Muß man eigentlich alles glauben was die Industrie verbreitet?

Dass Leute irgendwann einmal in Pension gehen, wenn sie schließlich das Rentenalter erreicht haben, ist normal. Und so habe ich so manchen Pressemann der Industrie in den vielen Jahren meiner Tätigkeit in den Ruhestand ausscheiden sehen. Das ging oft glatt. Aber nicht immer. Und manchmal gab es auch richtige Abschiedsbriefe, die einen dann traurig stimmten. Wieder einer weniger, den man kannte, der einen kannte, mit dem man klar und offen sprechen konnte. - Das war nicht so bei dem Mann, über den ich nachstehend schreibe. Aber wir haben uns respektiert. Wenn wir uns auch beide ein wenig mit Unverständnis gegenseitig betrachtet haben. Dass dieser Mann in den Ruhestand ging, liegt nun Wochen zurück. Trotzdem ist er mir jetzt noch die nachfolgenden informativen Zeilen wert. Denn man sollte schon ein wenig die Hintergründe kennen.

Karl-Günther Hornig bei VW ausgeschieden

99-10-16/07. Wir haben uns lange gekannt. Er mochte mich nicht sehr. Nein, wirklich nicht. Aber es war keine persönliche Abneigung, es war bei Karl-Günther Hornig mehr das fehlende Verständnis für die Art von Journalismus, wie ich ihn immer betrieben habe. Oft an den Presseabteilungen vorbeirecherchiert. Da konnte er schon sehr böse werden. Und mußten immer diese "Spitzen" sein? - Mein Gott, warum mußte ich der Industrie so das Leben schwer machen?

Ich konnte seine Auffassung in seiner Position verstehen. Und darum haben wir uns auch - trotz aller Differenzen verstanden. Er war stets hilfsbereit, aber nur bis zu einer gewissen Grenze. Die Loyalität gegenüber seinem Arbeitgeber ging ihm über alles. Darum konnte es schon einmal passieren, dass er einem "etwas vom Pferd erzählte".

Manchmal habe ich in direktem Gespräch - das meist zu einer Diskussion wurde - seine Erregtheit bemerkt. Aber nicht an seiner Stimme, in seinem Verhalten mir gegenüber. Karl-Günter Hornig wirkte immer ruhig, zurückhaltend, souverän. Aber wenn er sich dann mit seinen, den VW-Argumenten, meinen Argumenten stellen mußte, dann wurden schon mal rote Flecken an seinem Hals sichtbar, die seine (innere) Erregung verdeutlichten.

Natürlich fuhr Karl-Günther Hornig seine Arbeit in einer ausgefahrenen Fahrrinne. Der überwiegende Teil seiner journalistischen Kunden verlangten das auch so. Und sie waren auch einfach und gut zu behandeln. So "Quertreiber" wie ich, waren nicht ganz sein Fall. Aber er betrachtete sich immer als Dienstleister. Auch mir gegenüber. Und tat sein Pflicht. - Und manchmal sogar ein wenig mehr.

Hornig hat in den 33 Jahren seiner Tätigkeit eine Menge erlebt. Auch an Vorgesetzten. Aber Dr. Klaus Kocks war wohl auch eine neue Erfahrung für ihn. Hornig und er paßten nicht zusammen. Dr. Kocks (damals noch ohne Prof.) empfand Hornig und seine guten internen Verbindungen als nicht so gut für ihn. Für Hornig war Kocks der Neue. Kocks wäre lieber für viele der Alte gewesen. Also wollte er sich mit neuen Leuten umgeben, "alte Zöpfe abschneiden".

So war Dr. Kocks schon recht früh nach seinem Einstieg bei VW entschlossen, sich von Karl-Günther Hornig zu trennen. Mir war das dann auch schon recht früh zu Ohren gekommen. Aber ich hätte Hornig nicht deswegen angerufen. Als der sich dann einmal im Auftrag des Dr. Kocks mit mir (brieflich) auseinandersetzen mußte, da habe ich die Gelegenheit genutzt. Ich schrieb Herrn Hornig am 26. März 1997:

"Da hat Ihnen Dr. Kocks die Aufgabe übertragen, mir einen dummen Brief zu schreiben, jener Dr. Kocks, der Kollegen - natürlich im Vertrauen - erzählt, daß er Sie gerne schnell loswerden möchte. (Frühpension?) - Soll Ihr Brief dazu eine Grundlage schaffen?"
Das hörte sich böse an, war aber wirklich gut gemeint. Spätestens ab da mußte es Hornig wissen: Kocks wollte ihn entsorgen. Aber der hat dafür noch Jahre gebraucht. Als schließlich eine kurze und knappe Pressemitteilung das Ende des Karl-Günther Hornig vermeldete, da schilderte der immer lesenswerte Informationsdienst "dossier B" die Situation so:
"Hornig sitzt bereits seit Monaten mit vollen Bezügen daheim. Kocks hatte alles versucht, um Hornig mit Mobbing-Aktionen zu entnerven. Glückte nicht. Hornig schmiss den Bettel nicht hin, er wollte eine fette Abfindung als Schmerzensgeld für die Jahrzehnte bei VW und vor allem für die Kocks-Marter. Zuletzt mußte Hornig hinnehmen, dass an seinem Schreibtisch eines Morgens ein gewisser Stefan Grühsem saß, den Kocks mit viel Geld und entsprechendem Titel-Lametta vom Wirtschaftsmagazin "Capital" (davor war Grühsem beim "Handelsblatt") in die pulsierende Metropole Wolfsburg locken konnte. Aufgabe: Betreuung der Motorpublizistik. Jetzt haben sich Kocks und Hornig geeinigt. Trennung gegen richtig Kohle."
Schöner kann man es in der Kürze der Zeilen nicht darstellen. Karl-Günther Hornig war sicherlich nicht mein Freund, aber dieses Ende - und diesen überaus stillen Abgang - hatte er nicht verdient. Ich werde ihn immer in respektvoller Erinnerung behalten. Was er tat, tat er für VW. Und das er sich mit meiner Art nicht anfreunden konnte - nun, das hat er nun mit Prof. Dr. Klaus Kocks gemeinsam.

Was denn wohl im Nachhinein dem Karl-Günther Hornig noch ein wenig Freude bereiten dürfte.

MK/Wilhelm Hahne