Maserati Quattroporte: ein Fahrerlebnis - lang, lang ist's her - zur Erinnerung hier aufgeschrieben

Ich habe Erinnerungen an einen Lamborghini und an ein 24-Stunden-Rennen für Boote frisch ins Internet gestellt. Damit sie unvergessen bleiben. Unvergessen ist für mich auch die Bekanntschaft mit einem Maserati Quattroporte. Es war Mitte<der 80er Jahre. Aber die Erinnerung ist noch frisch. Und eigentlich sagt dieses Erlebnis auch etwas über Maserati aus, über die Art dieser Automobile. Man darf einen Maserati nicht für ein perfektes Automobil halten. Er ist ein menschliches Automobil. Er hat - auch wegen seiner Schwächen - so etwas wie Charakter. Wer Automobile nur als Nutzfahrzeuge betrachtet, wird so etwas nicht verstehen und solche Automobile nicht mögen. Aber ich mag solche Automobile. Wie ich auch Menschen mag, die von anderen für verrückt gehalten werden. Wer sich selbst für normal hält, der ist nicht normal. Und kein Mensch. Und ein perfektes Automobil ist eigentlich kein Automobil.

Ein Monument italienischen Automobilbaus

00-04-01/07. Hinter dem Wagen habe ich Taschen und Koffer abgestellt. Ich will nicht nur meine Fotoausrüstung, auch Phon-Messgerät, Temperatur-Messgerät, Stoppuhren - eben alles, was man so an Messgeräten braucht, im Kofferraum unterbringen,. Dann soll er mal zeigen was er kann, der Maserati Quattroporte.

Eine viertel Schlüsselumdrehung im Schloss der Fahrertür und mit einem kleinen "Tack" haben sich die Schlösser aller vier Türen geöffnet. Zentralverriegelung. - Na klar, bei dem Preis.

Genau 111.497 Mark kostet die 4,9 Liter-Version, die ich gerade besteigen will, natürlich ohne Stereoanlage, die im Testwagen (natürlich) eingebaut ist, aber schon einschließlich der Mehrwertsteuer. Die Frachtkosten, exakt 1.080 DM, muss man auch noch zum Kaufpreis hinzurechnen. Also sagen wir mal: mit 115.000 Mark ist man dabei. (Das war so Mitte der 80er Jahre.)

Dann wollen wir mal sehen, was dieses fahrende Wohnzimmer kann. Eigentlich habe ich etwas gegen Ledersitze in einem Automobil, aber als ich mich jetzt zurechtsetze, um zum ersten Mal zu erfühlen, wie es ist, ein Maserati-Fahrer zu sein, da fühlt sich dieses Leder für mich nicht so an, wie das Leder auf Sitzen irgendwelcher Aufpreis-Sonderausstattungs-Automobile. Bei diesem Maserati ist Leder einfach selbstverständlich, wirkt nicht aufgesetzt, auf "teuer gequält". Nun haben die Sitze eines Quattroporte auch mehr die Abmessungen und die Großzügigkeit von Sesseln, sind eben ledergerecht konzipiert. Auch die kleinen Elektroschalter die ich jetzt zur Anpassung der Sitzposition auf meine Maße bediene, sind in der Atmosphäre des Maserati-Innenraums irgendwie selbstverständlich. In einem anderen Automobil hätte ich sie vielleicht als Spielerei belächelt. Hier ist der elektrische Sitzverstellungskomfort normal.

Mit drei kleinen Schaltern kann ich den Fahrersitz in der Höhe, der Neigung, nach Vorwärts, nach Rückwärts - einfach durch Fingerdruck - verstellen. Kleine Elektromotoren nehmen mir jede Arbeit ab. Ich fühle mich jetzt schon wohl, in dieser eigentlich klassischen Atmosphäre von edlen Nussbaumhölzern, echtem italienischem Leder. Beinahe hätte ich darüber meine Koffer hinter dem Wagen vergessen.

Mit einem kleinen Fingerdruck öffne ich vom Fahrersitz aus die Kofferraumklappe. Auch elektrisch. Die Klappe öffnet sich wie von Geisterhand, wird von hydraulischen Öffnern oben gehalten. Der Kofferraum ist ausreichend groß. Mein Gepäck verliert sich geradezu im elegant mit Teppichen ausgekleideten Raum.

Irgendwie bin ich schon beeindruckt. Ich gehe noch einmal um den Wagen herum. Vielleicht, um wieder etwas Abstand zu gewinnen. Ein "herum" bedeutet, rund 15 Meter zurückzulegen. Immerhin ist der Quattroporte 4,91 Meter lang und 1,89 Meter breit. Dieser Wagen wirkt wie aus einem Stein gehauen, wie ein kleines Monument. Diese klaren Linien. Ich vergleiche diesen Maserati in Gedanken mit einem anderen - deutschen - Achtzylinder. Aber es gibt eben Dinge, die man nicht vergleichen kann, die auch einfach unvergleichlich sind. Nutzfahrzeuge kann man miteinander vergleichen oder auch Geschäftsfahrzeuge, aber nicht ein solches Ausnahme-Automobil, ein solches Liebhaber-Fahrzeug wie den Maserati Quattroporte mit einem Mercedes zum Beispiel.

Man kann eine Sekretärin mit einer Sekretärin vergleichen, aber nicht eine Frau die man liebt mit einer Sekretärin Genauso wenig sind übrigens auch eine "alte", vielleicht vergangene Liebe mit einer neuen Liebe vergleichbar. Es gibt eben Dinge im Leben, die kann man nur mit dem Herzen erfühlen, aber nicht mit dem Verstand messen. Und dieser Maserati Quattroporte... -

Ich sollte mal langsam mit dem Fahren beginnen. Ich muss mich selbst aus meinen Gedanken reißen. - Weil das Wetter so schön ist, werden wir gleich noch heute mit dem Fotografieren beginnen. Wir - meine Frau und ich - wollen es heute langsam angehen lassen, es soll eine gemütliche Fotofahrt durch die Eifel werden. Wir wollen Neues entdecken und den Quattroporte gut ins Bild setzen. Was wird der 4,9 Liter große Achtzylinder mit seinen 270 PS (203 kW) wohl bei Bummelfahrt verbrauchen?

Der Testwagen ist mit einem Automatikgetriebe ausgestattet. Es gibt ihn auch mit einem Fünfgang-Schaltgetriebe. Eigentlich hätte ich den Quattroporte lieber mit diesem Fünfganggetriebe gehabt, aber - man kann nicht alles haben.

Also wecken wir den noch schlummernden Achtzylinder mit einer kleinen Schlüsselumdrehung und der brabbelt gleich gemütlich vor sich hin. Den Automatik-Schalthebel auf D (Drive) gestellt und entsprechend meinem leichten Fußdruck aufs Gaspedal setzt sich die Masse von gut zwei Tonnen (DIN-Leergewicht 1940 Kilogramm) in Bewegung. Auffallend, wie weich das automatische Getriebe hochschaltet. Da merkt man keinen Schaltruck, die Übergänge erfolgen sehr weich.

Von den zwei Tonnen Gewicht ist am Steuer des Quattroporte nichts zu spüren. Eine ZF-Servolenkung sorgt nicht nur für leichte Bedienung, sondern auch dafür, dass der Fahrer nicht den gefühlsmäßigen Kontakt zur Straße verliert.

Wir haben nicht nur das Radio, sondern auch die (serienmäßige) Klimaanlage eingeschaltet. Draußen ist es (im Schatten) um 30 Grad Celsius, hier im Wagen ist es angenehm kühl. Draußen gleitet die herrliche Eifellandschaft in ihrem saftigen Grün vorbei. Meine Frau hat ihre Schuhe ausgezogen, die Beine angezogen und kuschelt sich jetzt in ihrem Beifahrersessel. "Das ist das erste Automobil in meinem Leben, in dem man auf diese Art bequem sitzen kann", meint sie. "Es ist wie zu Hause."

Auch ich - als Fahrer - fühle mich wohl. Die Sitzposition stimmt. Das Cockpit mit seinen Instrumenten ist sympathisch und übersichtlich, das Handling dieses Zwei-Tonnen-Ungetüms ungewöhnlich gut. Es macht richtig Spaß, mit dem Quattroporte über die kurvenreichen Nebenstraßen der Eifel zu schwingen. Man hat als Fahrer nicht das Gefühl, einen Lastwagen zu dirigieren.

Kennen Sie Monreal? - Nicht Montreal. Das würde in Kanada liegen. Aber wir befinden uns in der Eifel. Hier, unweit der B 258 zwischen Nürburgring und Mayen, finden wir schöne Fotomotive. Auch starke, schnelle Automobile müssen nicht immer querstehend, im Drift fotografiert werden. - Oder? - Das wäre sicherlich mit dem Maserati dank dem hervorragenden Fahrwerk gut zu machen. Aber was soll's? - So fotografieren wir den Quattroporte vor einem kleinen, alten Fachwerkhaus, von dem ein Dorfbewohner uns erzählt, dass es sicherlich um einiges billiger als "unser" Auto wäre.

Dann ist es Abend. Nicht nur der Tag, auch der Tankinhalt geht - wenn man der Tankanzeige traut - langsam zur Neige. Die erste Maserati-Traumfahrt endet an einer Tankstelle.

Ich hatte am Morgen "voll" getankt und mache das jetzt wieder. Ich habe das Fahrzeug den ganzen Tag im Geschwindigkeitsbereich von 80 - 100 km/h als Top-Speed bewegt und erwarte schon einen relativ niedrigen Verbrauch Den gibt es dann auch. Aber anders als ich dachte.Dieses Auto hat doch tatsächlich 25 Liter pro 100 Kilometer "gesoffen". - Jetzt bin ich fast ein wenig beleidigt. Da beginnt man gerade ein Automobil gern zu haben und dann so etwas.

Ich muß an diesem Tag noch dringend zu einer Pressekonferenz in die Nähe von Köln. Da werde ich das Biest rennen lassen. Mal sehen, wie viel er dann säuft. Nun ist es mir egal.

Und dann lasse ich "die Kuh fliegen", presche durch das Ahrtal. Vorne unter der Haube scheint der 4,9 Liter V 8 zornig zu knurren. Alle Wut die (über diesen gemessenen Wahnsinnsverbrauch) habe wird langsam wieder durch die Fahrfreude verdrängt, die dieses Automobil bei schneller Kurvenfahrt macht. Ganz präzis lassen sich die Kurven anfahren. Das Auto lenkt präzise ein, läuft sozusagen den Augen des Fahrers nach.

Auf der Autobahn lasse ich den Maserati so mit guten 200 km/h rennen. Dann steht der Zeiger des Drehzahlmesser bei 5.000 U/min. Die maximale Drehzahl beträgt 5.600 u/min. Beeindruckend, wie leise der Quattroporte auch im oberen Geschwindigkeitsbereich bleibt.

Meine Bedenken, bei dieser Fahrweise nicht ohne Nachtanken wieder in die Eifel zu kommen erfüllen sich nicht. Laut Tankanzeige reicht der Benzinvorrat. - Warum? - Als ich am nächsten Morgen wieder volltanke errechnet sich für die nächtliche Hetzjagd ein Verbrauch von 17,5 Liter pro 100 Kilometer.

Da wird man nachdenklich. Und wir haben es in den Tagen danach immer wieder überprüft. Wir sind langsam und sind schnell gefahren. Beim Langsamfahren wurde immer mehr verbraucht als beim schnelleren Fahren. Und es gibt sogar - nach einigem Nachdenken - eine Erklärung dafür.

Bei 80 - 100 km/ scheint das automatische Getriebe des Quattroporte nicht gerade mit einem guten Wirkungsgrad zu arbeiten. Und die Klimaanlage kostet Leistung und die Servolenkung... - Und so kommt es, dass viel kostbares Superbenzin unnötig vergast wird. Merken Sie sich also für die Maserati Quattroporte-Praxis: Bummeln ist teuer, Schnellfahren ist preiswerter.

Und schön! - Da lässt sich noch bequem bei Tempo 1000 das Radio hören. Da reichen auch die Bremsen, da stimmt das Fahrwerk. Ein besonderer Genuss ist es übrigens. im Quattroporte hinten zu sitzen. Dort hat man wirklich Beinfreiheit, kann sich in richtigen Sitzschalen entspannen, einen Krimi lesen oder mit seinem Nebenmann (oder -frau) plaudern. Ohne sich anschreien zu müssen. Denn vorne unter der Motorhaube blubbert der Achtzylinder immer moderat und auch die anderen Fahrgeräusche halten sich in Grenzen.

Ganz anders der akustische Eindruck für einen außen Stehenden. Da röhrt der Achtzylinder kräftig und agil, man hört praktisch alle Nebenaggregate arbeiten, vernimmt das laute Abrollgeräusch der Reifen. Wenn man die Motorhaube öffnet findet man die Erklärung: Nach innen hin ist alles wunderbar abgeschirmt, abgedämmt, geradezu ausgepolstert. Und dann dieser wunderschöne Achtzylindermotor mit seinen Ventildeckeln mit schwarzem Schrumpflack. Es ist eigentlich eine Schande, dass so eine Augenweide immer abgedeckt ist. Und öffnen Sie doch einmal die Verschraubung, um Öl nachzufüllen: Sie liegt schwer in der Hand, das Messinggewinde macht deutlich warum.

Haben Sie Verständnis dafür, dass ich bei diesem Automobil nicht die Beschleunigung von Null auf 100 km/h gemessen habe, dass es mir wirklich egal war, ob der Quattroporte nun 226,8 oder 231,7 km/h schnell war? - Wenn man ein solches Automobil näher kennen gelernt hat, werden solche Standard-Messungen einfach lächerlich. Ein solcher Quattroporte hat einfach immer genügend Leistung.

Aber ganz ehrlich: den 4,9 Liter sollte man sich schon gönnen. Man würde gegenüber der 4,2 Liter-Version zwar gut 5.000 Mark sparen, aber das wäre ein Sparen an der falschen Stelle. Und nun wo ich es kenne, würde ich mir diese bequeme viertürige Limousine auch nur mit einem Automatikgetriebe kaufen Es passt so wunderbar zum Motor. Und überhaupt... -

Ich frage mich, warum ein solches Automobil eigentlich in Deutschland nicht mehr Käufer findet?

Aber in einer Reihe von Gesprächen mit möglichen Interessenten wurde deutlich: dieser Maserati "macht nichts her", er ist kein Show-Mobil, kein Automobil, mit dem man bei vielen Auch-Autofahrern Eindruck machen könnte. Einen Maserati Quattroporte kauft nur der, der schon eine Persönlichkeit ist. Andere kaufen sich anderer (teurere) Automobile nur, um sich damit (scheinbar) zu einer Persönlichkeit aufzuschwingen. Am Beispiel der Zulassungszahlen des Maserati Quattroporte ist praktisch nachzuweisen, wie wenig Leute mit Persönlichkeit es in unseren Landen gibt.

Meine Frau, die in den letzten Jahren immer wieder von einem Porsche schwärmte, hat jetzt einen neuen Traum: "Wenn ich mal im Lotto gewinne, kaufe ich mir einen Maserati Quattroporte. Ich habe gar nicht gewusst, dass es ein solches Automobil überhaupt gibt." - Vielleicht möchte Sie später auch nur einmal mit anderen Maserati-Fahrern wie Ascari, Nuvolari, Farina, Fangio, Villoresi, Moss, Hawthorn, Surtees usw. in einem Atemzug genannt werden.

Man muss übrigens nicht bis zum ersten Lottogewinn mit dem Kauf eines Maserati Quattroporte warten. Man kann es auch mal mit Leasing versuchen. Keine Eigenkapitalbindung und alles voll absetzbar.

Man muss nur wissen was man will: Entweder ein Haus in Monreal oder ein Monument italienischen Automobilbaus.

MK/Wilhelm Hahne


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