Über eine neue AMG/Mercedes-Innovation

Erinnern Sie sich der Renault-Anzeige zum Renault Laguna? - Dieses Fahrzeug war das erste, das im Euro NCAP-Crashtest "5 Sterne" erreichen konnte. Die Anzeige, erst vor Wochen geschaltet, zeigte aber ein Fahrzeug der Mercedes C-Klasse. Denn auch Mercedes hat jetzt "5 Sterne" erreicht. Mit einer geradezu lustigen Innovation. - Aber lassen wird das. - Denn Mercedes kann schon wieder mit einer Innovation aufwarten: man bietet im CLK 55 AMG ein Getriebe an, "das sogar beim Bremsen mitdenkt", wie gerade in der aktuellen "Auto Bild" (Seite 14) zu lesen. Die Kollegen in Hamburg haben es voller Hochachtung registriert. - Da bin ich dann sprachlos, steige in's Auto, fahre, versuche, prüfe - und tatsächlich: Es gibt schon wieder einen Grund voller Hochachtung zu schreiben:

"Willkommen im Club"

02-08-20/04. - So ein Mercedes CLK 55 AMG ist schon ein tolles Auto, denke ich, als ich in meinen "Testwagen" steige. Und wie toll die Mercedes-Presseabteilung ihre Innovationen verkauft. In "Auto Bild" liest sich das so: "Besonders beim Getriebe hat sich AMG etwas Neues einfallen lassen. Es schaltet ab einer gewissen Bremsverzögerung automatisch in den richtigen Gang zurück." Und wir erfahren, das diese Innovation von AMG als "aktive Bremsrückschaltung" bezeichnet wird. - Toll.

Natürlich kostet so etwas viel Geld - aber keinen Aufpreis - weil es zur Serienaustattung gehört. "77 256 Euro kostet eine der schönsten Arten, Coupé zu fahren", meint "Auto Bild".

Na ja, dann wollen wir mal. Und mit einem kleinen Fingerstubser lege ich die erste Fahrstufe ein. Ein leichter Tritt auf's Gaspedal, das Fahrzeug rollt an, wechselt in die zweite, in die dritte Fahrstufe... - Ich will Sie nicht langweilen. Mit echten 100 km/h, so um 3.300 Umdrehungen in der Minute, fliege ich einem Ortseingangsschild entgegen. Spät gebremst - und richtig: das Getriebe schaltet ohne mein Zutun runter in den 3. Gang. - Toll.

Als ich jetzt durch die Ortschaft rolle, schaltet das Getriebe wieder automatisch hoch in den 4. Gang. Es hat wohl gemerkt, dass ich gerne Benzin spare. Zum Ortsausgang hin steigt die Straße leicht an. Als ich nun wieder beschleunige, schaltet das Getriebe zur besseren Beschleunigung runter in den dritten Gang.

Anderes Beispiel: eine kurvenreiche Bergabstrecke. Die erlaubten 100 km/h wirken hier schon sehr schnell. Und nach einem schnellen Rechts/Links-Wechsel kommt eine Spitzkehre. Kräftig runtergebremst - und das Getriebe hält für mich am Kurvenausgang den 2. Gang zum vollen Herausbeschleunigen bereit. - Eine wirklich tolle Lösung.

Wie stand in "Auto Bild": "Ein Getriebe, das sogar beim Bremsen mitdenkt." - Bravo!

Als ich wieder zu Hause bin, schaue ich mal in die Preisliste. So ein Auto, "mein Testwagen",  kostet in seiner preisgünstigsten Version 11.350 Euro, allerdings muss ich einen Aufpreis von 550 Euro bezahlen, wenn ich in den Genuss des mitdenkenden Getriebes kommen will. - Ich habe nämlich gar keinen Mercedes! Gegenüber dem Mercedes CLK 55 AMG habe ich  so um 65.000 Euro gespart.

Denn meine "Probefahrt" habe ich mit einem 1,2 l 16 V-Clio mit 75 PS (55kW) gemacht. Mein "Testwagen" ist mit einem automatisierten Schaltgetriebe, "Quickshift-5" ausgestattet. Das ist nun seit diesem Jahr für den Clio lieferbar, nach dem es schon seit Jahr und Tag für den Twingo zu haben war.

Dieses "Quickshift-5" ist ein mechanisches Getriebe, das mit Hilfe von elektrohydraulischen Stellmotoren (und ein paar Sensoren) automatisiert wurde. Man kann es so fahren, wie ich es oben beschrieben habe, man kann aber auch jederzeit in die Automatik eingreifen, in dem man den Schalthebel z.B. nach vorn schiebt um hochzuschalten, oder zurückzieht, um runterzuschalten. Wobei das Getriebe doch ein wenig den Fahrer gängelt: es ist ihm unmöglich, z.B. den Motor durch zu frühes Zurückschalten zu überdrehen. Da macht das Getriebe nicht mit.

Damit Sie sich ein Bild machen können:

Das ist der Schalthebel. Man schiebt ihn - wenn man will - vor (= Raufschalten) oder zurück (= Runterschalten). Wenn man ihn kurz nach rechts stößt ist man in Leerlaufstellung, wenn man dann gleichzeitig zurückzieht, ist man im Rückwärtsgang. Das geht ganz klar einfacher (das mit dem Rückwärtsgang) als beim Ferrari. - Wirklich!

Im Armaturenbrett wird man niemals über die aktuelle Getriebesituation im Unklaren gelassen.

Es wird sowohl die Schaltstufe (hier die 1.) angezeigt, als auch der Modus: bei "A" (s. Foto links) ist man im Automatik-Modus. Man kann auch - je nach Strecke oder Laune - häufig hin und her wechseln . Ist man im Automatik-Modus, genügt es den Schalthebel von Hand nach  vorne oder zurück zu bewegen. Ist man "made by hand" unterwegs, drückt man einfach...

...auf die kleiner Taste am unteren Teil des Schaltknopfes. Und schon ist man "automatisch" unterwegs.

Es gibt also keine Kupplung. Und man hat eigentlich ein normales Schaltgetriebe. Nur dass einem die Schaltarbeit abgenommen wird. - Wenn man will. Und da es eben ein normales Getriebe ist, verbraucht ein  so ausgestatteter Clio auch nicht mehr (aber auch nicht weniger) als ein Clio mit dem gleichen Motor, aber mit Kupplungspedal. - Diese "Automatik" lässt sich Renault tatsächlich mit nur 550 Euro bezahlen.

Eigentlich ist es ein ähnliches System, wie es - aber mit höheren Drücken im Hydrauliksystem - beim BMW M3 Anwendung findet, oder um ein noch hochpreisigeres Beispiel zu nennen, im Ferrari F 360. Das gehört sicherlich zu den automatisch am schnellsten zu schaltenden F1-Getrieben bei Serienautomobilen, ist z.B. deutlich besser als das im M3. - Das sagen Leute, die sowohl einen Ferrari als auch einen M3 nutzen. - Aber das System im Ferrari kostet auch exakt 8.000 Euro Aufpreis.

Beim Clio mit der "Quickshift-5"-Lösung dauert der Schaltvorgang so lange, wie auch ein normaler Fahrer benötigen würde. Es kommt einem zunächst etwas länger vor, da man als Fahrer während der Schaltzeit praktisch unbeschäftigt ist. Und praktisch: kommt man irgendwo an eine Kreuzung, dann legt das Getriebe automatisch schon den 1. Gang ein. Man muss nicht mitdenken. Das Getriebe macht das schon.

Wie beim Bremsen. - Wie es auch das Getriebe im neuen 367 PS starken Mercedes CLK 55 AMG macht. Für 77.256 Euro.

Mercedes kommt also vom Schalt-Niveau her den Renault's immer näher. In der C-Klasse hat man nun auch "5 Sterne", wie sie der Laguna schon vorher trug. Mit dem Sportcoupé CLK 55 AMG erreicht man nun in der Praxis das Ergebnis, das Renault schon länger mit Twingo und Clio bietet. - Nur billiger.

Trotzdem: "Willkommen im Club".

MK/Wilhelm Hahne

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