Honda Deutschland hat mit den Händlern ein paar Probleme

Motor-KRITIK informierte die Öffentlichkeit Ende Oktober dieses Jahres über die Pläne der Honda-Geschäftsleitung, in Deutschland die "Mondpreise" von Automobilen nicht nur deutliche gesenkte Preise (unverbindliche Preisempfehlung), sondern auch durch deutlich gesenkte Händler-Rabatte anzugehen. (Lesen Sie dazu auch: "Mondpreise für Automobile geraten ins Wanken") Termin war eigentlich der 1. Januar 1999. Doch nun macht sich Verunsicherung breit. Der Handel rebelliert. Und Honda hatte auch noch bei einem neuen Modell Produktprobleme. Die sollen nun beseitigt sein. Aber der in der Händlerschaft aufgestaute Ärger noch nicht.

Wackeln die Honda-Preissenkungspläne?

98-12-12/02. Eigentlich war alles schon verabschiedet. Und es soll auch Honda-Händler geben, die haben schon den neuen Vertrag unterschrieben. Aber es gärt. Die Mehrheit der Honda-Händler glaubt eben nicht, daß man das derzeitige Honda-Modellprogramm gegen die große europäische Konkurrenz ohne Nachlässe verkaufen kann, wie sie heute praktisch von jedem Kunden erwartet werden, der einen Autoladen mit Kaufabsicht betritt. "Und jeder Kunde bekommt doch doch bei Opel, Ford und anderswo gleich mindestens 10 Prozent", klagt ein Honda-Händler.

Doch ein Nachlaß wäre den Honda-Händlern nicht mehr möglich, wenn - bei deutlich gesenkten Verkaufspreisen - der Honda-Händler eine deutliche Schrumpfung seines derzeitigen Rabatts (und Streichung aller möglichen Sonderkonditionen) hinnehmen müßte. "Und der Kunde kauft doch heute nur noch Rabatte", ist ein Honda-Händler überzeugt. Auf die Motor-KRITIK-Frage, ob denn das derzeitige Modellangebot von Honda keine anderen Verkaufsargumente als einen möglichen Preisnachlaß bieten würde, antwortet er erregt: "So ein geiles Auto hat Honda derzeit nicht im Programm, als daß das möglich wäre."

Auch bei der Honda-Geschäftsleitung in Offenbach macht sich Unsicherheit breit, zumal man beim Anlaufen der Produktion des neuen Accord eine Schlappe hinnehmen mußte. Zum Verkaufsstart standen nicht genügend Fahrzeuge für die Händler bereit. Die Honda-Händler konnten sich glücklich schätzen, wenn sie überhaupt über ein Ausstellungs- oder Vorführfahrzeug (und ein paar Prospekte!) verfügten. Es hatten sich wohl beim Anlaufen der Produktion des neuen Modells in England ein paar Probleme eingeschlichen, die sich für die Kunden klar als Qualitätsprobleme dargestellt hätten. - Und man verordnete einen Auslieferungsstop, bevor die Fahrzeuge nicht nachgearbeitet und auf den von Honda angestrebten Qualitätsstandard gebracht waren.

Da die Honda-Händler einiges in die Werbe-Vorbereitung der Start-Phase des neuen Accord investiert hatten, Geld das nun verpuffte, machte das die Stimmung zwischen Importeur und Händlerschaft nicht besser. Aber - wie zu hören - ist dieses Qualitätsproblem, das zu Lieferschwierigkeiten führte, nun beseitigt. Und das Frühjahrsgeschäft 1999 könnt eigentlich mit Volldampf in Angriff genommen werden, wenn Importeur und Händlerschaft nun eigentlich wüßten, wohin die Reise gehen soll.

Gibt es nun die Preissenkung für alle Honda-Modelle ab 1. Januar? - Gibt es nun die drastische Senkung der Händler-Rabatte, die damit verbunden sein muß? - Was wird aus der bisher so großzügig gehandhabten Tageszulassungs-Praxis bei Honda? - Wird auch das Sonder-Bonussystem gestrichen? - Um eine Vorstellung von der Honda-Tageszulassungs-Praxis zu vermitteln: in 1997 nahm Honda insgesamt 16.791 Kurzzulassungen vor, war damit "Spitzenreiter" in Deutschland. Immerhin erreichte man damit einen Anteil an den Honda-Neuzulassungen von rund 30 Prozent. Zum Vergleich: bei Renault waren es gut 9, bei Peugeot knapp 10 Prozent.

Ein Honda-Händler: "Warum ist denn Honda-Deutschland von den Zulassungszahlen her derzeit immer noch das Land mit den größten Zulassungszahlen?" - Und er erzählt dazu die Geschichte, wie das eigentlich schon 1997 England gewesen wäre. Und die deutsche Geschäftsleitung hätte den englischen Kollegen dann schon kurz vor Ende des Jahres zum "englischen Sieg" gratuliert. "Aber nur, um die in Sicherheit zu wiegen", lacht er. Und dann gab es in Deutschland eine Tageszulassungsaktion von vielen hundert Honda-Automobilen. "Und Deutschland war wieder Europa-Bester", erklärt er das Ergebnis.

Aber Motor-KRITIK erfuhr auch, daß - auch aus diesen Tageszulassungsaktionen, "mit denen sich Honda Deutschland selbst belügt" (O-Ton Honda-Händler), dann ein Verlust in den Honda-Blinanzen resultierte, der vom Präsidenten des deutchen Importeurs auf einer Händlertagung mit rund 70 Millionen Mark angegeben wurde. - "Aber die Statistik stimmte", ärgert sich ein Honda-Händler. Und regt sich auf, daß in diesen Tagen eine Telefonumfrage läuft, in der die Händler nach ihren Vorstellungen für's Frühjahrsgschäft 1999 gefragt werden. - Obwohl es eigentlich keine "Sollzahlen" mehr geben soll.

"Unter welchen Bedingungen soll das denn laufen?", fragt ein Honda-Händler. Und er beantwortet die Frage gleich selbst: "Das wissen die derzeit selbst noch nicht". Und er führt zum Beweis seiner These an, daß bei allen Honda-Hänldern eigentlich schon eine Einladung zu einer großen Händlertagung am 8. Dezember (im Frankfurter Raum) vorlag, wo alles definitiv verabschiedet werden sollte. Aber dann gab es eindringliche Einwände vom Händlerbeirat und - diese Händlertagung wurde abgeblasen.

Was überall in der Honda-Organisation zu verspüren ist: Unsicherheit. Man weiß nur, daß man zur Zeit nichts weiß. "Wir kennen aus der Motor-Fachpresse zwar neue Modelle (Anmerkung: ein Kleinwagen und ein kleiner Geländewagen), aber wir können den Kunden noch nicht einmal sagen, was die denn kosten sollen. Honda kann uns nichts sagen, weil man selbst noch nicht weiß was man will. Entweder gibt es 'marktgerechte', hohe Preise, die - bei einem entsprechenden Händlerrabatt - die heute ebenfalls marktüblichen Nachlässe möglich machen, oder es gibt attraktive Niedrigpreise, die eine totale Umstellung der Verkaufspraxis verlangen", sinniert der Händler.

Aber man weiß derzeit nichts. Außer: die Geschäftsleitung des deutschen Importeurs läßt derzeit durch seinen Außendienst die Stimmung bei der Händlerschaft ausloten und würde gerne deren Visionen zu den Verkaufschancen im Frühjahr 1999 kennenlernen. Nüchterner Kommentar eines Honda-Händlers: "Das sind doch Idioten!"

Als "Hauptschuldiger" in der deutschen Honda-Niederlassung ist von den Händlern der neue Vertriebschef ausgemacht. "Der kommt von Mercedes", erklärt einer, "und das sagt doch alles." Nachgefragt, wie das gemeint ist: "Der hat doch vom Verkaufen keine Ahnung. - Der sollte mal die alltäglichen Verkaufsgespräche mitbekommen, die ja oft mehr Eintauschgespräche (Anmerkung: wegen des Preises für den Eintauschwagen) sind."

Man darf auf die Entscheidungen des Honda-Managements gespannt sein. Wie sie auch immer ausfällen: Nach dieser unsicheren Haltung im Vorfeld neuer Händlerverträge ist der Ärger vorprogrammiert. Ein Ärger, der vom Verkaufen ablenkt.  Man muß kein Prophet sein, um die 1999er Verkaufszahlen von Honda abrutschen zu sehen.

Oder aber man schönt die Statistikzahlen wieder mit Tageszulassungen.

MK/Wilhelm Hahne