Über "Phantom"-Pressechefs und "Phantom"-Unfallverursacher

Eigentlich wollte ich nur ein paar Angaben in "dossierB" überprüfen. Dort stand, dass ein Mann "verzweifelt gesucht wird": Johannes Reifenrath, Produkt-PR-Chef von Mercedes-Benz, Maybach und Smart. "dossierB" vermutet ihn "in den Tiefen und Weiten des Weltalls. Grobe Adresse: Galaxie DaimlerChrysler, nach dem Milky Way rechts." - Das wunderte mich. Ich habe ihn früher eigentlich immer erreicht. Nur hatte ich in letzter Zeit keinen Grund ihn anzuwählen. - Der sollte also nicht anzutreffen sein? - Da ich mich sowieso gerade mit der Effektivität von Presseabteilungen beschäftige, greife ich am 26.9. (Erscheinungstag von "dossierB") gleich um 8:55 Uhr zum Telefon. Und eine glockenhelle Stimme verkündet mir: "Oh, der ist in einem Meeting". - Ich will keinen Rückruf, sondern sage, dass ich wieder anrufe. Das mache ich am 29.9. um 10:10: "...ist nicht im Haus". Auf Nachfrage sagt man mir, "er kommt am späten Nachmittag zurück" und konkretisiert den "späten Nachmittag" auf meine Rückfrage mit "16 - 17 Uhr". - Um 16:45 erfahre ich: "...kommt heute nicht zurück." - Am 30.9. ist "JR" zwar auch nicht da, nach kurzem Tuscheln zwischen zwei Damen übernimmt eine weitere Dame und verspricht mir: "Wir melden uns". (Obwohl ich erkläre, dass das alles keine Eile hat, ich mich schon melden würde, aber darauf bestehe, mit Herrn Johannes Reifenrath zu sprechen: "Sonst würde ich ja jemand anders verlangen".) - Die Dame notiert meine Telefon-Nummern. Und tatsächlich meldet sich der Mercedes/Maybach/Smart-Pressechef noch am gleichen Tag, kurz nach 17 Uhr. - Er befindet sich im Auto auf der A5. Und da ist mir doch gleich etwas eingefallen. Und so wird aus der geplanten Geschichte eine ganz andere. Denn ich hatte - zufällig - am Tag davor festgestellt, dass die Internetseiten des ZDF eine interessante Lücke aufweisen.

"Geheime" Rechtstreitigkeiten zwischen DC und ZDF?

03-10-01/03. - Am 14. Juli dieses Jahres ist morgens im Stuttgarter Raum schon um 5:30 ein Jogger in der Frühe unterwegs. Er braucht einen gesunden Geist. Und da der nur in einem gesunden Körper... - Als er zu seinem Automobil, einer schwarzen Limousine vom Typ Mercedes S-Klasse, zurück kommt, hört er gerade in seinem Autoradio die Unfallmeldung, die danach nicht nur die Medien, sondern auch den  Staatsanwalt beschäftigen wird: auf der A5 hat ein "schwarzer Mercedes" die Fahrerin eines Kleinwagens wohl genötigt, abgedrängt (o.ä.); die flog durch ein überzogenes (dadurch ausgelöstes?) Fahrmanöver in den Wald. Die 21jährige Fahrerin und ihr zweijähriges Kind sind tot.

Der Jogger - und jetzt Radiohörer - ist zufällig der Mercedes-Pressechef Johannes Reifenrath. Da er weiß, wann und wo auch Testfahrer in "schwarzen Mercedes" unterwegs sein können (auch auf der A5), ruft er gleich den Leiter der Werksicherheit an und bittet ihn, sich in jedem Fall mit der Polizei in Verbindung zu setzen und - wenn ein Verdacht gegen "Werksfahrer" bestehen sollte - den Behörden jede Unterstützung durch das Unternehmen zuzusagen.

So nehmen die Dinge dann ihren Lauf. Scheinbar von der Abwicklung her ideal, aber so weit das die Redaktionen der Medien betrifft, nicht beherrschbar. So wird da schnell von einem "Todesraser" geschrieben und gesprochen. Es kristallisiert sich auch schnell heraus, dass wohl ein Mercedes-Testfahrer (zunächst waren es wohl nach Medienberichten zwei) in den Fall verwickelt ist.

Und eine Mercedes-Sprecherin erklärt, dass es sich nicht um eine Test-, sondern um eine Dienstfahrt gehandelt hätte. Und obwohl eigentlich noch gar nichts bewiesen ist - eine Anklage ist bis heute nicht erhoben - wird dem verdächtigten Fahrer (einem 34jährigen Ingenieur) der Führerschein abgenommen, entzogen.

Weil Johannes Reifenrath in dem Gespräch mit mir den Medien eine "Vorverurteilung" vorwirft und daran erinnert, "dass wir in einem Rechtsstaat leben", erlaube ich mir die Frage, ob er denn auch den Führscheinentzug als "Vorverurteilung" werten würde. Ob diese Maßnahme - in einem Rechtsstaat - nicht doch die Stärke des Verdachts unterstreicht... - Reifenrath versucht mir klar zu machen, dass es gerade in einem Rechtsstaat auch passieren könnte, dass... (s. Führerscheinentzug) -

Wer wüsste das besser als ich? - So erinnere ich daran, dass auch in einem Rechtstaat die Faktoren Geld und (dadurch) Macht nicht ohne Bedeutung sind und gerade der, der diese Faktoren zu nutzen versteht (und oft auch als Werkzeug nutzt), nicht unbedingt immer das Recht für sich verlangen sollte, das eigentlich nicht nur ihm, sondern allen zusteht.

Aber in diesem Falle geht es wohl zunächst einmal darum, den tragischen Tod einer Frau und eines kleinen Kindes aufzuklären.

Da habe ich schon die Empfindung, dass eine große Firma (mit einem guten Ruf und Namen), hier versucht, einen Mitarbeiter zu schützen. Schon um das eigene Image nicht beschädigen zu lassen.

Und so ist dann wohl auch die Rechtsabteilung des Herstellers DaimlerChrysler eingeschritten, nach dem es eine Sendung über den Vorfall vom 14. Juli, am 2. September im ZDF (Frontal21) gab. Diese Sendung hatte ich nicht gesehen, ich kannte sie nicht. Aber eine Dame erzählte mir davon - so ganz nebenbei - während eines Telefonats zu einem anderen Thema. Da ich gerne vieles - und das möglichst genau - wissen will, habe ich beim ZDF (im Internet) nachgeschaut. Aber da gab es nichts. Keinen Hinweis. Nirgendwo. Auch nicht in den Foren. - Ungewöhnlich! - Aber im Archiv von Frontal21 konnte ich feststellen, dass in der Sendung vom 23.9. fünf Themen behandelt wurden, in der Sendung vom 16.9. ebenfalls fünf, auch am 9.9. konnte ich bis fünf zählen, nur am 2.9. waren vier Themen auszumachen. Weil die Darstellungsform im Internet genormt ist, gab es überall zwei große und drei kleine Fotos zu den jeweiligen Sendungen, nur am 2.9. wurde der Platz mit vier gleichgroßen Fotos genutzt. Ich habe nicht aufgegeben, bin schließlich bei meiner Intensiv-Suche auf eine Sendungsankündigung vom 1. September gestoßen. Man hatte wohl vergessen sie heraus zu nehmen. -  Einfach übersehen!

Und so habe ich das Herrn Reifenrath auch erklärt. Am 30. September. In unserem Telefongespräch. Ich in Virneburg, er auf der A5, praktisch am "Tatort". - Und am 1. Oktober heißt es dann auf meinen Aufruf der "Belegseite" auf den Internet-Seiten des ZDF: "Leider ist die von Ihnen aufgerufene Seite zur Zeit nicht verfügbar". - Nachtigall ick hör dir trappsen!

Um nicht unglaubwürdig zu werden, habe ich nachfolgend die Seite abgeschrieben, die ich mir am Montag, den 29. September 2003, um 12:25 Uhr ausdrucken ließ. Zur Sicherheit. - Hier die Abschrift:

"ZDF.de

01.09.2003

http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/6/0,1872,2063910,00.html

Frontal21

Rasen ohne Rücksicht

Lebensgefahr auf der Autobahn

Drängeln, rasen hupen: Das ist der Alltag auf deutschen Autobahnen. Da wird beim Überholen der Mindestabstand nicht ein gehalten, dicht aufgefahren, wild gehupt oder geblinkt und notfalls auch mal auf der rechten Spur überholt - der Wagen wird zur Waffe.

Fast jeder hat solch eine Situation schon erlebt. Für eine 21-jährige Frau und ihre zweijährige Tochter endete so ein Erlebnis tödlich. Es passierte am 14. Juli 2003 auf der A5 nahe Karlsruhe. Ein Testfahrer von DaimlerChrysler soll sie mit seinem Auto bedrängt haben, so der Verdacht der ermittelnden Staatsanwaltschaft.

Mit etwa 220 Stundenkilometer habe er sich dem wesentlich langsamer fahrenden Kleinwagen der jungen Mutter von hinten genähert. Vor Schreck soll die Frau das Steuer verrissen haben. Ihr Auto geriet ins Schleudern und prallte gegen einen Baum. Mutter und Tochter waren sofort tot. Der Testfahrer will nichts bemerkt haben. Er raste weiter. Frontal21 über den alltäglichen Wahnsinn auf deutschen Straßen und die Frage, warum aggressives Verhalten hinterm Steuer in Deutschland häufig noch als Kavaliersdelikt abgetan wird."

Wenn so eine "Löschung" beim ZDF passiert, dazu noch mit Informationen zu einer Sendung von Frontal21 (ich las: "Frontal21 - das Magazin im ZDF, kritisch, investigativ, unerschrocken") dann gab (und gibt!) es dazu einen Anlass. Und der kann - das ist meine Auffassung, die auch durch meine Erfahrung in der Vergangenheit stets bestätigt wurde - z.B. darin begründet sein, dass der DaimlerChrysler-Konzern der Redaktion von Frontal21, bzw. dem ZDF (oder auch dem verantwortlichen Redakteur) eine Einstweilige Verfügung zustellen ließ.

Davon wollte Johannes Reifenrath in dem Gespräch mit mir nichts wissen. Er bestätigte mir aber, dass hier wohl die Rechtsabteilung des Konzerns tätig geworden sei. Weil diese "Rasersendung" voller Fehler war. Es seien Tatsachenbehauptungen erfolgt, die nicht durch Tatsachen belegt waren. Zum Beispiel habe man eine A-Klasse gezeigt, in dem ein Testfahrer zu Tode gekommen sein soll. Es sei über die "sinnlose Fahrerei auf Autobahnen" der Testfahrer von DaimlerChrysler gesprochen worden, die in der Aussage gegipfelt hätte: "Seien Sie froh, wenn Sie keinem der Testfahrer auf der Autobahn begegnen." (Ich kann hier nur die Schilderungen des Herrn Reifenrath wieder geben, da ich die Sendung nie gesehen habe. - Reifenrath hat die Originalaussendung auch nicht gesehen, verfügt aber über eine Aufzeichnung, "eine Kasette", wie er sagte.)

Ich habe den Mercedes-Pressechef in dem Telefongespräch gefragt, wer denn die Sendung gemacht habe, bzw. sie verantworte. Das konnte er mir nicht beantworten. "Das weiß ich nicht". - Er wusste mir aber im Verlaufe des Gesprächs zu berichten, "dass es schon im Vorfeld der Sendung Gespräche gegeben habe", wohl in dem Bemühen "ihr einen gehaltvollen Charakter zu geben" (O-Ton). Aber das sei "in den Wind geschlagen" worden.

Logisch, dass man da keinen Namen kennt. Oder? - Aber wie gesagt: Reifenrath wurde durch meine Anfrage überrascht, befand sich auf der A5 und das Gespräch war nicht gerade kurz. Reifenrath verglich die Stimmung in den Medien mit der während der französischen Revolution (im Jahre 1789), "wo sich auch jeder dazu berechtigt gefühlt hat, irgendeinem anderen den Kopf abzuschlagen". Ohne Grund. Schließlich machte das jeder. Und er fragte mich: "Sollen wir denn unsere Testfahrten auf öffentlichen Straßen und Autobahnen einstellen? - Im  Interesse unserer Kunden müssen wir auch solche Erprobungen vornehmen."

Reifenrath hat Recht. Ich habe ihm hier auch nicht widersprochen. Ich habe ihm verdeutlicht, dass gerade ich um die Wichtigkeit der Hochgeschwindigkeitsversuche auf geschlossenen Rennstrecken, wie z.B. Nardo, wisse, auch hier Details kennen würde. Und das gerade im Hinblick auf die Reifen- und Gewichtssituation moderner Automobile sicherlich auch auf deutschen Autobahnen (wo sonst?) Hochgeschwindigkeitsversuche in verkehrsarmen Zeiten (!) gefahren werden müssen. Aber ich habe auch daran erinnert, dass das Fehlverhalten eines Menschen mit einem Automobil, gleich welchen Fabrikats, meist von seiner Art, seinem Charakter abhängig ist. Und da sei - auch unbewiesen - nicht auszuschließen, dass sich ein Testfahrer von Mercedes mal daneben, rüpelhaft benimmt.

Ich habe ihm auch zu verstehen gegeben, dass ich davon überzeugt bin, dass man auch als Firma eine gewisse Verpflichtung gegenüber seinen Mitarbeitern hat, auch die, sie vor Angriffen von außen zu schützen. Das dürfe aber nicht dazu führen, dass man Tatsachen verfälscht. Mir wäre es eigenartig, wenn ein Testingenieur mit einem Zwölfzylinder-Mercedes in Richtung Papenburg (ein Testcenter) unterwegs, das Fahrzeug aber nicht mit Testinstrumenten ausgerüstet sei. Und eine Pressesprecherin erkläre der staunenden Öffentlichkeit, es habe sich um eine Dienstfahrt gehandelt. Warum ist der "Dienstwagen" eines Testingenieurs dann ein Zwölfzylinder? - Und wenn zwei "Dienstwagen" unterwegs waren (lt. Medienberichten haben sich die zwei Testfahrer gegenseitig beschuldigt), dann muss doch zumindest das zweite Fahrzeug den Unfall wahrgenommen haben, wenn der Auslöser (das erste Fahrzeug und sein Lenker) ihn nicht bemerkt haben will. - Und wenn es eine Dienstfahrt war: Warum fahren zwei Tester dann nicht in einem Fahrzeug gegen Papenburg?

Lassen Sie mich aber noch eine andere Möglichkeit ins Gedankenspiel bringen: Normalerweise (weil es so vorgeschrieben ist) saß (oder lag) das Kind auf der Rücksitzbank. Haben Sie im normalen Straßenverkehr noch niemals gesehen, dass eine Mutter, mit einer Hand lenkend, den Kopf nach hintend drehend, mit einem dort sitzenden Kind redete und sogar mit der freien Hand tätschelte? - Ich habe so tätige Mütter schon fast in die Leitplanken, in den Gegenverkehr fahren sehen. Fast! Und ich erinnere mich nicht nur an einen so beobachtenden Vorfall! Immer mit gewaltigen Schlenkern. - Und wenn nun in einer ähnlichen Situation ein "schwarzer Mercedes" überraschend, weil schnell auftaucht... - Führen Sie diesen Gedanke bitte für sich selbst zu Ende. - Möglich ist vieles.

Reifenrath unterstrich meinen Eindruck, beim Lesen von vielen Beiträgen zu diesem Thema in einigen Foren des Internets gewonnen, dass die Stimmung durch eine "aufputschende", nicht immer seriöse Berichterstattung ein wenig übergeschwappt sei. Der Mercedesmann Reifenrath, selbst eine schwarze S-Klasse als Dienstwagen fahrend, erzählte, dass er an einer Tankstelle schon selbst von anderen Fahrern angemacht worden wäre: "Da ist schon wieder einer von diesen Todesrasern".

Ob es in dieser Situation von DaimlerChrysler angebracht ist, z.B. dem ZDF mit rechtlichen Schritten zu drohen, möchte ich bezweifeln. Man wirft - wie ich hörte -. z.B. dem ZDF auch vor, dass man aktuelle Wortinformationen mit "sieben bis acht Jahre alten Bildern" unterlegte. - Warum hat man nicht, wenn es schon "Vorgespräche" gab, aktuelles Material angeboten, die Redakteure von Frontal21 z.B. an Testfahrten teilnehmen lassen?

Natürlich ist mir klar, dass ich noch mit Frontal21-Redakteuren sprechen sollte. Ich habe erste Kontaktversuche bereits unternommen. Gestern. Meine Stimme muss auf einem Anrufbeantworter sein. Wenn ich weiter gekommen bin, werde ich diese Geschichte fortsetzen. Aber nachdem ich gerade beim Schreiben feststellen musste, dass nach meinem Gespräch mit Herrn Reifenrath beim ZDF auch die allerletzten Spuren der Sendung vom 2. September verwischt wurden, ist eigentlich ganz klar, was nun passiert ist. - Ich finde das zum Kotzen!

Ich kenne auch aus Erfahrung die "Ausreden", dass man "in einem schwebenden Verfahren"... - Ich meine, ein solches Verfahren sollte die Öffentlichkeit genau so interessieren, wie der Tod zweier junger Menschen. Rechtstreitigkeiten holen die nicht zurück in Leben, erleichtern auch nicht eine Diskussion über die Hintergründe. Man sollte eigentlich jede Art von Diskussion zulassen. Nur so eröffnen sich - vielleicht - neue Aspekte. Es sollte uns allen nicht darum gehen, in einer - inzwischen - aufgeheizten Stimmung, der Öffentlichkeit irgendeinen scheinbar Schuldigen zu präsentieren. Auch nicht, einen Schuldigen aus egoistischen Gründen (wegen Imageschaden) zu schützen.

Wir alle sollten nicht nur von Gerechtigkeit, von Rechtsstaatlichkeit sprechen und schreiben, wir sollten sie auch leben.

MK/Wilhelm Hahne


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