2001-10-18 in Virneburg/Eifel

Guten Tag!

Es ist lange her, dass ich Ihnen an dieser Stelle einen Guten Tag gewünscht habe. Dazwischen liegt mehr ein ein Jahr. Und nur einer meiner Abonnenten hat sich beschwert, sein Abo formgerecht gekündigt und sein Geld zurück verlangt. Es war ein Rechtsanwalt aus - Rüsselsheim. - Warum hatte der wohl ein Abo?

Es gibt eben so'ne und solche Fans. Davon - von beiden Sorten - habe ich eine ganze Menge bei der Industrie. Und es ist in Fachkreisen kein Geheimnis, dass mich so mancher dort "zum Teufel" wünscht. Es ist auch kein Geheimnis, dass einige Firmen viel getan haben, um mir das Leben schwer zu machen.

Und da sitze ich nun in der Eifel und schreibe und schreibe. Aber was bewirke ich damit? - Natürlich mache ich so manchem eine Freude. Aber es verändert sich nichts. Die Techniker werden weiterhin von den Marketingleuten bestimmt, Journalisten von den Presseabteilungen. Und wenn man in den sogenannten Fachzeitschriften so manche Geschichten liest, dann muss man meinen, sie wäre vor 50 Jahren geschrieben: die gleichen Denkansätze, die gleiche Gleichgültigkeit - aber man hat mit Erfolg eine Reihe von Zeilen gefüllt.

Natürlich gibt es auch gute Beispiele. Aber die schlechten nerven. Und die dazu gehörenden Chefredakteure z.T. noch mehr. Es sind gute Mittler zwischen den Ansprüchen der Geschäftsleitungen der Verlage und den Ansprüchen der Industriefirmen. So mancher Journalistenkollege hat sich in den letzten Jahren darüber bei mir beklagt, hat aber niemals die Geschichte geschrieben, die er glaubte schreiben zu müssen. Er hat sie sich vorher selbst im Kopf kaputt gemacht. "Ich weiß doch ganz genau, dass so etwas bei uns nicht gedruckt wird", hört man dann.

Aber so kommen wir nicht weiter. Auf der anderen Seite geht nichts weiter, wenn man sich nicht rührt, nichts anstößt. Alles ruht so schön in sich selbst. Wenn in N.Y. Hochhäuser einstürzen schreit man auf. - Und macht weiter wie bisher. - Man hat ja auch die vielen hunderttausend Toten in den letzten Jahren nicht wahrgenommen, die die unterschiedlichsten Kriege in den unterschiedlichsten Regionen gefordert haben. - Geht uns ja auch nichts an? - Wir können ja doch nichts ändern?

Natürlich ist das oft so; aber wenn wir uns nicht immer wieder gegen das auflehnen, was wir als Unrecht oder als nur falsch empfinden, dann verbilden wir uns auch selbst, halten schließlich sogar das Außergewöhnliche für selbstverständlich. Wie wir auch den wirtschaftlichen Boom als selbstverständlich genommen haben. Stecken wir darum heute in einer Krise?

Wir befinden uns auf dem Weg in die Normalisierung, erfahren - leider - auf diesem Weg ab und zu eine Schocktherapie, die wir dann wiederum zum Maßstab nehmen, um das Außergewöhnliche als normal zu empfinden. Alles muss größer, schneller, besser werden. - Warum verlangen wir das nicht von uns, von den Menschen?

Zurück in unsere Branche: Dort war ich z.B. von Opel ausgeschlossen. Nein, ich bekam nichts mehr von Opel. Höchstens eine zeitlang Briefe von Rechtsanwälten und Gerichten. Aber dann waren die, die glaubten Opel gegen meine - natürlich unberechtigten - Angriffe verteidigen zu müssen, nicht mehr Mitarbeiter dieser Organisation. In "ams" war gerade nachzulesen, ab wann - und wie - es bei Opel bergab ging. Ich habe da begonnen über die Fehler bei Opel zu schreiben, als sie gemacht wurden, nicht als man schon die Auswirkungen spürte. Die Auswirkungen kann man heute in den Zulassungs-Statistiken ablesen.

Die Manager, die damals gegen mich waren, weil sie doch ihre eigene Arbeit nicht in Frage stellen durften, die sind nun lange weg. Aber glauben Sie, dass ich nach deren Wegang nun wieder Informationen, Pressemitteilungen oder ähnliches erhalten hätte? - Ich war nach wie vor in Acht und Bann.

Und da hab' ich mir vorgenommen - das war eben vor guten einem Jahr - dass ich erst wieder schreiben werde, wenn diese Angelegenheit geklärt ist. Es kann nicht sein, dass nur genehme Journalisten, die sich als Vervielfältiger von Pressemitteilungen bewährt haben, die Gnade von Industriekonzernen erfahren dürfen, mit Informationen - die man gerne hätte - versorgt zu werden.

Seit Ende Juni dieses Jahres erhalte ich nun wieder alle Opel-Pressemitteilungen und auch Testwagen. Der Weg dahin war lang. Die "alte" Garde der Anti-Hahne-Fraktion hatte überall in der Firma Sperren errichtet. Da musste die Rechtsabteilung zustimmen, und der Betriebsrat und, und, und. - So etwas dauert. Und man begreift an so einem Beispiel, warum solche Firmen unbeweglich - auch im Markt geworden sind, warum sie anfällig wurden. - Auch hier ist die Auswirkung des Begriffs "Anpassung" fühlbar. Viele tun nur das, von dem sie annehmen, dass es "auf höherer Ebene" gerne gesehen wird. - Und da bei Opel ein Kontakt zu Hahne über Jahre nicht gerne gesehen wurde... -

Und darum ist ein Opel-Styling ein Opel-Styling; und ein Opel-Innenraum sieht wie ein Opel-Innenraum aus. Und weil man Befragungsergebnissen, Statistiken mit den Zahlen von "gestern" für überzeugender hält, als eigene Ideen, weil man keine Visionen mehr hat, mit den Schablonen von gestern arbeitet, darum wirkt eine Firma wie Opel so alt.

Bei Ford ist das kaum anders. Auch dort hatte man mich zum "Ford-Feind" erklärt. Und nach einem Gespräch - vor einem Jahr - mit dem Pressechef schien es eigentlich kein Problem zu sein, wieder "in den Computer aufgenommen zu werden". - Aber ich erhalte heute noch keine Pressemitteilungen, keine Informationen von Ford. Ich habe dann schon mal versucht, an die Zusage des Pressechefs, Herrn Dr. Rieke, zu erinnern, in dem ich bei Ford einen Testwagen bestellt habe. Der Testwagenmann musste dann Herrn Dr. Rieke fragen, ob er mir ein Fahrzeug geben dürfe. - Er durfte. - Aber sonst ist nichts weiter passiert. - Weil niemand Druck gemacht hat.

Und bei Jaguar Deutschland (auch ein Stück Ford) gibt es auch keine Presseinformationen für mich. Schon mal einen Testwagen. Sonst nur Versprechungen, die aber nicht gehalten werden. - Ich reklamiere auch nicht mehr. - Diese Leute in diesen Positionen haben sich inzwischen eine eigene Welt geschaffen, merken aber nicht, dass damit auch die Zeit an ihnen vorbei geht. - Ich könnte diese Beispielreihe erweitern. -

Es gibt aber natürlich auch positive Beispiele.

Ich habe mich nun entschlossen, meinen vor Jahrzehnten eingeschlagenen Weg weiter zu gehen. In diesem Umfeld ist es vielleicht auch besser, als Hofnarr Erfolg zu haben, als Journalist nicht ernst genommen zu werden. - Aber vielleicht von meinen Lesern um so mehr. - Meine Vorstellung von Journalismus scheint überholt. Aber sie ist es nicht deshalb, weil es zuviel andere Beispiele gibt. - Ich muss keine Scheiße fressen, weil Millionen Fliegen nicht irren können.

Es gibt viel zu schreiben. Auch über Fehler und Versäumnisse die die Kollegen machen; über Entwicklungen die verdeutlichen, dass man in der Automobilindustrie keine Hilfe mehr vom Marketing erwarten kann. Was von dort kommt, ist zum Teil "als krank" zu bezeichnen. Ein Blick in andere Branchen zeigt, dass man dort ähnliche Fehlentwicklungen schon überstanden hat, zurück auf dem Weg in die Normalität ist. - Man könnte also aus den Fehlern der anderen lernen. Aber dann müsste man ja mal über den Zaun schauen, vielleicht vom eigenen Schreibtisch aufstehen.

Ich finde Leute wie Piech oder Reitzle gut. Vielleicht weil sie für viele so unangenehm sind. Das sind die Leute, die in der Branche noch etwas bewegen können. Vieles was sie machen, muss den Kleingeistern im Mittel-Managment unverständlich scheinen, passt nicht in ihr Stammtischdenken. Wir haben vielleicht auch zu viel Spezialisten, die nicht mehr in Zusammenhängen denken können, bei ihren Arbeiten z.B. den eigentlichen Sinn eines Automobils aus den Augen verlieren.

Ist ein Automobil deshalb ein besseres Automobil, weil es nun mit einer Kaffeemaschine (serienmäßig) ausgestattet ist? - Was soll das ganze High-Tech, das oft nicht mehr ist als elektronischer Schnick-Schnack? - Und sind zum Teil die Preise nicht - natürlich mit Hinweis auf die verbauten "Innovationen" - einfach dem möglichen Käufer weggelaufen?

Sie finden jetzt als meine erste Geschichte nach meiner Denkpause etwas über einen VW-Weltrekordversuch. (Und natürlich warum es dazu kam.) Natürlich war der geheim. Aber ich war dann, nur wenige Minuten nach dem erfolgreichen Abschluss der Erste, der Herrn Piech zu diesem Erfolg gratuliert hat. Und ich habe auch Herrn Dr. Kocks, den obersten Öffentlichkeitsarbeiter angeschrieben, hätte auch gerne ein paar vernünftige Antworten gehört. - Aber ich habe wohl das System gestört.

VW, bzw. Herr Dr. Kocks haben heute auf meine Anfrage reagiert: Sie haben mit einer eignenen Pressemitteilung - wie ich gerade hörte - die Weltrekordversuche bestätigt. Damit hoffen sie wohl Journalisten zuvor zu kommen, sie daran zu hindern, mit selbst recherchierten Geschichten Geld zu verdienen. - Als wenn man mit der Qualität einer Dr. Kocks-Pressemitteilung journalistische Geschichten abwerten könnte.

VW hat sich - dank Dr. Kocks - in diesen Tagen ein drei neue Freunde gemacht, aber deutlich mehr verloren. Ich habe niemals zu den Freunden gehört. Und ich bin auch Herrn Dr. Kocks für seine aktuelle Reaktion dankbar. Weil sie sein Niveau verdeutlicht.

Und nun klicken Sie auf meine Geschichte und lesen, was Sie zur Zeit nirgendwo anders lesen können.

Viel Spaß und...

Guten Tag!

Wilhelm Hahne

PS: ...und natürlich gibt es bald auch wieder weitere Geschichten. - Versprochen!


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