Yamaha TR 1: als Motorrad-Persönlichkeit nicht nur von Motor-KRITIK unvergessen

Motor-KRITIK hat nicht nur ein Faible für Lamborghini, Maserati und ähnlich teure Exoten. Dieses Mal hat Wilhelm Hahne einen seiner alten Motorrad-Tests herausgekramt. Er betrifft die Yamaha TR 1 und wurde in 1981 geschrieben. Erschienen ist er damals in Heft 10/11 von "MOTORRAD REISEN", dessen Chefredakteur, Reiner H. Nitschke, das "Meckern" des Wilhelm Hahne über die "08/15-Tests von Schnell-Testern für Schnell-Leser" leid war. "Dann mache einen Motorrad-Test doch einmal so, wie du ihn machen würdest". - Und so entstand dieser Test der TR 1. Es war der erste und letzte Test von diesem Umfang und ist wahrscheinlich bis heute der längste Motorrad-Test gewesen, der in Deutschland jemals gedruckt wurde. - So etwas war - und ist(!) - eben nicht mehr zeitgerecht. Wobei man sich fragen muss, ob das auch die Leser so empfinden. Wir bei Motor-KRITIK sind jedenfalls auf die Idee gekommen, diesen "alten" Test (von 1981) nun ins Internet zu stellen, weil es auch immer wieder Nachfragen nach diesem Test gab, den viele der neuen TR 1-Besitzer (es sollen in Deutschland immer noch um 1600 - 1800 TR 1 zugelassen sein) nur vom Hörensagen kennen. Die Yamaha TR 1 ist - wie von Wilhelm Hahne damals vorhergesehen - zu einem Kultmotorrad geworden, zu dem man heute nicht nur Seiten im Internet findet (www.TR1.de), sondern auch immer noch Fan-Treffen. In diesem Jahr z.B. vom 11. bis 13. August in Roßbach/Bayern. Das liegt zwischen Landshut und Altötting, nahe der österreichischen Grenze. (Näheres dazu auf der TR1-Internet-Seite.) - Doch nun zum Test der Yamaha TR 1, dessen Text vollkommen unverändert, wie 1981 erschienen, nachstehend zu lesen ist.

Yamaha TR 1: Der moderne Klassiker

00-04-20/01. Der Tourentest der Yamaha TR 1 begann mit einer Überraschung. In der ersten Eingewöhnungsrunde - wir testen unter anderem auch auf dem Nürburgring, weil sich auf dem kurvenreichen Eifel-Kurs jede Fahrwerkschwäche offenbart - kommt es in der leichten Linkskurve bei Kilometer 4 hinter dem "Flugplatz" zu einem beeindruckenden Pendeln der Maschine. Es liegen um 150 km/h im 4. Gang bei voll geöffneten Drosselklappen an. Die Kurve läßt ohne weiteres noch höhere Geschwindigkeiten zu, erfordert jetzt mit der TR 1 nur eine leichte Schräglage.

Als dann herunter zum "Schwedenkreuz", in einem leichten Linksknick davor, die TR 1 schon wieder zu wackeln beginnt - so um 180 km/h Tachoanzeige - da fragt sich der Fahrer doch, was mit der Maschine nicht in Ordnung ist. Wir haben die TR 1 vor Monaten bereits über sizilianische Bergstraßen getrieben, sind voll über die Autostrada geprescht, aber derartige Fahrwerksunruhen haben wir niemals verspürt. Auch nicht im Ansatz. Dabei ist die uns jetzt zur Verfügung stehende Testmaschine mit Metzeler-Reifen bestückt. Vom äußeren Erscheinungsbild her sind es vertraueneinflößende Reifen. Hinten der voluminöse ME 99, vorne ein ME 11.

An den Reifen kann es also kaum liegen. So experimentieren wir zunächst einmal mit der Fahrwerkabstimmung und vorher noch mit dem Reifendruck. Es ändert sich aber nichts. Die TR 1 wackelt nach wie vor in leichten Kurven, wo das Fahrwerk eigentlich gar nichts zu wackeln hat. So in der "Lauda-Kurve" vor dem "Bergwerk", in dem langen Linksbogen danach hinauf zum "Kesselchen", in dem leichten Linksbogen an der "Antoniusbuche". Immer sind es Stellen, die nur einen leichten Einlenkvorgang und nur eine leichte Schräglage erfordern. Eigenartigerweise trat die Fahrwerkunruhe nicht bei stark abgewinkeltem Motorrad, bei schneller Kurvenfahrt auf Landstraßen, oder auch in entsprechenden Kurvendurchfahrten auf dem Nürburgring auf.

Wir orderten Bridgestone-Reifen und versuchten zunächst einmal (weil wir um Praxisnähe bemüht sind) den Bridgestone-Vorderradreifen in Kombination mit dem Metzeler ME 99 hinten. Schließlich ist der Hinterradreifen eines Motorrades zuerst verschlissen und im Motorrad-Alltag wird man dann den noch sicherlich recht brauchbaren Bridgestone-Reifen, wie er serienmäßig auf der TR 1 montiert ist, nicht wegwerfen. Erstaunlich! - Damit war die TR 1 an den kritischen Stellen schon um einen Hauch ruhiger, zeigte aber immer noch die Pendelneigung. Der Metzeler ME 99 läßt sich also durchaus mit dem Bridgestone-Vorderradreifen kombinieren. Dann wurde auch ein Bridgestone aufs Hinterrad montiert und so die serienmäßig vorhandene Reifenbasis wieder hergestellt. Würde die TR 1 jetzt wieder so "lammfromm" sein, wie wir sie auf Sizilien kennengelernt hatten?

Mit Spannung ging es auf die nächste Nürburgring-Runde, Dann war der erste "kritische Punkt" kurz hinter dem "Flugplatz" erreicht. Ruhig, so ruhig, als wäre es ein anderes Motorrad, ging die TR 1 um die leichte Linkskurve. Auch an den anderen Stellen ist das Wackeln einfach weg. Wurde die "Lauda"-Kurve mit dem Metzeler-Reifen vorher im 4. Gang mit Vollgas durchfahren, trauten wir uns jetzt mit den Bridgestone-Reifen,  noch vorher in den 5. Gang zu schalten. Natürlich spiegelten sich die Reifeneigenschaften auch in den Fahrzeiten wieder. Wir waren mit den Bridgestone-Reifen schneller. Obwohl der Metzeler ME 99 beim Herausbeschleunigen aus den Kurven gegenüber dem Bridgestone Vorteile gezeigt hatte.

Unser Testbeispiel beweist, daß ein guter Reifen (und das ist der Metzeler durchaus) nun einmal nicht genügt. Er muß zu dem jeweiligen Motorrad passen. Darum treffen unsere Reifen-Erfahrungen auch nur für die Yamaha TR 1 zu.

Nach Aussage des Herstellers ist dieses Motorrad mit seinem Zweizylinder-V-Motor "eine logische und nahezu zwingende Antwort auf die Erfordernisse der 80er Jahre". Yamaha nennt als Konstruktionsziel für die TR 1, "ein Motorrad mit höchstem Individualwert zu schaffen" und als technische Kriterien: gute Handlingeigenschaften, hervorragendes Leistungsgewicht und günstiger Benzinverbrauch. Die Japaner sahen jedoch die größte Schwierigkeit darin, "dem Motorrad einen Charakter zu geben".

Da der Charakter eines Motorrades in starkem Maße von den Eigenschaften seines Motors bestimmt wird, wollen wir bei dem Test der Yamaha TR 1 auch hier beginnen:

Motor:
luftgekühlter Zweizylinder-V-Motor, Zylinderwinkel 75 Grad, obenliegende Nockenwellen über Zahnketten angetrieben, Hubraum 981 ccm, Bohrung 95 mm, Hub 69,2 mm, Verdichtung 8,3:1, Leistung 51 kW (69 PS) bei 6.500 U/min, max. Drehmoment 80,0 Nm (8,2 mkp) bei 5.500 U/min, zwei Hitachi Gleichdruckvergaser, Kurbelwellenlager Kugellager, Pleuellager Gleitlager, Gesamtölmenge 3,6 l, bei Ölwechsel 3,1 l, benötigte Kraftstoffqualität: Normalbenzin.

Die Yamaha TR 1 sollte ein Motorrad mit großem Drehmoment werden. Deshalb war ein großer Hubraum notwendig. Man wollte sich aber in jedem Falle auf zwei Zylinder beschränken, denn man ist bei Yamaha zu der Einsicht gekommen, daß der Trend nach Höchstleistung das Motorrad zu einer sterilen, unmenschlichen Maschine gemacht hat. Also hieß es: Zurück zu einem Motor klassischer Prägung. Das hätte ein Parallel-Twin sein können, aber da wären bei der vorgesehenen Hubraumgröße Vibrationsprobleme aufgetreten, die die Verwendung von Ausgleichswellen unbedingt erforderlich gemacht hätten. Das paßte nicht in das Konzept der Yamaha-Konstrukteure, die einen möglichst unkomplizierten Motor bauen wollten. So kam man auf den V-Motor. Seine Vorteile: kompakte Bauweise, geringes Gewicht, großes Drehmoment, günstiger Benzinverbrauch und relativ geringe Vibrationen.

Da das Motorrad schmal und schlank werden sollte, ergab sich daraus die Entscheidunng, den Motor mit der Kurbelwelle quer zu Fahrtrichtung einzubauen. Die meisten bekannten Zweizylinder-V-Motoren weisen einen Zylinderwinkel von 90 Grad zueinander auf. Yamaha entschied sich dafür, dem neuen V-Motor einen 75-Grad-Winkel zu geben, da so leichter eine niedrige Sitzposition des Fahrers und der Einbau einer Cantilever-Federung verwirklicht werden konnte.

Die Zylinder sind aus einer Aluminium-Legierung (genau wie die Zylinderköpfe), in die Grauguß-Laufbüchsen eingeschrumpft sind. Yamaha verwendet bei dem TR 1-Motor eine neuartige Zylinderkopf-Dichtung (Metall-Asbest), die einen optimalen Wärmeaustausch zwischen Zylinderkopf und Zylinder sicherstellen soll. Da der Motor tragendes Teil des Fahrwerks werden sollte, verbinden Stehbolzen, die vom Kurbelgehäuse ausgehen, Zylinder, Dichtungen, Zylinderkopf und Rahmen miteinander.

Die Kurbelwelle dreht rückwärts (in Fahrtrichtung betrachtet), wodurch sich automatisch die richtige Drehrichtung der Antriebswelle ergibt. Außerdem werden durch die Rückwärtsdrehung - so ergaben Versuche - die bei einem V-Motor vorhandenen Vibrationen besser absorbiert, da sie vom hinteren Rahmenteil besser "geschluckt" werden können, als vom vorderen.

Der Motor baut nur 377 mm breit und ist damit nur 83 mm breiter als der Einzylindermotor der inzwischen zur Legende gewordenen Yamaha XT 500. Soviel zur konstruktiven Basis. Doch nun zur Praxis und zu den Testergebnissen.

Man muß sich zunächst fast daran gewöhnen, nicht bei jeder Drehzahländerung gleich hektisch mit dem Fuß im Getriebe herumzurühren. Der Motor ist wirklich bullig, elastisch. Ab 3000 U/min ist schon nutzbar Leistung vorhanden und unsere Elastizitätsmessungen beweisen auch objektiv unseren zunächst nur subjektiven Eindruck. Von 50 auf 100 km/h (dem Tempo-Limit auf deutschen Landstraße) beschleunigt die Yamaha TR 1 Solo im 5. Gang souverän in 7,4 Sekunden. Das ist eine Zeit, für die man nominell leistungsstärkere Vierzylinder erst einmal um einen Gang zurückschalten muß.

Auch am Nürburgring wurde die bullige Elastizität der TR 1 als angenehm empfunden. Man fährt "akustisch" zwar langsamer, von den Zeiten her aber schneller. Was beinahe noch wichtiger ist: Die Bierruhe des Motors überträgt sich auf den Fahrer. Der ist auf einer TR 1 weniger hektisch (und damit auch weniger belastet!) als auf einer hochdrehenden Vierzylinder. Aber dabei kaum langsamer.

Wir wurden darin auf unseren Testfahrten über die kurvenreichen Landstraßen der Eifel bestärkt, nahmen lächelnd die notwendigen "Schaltanstrengungen" anderer Motorradfahrer zur Kenntnis, wenn sie unserer gemütlich brummelnden TR 1 nur mit hohen Drehzahlen zu folgen vermochten. Angenehm die bullige Motor-Charakteristik auch bei Fahrten auf der Autobahn. Auch hier muß man eigentlich niemals schalten. Alle Autobahnsteigungen schluckt die TR 1 locker im 5. Gang. In diesem Gang beschleunigt sie solo in 8,5 Sekunden von 80 auf 130 km/h.

Auf Autobahn-Reisen so um 140 km/h Tachoanzeige liefen 6,5 Liter Normalbenzin durch die Vergaser. Bei ruhiger Landstraßenfahrt waren es 5,8 Liter, bei schneller Nürburgring-Hatz um 8 Liter. Den Spitzenverbrauch von 8,93 Liter (ganz genau!) erzielten wir bei Nürburgring-Testfahrten mit voll beladener Maschine (Fahrer + Beifahrer + beladene Packtaschen + beladener Tankrucksack, 428 kg Gesamtgewicht).

Erlebt am Nürburgring: "Was hat denn eigentlich die Zündkerze im hinteren Zylinder für einen Wärmewert", fragt ein junger Motorradfahrer. Auf unseren fragenden Blick hin meint er: "Weil doch der hintere Zylinder zu heiß wird. Das ist doch auch schon  bei der Harley so." Man sollte V-Motor und V-Motor nicht in einen Topf werfen. Beim TR 1-Motor haben beide Zylinder den gleichen Wärmewert. Warum auch? Der zweite Zylinder erwärmt sich nur unwesentlich mehr. Wir machten unsere Wärmemessungen in der Zündkerzenpartie des Zylinderkopfes. Im Mittel von 12 Messungen nach den verschiedensten Fahrbelastungen betrug der Temperatur-Unterschied zwischen vorderem und hinterem Zylinder 1,7 Grad. Um diesen - wirklich vernachlässigbaren Wert - war der hintere Zylinderkopf in der Kerzenpartie wärmer. Und das bei einer mittleren Zylinderkopf-Temperatur von 93,4 Grad. Die größte Differenz trat nach folgender Extrembelastung auf: Nach einer schnellen Nürburgringrunde (mit Sozius) wurde die Maschine noch fünf Minuten im Stand laufen gelassen. So kam zum "Nachheizeffekt" auch noch der Standlauf ohne die sonst vorhandene Fahrtwindkühlung. Die Messung danach ergab: Zylinderkopf vorne 93 Grad, hinterer Zylinder 100 Grad. Die maximale Öltemperatur wurde von uns mit 128 Grad Celsius gemessen. Diese Temperatur ergab sich sowohl nach schnellen Nürburgring-Runden mit Sozius (18 Grad Außentemperatur), als auch nach 20 Minuten Autobahn-Vollgasfahrt solo (25 Grad Außentemeperatur).

Wir haben auch die Auspufftemperaturen der TR 1 gemessen und - sind erschrocken. In dieser Beziehung ist diese Yamaha echt "ein heißer Ofen". Das sind die Spitzenwerte, gemessen nach schnellen Nürburgringrunden: Rechter Schalldämpfer 330 Grad, der linke 260 Grad Celsius. Bei normaler Landstraßenfahrt lauteten die entsprechenden Ergebnisse 250 und 230 Grad, während nach einer Autobahn-Vollgasprüfung, die ursprünglich nur zu einer Öltemperatur-Messung gedacht war, 240 und 220 Grad Celsius gemessen wurden.

In diesem Zusammenhang sind noch ein paar andere Meßdaten interessant, mit denen wir aufzeigen können, welche Temperaturen bei den oberhalb der Auspufftöpfe angebrachten Kunststoff-Packtaschen auftraten. Hier wurden von uns maximal 35 bzw. 29 Grad, jeweils auf der Bodeninnenseite gemessen  und notiert. Das ist kühler als wir erwarteten, ist aber beim richtigen Packen für eine längere Reise zu berücksichtigen.

Wir haben uns deshalb so eingehend mit dem "Wärme-Haushalt" des TR 1-Motors beschäftigt, weil wir bei unseren Vorarbeiten zum TR 1-Test von Dichtungsproblemen gehört hatten. Die werden vom Yamaha-Importeur übrigens auch nicht bestritten, aber mit "Anlaufschwierigkeiten bei der Serienproduktion in Verbindung mit der neuen Zylinderkopfdichtung" erklärt. Was glaubhaft erscheint. Thermische Überlastung des Motors kann nach unseren Messungen auch kaum der Anlaß für Schäden an der Zylinderkopfdichtung sein.

Zusammengefaßt: Ein im technischen Aufbau unkomplizierter Motor, der von seiner Elastizität her hervorragend in ein Reisemotorrad paßt. Er ist vibrationsarm und verbrauchsgünstig, kennt auch keine thermischen Probleme.

Elektrik:
12 V, Wechselstrom-Magnetzündung mit einer Leistung von 14 V - 16 A bei 5.000 U/min, Transistorzündung mit elektronischer Zündverstellung, Batterie 12 V - 20 Ah, elektrischer Anlasser mit 0,6 kW Leistung, Scheinwerfer vorne 200 Durchmesser mit Halogenlicht 60/55 W.

Diese elektrische Ausstattung entspricht dem heutigen Stand der Technik. Sie ist servicefreundlich angelegt. So ist die Zündanlage absolut wartungsfrei. Die Batterie hat nicht nur die Ausmaße, sondern auch die Kapazität, die für das Betreiben eines kleinen Automobils ausreichend wäre. Das läßt auch das Mißtrauen gegenüber der Startbereitschaft eines Motorrades schwinden, das wie die TR 1 nur über einen elektrischen Anlasser, nicht aber über einen zusätzlichen Kickstarter verfügt. Viele Tourenfahrer würden sich allerdings sicher einen Kickstarter als Zusatzausstattung wünschen.

Die elektrische Anlage verhielt sich während des Tests so, wie man es als Motorradfahrer gerne hat: Sie war unauffällig, selbstverständlich, entsprach inder Praxis allen Anforderungen. Der Halogenscheinwerfer kann mit seinen 20 cm Durchmesser nur als vorbildlich bezeichnet werden. In der Testpraxis zeigte sich, daß die Verwendung von zwei Birnen in der Schluß- und Bremsleuchten-Einheit einen Sicherheitsaspekt hat. So brannte irgendwann eine Bremsleuchte nicht mehr. Ein Faden (der Zweifadenbirne) war zerstört. Während der Fahrt ist es dem Fahrer einer TR 1 unmöglich, diesen Schaden zu erkennen. Dank der vorhandenen zweiten Birne wird aber auch dann der nachfolgende Verkehr rechtzeitig informiert.

Kraftübertragung:
Primärantrieb über Zahnräder, Untersetzungsverhältnis 1,660:1, 7-Scheibenkupplung im Ölbad laufend, fußgeschaltetes 5-Ganggetriebe mit folgenden Abstufungen: 1. Gang 2,353:1, 2. Gang 1,667:1, 3. Gang 1,286:1, 4. Gang 1,032:1, 5. Gang 0,909:1, Sekundärantrieb über Rollenkette, 90 Glieder, im geschlossenen Kettenkasten laufend.

Bei der TR 1 hat Yamaha versucht, die Vorteile der Kette (Elastizität), mit den Vorteilen des Kardans (Wartungsarmut) zu verbinden. Die Yamaha-Lösung kommt mit einer normalen Rollenkette aus, die aber vollkommen abgekapselt und vor Witterungseinflüssen geschützt, in einem mit Lithium-Fett gefüllten Kettenkasten läuft. Glaubt man den Werksangaben, so ist die Kette nur alle 6.000 Kilometer zu spannen und nach 50.000 Kilometer erst auszuwechseln. Das übertrifft bei weitem die Laufleistungen, die seit Einführung der O-Ring-Kette möglich geworden sind. Tatsächlich gab sich die gekapselte Kette der TR 1 auch bei uns im Test problemlos. Von 2.000 harten Test- und Meß-Kilometern zeigte sie sich genauso wenig beeindruckt, wie von weiteren gut 1.000 Reise-Kilometern. Sie brauchte während der ganzen Testzeit niemals nachgestellt zu werden.

Da eine vollgekapselte Kette aber angeblich durch übergroße Hitzeentwicklung zu leiden hat, haben wir das auch gemessen. Nach maximaler Beanspruchung wurde als Höchsttemperatur 70 Grad gemessen. Hier ist also kaum mit Problemen zu rechnen.

Im Zusammenhang mit geschlossenen Kettenkästen wird immer wieder das Problem des Hinterradausbaus diskutiert. Die TR 1 ist hier vorbildlich konstruiert: Kette und Kettenkasten brauchen nicht demontiert zu werden, da Radnabe und Kettenrad durch einen gummigedämpften Mitnehmer verbunden sind.

Bei unserer Test-Maschine neigte die Kupplung in allen Gängen im Bereich des maximalen Drehmoments zum kurzen Durchrutschen. Nachdem die Kupplung neu eingestellt wurde, trat diese Erscheinung nicht mehr auf. Die Kupplung erfordert nur geringe Handkräfte und ist gut zu dosieren. Das Getriebe ist nicht besonders leichtgängig. Es gibt besser zu schaltende Getriebe an japanischen Motorrädern. Doch es läßt sich immer exakt und genau betätigen. Mit der Getriebeabstufung sind wir nicht ganz einverstanden. Zwar sieht auf dem Papier alles ganz gut aus, aber in der Praxis... - Der 1. Gang reicht bis gut 80 km/h, der 2. Gang bis 110, der 3. bis 140, der 4. bis 170 und der 5. Gang bis zur Höchstgeschwindigkeit, die laut Werksangaben bei 190 km/h liegen soll. Bei Fahrten durch die Eifel (aber auch schon bei unseren Fahrten auf Sizilien) mußten wir feststellen, daß die TR 1 mit ihrem langen Radstand  nicht gerade leicht um enge Bergab-Kehren zu manövrieren ist. Das erfordert den 1. Gang, geht aber schon nicht mehr bei eingekuppeltem Motor. Der Motor neigt nämlich mit seinen kleinen Schwungmassen dazu, im Bereich unter 1000 U/min plötzlich stehen zu bleiben. Dann hilft nur noch "Füßeln", da sie sofort nach innen kippt. Und das sind immerhin 250 Kilogramm (mit vollem Tank), die da unvorbereitet abkippen! Auch beim Wenden muß man immer wieder mit der Kupplung arbeiten. Desgleichen im dichten Stadtverkehr. Schritttempo ohne Kupplungsschleifen ist praktisch nicht möglich. Obwohl man auf der anderen Seite - dank des elastischen Motors - im 5. Gang mit 50 km/h durch die Stadt tuckern kann. Obwohl es sich eigenartig anhört: Zu diesem Motorrad paßt ein 6-Gang-Getriebe. Ein kürzerer erster Gang und ein 6. Gang, der drehzahl- und benzinsparend etwa ein übersetzungsverhältnis von 0,83:1 haben könnte, wäre wohl die Ideallösung.

Was nicht stört (aber verwundert), ist ein leichtes Singen des Primärantriebs. nachdem sich Yamaha soviel Mühe gegeben hat, um das Geräusch-Niveau der TR 1 niedrig zu halten...

Fahrwerk:
Monocoque-Hauptrahmen, Hilfsrohrrahmen zur Aufnahme der Sitzbank, Cantilever-Schwinge mit Gasdruck-Federbein, Luftunterstützung für Federhärte und 6-fach verstellbare Dämpferhärte durch Handrad, 105 mm Federweg, vorne luftunterstützte Teleskopgabel mit 150 mm Federweg und 36 mm Standrohrdurchmesser, vorne zwei Bremsscheiben mit 267 mm Durchmesser, hinten Trommelbremse mit 200 mm Durchmesser, Leichtmetallgußräder, vorne 19, hinten 18 Zoll, mit Bereifung 3.25 H 19 vorne und 120/90 - 18 65 H oder 120/90 H 18 hinten, Serienbereifung vorne Bridgestone L 303 oder Dunlop F 8, hinten Bridgestone S 714 oder Dunlop K 127, Radstand 1540 mm, sitzhöhe 770 mm.

Durch die Verwendung eines Monocoque-Hauptrahmens konnten die Yamaha-Konstrukteure gleich einige Probleme lösen. Ein Monocoque-Rahmen (miteinander verschweißte Stahlblechschalen) ist preisgünstig zu fertigen. Außerdem hätte ein Rohrrahmen im Falle der TR 1 mit seinem V-Motor die Strömung der Kühllluft für den Motor negativ beeinflußt. Zum anderen konnte so der Einlaßkanal für die Ansaugluft in idealer Weise in den Rahmen einbezogen werden. Außerdem brachte der Monocoque-Rahmen Gewichtsvorteile. Aus diesem Grunde kam man auch zur Cantilever-Federung des Hinterrades mit nur einem Feder/Dämpfer-Element. Die Bewegungen des Dämpfers werden durch eine konisch zulaufende Magnesium-Dämpferstange beeinflußt, die den Fluß des Dämpferöls steuert. Magnesium wurde hier nicht nur aus Gründen der Gewichtseinsparung verwendet: Magnesium dehnt sich bei Erwärmung stärker aus als Stahl und der Dämpfer kann so besser die Viskositätsverluste des Dämpferöls kompensieren. Dadurch will Yamaha unter allen Temperatur-Verhältnissen den optimalen Wirkungsgrad des Federbeins sicherstellen. Die Luftunterstützung der Feder soll dem Fahrer helfen, die ideale Abstimmung für ihn zu finden. Aus dem gleichen Grunde arbeitet auch die vordere Teleskopgabel mit Luftunterstützung.

In der Testpraxis zeigte sich, daß die Luftunterstützung des Federsystems zwar gut gemeint, jedoch nicht sehr praxisgerecht ist. Wurde sonst bei der TR 1 eine "überzogene Technik" mit Erfolg vermieden, so hat man bei der Übernahme von luftunterstützten Federsystemen einem Modetrend nachgegeben.- Welche Tankstelle verfügt schon über genau anzeigende Druckmeßgeräte? Dazu kommt, daß die vorderen Gabelbeine ohne Druckausgleich untereinander sind. Schon ein unterschiedliches Abnehmen des Druckluftschlauches verhindert gleichmäßiges Füllen.

Wir ermittelten im Testbetrieb als ideale Luftunterstützung der Vordergabel 1,0 bar. So neigte die Gabel auch bei scharfem Bremsen (und bei Soziusbelastung) nicht zum Durchschlagen, vermittelt aber noch Federkomfort. Für das Cantilever-Federbein ließ sich dagegen keine Allround-Einstellung finden. Für Solobetrieb (Fahrer 79 kg fahrfertig) waren 2,0 bar genau richtig, bei Soziusbetrieb mußte auf 3,0 bar erhöht werden. Als Dämpferstufe wurde am Handrad die 3 gewählt. Sie konnte auch unter Belastung unverändert bleiben. Aber wer fährt schon extra zur Tankstelle, um am hinteren Federbein den Luftdruck zu erhöhen, wenn er mal eben jemand ein paar Kilometer mitnehmen will?

Dieses System ist also nicht praxisgerecht. Man sollte die Vielzahl der Einstellungsmöglichkeiten verringern. Und wenn es schon Luftunterstützung sein muß: Bitte ein Druckmanometer serienmäßig beilegen und nicht nur gegen Aufpreis (!) anbieten.

Schon nach einigen Abstimmungsversuchen gingen die Gummikappen, die die Luftventile an der vorderen Gabel abdecken sollen, während der Fahrt verloren. Was ist, wenn ein Passant "aus Spaß" die Luft aus nur einem Gabelholm abläßt?

Die Bremsanlage ist dagegen ohne Tadel. Die benötigte Handkraft für die vordere Doppel-Scheibenbremse ist zwar relativ hoch, macht die Bremse aber bei Regen fein dosierbar. Gerade auch bei Regen überraschte die vordere Scheibenbremse positiv. Sie sprach selbst  nach minutenlanger schneller Fahrt ohne jeden Bremsvorgang zwischendurch beim ersten Fingeranziehen direkt und sofort (ohne jede Verzögerung!) an. Das spricht gegen die alte Theorie von den "Wasservorteilen" einer gelochten Scheibenbremse. Das Geheimnis liegt im richtigen Bremsbelag. So kann man jedem TR 1-Fahrer nur empfehlen, beim serienmäßigen Bremsbelag zu bleiben.

Daß die hintere Trommelbremse "wasserfest" ist, war bisher das einzige Argument, das gegen eine Scheibenbremse hinten sprach. Durch die Erfahrungen mit der TR 1-Scheibenbremse vorne scheint es überholt. Gerade Regenfahrten mit der TR 1 machen jetzt die Nachteile der Trommelbremse deutlich: Man sucht mit dem Fuß den "Druckpunkt", den Punkt, wo die Hinterradbremse Wirkung zeigt. Jetzt kann man als Fahrer nur noch warten und keinen Einfluß mehr nehmen. Die Trommelbremse arbeitet nämlich (im Gegensatz zur Scheibenbremse) selbstverstärkend. Die Bremsbacken "laufen auf" (bei unveränderter Fußpedal-Stellung) und - das Hinterrad blockiert. Das ist unangenehm. Nicht nur für Motorrad-Neulinge.

Die Leistung der Bremsanlage in seiner jetzigen Form ist allerdings nicht zu beanstanden. Bei Bremsversuchen aus 100 km/h erreichten wir einen Bremsweg von 43,25 Metern. Die schlechteste Messung ergab einen um 3,05 Meter schlechteren Wert - und einen rund fünf Meter langen Blockierstreifen des Hinterrades. Die Bremse zeigte auch bei großer Beanspruchung, die sie z.B. am Nürburgring auf der Abfahrt hinunter nach "Breidscheid", absolut kein Fading. Temperaturmessungen bestätigten objektiv den subjektiven Eindruck. Die vorderen Bremsscheiben brachten es nach schneller Solo-Abfahrt am tiefsten Punkt des Nürburgrings gerade auf eine Temperatur von 97 Grad. Genauso scharf gefahren, aber vollbepackt mit Sozius, Packtaschen und Tankrucksack (Gesamtgewicht 428 kg) kamen die Bremsscheiben auf 148 Grad. Zum Vergleich: Eine 1000er Langstreckenrennmaschine hat bei nur einem Bremsvorgang zur Anfahrt an die Boxen eine Bremsscheiben-Temperatur von 170 Grad und ist damit sicher noch lange nicht am Ende ihrer Reserven.

Die Fahreigenschaften der TR 1 insgesamt können nur als vorzüglich bezeichnet werden. Das Handling ist hervorragend, die 250 kg Masse (vollgetankt) nicht mehr spürbar. Nicht nur dem sportlichen Fahrer wird die Bodenfreiheit Freude machen. Und wenn wirklich mal etwas aufsetzt, so sind es zunächst die Fußrasten, die sofort nachgeben. Bei voller Auslastung (und nicht genügender Luftunterstützung des Cantilever-Federbeins) kann auch schon mal der Mittelständer Funken ziehen. Die Fahreigenschaften der Yamaha TR 1 (mit den richtigen Reifen!) sind eine echte Freude.

Ausstattung:
Chokehebel am linken Lenkergriff, Benzinhahn mit Unterdruckventil, E-Starter mit Sicherheitseinrichtung, Ölstandsanzeige, Fernlichtkontrolle, Leerlaufanzeige, elektrischer Drehzahlmesser, Tachometer vom Vorderrad angetrieben, Doppeltonhorn, Lichthupe, Bordwerkzeug, Kette als zusätzliche Diebstahlsicherung, kleines abschließbares Fach und Gepäckträger hinter der Sitzbank, Fach für Betriebsanleitung unter der Sitzbank, Sitzbank abschließbar, abschließbarer Sturzhelmhalter, Alu-Haltegriff für den Beifahrer, zwei Rückspiegel, Mittel- und Seitenständer, Blinkerschalter mit Druck-Rückstellung.

Der Bedienungskomfort beginnt bei der TR 1 beim Starten. Zur Betätigung des Chokes ist kein Griff in den Motorraum mehr notwendig. Der Chokehebel sitzt am linken Lenkerende. Der E-Starter läßt sich nur betätigen, wenn kein Gang eingelegt, oder die Kupplung gezogen ist. Die "Öl-Leuchte" zwischen Tachometer und Drehzahlmesser zeigt nicht etwa den Öldruck, sondern den Ölstand an. Ein völlig überflüssiges Kontroll-Instrument, da zur Ölstandskontrolle im Kurbelgehäuse schon ein Schauglas eingefügt ist, das vor Antritt einer Fahrt (oder bei einem Tankstellenstop) eine schnelle optische Kontrolle möglich macht.

Bei unseren Testfahrten zeigte sich auch, daß die Ölstandsanzeige im Cockpit ungenau und störanfällig ist. Auch auf den Drehzahlmesser konnten wir uns nicht immer verlassen. Unmotiviert sackte manchmal der Zeiger ab, zuckte erregt im Mittelfeld hin und her. Von einer präzisen Anzeige konnte keine Rede sein.

Der Tachometer - im Gegensatz zum Drehzahlmesser mechanisch betätigt - war ziemlich genau. Bei 100 km/h Tacho-Anzeige betrug die Abweichung 5 Prozent.

Das Bordwerkzeug macht zwar auf den ersten Blick einen ärmlichen Eindruck, ist aber für alle notwendigen Arbeiten, die ein Fahrer eventuell unterwegs durchführen muß, ausreichend. So ist auch der Radwechsel mit dem Bordwerkzeug zu bewerkstelligen.

Im kleinen "Handschuhfach" hinter der Sitzbank findet man auch noch eine zusätzliche Diebstahlsicherung: Eine mit dem Zündschlüssel abschließbare Kette. Eine gute Idee! Ebenso der hintere serienmäßige Gepäckträger.

Ganz und gar nicht zufriedenstellen kann dagegen der Seitenständer. Bei der geringsten Bodenunebenheit muß man nämlich die Maschine zur Gegenseite lehnen, um den Seitenständer auszuklappen. Bei vollbeladenem Motorrad eine unangenehme Übung. Zudem steht die TR 1 auf dem Seitenständer so senkrecht, daß ein mittlerer Windhauch genügt, um sie umzukippen.

Die Armaturen entsprechen dem heutigen Niveau. Obwohl nicht mehr neu, ist der Blinkerschalter mit seiner Druckrückstellung noch immer praxisgerecht. Kritik verdienen die beiden winzigen Viereckspiegel, die eher ein gefährlicher Modegag, als ein sinnvolles Ausstattungsteil sind.

Noch ein Wort zum Anlasser: Er ist schon ein grober Geselle, der laut, mit richtigem Krachen, jeweils den Motor zum Leben erweckt. Wenn es mal nicht beim ersten Knopfdruck geklappt hat, ist es möglich, in den noch laut surrenden Freilauf wieder hineinzustarten. Was den Ritzeln sicher nicht gut bekommt. Wie wär's mit einer Anlaß-Wiederholsperre?

Maße/Gewicht:
Länge 2.295 mm, Breite 730 mm, Radstand 1540 mm, Bodenfreiheit 140 mm, Leergewicht 220 kg, Gewicht fahrfertig 241 kg, zul. Gesamtgewicht 444 kg, kleinster Wendekreis 5,4 Meter. - Testgewichte: Gewicht fahrfertig, vollgetankt, mit Packtaschenhalterungen 250 kg, Fahrer 79 kg, Beifahrer 69 kg, Packtaschen 24 kg, Tankrucksack 8 kg, Gesamtgewicht der vollbepackten Maschine im Test 428 kg, Sitzhöhe 770 mm.

Über die Nachteile eines langen Radstandes haben wir (in Verbindung mit der Getriebeabstufung) bereits gesprochen. Beim Geradeauslauf bringt er natürlich Vorteile. Interessant auch, daß sich dieser lange Radstand sonst nicht negativ auswirkt. Selbst beim Durchfahren von aufeinanderfolgenden Rechts-Links-Wechseln (Nürburgring "Hatzenbach") wirkt er sich nicht nachteilig aus. Auch das relativ hohe Maschinengewicht - immerhin fünf Zentner - ist da nicht spürbar. Sie ist eben deftig gebaut, die Yamaha TR 1. Das macht auch das fast sensationell hohe zulässige Gesamtgewicht von 444 kg möglich. Es ermöglicht - vom fahrfertigen Gewicht unserer Testmaschine ausgehend - eine Zuladung von 194 Kilogramm. Bei dem normalen Gewicht unserer Fahrer und Beifahrer (insgesamt 146 kg), und weil wir die Packtaschen entsprechend der Vorschrift nur mit je 10 kg auffüllten, haben wir die Zuladungsmöglichkeiten der TR 1 gar nicht voll ausgeschöpft.

Damit kommen wir zur Sitzposition. Schließlich wird sie von den Abmessungen und Maßen bestimmt. Die Sitzhöhe ist angenehm niedrig. Fahrer ab 1,70 Meter Größe (und entsprechender Beinlänge) erreichen bequem im Stand mit beiden Füßen den Boden. Das vermittelt genauso ein positives, sicheres Gefühl, wie der subjektive Eindruck, in der Maschine zu sitzen und nicht auf ihr zu hocken. Durch die Sitzmulde ist die Fahrerposition fixiert. Fahrer bis zu einer Größe von 1,80 Meter sitzen angenehm. Bei größeren Fahrern müssen die Unterschenkel stark abgewinkelt werden. Die Fußrasten könnten insgesamt ein wenig weiter vorn plaziert sein. Der Lenker - obwohl nicht sehr breit -  könnte ein wenig schmaler und die Kröpfung der Lenkerenden ein wenig handgelenkfreundlicher sein. So, in der Serienausführung, sind sie auf der Langstrecke durch eine ständige geringe Verdrehung unnötig belastet. Die vorgegebene Sitzposition ist nicht zum Fahren im Hochgeschwindigkeitsbereich geeignet, weil dann die Belastung des Fahrers durch den Winddruck zu hoch wird. Sie kann (mit den gemachten Einschränkungen) als tourenmäßig gut bezeichnet werden.

Die Mitfahrer der TR 1 empfanden ihre Sitzposition auf dem leicht erhöhten Soziussitz als angenehm (Größe der Mitfahrer zwischen 1,60 und 1,70 Meter). Sie fühlten sich auch nicht durch Vibrationen belästigt.

Fahrleistungen:
Höchstgeschwindigkeit nach Werksangaben 190 km/h, Angaben des Herstellers zu der Beschleunigungszeit von 0 - 100 km/h werden nicht gemacht.

Eine Rennmaschine ist die Yamaha TR 1 nun gerade nicht. Will es auch gar nicht sein. Trotzdem versucht der Importeur ihr Fahrleistungen zu unterschieben, die die TR 1 aufgrund ihrer Leistung (und der vorgegebenen Sitzposition des Fahrers) nicht erbringen kann. Wir haben unsere Höchstgeschwindigkeitsmessungen in normaler Sitzposition vorgenommen und kamen unter idealen Bedingungen auf 176 km/h, mit Sozius auf 171 km/h. Inzwischen ist es ein offenes Geheimnis, daß eine serienmäßige TR 1 ihre 51 kW (69 PS) nur auf dem Papier hat. Der Importeur hatte zunächst versucht, mit einer Angabe von 51,5 kW (70 PS) die PS-Zahl optisch besser ausfallen zu lassen. Doch dann hatte man sich mit 69 PS begnügen müssen. Wahrscheinlich wären 65 PS ehrlicher gewesen, aber für eine bestimmte (und nicht kleine) Gruppe von Motorradfahrern ist die Höhe der PS-Zahl für eine Kaufentscheidung wichtig. Daß PS-Angaben in Prospekten nicht der tatsächlichen Leistung entsprechen, dafür gibt es in der Vergangenheit genügend Beispiele. Aber hat eine TR 1, mit all ihren positiven Eigenschaften, eine solche "Anpassung" nötig?

MOTORRAD-REISEN hält die anderswo für wichtig gehaltene Messung von 0 auf 100 km/h für praxisfremd, weil sie höchstens eine Basis für Biertisch-Gespräche schafft und von einem "normalen" Motorradfahrer kaum reproduzierbar ist. Eine Messung über 400 Meter mit stehendem Start ist da schon aussagekräftiger, weil hier die Getriebeabstufung deutlicher mit eingeht. Unsere Meßfahrten mit der TR 1 über die 400 Meter ergaben einen Mittelwert von 14,3 Sekunden. Auffallend dabei, daß der beste und der schlechteste Wert nur drei Zehntel Sekunden voneinander abwichen. Das vielleicht, weil die TR 1 mit ihrem drehmomentstarken Motor problemlos wegzustarten ist. Da fällt keine Drehzahl in den "Keller", da hat man nicht mit Kupplungsproblemen zu kämpfen. Diese Beschleunigungszeiten sind jederzeit, von jedem Motorradfahrer erreichbar.

Da mit vollen Packtaschen vom Hersteller eine maximale Geschwindigkeit von 130 km/h empfohlen ist, haben wir mit vollbeladener Maschine auch keine Höchstgeschwindigkeitsmessungen vorgenommen. Aus unseren Nürburgringversuchen heraus können wir jedoch sagen, daß sich bis zu einem Geschwindigkeitsbereich von 160 km/h (abhängig von der Bereifung!) die Maschine auch belastet (im Test 428 kg) risikolos fahren läßt. Die vom Importeur empfohlenen 130 km/h enthalten also noch ein Sicherheitspolster.

Preise/Kosten:
Preis einschl. Frachtkosten und Kfz.-Brief DM 8.878,-, Steuer pro Jahr rund DM 145,-, Versicherungskosten ca. (bei 100%): Haftpflicht DM 1.400, Teilkasko DM 850, Vollkasko mit DM 300 Selbstbeteiligung DM 3.700. - Service: Ölwechsel alle 5.000 km, Inspektion (Ventile einstellen usw.) alle 10.000 Kilometer.
Ersatzteilpreise: Blinker DM 21,20, Scheinwerfer komplett DM 128,40, Rückspiegel DM 36,55, Tank DM 442,20, Rücklicht DM 60,05, Bremsklötze vorne (1 Satz) DM 39,55, Bremsbeläge hinten DM 34,00, Hinterradkette DM 171,00, Luftfiltereinsatz DM 23,20, Batterie DM 167,80, Zylinderkopfdichtung DM 9,40, Kolben m. Ringen DM 97,45, Einlaßventil DM 26,85, Auslaßventil DM 41,80, 1 Satz Pleuel-Lagerschalen DM 30,70, 1 Satz Kurbelwellenlager DM 187,90, E-Starter DM 488,70, Monocoque-Rahmen DM 674,85, Cantilever-Federbein DM 616,65, Packtaschen einschl.Halter ca. 500,00.

Gemessen an den Preisen anderer Motorräder mit 1000 ccm erscheint der heutige Preis für die TR 1 normal, gemessen am Fertigungsaufwand wird er von uns als zu hoch betrachtet. Bei ihrem Erscheinen kostete die TR 1 DM 8.158, ein Preis, der sich im "Windschatten" des Dollarkurses inzwischen um 700 Mark erhöht hat. Da die TR 1 bisher jedoch vom Markt nicht sehr gut aufgenommen wurde, gibt es jetzt gerade zum Jahresende wohlfeile Sonderangebote, bei deren Kauf sich gegenüber dem offiziellen Listenpreis um DM 2.000 (!) einsparen lassen.

In den Servicekosten gibt sich die TR 1 bescheiden, da zwischen den einzelnen Werkstatt-Terminen viel Kilometer (und damit Zeit) liegen. Mit ein wenig handwerklichem Geschick kommt man auch ohne Werkstatt aus. Die Ersatztteilpreise sind als "gut bürgerlich" zu bezeichnen.

Schlußbetrachtung:

Die Yamaha TR 1 ist bisher kein Verkaufserfolg. Das versteht um so weniger, wer die Maschine gut kennt. Sie ist ein neuer Typ von Motorrad, das nicht durch Höchstleistungsdaten glänzt, sondern durch gute Allround-Eigenschaften. Ein Motorrad für den Motorradfahrer im "klassischen Sinne", so wie die TR 1 selbst die Neuauflage eines klassischen Motorrades ist. "Langliegend" und "Knie vom Tank" paßt eben nicht zu ihr. Sie ist eben der Prototyp einer modernen (!) Reisemaschine. Offensichtlich - am Verkaufserfolg gemessen - ist sie ihrer Zeit voraus. Die vorhandenen kleinen Schwächen sind sicher im Zuge der Modellpflege auszubügeln. Sie sind aber nicht so gravierend, daß man zum jetzigen Zeitpunkt seine Kaufabsicht zurückstellen sollte. (Vor allen Dingen nicht bei den Sonderpreisen!)

Als Reisemaschine ist die TR 1 nicht nur von der Motorseite her, von den Fahrwerkqualitäten, von der Sitzposition und der Zuladung her geeignet, sondern auch von der Tankkapazität. Der 19-Liter-Tank ermöglicht - je nach Fahrweise - eine pausenlose Fahrt zwischen 200 und 300 Kilometern (Reserve 3,2 Liter).

Wir sind davon überzeugt, daß ein Motorrad wie die Yamaha TR 1 - mit relativ hubraumgroßem Zweizylindermotor - Zukunft hat. Sie ist übrigens aufgrund ihres ausgeglichenen Charakters nicht nur das richtige Spaß-Instrument für Fortgeschrittene, sondern auch für Anfänger.

MK/Wilhelm Hahne


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