscht werden (Ford und Opel) immer nur hauptsächlich Alibi-Funktion gehabt. Ich habe das schon vor Jahren geschrieben. Hat Herr Gäb das erst jetzt gemerkt, wo er schon einige Zeit nicht mehr im Vorstand der Adam Opel AG war? Denn Hans Wilhelm Gäb gehörte einige Zeit dem Vorstand der Adam Opel AG an, er müßte doch wissen, wie die Abläufe geregelt waren.

Und gehörte er nicht auch in seiner Zeit, als Vice-President der Europa-Zentrale in Zürich zu den "Vorstands-Flüsterern"? - Hat z.B. Horst P. Borghs denn eigentlich wesentliche Entscheidungen ohne ihn, ohne seine Zustimmung getroffen? - Erinnert sich Hans Wilhelm Gäb nicht mehr an die Situation Anfang der 90er Jahre, als ich ihm (in Wien und unter Zeugen) klar zu machen versuchte, wie er es vermeiden könne, ein Vorstandsmitglied der Adam Opel AG mehrmals in der Woche lächerlich zu machen?

Ich will hier auf eine Darstellung der Situation verzichten, für die es nicht nur einen Zeugen aus dieser Zeit gibt. Nach meinem persönlichen Eindruck handelte es sich bei den meisten Opel Vorstandsmitgliedern um durch Visitenkarten modifizierte Befehlsempfänger.

Nur ein Beispiel: Warum gab es nicht rechtzeitig in die Zeit passende Dieselmotoren im Opel-Programm? - Weil die Amerikaner nicht verstehen, daß hier in Europa der Dieselmotor eine andere Bedeutung hat als in Amerika. - Und wer konnte sich gegenüber den Amerikanern nicht durchsetzen? - Opel-Vorstände. (Aber die gleiche Situation gibt - und gab - es z.B. auch bei Ford.)

Es ist schon richtig, wenn "Capital" schreibt: "Widerstandslos befolgten Opel-Vorstände jahrelang als Erfüllungsgehilfen die Vorgaben aus der Züricher GM-Europa-Zentrale. Anstatt ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen, hielten sie den Mund, aus Angst, ihren Job zu verlieren."

Nun, das war manchmal schon ein wenig anders. Denn die Opel-Vorstände wußten schon, daß sie - zumindest eine ganze Reihe von ihnen - diese Vorstandsposition nur für einige Zeit einnehmen würden. Sie waren eigentlich nicht mehr als "ein durchlaufender Posten". Und so kam bei Opel (und auch bei Ford) keine Langzeitstrategie zum Tragen. Warum sollte man sich Ärger einhandeln? Schließlich wollte man weiter aufsteigen.Also mußte man "stimmende" Statistiken produzieren.

"Das Vermächtnis" von Hans Wilhelm Gäb ist in "Capital" auch optisch (als Ausriß) dargestellt. Danach ist es unterteilt in sieben Punkte. Im Lauftext heißt es aber: "Auf drei DIN-A 4-Seiten, unterteilt in neun Punkte", würde dieses Papier die "Kapitulation des US-Autoriesen General Motors (GM) vor der deutschen Tochter Opel" belegen. - Wäre die Sache nicht so ernst, müßte man in brüllendes Gelächter ausbrechen. Hier kämpfte ein ohnmächtiger Aufsichtsratschef gegen einen angeschlagenen Konzernchef. Der Sieger steht heute schon fest: Weder Gäb noch Smith, sondern in jedem Falle GM. - Nicht Opel!

Und immer wieder - auch hier in "Capital" - wird für entscheidende Fehler in Design, Entwicklung und Fertigung, das Opel-Vorstandsmitglied Peter Hanenberger ausgemacht. Wer hat denn Hanenberger in seiner Position mit gestärkt, gegenüber (wie man heute weiß: begründeten!) Angriffen aus der Öffentlichkeit geschützt? - Hans Wilhelm Gäb und Horst P. Borghs. - Natürlich: sie mußten es tun. Aus Loyalität. (Wie man gerne argumentiert.) Und ab wann kam es zu einem Umschwung? - Nachdem der scheidende Entwicklungsvorstand Jürgen Stockmar den Amerikanern mal die Meinung gesagt hatte? - Wer hatte denn vorher mal den Mund aufgemacht?

Es ist eindrucksvoll, in "Capital" interne Statistikzahlen zu finden, die belegen, daß meine Berichterstattung in meiner "PS-report"-Zeit begründet war. Die Gewährleistungsansprüche stiegen und stiegen. (Zahlen in "Capital" auf Seite 112) Und in der gleichen Zeit waren Opel nur noch mit hohen Nachlässen an den Mann zu bringen. Aber da paßte Kritik so manchem der Herren nicht in den Kram. Da dachte man noch primär an die eigene Karriere. Da mußten die "platt gemacht" werden, die sich nicht so angepaßt verhielten, wie man sich auch selbst gab.

Und dazu war dann jedes Mittel recht. Da wurden auch Journalisten instrumentalisiert. Ich weiß wie's gemacht wurde, weil z.B. Horst H. Borghs das vorher auch bei mir versucht hatte.

Erinnern Sie sich noch, Herr Horst P. Borghs, wie Sie vor mir in Ihrem Zimmer die Unterlagen ausbreiteten, mit denen Sie die Verfehlungen eines Herrn Dahlhoff (damals Marketing-Chef bei Opel) verdeutlichen wollten? - Natürlich haben Sie mir das alles "vertraulich" gezeigt. Da ich vorher bereits (ohne Ihre Anregung) eine kritische Dahlhoff-Geschichte geschrieben hatte, hielten Sie mich für das passende Werkzeug.

Lassen Sie sich bitte von Ihrem leitenden Mitarbeiter Karl Mauer sagen, was ich - direkt aus Ihrem Zimmer kommend - ihm erzählte. (Aber ich habe diese Geschichte sofort auch anderen erzählt. Weil ich von Ihrem Verhalten geschockt war!) Und als ich dann nichts schrieb, da war ich nicht überrascht, dann wenige Wochen später eine (natürlich negative) Dahlhoff-Geschichte mit allen mir (von Ihnen!) bekannten Argumenten in einer Boulevard-Zeitung zu finden. Und Dahlhoff wurde zum Abschuß freigegeben. - Und jetzt ist Hanenberger dran?

Können Sie sich vorstellen, daß ich mir sehr gut vorstellen kann, wie damals DER SPIEGEL (und Redakteur Rickelmann) an seine Informationen zu Hahne und "PS-report" kam? Und wie die Eidesstattlichen Versicherungen zustande kamen, die Rickelmann brauchte, um - wie er mir selber sagte - die Geschichte in seinem Magazin unterzubringen, ist zum Teil nachweisbar. Alles Ehrenmänner! (Es gilt das geschriebene Wort!)

Und nun gibt es "Das Vermächtnis". Ich kenne nicht nur die Paragraphen 76 und 90, die in "Capital" genannt werden, sondern auch z.B. den § 84, in dem auch geregelt ist, wann einem  Vorstandsmitglied ohne Aufsichtsratsbeschluß sein Vertrag verlängert werden kann. Peter Hanenberger würde die dazu erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. - Und was wäre wenn...?

Nun, die Wahrscheinlichkeit ist gering. Und blättert man im Aktienrecht, muß man sich auch fragen, warum GM denn nicht einfach glasklare Vorgaben durch einen Beherrschungsvvertrag (§ 291 AktG) geschaffen hat? - Nun, wird man bei einer Befragung von Steuerfachleuten erfahren, das hätte eine Menge steuerlicher Nachteile für die AG. - Also warum einen Beherrschungsvertrag, wenn "Vorstands-Flüsterer" genügen?

Da wir einmal beim Aktienrecht sind: es gibt auch noch den § 404, der klar macht, was bei "Verletzung der Geheimhaltungspflicht" unternommen werden kann. Und da erkennt man die Schwierigkeiten, den zu finden, der "Capital" informierte. Denn es heißt dort: "Die Tat wird nur auf Antrag der Gesellschaft verfolgt. Hat ein Mitglied des Vorstands oder ein Abwickler die Tat begangen, so ist der Aufsichtsrat, hat ein Mitglied des Aufsichtsrats die Tat begangen, so sind der Vorstand oder die Abwickler antragsberechtigt."

Wer hat die Tat begangen? - In diesem Fall, der - wie eingang geschildert - normale Opel-Mitarbeiter qualvoll aufstöhnen läßt, weiß man nicht, wer gegen die Geheimhaltungspflicht verstoßen hat. Eigentlich müßten sich also Vorstand und Aufsichtsrat gegenseitig anzeigen.

Aber natürlich kann man es auch so machen, wie es "Capital" in seinem letzten Absatz vorschlägt:

"Opel-Boß Hendry und sein Vize Strinz können die Situation nicht länger beschönigen. Sie müssen Tacheles reden. Mit dem Vermächtnis von Gäb haben sie das richtige Instrument in der Hand."

Mit wem Tacheles reden? - Und ein Stück Papier als Instrument?

Womit dann alles so weitergeht wie bisher.

MK/Wilhelm Hahne