Wie kommt Nick Heidfeld eigentlich in die Formel 1?

In den letzten Wochen wurde viel über Nick Heidfeld geschrieben. Das muß ein toller Kerl sein. Der überzeugt alle wichtigen Leute. Von sich, von seinem Talent. Während andere - auch gute - Rennfahrer Millionen heranschleppen müssen, um mal eine Saison bei einem drittklassigen Team einsitzen zu können, kommt der kleine Nick mal vorbei, plaudert nett und wird gerne genommen. - Was macht für die Teamchefs eigentlich den Reiz des Nick Heidfeld aus? - Ist er einfach nur ein überragendes Talent? - Warum kümmert sich Norbert Haug, der robuste Mercedes-Motorsport-Chef so rührend um den netten Jungen aus dem rheinischen Mönchengladbach? - Warum hat sich diese Frage noch niemand gestellt?

Wie aus einem Geschäft eine Nachwuchsförderung wird

99-09-14/05. Nick Heidfeld siegte 1994 bei 9 Rennen gleich 8mal. Das war in einem Formel Ford. Damals war Nick 17 Jahre alt. Mit 18 gewann er dann die Internationale Deutsche Formel Ford 1800-Meisterschaft.

Es ging stürmisch voran, mit dem kleinen Mann aus Mönchengladbach, der in Gesprächen ein wenig altklug wirkt, schon fast zu sehr bemüht ist, keinen Fehler zu machen. Nur niemand vergraulen. Nick weiß, daß es häufig darauf ankommt, vielen Leuten zu gefallen. Nicht nur einem einzigen. Und er hat sich sagen lassen, was man sagen muß, was man sagen darf.

Und so fährt er eigentlich auch. Am wohlsten scheint sich Nick zu fühlen, wenn er vorne wegfahren kann. Das von einer hinteren Position nach vorne fahren liegt ihm weniger. Entweder er tut zu viel oder tut zu wenig. Darin hat er zu wenig Übung. Und das wird ihn beim Prost-Team zunächst - im Vergleich zu Alesi - ganz alt aussehen lassen.

Ich mag diese Art von Rennfahrer weniger. Ich mag die echten Racer. Nick Heidfeld ist aus meiner Sicht keiner, wird keiner. Aber ist wenigstens ein schneller Mann, verfügt über eine hohe Grundschnelligkeit. - Vielleicht lernt er den Rest ja noch. Oder er bleibt einer der jungen, dynamischen, profillosen Rennfahrer. Was ihm fehlt, ist auch jene (manch anderen von Natur aus mitgegebene) angeborene "Renn-Phantasie", die einen Rennfahrer eine zu beobachtende Rennsituation nicht nur richtig einschätzen läßt, sondern auch jene Entwicklung vorhersehen, die dann eingetreten ist, wenn er seine Aktion durchführt.

Aber wer soll es ihm beibringen? - Sein Manager Werner Heinz?

Der ist sehr um ihn bemüht. Und ohne Werner Heinz - das behaupte ich - wäre Nick Heidfeld ein Nichts. Und für Werner Heinz ist Nick die Rente. Also hängen beide aneinander. Weil sie sich auch beide mögen müssen. Noch über viele Jahre.

Und das kam eigentlich so: Werner Heinz hat schon immer ein Händchen für die Beschaffung von Sponsoren. Immer gehabt. Und auch einen Blick für Talente. Immerhin ist er schon lange im Motorsport unterwegs. Inzwischen ist der Sport aber primär ein Geschäft für ihn. - Was nicht zum Nachteil von Nick Heidfeld ist.

Es war Werner Heinz, der Nick bei Mercedes in der Formel 3000 plazierte, der ihn als Testfahrer bei McLaren unterbrachte. Und der jetzt wieder dafür sorgte, dass Nick Heidfeld bei Prost einsitzen kann.

Was muß Werner Heinz dafür zahlen? - Oder warum zahlen andere für Werner Heinz? - Oder hat gar Nick Heidfeld soviel Geld....? - Blödsinn. Das alles ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Und da Werner Heinz von Natur aus keinen Wert darauf legt, sich in den Vordergrund zu stellen, läßt er andere glänzen.

Zum Beispiel Norbert Haug. Das ist nun der große Förderer. Tut er es, weil er Nick Heidfeld mag? - Macht er das, weil er im Interesse von Mercedes (DaimlerChrysler) die besten Nachwuchsleute für sein Team sichern will?

Er macht es, weil er gegenüber Werner Heinz als Mercedes-Motorsport-Chef eine Verpflichtung hat. Aber über die wird nicht gesprochen. Über Geld spricht man eben nicht. Das wurde auch nicht getan, als als Sponsor auf den "Silberpfeilen" die Zigarettenmarke "West" auftauchte. Die zahlen viel an Mercedes. Jedes Jahr. Ein paar Jahre lang. Das ergibt insgesamt eine gute dreistellige Millionensumme.

Und die hat Werner Heinz vermittelt. Das hätte er nun vertragsgemäß einen gewissen prozentualen Anspruch für die Vermittlung des Sponsors gehabt. Und hat sie auch. Aber was sollte Werner Heinz mit so vielen Millionen?

Also hat er sich nur einen relativ kleinen Betrag in bar auszahlen lassen. Und der Rest bleib praktisch auf einem Verrechnungskonto stehen. Und davon zahlt nun Norbert Haug die Beträge, die er für die "Förderung" braucht. Und Werner Heinz hat mit Nick Heidfeld einen langen, langen Vertrag, der ihm seinen Anteil (nicht zu knapp) an dessen Einkünften sichert.

Und so verteilt sich der Provisonsanspruch aus der Vermittlung eines großen Sponsors auf viele, viele Jahre. Nick Heidfeld wird so für Werner Heinz zu einer Rentenkasse.

Eigentlich ist also nicht Mercedes, ist nicht Norbert Haug der große Förderer von Nick Heidfeld, sondern Werner Heinz, der sich damit gleichzeitig als hervorragender Geschäftsmann erweist.

Und auch Prost hat Nick Heidfeld nicht wegen seines großen Fahrtalents genommen. Sondern wegen der so entstehenden Mercedes-Kontakte. Denn Prost braucht Motoren. Und er wird sie auch erhalten. Natürlich keine Mercedes-Motoren. Weil die lt. Vertrag dem McLaren-Team exklusiv zustehen. Aber Prost wird dann wahrscheinlich einen AMG-Motor erhalten, der praktisch einem Vorjahresmotor von Ilmor (sprich: Mercedes) entspricht.

So käme Norbert Haug's Freund Werner Aufrecht wieder ins Geschäft. Und Prost wäre zufrieden. Und Nick Heidfeld ist zufrieden. Und Werner Heinz kann weiter auf regelmäßige Einkünfte von seiner Bank Nick Heidfeld hoffen.

So einfach ist das. Und es hat gar nichts geheimnisvolles. Es ist eben alles ein Geschäft.

Wie schön, wenn man das dann so schön verkaufen kann, weil der Manager des Rennfahrers ein so zurückhaltender Typ ist. Wie "nett" der ist, merken Sie erst, wenn Sie einmal einen Vergleich mit Willi Weber anstellen.

Übrigens klappt nicht alles so, wie es eigentlich aktuell geplant war.  Nick Heidfeld sollte schon am Nürburgring seinen F 1-Einstand geben. Nun müssen wir auf das erste Rennen im Jahr 2000 warten. Wir - wie auch Werner Heinz - haben Zeit.. Schließlich ist Nick Heidfeld ein Langzeitprojekt.

MK/Wilhelm Hahne