Gewitter beweisen: Der automobile Fortschritt findet nicht statt

Im Automobil ist man bei Gewitter sicher. Es wirkt wie ein Faraday-Käfig, der - meist geerdet - einen begrenzten Raum gegen Blitzeinwirkung abschirmt. - So war das zumindest in der Vergangenheit. - Der Fortschritt hat das geändert. - Oder doch verbessert? - Denn bei Gewitter sind Automobile inzwischen noch sicherer geworden. Wie ich gerne in nachstehender Geschichte erzählen möchte. - Aber sie sind auch unsicherer geworden. Der Technik wegen, die offensichtlich durch den Menschen nicht mehr beherrschbar ist. - Als Schwachpunkt darf man als kritischer Beobachter die Elektronik ausmachen. Aber die macht nicht nur Automobile unsicherer. Vor allen Dingen bei Gewitter. Die macht eigentlich - bei Gewitter z.B. - auch andere normale Abläufe unmöglich. - Und der Fortschritt verkehrt sich ins Gegenteil.

Nicht aller Fortschritt ist blitzgescheit

02-09-10/06. - Eigentlich begann diese Geschichte in ihrer Entstehung in dem Moment, wo ich eine Tankstelle betrat. Aber nur um ein paar Zeitschriften zu kaufen. Und da sah ich hinter der Kasse einen Zettel am Regal:

Natürlich habe ich gefragt, und eine tolle Geschichte erfahren:

Am Vorabend hatte es in unserem Raum, in der Eifel, ein kräftiges Gewitter gegeben. Manchmal wurde ich auch bei mir im Haus kurzzeitig dunkel. Die Stromzufuhr war - durch die Gewittereinwirkungen - unterbrochen. - Blitzschnell. - Aber der Strom kam jedes Mal schnell zurück.

Anderswo, zwei Dutzend Kilometer weiter, waren die Auswirkungen deutlicher. In Kelberg war die Stromzufuhr für mehr als eine Stunde unterbrochen. Dort gibt es auch eine Tankstelle. Und da einige Kelberger gerade in dieser Zeit tanken  mussten... - Es ging nicht!

Wenn eine Tankstelle ohne Strom ist, verliert sie ihre Funktion.  Schließlich gibt es heute keine Handpumpen mehr. Wir sind fortschrittlich geworden. Und bei einem Gewitter... - nun da werden Tankstellen evtl. auch abgeschaltet. (s. Fortsetzung)

Die Leute aus Kelberg fuhren nun zur nächstgelegenen Tankstelle,  zur "Döttinger Höhe". - Aber dort hatte es auch eine (kurzzeitige) Stromunterbrechung gegeben und daraufhin wurde die Tankanlage abgeschaltet. "Wir können doch  nicht die heute notwendige Computeranlage im Wert von gut 30.000 Mark (hatte er vielleicht Euro gemeint?) gefährden", sagt der Tankwart. - Aber damit war dann die Weiterfahrt der Autofahrer gefährdet, die ohne Treibstoff kein Fortkommen hatten.

Also: es konnte auch an dieser Tankstelle den tankwilligen Kunden nicht geholfen werden.

Denken Sie mal darüber nach: Sie haben ein Automobil. Das braucht Benzin. Der Tank ist fast leer. Und Sie müssen irgendwo hin. Aber es ist Gewitter. Und die Tankstelle ist keine Tankstelle mehr, weil es keinen Strom gibt. Oder weil der Tankstelleninhaber einen Blitzeinschlag fürchtet. - Dann stehen sie da. Im Jahre 2002. Mit einem modernen Automobil. - Und sind inmobil.

Dabei ist das Automobil selbst bei einem Gewitter (eigentlich!) sicher. Er ist ein Faraday-Käfig, schützt seine Insassen. - Aber ein wirklich modernes Automobil schützt noch deutlicher:

Es bleibt bei Gewitter einfach stehen. - Auf der B 257 zwischen Kelberg und Adenau blieben bei diesem Gewitter nach meinen Informationen drei moderne Automobile liegen. Durch Blitzeinwirkung. Was beim Menschen Herzstillstand, Kammerflimmern und Atemblokaden auslöst, beendet die Fahrt eines jeden modernen Automobils. Sollte der Blitz das Automobil treffen, wird es von einem Stromschlag von 20 - 40.000 Ampere getroffen. Die Faraday-Käfigfunktion schützt zwar den innen sitzenden Menschen, aber nicht die Elektronik des Automobils. - Und so bleibt es stehen, was die Sicherheit (für den Menschen) noch mal erhöht: Er kann nicht mehr während der Fahrt verunglücken.

Einer meiner Informanten erzählte, dass er bei einem der liegen gebliebenen Fahrzeuge angehalten hat um zu fragen, ob er helfen könne. Die Antwort gab es nicht durch eine geöffnete Seitenscheibe, sondern durch eine geöffnete Tür. Die Scheibe ließ sich nicht mehr elektrisch öffnen. - Gestört! - Und als die Tür geöffnet war, um meinem Informanten zu sagen, dass man bereits per Handy eine Werkstatt um Hilfe gebeten hätte, da ließ sich die Tür nicht mehr richtig schließen. Weil normalerweise diese Tür (eines modernen Automobils, voller Innovationen) in der letzten Phase durch einen Elektromotor zugezogen wird, der nun außer Betrieb war.

Nun waren am Tag nach diesem Gewitter - wie mein Foto zeigt - auch die "Plastikkarten" betroffen. Denn die entsprechenden Systeme funktionierten auch am nächsten Tag  noch nicht. An der Tankstelle war Bargeld gefragt. Das hatte z.B. ein Porschefahrer nicht (aber viele Plastikkarten), was ihm die Aufforderung des Tankwarts eintrug, doch zunächst einmal eine Bank in Adenau aufzusuchen, um Bargeld zu erhalten. - Wie auch immer - Benzin gibt es nur für Geld.

Ich selbst konnte auch zwei Tage (nach dem Gewitter) bei meiner Bankfiliale am Wohnort noch keine Bankauszüge erhalten, weil das System durch das Gewitter gestört war. Und der Service war noch nicht da gewesen. - Zu viel zu tun!

Toller Fortschritt. Man kann bei Gewittern mit modernen Automobilen nicht fahren, weil sie entweder durch Blitzeinwirkung stillgelegt werden, oder aber die Fahrzeuge ohne Benzin stehen bleiben müssen, weil die Tankanlagen bei Gewitter nicht einsatzfähig sind.

Und wenn sie einsatzfähig sind, dann kann man nicht tanken. Weil es keinen Strom gibt oder der Tankstellenbesitzer für "ein paar Liter Umsatz" nicht seine Anlage gefährden will. Und wenn sie wieder Benzin abgeben, kann man nicht tanken, weil die Geldautomaten (oder die EC-Systeme) nicht funktionieren.

Aber eigentlich benötigen wir beim Automobil kein Gewitter, um "Schwachstellen" zu entdecken. Die "entdecken" sich selber.

Da kam vor Tagen z.B. ein Golf, noch kein  Jahr alt, über den Großglockner. Mit einer netten Familie (Mann, Frau, zwei Kinder) besetzt, die auf der Rückfahrt aus dem Urlaub ins Ruhrgebiet, ihre Heimat, waren. Am Fuße des Großglockners brach dann eine Spurstange. - Crash! -

In der Werkstatt eines VAG-Betriebs wurde in diesen Wochen ein Audi A3 betreut, dessen ABS bei einer notwendigen Vollbremsung ausgefallen war. Natürlich kam es dann zu einem Unfall. - Das ABS wurde zwar ausgetauscht, aber über den Folgeschaden wird es wohl zum Streit kommen.

Ein VAG-Werkstattkollege dieses Händlers hatte - ebenfalls mit einem ABS-Ausfall - einen Passat zu Gast. Und es kam noch jemand - mit einem ABS-Ausfall.... - Steht mal wieder eine Rückrufaktion bevor? - Aber natürlich sind niemals sicherheitsrelevante Teile betroffen. Und Rückrufaktionen verbessern das Verhältnis Kunde/Werkstatt. Und das Vertrauen des Kunden in die Ehrlich- und Aufrichtigkeit der Herstellerfirma.

Ich zitiere nachstehend aus einem e-mail, das ich gerade unaufgefordert erhielt:

"...mit meinem 170 CDI bin ich mit 6000 km in eine Mercedes Werkstatt in Stuttgart gegangen, weil ich mit ca. 100 km Geschwindigkeit in einem Tunnel völlig unvorbereitet ohne Lenkbewegung fast gegen die Tunnelwand gerast bin. Laut Mercedes war die Lenkhilfepumpe kurz ausgefallen.( sie wurde auf Garantie getauscht. ...

 Heute sehe ich das anders; mit 38000 km sind Teile des vorderen Fahrwerkes mechanisch ausgeschlagen. Mit 43000 km wieder. Diese Teile wurden schon 3 x in der Produktion verändert!

 Gleichzeitig bei 43000 km stellte ich fest ( nicht Mercedes ) dass die linke hintere Radaufhängung durch Blockieren der Lager ( Wassereintritt ) festgefressen waren. Das linke hintere Rad wackelte stark axial und saß mechanisch fest. ...

 Fazit: vorne das Fahrwerk ausgeschlagen, hinten links das Rad ohne Federbewegung... - Auch die Federn scheuern massiv hinten am Fahrgestell, Sie sind mechanisch beschädigt. Mit Sicherheit führte dies zu der selbständigen Fahrbewegung im Tunnel und dem Fast-Unfall. 

 Wenn ich in die Tiefgarage mit Schritttempo fahre und stark (die Lenkung) einschlage, rutscht die Felge über die Reifenflanken auf den Boden und schlägt mechanisch auf.

...

Natürlich keine Garantie oder gar Kulanz nur alberne Briefe einer Mercedes Kundenbetreuung in Maastricht. - Der Kunde wird bei Mercedes Stuttgart abgewimmelt, er wird erst gar nicht gehört.

 ...

Mein Schiebedach ist vorne rechts undicht. Im Regen muss (nur der Beifahrer) einen Hut im PKW tragen. - Gottseidank haben wir hier wenig Regen.

 Meine Vollautomatik zeigt im Display immer wieder F an. Von Mercedes wird man vertröstet, man soll nur den Motor ein und ausschalten. ... 

Obwohl die vorgenannt beschriebenen Defekte durch laufende mehrfache Produktänderung bei Mercedes versucht werden in den Griff zu bekommen,

erhält der Kunde keine Kulanzreparatur..

Er wird über Konstruktionsfehler nicht angeschrieben, nein nicht mal Fahrwerksmängel werden in der Werkstatt festgestellt. ...

Mein nächstes Fahrzeug wird wohl ein Japaner sein... -

Wer wird eigentlich geschützt. Ich dachte der Verbraucher. Wo ist eigentlich die freie Presse, die Verbraucherverbände , die angeblichen Autotester."

Soweit in Auszügen dieser Leserbrief an mich.

Und wenn man "manager magazin" liest, dann konnte DaimlerChrysler auch einer E-Klasse (Testwagen) nicht helfen, der "wundervolle" elektronische Ausfälle hatte. Aber nach einer Wagenwäsche ging (fast) alles wieder (mit kaltem Wasser!). - Vielleicht sollte man so ein Auto (Kosten über 120.000 DM oder 60.000 Euro) mal "heiß duschen". - Vielleicht geht  dann wieder alles.

Um auch die "Wirtschaftswoche" zu erwähnen: dort meldete sich ein Porsche-Fahrer: "Mit zwei erstzugelassenen Fahrzeugen ... musste ich in nur 18 Monaten 17-mal auf Grund garantierelevanter Beanstandungen die Werkstatt aufsuchen." Und am schlimmsten - so empfand es dieser Porschefahrer: "Ich benötigte in nur 14 Monaten drei Austauschmotoren."

Manche Autofahrer sind eben empfindlich. Sogar Porschefahrer, bei denen die "große Inspektion" zum Vorzugspreis von unter 1.500 Euro (also unter 3.000 Mark) zu haben ist. Dafür werden die dann auch in perfekt ausgestatteten - und sich darstellenden - Porschecenter bedient. Eins so gut ("ams" meint: nicht so gut) wie das andere.

Von der S-Klasse höre ich, dass seit Monaten dort im automatischen Getriebe ein Fehler auftritt, der in den Werkstätten aber sofort beseitigt wird. Nur: der Fehler wird "ab Werk" nicht grundsätzlich beseitigt, kann also - eigentlich immer wieder - auftreten. Nach meinen Informationen löst sich ein Splint, der einen Bolzen sichert, der Bolzen wandert... - und es tritt ein Defekt auf.

Ein anderes, aktuelles, Beispiel: Da hat sich jemand einen Beetle gekauft, weil er ein Auto fahren will, dass es nicht an jeder Ecke gibt. Da ist zufällig ein Billigradio eingebaut. Der Besitzer möchte aber gut gute Musik hören können. Also sucht er ein Fachgeschäft auf. Dort sagt man ihm, dass man leider nicht jedes Radio einbauen könne. Das Radio müsse vom Hersteller als geeignet akzeptiert sein. Aber man habe da... - Leider ist es nicht billig. Aber von VW für den Einbau in einen Beetle akzeptiert. Das gibt den Auschlag. Und die Fachwerkstatt darf einbauen.

Als der Kunde - nach dem Einbau - nun nach Hause fahren will, läuft sein tolles Automobil in der Spitze nur noch um 80 km/h. Er denkt an einen Einbaufehler, fährt zurück... - Aber dort kann man ihm nicht helfen.

Also auf zu einem VW-Händler: dort gibt man sich wissend. Es könne sein, dass die Software des Radios nicht zu der Motorelektronik passen würde. Man müsse dann ein anderes Softwareprogramm bei der Motorelektronik aufspielen. Das kostet so um 750 Euro (also um 1.500 Mark). Der Kunde windet sich, aber - was will er machen? Will er Radio hören und sein  Auto normal schnell fahren... - Er gibt den Auftrag: machen!

Nach der Zahlung macht er sich auf die Heimfahrt. Aber das Auto läuft nicht über 80 km/h. - Und der Händler sagt, man könne ja wieder das alte Radio einbauen. Allerdings müsse man dann auch wieder... - (Das ist ist so eine Art von 750 Euro-Missverständnis.)

Der Kunde fährt zu einem anderen Händler: Der glaubt den Grund zu kennen. Denn es müsse das Radio richtig an den Tempomaten angeschlossen sein, weil sonst... - Der Kunde wendet ein: "Ich habe keinen Tempomaten im Auto." - Der Händler beruhigt: "Aber es gibt trotzdem einen Anschluss." - Eine Untersuchung (gegen einen kleinen Unkostenbeitrag, versteht sich) ergibt: Alles ist richtig angeschlossen.

So weit mir bis heute bekannt, ist der Beetle-Fahrer immer noch mit 80 km/h des Rätsels Lösung auf der Spur.

Ein weiteres Beispiel: ein guter Bekannter ruft mich morgens (vor acht Uhr) an um mich zu fragen, ob ich ihm sagen könne, wo er auf der Autobahn XY am besten abfahren müsse, wenn er nach XX wolle. "Da sind Sie doch sicher mal gefahren." - Ich war es, konnte ihm Auskunft geben. Aber dann fiel mir ein: "Aber Sie haben doch ein Navigationssystem im Auto." -Antwort: "Das ist vor einer Viertelstunde gerade ausgefallen."

Bei einem anderen Freund ist das Navisystem defekt, kann keine CD mehr lesen. Die Werkstatt hält das fast "für normal". Jedenfalls gäbe es schon sehr preisgünstig das System im Austausch. Nur 550 Euro... -

In der Formel 1 (und im Motorsport insgesamt) möchte man die Kosten senken. Und man denkt über viele Vereinfachungen nach. Inzwischen gibt es in normalen Großserienautomobilen elektronische Systeme, die sich die Formel 1 nicht leisten will - und kann. Aber die Hersteller erwarten, dass sich ihre normalen Kunden jeden Fortschritt leisten können. Denn alle "Innovationen" lassen sich die Autofirmen gut bezahlen.

Wie wäre es, wenn die Automobilhersteller auch mal über eine Kostensenkung im Interesse ihrer normalen Autokäufer nachdächten, über Vereinfachungen der Technik? - Eigentlich wollen die Nutzer eines Automobils nämlich zunächst mal zuverlässig von A nach B kommen. Natürlich auch sicher. - Aber was ihnen für viel Geld als Sicherheitssysteme verkauft wird, erhöht oft nur ihre Unsicherheit. - Noch nie etwas von Airbags gehört, die sich während der Fahrt öffnen, von ESP-Systemen, die während der Fahrt ausfallen?

Die Automobilindustrie hat die Elektronik gerufen. Nun wird sie die Geister nicht mehr los. - Aber sie ruft nach weiteren. - Weil man  Teufel nur mit Belzebub austreiben kann? 

Ich habe in der Wochenendausgabe des "Kölner Stadtanzeiger" eine Dankanzeige "für die helfenden Hände, die unsere Hochzeit am 30. August 2002 zu einem unvergesslichen Tag machten" gelesen. Darin gibt es auch folgende Textpassage: "Einen speziellen Dank an die freundlichen Autofahrer im grünen BMW, die das Brautauto zum Standesamt abschleppten. Es war ein wunderbarer Tag."

Wenn das unsere Zukunft ist: Was kommt dann nach dieser Zukunft?

MK/Wilhelm Hahne

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