IAA 2003: mit großartigem Traumwagen-Angebot für überraschend viele Besucher praktisch eine Ersatzbefriedigung

Die diesjährige IAA wurde am 11. September (you remember?) eröffnet. Im Vorfeld hatte es die Veröffentlichung einer repräsentativen Studie der R+V-Versicherung gegeben (seit 1991 regelmäßig durchgeführt), die ergibt, dass die Deutschen noch niemals so viel Furcht vor der Zukunft hatten, wie in diesem Jahr. Die Stimmung war noch niemals vorher so schlecht. die wirtschaftliche Talfahrt ängstigt die potentiellen Autokäufer. Und wenn dann der neue Gewerkschaftsboss, Peters, erklärt, "es besteht kein Grund zur Bescheidenheit" (was die Lohnforderungen betrifft), dann verbessert das genau so wenig die Situation, als wenn Herr Wiedeking, Porsche-Boss, die Käuferschicht für seinen neuen Porsche GT (Kaufpreis um 450.000 Euro) beschreibt. Beide haben scheinbar nichts begriffen, reagieren in ihrer jeweiligen Position auf eine Art, die man als "abgehoben" bezeichnen könnte. Oder weltfremd. - Und damit sind wir dann schon bei der IAA dieses Jahres. Sie ist genau so ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, wie die Aussagen der o.g. Manager. Auch hier wird deutlich, dass man nichts begriffen hat. Es gibt in Frankfurt 60 oder 70 Weltneuheiten. Egal. Darunter waren aber nur wenige, die ich nicht als alt, lange bekannt empfunden habe. Und so wurde die diesjährige IAA eigentlich - für mich - in bestimmten Teilen, zu einem Beispiel für ausgeuferte Ausstellungs-Architektur und zu einem:

Triumph der Oberflächlichkeit

03-09-16/03. - Die Anfahrt nach Frankfurt dauert um 1,5 Stunden. Zeit, gerade in den Staus vor der Innenstadt noch einmal zu resümieren: das Durchschnittsalter der in Deutschland gefahrenen Pkw beträgt 7,2 Jahre. Nach Ansicht der Automobilindustrie ist dieser Bestand damit überaltert. Das wird eigentlich dann  auch durch die Mängelstatistik der GTÜ (Gesellschaft für Technische Überwachung) für die Zeit von Januar bis Juni 2003 bestätigt: mehr als 18 Prozent aller in dieser Zeit geprüften Fahrzeuge weisen erhebliche Mängel auf.

Also eigentlich "tolle" Voraussetzungen für die diesjährige IAA mit ihren vielen, vielen Neuheiten. - Aber auch in den "richtigen" Preiskategorien?

Und da "liegt der Hund begraben". Als ich an der "Galeria" aussteige, bin ich gleich nahe Halle 8. Also beginne ich dort meinen Rundgang. Und als erstes fällt mir - auf dem Peugeot-Stand - ein Automobil auf, das dort nicht mehr steht: der 106. Das macht mich nachdenklich.

Eine Dame des Standpersonals bemerkt meinen suchenden Blick und fragt: "Kann ich Ihnen helfen?" -  Meine Antwort: "Ich glaube, mir ist nicht zu helfen." - Eine falsche Einschätzung. Denn  die Dame kann es doch. Sie kann mir zum Thema 106 Auskunft geben. Sie wurde zu diesem Thema geschult. Wurde sie denn schon vorher - vor mir - danach gefragt? - Nein. -

So erfahre ich, dass der 106 eingestellt ist. Warum? - Sie weiß es nicht. Sie weiß aber, dass es 2005 einen Nachfolger geben wird.

Ich habe mich - nach dem Ausstellungsbesuch - natürlich "schlau gemacht" und kann Ihnen heute sagen: nach meinen Recherchen wird der Nachfolger Anfang 2006 lieferbar sein. Und die "Restbestände" des 106 müssen von den Händlern bis zum 31. September 2003 (letzter Termin!) zugelassen sein. Und wenn es eine Tageszulassung ist. - Warum? - Keine Auskunft! - "Hinten herum" höre ich, dass das Crashverhalten des 106 den Ausschlag gab. - Feststellung: es gibt praktisch keinen 106 mehr. Und das jetzt praktisch zwei Jahre lang.

AUTO BILD meint, dass es bald den 107 mit Schiebetüren geben wird. - Fehleinschätzung: das ist kein 107. Das ist praktisch ein kleiner Van, der aber eigentlich nichts mit dem kommenden 107 zu tun hat. Der wird wahrscheinlich "im Osten" in Verbindung mit einer japanischen Firma gebaut werden.  Und der Einstiegspreis wird bei 8.000 Euro liegen.

Aber was macht Peugeot bis Ende 2005/Anfang 2006, also rund zwei Jahre (!!!) ohne 106 oder 107? - Nun, man wird den 2006 in einigen Sondermodellen "nach unten ziehen". - Für mich ein schöner Auftakt der IAA. - Wer weiß das schon, außer mir? Aber ehrlich, das habe ich alles nicht vom Ausstellungspersonal, sondern das ist eine Mischung aus den Informationen aus Frankfurt und meinen anschließenden Recherchen.

Natürlich habe ich so einen Grund mehr, mir noch mal den Peugeot 206 anzusehen. Der ist inzwischen - auch in der Fertigung - so weit entwickelt, dass man ihn - für Normalverdiener - den begehrenswerten Automobilen zurechnen muss. Das Styling stimmt. Und für "ams" (s. meinen aktuellen "Guten Tag") ist auch ESP im Angebot. Und man ist gezwungen es zu nehmen. Man kann es aber - per Hand - abschalten. Peugeot hält dieses Sicherheitsangebot für bedeutsam, umsatzfördernd. Ich halte es - bei den Fahrwerkvoraussetzungen des 206 - für eine Marketingentscheidung. Warum sollte man es sich selbst schwer machen? - Warum nicht einem scheinbar vorhandenen öffentlichen Druck nachgeben? - Also gibt es beim 206 nun ESP. Serienmäßig! -Darauf ist man bei Peugeot stolz. Man vergisst aber zu sagen, dass (und das ist von mir aufgrund von Marktbeobachtungen geschätzt) um 50 Prozent des 206-Umsatzes (wenn man den CC ausklammert) mit 1,1- und 1,4-Liter-Versionen gemacht werden. Und da ist ESP auch für einen Aufpreis nicht lieferbar. Weil es dazu z.B. einer elektronischen Drosselklappensteuerung der Motoren bedürfte, die aber nicht vorhanden ist. Und warum werden diese Modelle dann gekauft? - Weil sie preisgünstig sind.

Nach Wegfall des 106 wird die Zukunft uns wohl noch preisgünstigere 206 - z.B. als Sondermodelle - bescheren. Wer wird sich da noch einen Ford Fiesta (mit Peugeot-Motor) kaufen wollen? - Da kauft man sich doch lieber ein Automobil von einem "Maßschneider", als von einem Konfektionär. Manche Firmen haben noch nicht begriffen, welchen gefährlichen Weg sie für das Firmen-Image beschreiten. - Das betrifft übrigens auch Porsche. - Aber dazu kommen wir ja noch.

Meine Wanderung über den Peugeot-Stand könnte auch Anregung sein, mich mit dem Rußfilter zu beschäftigen. Aber ich tue es hier nicht, weil es das nicht mit plakativen Phrasen - wie unsere lieben Politiker - tun möchte, sondern ich habe mit Recherchen zu diesem Thema in den letzten Monaten so viel Zeit verschwendet, dass ich diesem Thema schon eine Extra-Geschichte widmen möchte. Die wird echt geil, weil auf diesem Gebiet zur Zeit Jeder Jeden - beschreiben wir es volkstümlich - "verarscht".

Weiter in Halle 8: Der neue Citroen C2 ist genau das richtige Automobil zur richtigen Zeit. Rundum vernünftig. Und weil bei den leistungsstärksten Versionen ESP serienmäßig ist, haben wir auch die Vergleichstestsieger in kommenden "ams"-Ausgaben. Wenn es gegen VW geht. Wo man ja bei den meisten Modellen das ESP gegen eine Gutschrift von 250 Euro abbestellen kann. (Ich notiere das nur, damit uns allen klar wird, dass manche Dinge zur Zeit im Automobilmarkt nicht mehr normal sind.)

Über Toyota muss man nicht viel sagen oder schreiben. Diese Firma ist für die meisten Automobilhersteller Vorbild. Wobei man beim Hinterherchecheln so manches übersieht. Da wäre z.B. die Sache mit der "Plattformstrategie". Toyota war hier Vorkämpfer, hat das aber nicht krampfhaft zum Dogma erhoben. Ich muss daran denken, als ich vor dem MR2 stehe: ein vernünftiger Mittelmotorsportwagen. Um dieses Automobil in möglichst perfekter Art und Weise realisieren zu können, hat Toyota dafür eine spezielle Plattform geschaffen. Bei Toyota weiß man: es kommt nicht darauf an möglichst billig Automobile zu produzieren, die man dann aber nicht verkaufen kann, weil sie nur so vor Kompromissen strotzen, so nicht das Interesse der angepeilten Käuferschicht finden - und mit Nachlass verkauft werden müssen, oder zu Lagerhalden anwachsen. - Das Denken bei manchen Großserienherstellern ist hier zu einseitig, um nicht zu sagen "krank". - Toyota zeigt wie man es machen sollte. Auch im Hinblick auf die Fertigungsqualität. Da muss man nicht erst einen Lexus kaufen, um zu den zufriedenen Kunden des japanischen Konzerns zu gehören.

Alleine die Halle 8 bietet Stoff für ein ganzes Buch. Da fällt mir z.B. auf, dass Dunlop gegenüber früheren Jahren mit relativ wenig Ausstellungsfläche auskommt. Natürlich muss auch dort gespart werden, wie auch z.B. bei Ford. Während bei Ford aber Sparen zum Selbstzweck erhoben wurde, ist es bei Dunlop absolut notwendig. Es genügt eben nicht ganze Rennserien exklusiv mit Reifen auszustatten und stolz auf diese Alleinstellung hinzuweisen. Man muss konkurrenzfähig sein. Im Markt. Und da ist Dunlop - um es vorsichtig auszudrücken - nicht gerade Maßstab für moderne Reifentechnologie. Man macht auch Reifen. So wie Porsche auch Sportwagen fertigt und deren Wettbewerbsfähigkeit in Markenrennserien beweist. Das vorhandene Image einer Marke, sowohl bei Porsche als auch bei Dunlop, reicht schon (noch?) einige Zeit, wird aber mehr und mehr verbraucht, abgenutzt. Dass sollte man sowohl bei Dunlop als auch bei Porsche registrieren. (Entschuldigung, das ich hier über Porsche schreibe. Das ist eine ganz andere Halle.)

Bleiben wir bei den Reifenherstellern: Bridgestone hat in diesem Jahr zum ersten Mal (?) wieder ausgestellt. Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, diese Firma im Jahre 2001 wahrgenommen zu haben. Und ich habe mich dort über den Run-Flat-Reifen, diesen tollen Reifen, der luftlos nicht von der Felge springt, ein wenig schlau gemacht. (Aber anderswo - z.B. bei Automobilherstellern auch.) Was da heraus kommt, ist auch Stoff für eine separate Geschichte. Man könnte die vielleicht überschreiben: "Über die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit". - Aber natürlich ist alles gaaanz toll!

Ach, Opel ist auch noch in Halle 8. Mich macht der neue Astra nicht so an wie meine vielen Kollegen. Lassen wir den Markt entscheiden. Aber ich habe mir den Weltrekord-Diesel angeschaut. Mit einem großen, dicken, fetten Scheibenwischer mitten auf der Windschutzscheibe. Bei einem Fahrzeug, mit dem man Weltrekorde fährt. Und den man dann über die Ziellinie schieben muss. Weil es einen Elektronikschaden gab? - Etwas anderes kann es nicht gewesen sein, denn der Anlasser ließ sich noch betätigen. Walter Treser, lt. "ams"-Chefredakteur in Rente, wird sich innerlich vor Lachen geschüttelt haben. Denn nach meinen Informationen gibt es zu dieser "Renten-Argumentation" auch einen Hintergrund. Der sich dann aber anders als bei Bernd Ostmann darstellt. - Aber der müsste es eigentlich wissen. Der war "vor Ort". - Ich nicht.

Ich habe auch den Formel 3-Motor vermisst. Oder habe ich ihn übersehen? - Opel-Presseabteilung, bitte melden! - Ich habe auch am Stand (da wo sich das gemeine Volk herum treibt) niemanden aus der Presseabteilung getroffen. Aber vielleicht haben sich alle gerade versteckt, um nicht mit mir zusammen gesehen zu werden. Das wäre nämlich (bei Opel) nicht gerade karrierefördernd. Zumal gerade (nach einigen fragenden e-mail) innerhalb und außerhalb wieder nach der "undichten Stelle" gesucht wird. - Alles "wie früher". Das heißt: ich erinnere mich auch an eine Zeit, da machte sich der Vorstand Sorgen, weil der Opel Rekord stückzahlmäßig besser verkauft wurde als der Opel Kadett. - Aber das haben die Opel-Manager inzwischen toll hinbekommen. Einen Rekord-Nachfolger gibt es nicht mehr. Und zur neuen Styling-Studie: warum hat man nicht gleich einen Cadillac hingestellt?

Den größten Ausstellungsaufwand hatte (auch) dieses Mal der DaimlerChrysler-Konzern getrieben. Für die Ausstellungskosten würde ich wahrscheinlich (mit "kleiner Besetzung") ein komplett neues Modell entwickeln können. DC braucht aber selbstverständlich dafür mehr Geld. - Schade, dass man viel Geld oft nur dann in die Hand nimmt, wenn es zu spät ist. Inzwischen muss man z.B. Dieselmotoren beim VW-Konzern zukaufen. - Erinnert sich Prof. Hubbert noch, was ich ihm zur Dieselsituation von Mercedes Anfang des Jahres 1996 gesagt habe? - Schade.

Aber zumindest hat man den Konzern in Frankfurt optimal dargestellt. Koste es was es wolle. Aber sogar der Formel3-Motor war ausgestellt, wie überhaupt der Motorsport gut repräsentiert war. Wen interessiert heute, dass die M-Klasse überhaupt nur durch das Erscheinen der Konkurrenz (BMW) auf seinem Gebiet das werden konnte, was sie heute ist? - Wenn Sie die "damals" im Testbetrieb erlebt hätten... - Auch nach dem Anlaufen der ersten Serie war es ein Fahrzeug, zu dessen Kauf ich z.B. guten Gewissens nicht raten konnte.

Richtig "auf den Wecker" geht mir Mercedes immer noch mit seinem "Innovations"-Geschwafel. Da gibt es ganz aktuell ein schönes Beispiel beim Mercedes-McLaren SLR. Da hält die neue "innovative" Keramik-Bremsscheibe z.B. über eine Laufzeit von 300.000 Kilometern. Steht in der Pressemappe. Die halten also länger, als die (nicht innovativen?) Antriebswellen. Die Bremsklötze werden aber auch sicherlich nicht so lange halten wie die Bremsscheiben. Was muss denn der SLR-Kunde für diese Bremsklötze bezahlen?

Bei DC weiß das niemand, weil das erste Fahrzeug ja erst im Dezember ausgeliefert wird. Und im übrigen gelte für dieses Fahrzeug die gleiche Garantie wie für den Maybach: nämlich vier Jahre einschließlich aller Verschleißteile. Das stellt sich aber dann als Irrtum heraus. Auf den SLR gibt es nur zwei Jahre Garantie. Und keine auf die Verschleißteile. Das liegt u.a. darin begründet, dass nicht nur eine Firma - nämlich Mercedes - dieses Fahrzeug fertigt, sondern in die Produktion noch McLaren eingebunden ist. - Ist das nicht toll?

Aber deswegen kennt man immer noch keine Bremsklotzpreise. Als wenn sich ein SLR-Kunde dafür interessieren würde! - Entschuldigung! - Aber es könnte doch z.B. sein, dass man bei dieser Keramikbremse auch einen Bremsscheibenwechsel vornehmen muss. So ist das jedenfalls derzeit bei derartigen Bremsen im Rennsport praktisch vorgeschrieben. Da es sich aber bei der SLR-Bremscheibe um eine "innovative" -Scheibe handelt, könnte es ja sein, dass man nach einer gewissen Laufzeit nur die Bremsklötze wechseln muss. Und das wird nach meiner Schätzung (wie gesagt, bei DC hat man derzeit noch keine Preisvorstellung) so um 3 - 4.000 Euro kosten. - Da muss man eben mal als Fahrer auf ein Häppchen Kaviar mit Champagner verzichten.

Sonst: stehend sehen die Mercedes-Modelle alle gut aus. Fahrend haben sie schon ihre Macken. Mehr, als dem Image der Marke gut tut. Meist sind es Elektronik-Macken. Bei der S-, bei der E-Klasse. Aber dort hat man ja jetzt einen "Beseitigungsausschuss" (o.ä.) eingesetzt. Ich kann mir sogar vorstellen, wo der unter dem Vorsitz des Herrn Prof. Hubbert tagt: wenn sie Hubberts Arbeitszimmer betreten, gehen Sie nach links und erreichen ein Sitzungszimmer, in dem schon Herr Niefer seine "Qualitätsgespräche" führte.

Der Maybach ist für mich ein Symbol, kein Auto. Ein Symbol dafür, dass die Marke Mercedes für einen solchen Luxus-Premium-Optimal-Schlitten nicht mehr tragfähig war. Die Marke ist inzwischen ein wenig abgewirtschaftet, die entsprechende Kundschaft hätte einen Maybach als Mercedes nicht mehr akzeptiert. Nach dem Ergebnis entsprechender Untersuchungen wurde darum ein Maybach aus dem angedachten Super-Mercedes. Ein richtiger Erfolg ist er aber auch als Maybach nicht. Die bisher verkauften Stückzahlen können zwar als groß bezeichnet werden, aber wenn man die Auftragsstornierungen davon wieder abzieht, dann dürfte man in Stuttgart nicht so glücklich sein, wie man sich derzeit gibt.

Der smart ist immer noch kein Geschäft. Der smart-Sportwagen dürfte nach meiner Einschätzung aber laufen. Der "forfour" dürfte es dagegen schwer haben. Zumal alles auf "Premium" angelegt ist. Zumindest vom Preis her. Für mich ist dieses Fahrzeug keine Offenbarung, ist mehr ein Versuch, die Marke zu stützen, um zumindest im Konzern den Eindruck zu erwecken, es bestünde zumindest die Aussicht, mit smart einmal ein richtiges Geschäft zu machen. - Mühsam ernähren sich im heutigen Automobilgeschäft nicht nur Eichhörnchen.

In Halle 6 hatte Honda auch seinen Formel3-Motor vergessen. Immerhin gab es einen deutlichen  Hinweis auf Motorsport-Aktivitäten. Sogar ein Hinweis auf Motorräder - es gab eine neue 125er - fehlte nicht. Sonst wurde die Halle von Fiat dominiert. Dort war das wichtigste Auto der Panda. Wobei ich versäumt habe, nach dem Preis zu fragen. Der hätte mich auch beim Lancia Fulvia-Coupé interessiert. Immerhin ein Automobil, das die Feinschmecker (eigentlich als Automobilkäufer eine aussterbende Rasse) ansprach.

In Halle 5 wurde ich von der VW/Maserati-Mitteilung überrascht (ja, ja - auch ich weiß oder ahne nicht alles), dass "today Dr. Bernd Pischetsrieder, CEOO Volkswagen AG, and Luca di Montezemolo, Chairman of Maserati, signed a letter of intent for several technical and commercial cooperation projekts between Audi and Maserati." - Diese heiße Information nahm ich aus den Händen des Herrn Bode (VW) entgegen. - Meine erste gedankliche Reaktion: nun kann Herr Pischetsrieder endlich mit gutem Gewissen als Dienstwagen einen Maserati quattro porte fahren.

Dann fiel mir ein, dass Audi über eine Reihe von Patentrechten an der Luftfederung (im A8 verwirklicht) verfügt, die dem quattro porte gut zu Gesicht stünde. Denn was meinen Kollegen (mal wieder) entgangen ist: dieser neue Maserati wurde im Versuch nicht nur mit dem jetzt im vorgestellten Fahrzeug ausgestatteten normalen Feder/Dämpfer-Fahrwerk getestet, sondern auch in einer Version mit Luftfederung. Aber das war - auch optisch auszumachen - mehr ein Satz mit "Nix". War nix, iss nix. - Aber könnte so etwas werden. Dann wäre die Maserati-Plattform aber z.B. auch für einen "kleinen Bentley" geeignet. Oder für ein Fahrzeug zwischen Passat und Phaeton. Und die Audi-Geländewage-Version böte eine Vorlage für den Kubang von Maserati.

Aber - leider - wird die Marke Maserati darunter leiden. Ab sofort. Montezemolo hatte schon den Fehler gemacht, sich beim Maserati Coupe und Spider nicht mehr seiner eigenen Worte zu erinnern, nach denen er seine Sportwagen von Elektronikeinbauten, wie  ESP, verschonen wollte. Nun sind sie serienmäßig. Und der geneigte Kunde fragt sich, ob der Maserati eigentlich ein Sportwagen ist. Man kauft sich als Fan von guten Rennrädern (Fahrrädern), auch kein Rennrad mit Stützrädern. Selbst wenn es die ohne Aufpreis gibt.

Wäre ich Maserati-Händler, würde ich zunächst einmal um Kürzung der vereinbarten Abnahmemenge für Maserati-Automobile bitten. Und gleichzeitig um die Genehmigung, mein Geschäft mit Audi-Automobilen auszuweiten. Die Hersteller sollten nicht immer nur an sich, manchmal auch an die Händler denken.

Das tut man auch weniger bei Porsche. Obwohl man sie braucht, um Stückzahlen im Markt darzustellen. Warum gibt es denn in letzter Zeit so eine überquellende Zahl von Sondermodellen des Porsche 911? - Weil der nun 40 Jahre alt ist? - Pappalapapp! - Deshalb, weil die Händler (lt. Vertrag) verpflichtet sind, von allen neuen Modellen eins zu bevorraten. Und da man weltweit... - Sie verstehen? - So macht man Zahlen für die Statistik. Denn  der 911 ist derzeit - zumindest im deutschen Markt - tot. Der Boxster ebenfalls. Und vom Cayenne sind sicherlich mehr Stornierungen zu registrieren als Auftrags-Neueingänge. Die Ausstattung des Fahrzeugs - auch - mit einem VW-Motor, ist nur eine Notlösung.

Der Cayenne mag zwar in den USA ein Erfolg sein, in Deutschland wird er es nicht werden. Praxis-Benzinverbräuche um 40 Liter bei der S-Version schrecken schon ab. Und der GT wird Porsche auch nicht vor einer Bergabfahrt bewahren. Verzweifelt arbeit man in Stuttgart an einem kleinen Dreiliter-V8. Die Konstruktion ist schon älteren Datums, wurde jetzt aber wieder aus der Schublade geholt, um als Direkteinspritzer zu neuem Ruhm zu kommen. Aber das dauert noch. Wer sich bei Otto-Direkteinspritzern auskennt, der weiß um deren Möglichkeiten, aber auch um die auftretenen Schwierigkeiten. - Aber wer weiß das schon?

Halle 3 war interessant. Renault stellte sich groß - z.B. richtig ausführlich mit der Formel 1 ("100 Prozent Renault!") dar. Der Stand war auffallend großzügig gestaltet. Meine Recherchen ergaben, dass sich Ford im letzten Moment verkleinert hatte (sparen, sparen, sparen), so dass Renault deren Quadratmeter noch übernommen hatte. Zum Renaultprogramm muss man wenig sagen. Für einen Großserienhersteller überzeugend. Und eigentlich gut (inzwischen!) in das Umfeld von Volvo, Land Rover, Jaguar und Aston Martin passend.

Ich war zufällig in Halle 3, als dort die Vorstellungen der Ford-Gruppe (PAG-) liefen. Der neue Volvo: außen gut, innen zu sehr nordisch. Der neue Aston Martin: schön, aber insgesamt nicht überraschend. - Ich darf hier ein paar eigene Beobachtungen zum neuen kleinen Achtzylinder Aston Martin anfügen: ein  tolles Auto, mit tollem Sound. Sicher eigentlich als GT gedacht, ist das ein richtiger Sportwagen geworden. Obwohl ich keine Preisvorstellung dafür habe: das wird die neue Porsche-Konkurrenz.

Bei Jaguar gab es den X-Type als Kombi. Und dann eine Studie, die man R-D6 nennt. Da ging ein Raunen durch die Halle, als der - auf allen Bildschirmen in diesem Halleneck - fahrend zu sehen war. Niemand hat davon gesprochen wer dieses Automobil initiiert hat. Aber für mich deutet schon die Bezeichnung darauf hin. (Ich kann mir jetzt ein Grinsen kaum verkneifen.) Das "R" steht aus meiner Sicht für Reitzle. Nur ein Automann wie er konnte hier das entsprechende Lastenheft vorgeben: 4,33 m kurz, max. 1.500 kg, Alu-Karosse, Dieselmotor. Und die Form entspricht der Art, mit der gerade das Bentley-Coupe erfolgreich ist. Nur um eine Tonne schwerer.

Dieser Jaguar R-D6 ist ein Automobil, das nicht nur heute für Aufsehen sorgt, sondern morgen und übermorgen noch zu verkaufen ist. Darauf hat die entsprechende Käuferschicht gewartet. Es gibt kein vergleichbares Angebot. Was Ford mit Reitzle verloren hat, wurde mit dieser Studie deutlich.

Ich musste daran denken, als ich die Halle betrat, die man als BMW-Halle verkleidet hatte. Gut - und teuer - gemacht. Aber da drinnen? Dummerweise hatte man noch ein altes CLS-Coupé neben den neuen 6er gestellt. Ich kenne die neue BMW-Fahrwerk-Philosophie durch Beobachtungen beim Testen. Ich brauche diese neuen BMWs gar nicht mehr zu fahren. - Das hat nichts mehr mit "Freude am Fahren" zu tun. Kann aber auch sein, dass ich Ansprüche an die Marke stelle, die sie in der neuen Vorstandsbesetzung nicht mehr erfüllen kann. Weil ein "Automann" fehlt. - Was BMW mit Reitzle verloren hat... -

Also dann auf zu Herrn Pischetsrieder. Auch Halle 3, aber unten. Ich traf dort auf einen Seat Ibiza Cupra R in reinstem Gelb mit schwarzer Innenausstattung. Ein schönes Auto. Aber es gab im Umfeld keine schriftlichen Erklärungen dazu. Also Fragen wir das Standpersonal. Und es ergab sich folgender Dialog:

Was ist das für ein Auto?
Das ist ein Prototyp.
Mit welchem Motor?
Das Fahrzeug hier hat einen 150 PS TDI-Motor, aber es ist noch nicht sicher, ob er überhaupt so gebaut wird.
Warum steht er denn hier?
Also, der wird in jedem Falle - so wie er hier steht - mit einem 166 PS-Benzinmotor - oder so - kommen.
Warum denn nicht mit dem Dieselmotor?
Der ist jetzt nur für die Ausstellung gemacht worden. Der müsste ja erst noch entwickelt und getestet werden. Und das dauert.
Kommt dieser Ibiza mit dem Dieselmotor denn überhaupt?
Das kann ich nicht sagen. Das muss noch entschieden werden.
Dann kommt er aber sicher mit dem Benzinmotor?
So wie uns gesagt wurde: ich glaube schon.
Wie schnell wäre denn ein solcher Ibiza mit dem Dieselmotor?
195 Kilometer.
Schneller nicht?
Sie müssen bedenken, das Fahrzeug wiegt 1,2 Tonnen.
Aha!

Und dann habe ich mich bedankt - und bin gegangen. Zur Studie eines Van. Aber deren gute Linien, wurden durch Damen gestört. Und da bin ich zu VW gegangen. Alles ein wenig trist, eintönig - Eintopf. Da macht Seat mehr an. Und Skoda überzeugt durch resolute Klarheit. Ich erinnerte mich, dass ich am Vorabend, bei der Reisevorbereitung meines Fahrzeugs, einen neuen VW Golf an der Tankstelle getroffen hatte. Mit WOB-Kennzeichen. Der Fahrer sah, dass ich mir sein Fahrzeug sehr genau ansah, startet forsch weg, schaltete in den 2. Gang - und das Fahrzeug stotterte im Notprogramm. Der wusste was zu tun war. Rechts ran (auf dem Standstreifen der B 258), Warnleuchte an und neu starten. Meist gehts dann wieder. - Aber es ging nicht.

Und so hoppelte dann diese neue Innovation mit dem Starter weiter, versuchte aus meinem Gesichtsfeld zu kommen. Um dann wieder zu halten. Zündung aus, Zündung an. Der verzweifelte Versuch eines VW-Testfahrers beim Beschauer einen guten Eindruck zu hinterlassen. Und irgendwann  war dieser Golf der 5. Generation dann auch um eine Straßenbiegung verschwunden.

Ich hatte so gleich den richtigen Eindruck. - Den hatte ich schon vor Wochen beim Bentley-Coupé, dass ich mir jetzt im Detail ansehen konnte. Zu diesem Preis von etwas mehr als 150.000 Euro quasi ein Schnäppchen. Und so wird er auch von der entsprechenden Käuferschicht empfunden. Und gekauft.

Wobei mir einfällt, dass es einer Reihe von Automobil-Managern noch gar nicht aufgefallen ist, dass seit Monaten eine ganze Preisklasse im Markt praktisch weggebrochen ist: die zwischen 50- und 100.000 Euro. Das ist die, in der "früher" im Hinblick auf künftige Geschäftserfolge die Leasingverträge abgeschlossen wurden. Man konnte sich zwar kaum die Leasingrate und die Kosten für die erste Inspektion gleichzeitig leisten, aber - der Boom wirds schon bringen.

Nun sind die Zeiten des Booms vorbei. Und die Preisklasse 50- bis 10.000 Euro ist tot. Herr Wiedeking hat es sicherlich festgestellt und es vielleicht ausschließlich auf sein Angebot bezogen. Ist es aber nicht. Porsche hat eben Pech gehabt, war vornehmlich in diesem Preissegment aktiv. Rauf hat man nun den GT. Knapp drunter den VW-Cayenne. Aber das reicht nicht.

Audi präsentierte den "Le Mans". Ein geschickter Schachzug, um auch den Gallardo günstiger produzieren zu können. Denn eigentlich ist der Le Mans nichts anderes als ein Lamborghini Gallardo mit Audi-Karosse. So senkt man Plattform-, Motor-Kosten, macht aber auch die Nische enger. - Also ich würde einen Lamborghini nehmen.

So ganz nebenbei: ich war der erste, der (zusammen mit einem meiner Brüder) Lamborghini in Deutschland importiert hat. Ich damals schon Lamborghini gemocht. Heute, mit einem Schuss Audi, ist der Sportwagen wahrscheinlich noch perfekter geworden. Bestimmt kein schlechter Kauf. Vielleicht gibt es aber auch Bauunternehmer oder Fleischfabrikanten, die einen "Le Mans" vorziehen würden. So hat man für jeden Geschmack etwas im Programm.

Insgesamt betrachtet, war aus meiner Sicht Frankfurt schon eine Reise wert. Aber Frankfurt ist für die IAA nicht der ideale Standort. Viele Hallen, lange Wege. Kürzer, knapper, mehr aufs Produkt Automobil konzentriert wäre es besser.

Aber wie das erste Wochenende zeigt: es sind die Traumwagen, die nach Frankfurt locken. Es nicht der neue Golf V, der neue Astra.  Diese Modell "nimmt man mit". Aber wo findet man sonst die Traumwagen dieser Welt so nahe beisammen. Und so nimmt der Vater seinen Sohn an die Hand und - ab nach Frankfurt. Und man ärgert sich über die Essen-Preise, stöhnt über die Hallenluft. Aber toll wars.

Ich traf übrigens an einem frühen Morgen hier in der Eifel einen Herrn, den ich in Frankfurt vermutete. "Da wollte ich auch hin. Und ich bin gerade wieder auf dem Weg", sprach er. - ??? - "Nun", erklärte er, "die wollten mir im Hotel, wo ich immer bei meinem Frankfurt-Aufenthalt bin, dieses Mal 225 Euro pro Nacht abnehmen. Sonst zahle ich da 95 Euro. - Da bin ich lieber in die Eifel gefahren und habe da übernachtet."

Das auch dem VDA in die Kladde geschrieben. Wenn man in Frankfurt bleiben will, muss man Möglichkeiten schaffen, den Ausstellungs-Nepp (oder wie nennen Sie das?) zu unterbinden.

Nun hätte ich eigentlich eine Übergangsmöglichkeit geschaffen, um auf aktuelle Automobilpreise einzugehen. Golf 5  bei Quelle mit 10 Prozent, Phaeton im Billig-Leasing und... -

Aber ich möchte ja morgen auch noch Geschichten schreiben. Lassen Sie mich hiermit die IAA-Geschichte beenden.

MK/Wilhelm Hahne


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