Bei DaimlerChrysler zeichnet sich eine neue Entwicklung ab: Wird die Zentrale verlegt?

Bei DaimlerChrysler geht es zügig voran. Da hat man sehr früh Synergie-Gewinne eingefahren. Sagt Schrempp. Da wurde schon mal der Vorstand verkleinert. Macht Schrempp. Da wurden störrische Manager aussortiert. Dafür sorgt Schrempp. Da werden Versager gestützt. Macht Schrempp. Er duldet keinen Widerstand. Er setzt sich durch. Kein Wunder, dass in Amerika Karikaturen von Wirtschaftsführer Schrempp die Runde machen, in denen er - mit entsprechendem Bärtchen und "Tolle" - einem anderen Führer sehr ähnelt. Aus amerikanischer Sicht läuft es bei DaimlerChrysler nicht so gut. Weil nicht amerikanisch. Amerikaner halten darum auch wenig von der Aktie. Da muß etwas geschehen. Meint Schrempp. Und überlegt sich eine Verlegung der Firmenzentrale.

Vielleicht Zürich - oder doch lieber Detroit?

99-09-30/08. Wer glaubt, nach der sehr schnell vorgenommenen Vorstandsverkleinerung bei DC käme nun ein wenig Ruhe ins Geschäft, der irrt. Jürgen Schrempp hat neue Pläne. Und Herr Breuer (DB) stützt, unterstützt sie Man sollte die Firmenzentrale verlegen. Und man spricht  intern von Zürich oder Detroit. Wobei sich Kenner der internen Szene darüber klar sind, dass Zürich nur ein Feigenblatt ist, das man sich solange vorhält, um einige Leute zu beruhigen.

Zürich liegt in der Schweiz. Die Schweiz ist ein neutrales Land. Es käme kein nationalistischer Touch hinein. Der Standort dürfte eben auch nicht Auburn Hills heißen. Dort ist Chrysler zuhause. Darum will man auch eigentlich mit der Firmenzentrale von Stuttgart weg. Stuttgart ist eben der Firmensitz von Mercedes.

Wenn man das Vertrauen der amerikanischen Aktienkäufer zurückgewinnen will, wird man wohl in die USA gehen müssen. Und da bleibt dann eigentlich nur noch Detroit. Dann hätte man gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen:

Und man könnte die einzelnen Geschäftsfelder weiter ausdünnen.So denkt man z.B. schon daran, sich im Geschäftsfeld Chrysler, wozu derzeit Dodge, Plymouth und Jeep gehören, von der Marke Plymouth zu trennen. Sie paßt nicht so richtig ins Bild der neuen Strategen.Und kostet auch Geld.

Und bei Mercedes gibt es Smart. Auch hier muß etwas geschehen. Das läßt sich umso leichter regeln, je klarer eine Trennung zwischen Zentrale und den angeschlossenen Unternehmen besteht. Man sieht doch, wie einfach es General Motors hat, eine Firma wie Opel auf das gewünschte Format zurecht zu stutzen. Oder was Ford, Detorit mit Ford Köln macht.

Und so könnte man dann z.B. Smart auf neue Beine stellen. Und dabei z.B. von den Belastungen durch die alten Händlerverträge lösen. Die jetzt im Moment nur Geld kosten. Per Distanz läßt sich das alles viel unauffälliger regeln. Amerika ist weit.

Man würde auch den Skeptikern, die gerne beim großen deutsch-amerikanscihen Verbund eine Kulturkarambolage herbeireden, den Wind aus den Segeln nehmen. DaimlerChrysler wäre eine amerikanische Firma, die u.a. auch eine deutsche Tochter hätte. Man könnte Produktionsstätten anders zuordnen und zusammenfassen, denn schließlich bräuchte Mercedes-Benz eigentlich nichts mehr anderes zu sein als eine Vertriebszentrale.

Auch die heute noch unterschiedlichen Entwicklungsabteilungen würden sich dann besser organisieren lassen. Natürlich könnte man noch weiter in Deutschland entwickeln, aber so ein Center müßte doch nicht unter dem Firmenzeichen Mercedes-Benz angesiedelt sein, könnte vielleicht als unabhängiges Profitcenter agieren..

Natürlich ist man nicht daran interessiert, daß derartige Absichten - manches sind im Moment auch noch vage Pläne - nun in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Zunächst muß man einmal die Zentrale aus Stuttgart herauslösen. Wie gesagt: Zürich muß im Gespräch bleiben. Aber Detroit wird der Firmensitz der Zentrale sein.

Da sind sich die Kenner im Konzern einig. Und da die Deutsche Bank auch nichts gegen Detroit hat (im Gegenteil!) und Schrempp sowieso dafür ist... - Insider glauben, daß die Verlegung der Firmenzentrale schon in den nächsten Wochen bekanntgegeben wird. Andere glauben, dass das noch ein halbes Jahr oder länger dauern wird.

Aber Schrempp braucht das Vertrauen der Amerikaner. Für einen guten Aktienkurs, für eine gute, positive Stimmung. Und eine gute, positive Stimmung in Amerika ist ihm wichtiger, als ein wenig Knatsch - auch mit den Gewerkschaften - in Deutschland. Durch das Ausscheiden des Amerikaners Thomas Stallkamp aus dem DC-Vorstand, der auch am Ende des Jahres als Präsident von der Chrysler-Division zurücktreten wird, ist derzeit die Stimmung in den USA klar gegen das deutsche Management gerichtet.

Das ließe sich jetzt mit einem Böllerschlag ändern. Schrempp in Detroit wäre ein größerer Hit als "Ein Amerikaner in Paris". Und Schrempp wäre dann ständig in Detroit. Schon bisher wurden wichtige Entscheidungen bei Sitzungen in den USA getroffen.

Das nächste Treffen findet übrigens am 4. und 5. Oktober in Washington statt. Dort soll der Führungselite des Konzerns beigebracht werden, wie man im Interesse der Firma "an einem Strick in eine Richtung zieht".

Es wäre vorstellbar, dass Schrempp schon diesen Termin nutzt, um mit seinen Verlegungsplänen für die Firmenzentrale einen Bombenerfolg zu haben. Auf das sich der Kurs der DaimlerChrysler-Aktie wieder am Dax-Niveau orientiert.

MK/Wilhelm Hahne