BMW und sein Formel 1-Projekt macht den Verantwortlichen Kopfschmerzen

Natürlich hat man bei BMW gewußt, daß der Einstieg in die Formel 1 kein Kinderspiel ist. Darum sollten sich auch nur "Erwachsene" damit beschäftigen, solche, die auf diesem Gebiet Erfahrung haben. Schade nur, daß alte Erfahrungen, wenn nicht nahtlos bis heute vervollständigt, aktuell nichts mehr zählen. Wer früher einmal Formel 1 gemacht hat, hat früher mal Formel 1 gemacht. - Na, und? - Heute ist alles anders. Auch der Typ jener Leute, die heute in der Formel 1 das Sagen haben. Das sind nicht weltfremde Motorsportbegeisterte, sondern knallharte Geschäftsleute. Bei BMW muß man diese Erfahrung jetzt machen. Motor-KRITIK war jedenfalls erstaunt, was die eigenen Recherchen ergaben

Bisher ist BMW nur die Milchkuh

99-03-18/03. Bevor man Sahne machen kann, braucht man Milch. Und wer Milch braucht, braucht eine Kuh. Bei Williams weiß man das. Und hat die Kuh gefunden: BMW.

BMW will in die Formel 1 einsteigen. Ein guter, ein richtiger Entschluß. Aber auf dem Weg dahin wurden einige Fehler gemacht. Und auch vielleicht der Partner (?) unterschätzt. Aber nun steckt man mitten in den Vorbereitungen. Und es gibt kein Zurück mehr. Aber selbst das Voraus kostet mehr Geld als angenommen.

Da war zunächst die Motorenkonstruktion, für die BMW verantwortlich ist. Natürlich hatte man Vorversuche gemacht. Und Paul Rosche glaube, alles im Griff zu haben. Und dann trat man mit Williams in Kontakt und schuf eine Basis für den Einstieg. Dachte man. Man sprach sogar davon, daß das Team (mit Zustimmung von Williams) BMW-Williams heißen würde. Aber da ist das Reglement vor. Darum konnte Williams den BMW-Wunsch ruhig abnicken. - Das geht nicht.

Und BMW gründete die Motorsport Ltd. im englischen Grove. Das ist da, wo auch das Williams-Team beheimatet ist. Und schaut man einmal genau hinüber, dann hat BMW den alten Williams-Betrieb übernommen. Exakt: geleast.

Man sitzt also auf Williams-Grund und Boden, residiert in Williams-Eigentum. Und kann die Kosten dafür voll abschreiben.

Und welche Verbindung besteht zum Williams Formel 1-Team? - Nun: Williams baut das Rennfahrzeug, BMW liefert den Motor. - Und welcher Art ist die Beteiligung am Team? - Es gibt keine Beteiligung. Williams macht was Williams will. Und BMW darf die Motoren liefern. Aber bitte die Motoren, die Williams vorschreibt.

Ich habe mir von Leuten erzählen lassen, mit welchen Gesichtern die BMW-Motorenleute oft aus dem Zimmer von Patrick Head herauskamen. Stolz waren sie hereingegangen, mit hängenden Köpfen kamen sie wieder heraus. Patrick Head hatte denen klar gemacht, was er idealerweise für einen Motor braucht, der heute eigentlich der Kern ist, um den sich herum - aus dem sich heraus - dann das Formel 1-Fahrzeug entwickelt. Und die Aerodynamik eines Formel 1-Fahrzeugs ist wichtig. Dafür muß mit dem Motor die Voraussetzung geschaffen werden.

Von der Motorleistung reden wir dann später. Denn die ist auch wichtig.

BMW scheint aber auf dem richtigen Weg zu sein. In München ist man lernfähig. - Und man hat auf dem Grundstück des technischen Entwicklungszentrums speziell ein kleines Rennmotorenwerk gebaut. Wohl deshalb, damit Reitzle immer wieder mal schnell nach dem Rechten sehen konnte. - Aber nun ist Reitzle weg. - Und wer schaut nun mal - wenigsten ab und zu - da rein? - Aber zumindest läuft auf diesem Gebiet alles positiv.

Aber auf einem anderen Gebiet der Zusammenarbeit mit Williams hakt es heftig. So ist man in München erst sehr spät dahintergekommen, daß die Vermakrtungsrechte für die Williams F 1-Fahrzeuge bei Williams liegen. Es gibt keine Vereinbarung darüber. BMW könnte noch nicht einmal den BMW-Aufkleber aufpappen, ohne dafür an Williams zusätzlich bezahlen zu müssen.

BMW kann auch nicht ohne Zustimmung von Williams seine Sponsoren auf dem Fahrzeug erscheinen lassen. Oder man muß an Williams zahlen. Nun versucht man gerade einen Weg zu finden, sich mit Williams über die Art der Abwicklung zu einigen. Aber das ist nicht einfach. Williams sitzt da am längeren Hebel.

Das einfachste wäre, man würde Williams insgesamt übernehmen und dann praktisch einen eigenen Formel 1 bauen. Aber das kostet auch.

Also was würden denn die Vermarktungsrechte von Williams für BMW kosten? - Wie Motor-KRITIK aus England hörte, denkt man bei Williams an 100 Millionen Dollar. Und an eine kleine Beteiligung an den Sponsorengeldern. Mehr nicht.

Patrick Head, eigentlich auch inzwischen ein wenig "satt", wäre wohl auch an einem Verkauf seiner Anteile interessiert. Es handelt sich um 25 Prozent am Team. Aber die darf er nicht verkaufen, ohne die Zustimmung von Williams. Und Williams wird einen Teufel tun, den Patrick Head mit vielen Millionen in der Tasche so einfach ziehen zu lassen.

Eigentlich ist Williams auch nicht mehr der F 1-Fan. Er war es mal. Inzwischen ist er zu einem Top-Geschäftsmann mutiert. Und er hat Zeit. Und BMW hat Geld. Also spielt er auf Zeit. Und BMW kostet das Geld. Sonst hätte man nämlich Geld und Gesicht verloren.

Also macht man in München gute Miene zum bösen Spiel. Und hofft auf ein Wunder. - Alles wird gut.

Aber man geht die Formel 1-Sache schon mit Elan an. Gerade erfährt Motor-KRITIK aus Francorchamps, daß BMW die Rennstrecke in Spa für den gesamten Monat September 1999 für Testfahrten gemietet hat. Geld spielt keine Rolex.

Wie BMW heute bekanntgab, hat man in 1998 aus "gewöhnlicher Geschäftstätigkeit" immerhin 3,9 Milliarden verdient. (Motor-KRITIK vermeldete schon im Januar das 98er Ergebnis mit 3,8 Milliarden. Entschuldigung, wenn ich mich um 100 Mio. verrechnet hatte. Aber dafür brauchte man bei BMW dazu ein paar Monate länger.)

Mal sehen, wie die Formel 1-Geschichte mit dem neuen Motorsport-Fan  an der Spitze des Unternehmens endet. - Pardon, ich meine natürlich, auf die richtigen Gleise gebracht wird

MK/Wilhelm Hahne