Virneburg, den 9. November 2003

Guten Tag!

Ich habe derzeit den Eindruck, dass in diesem Herbst vieles ein wenig durcheinander gerät. Nicht nur bunte Blätter. Unsortiert. Da schreibt z.B. jeder ein Buch. (Mit sortierten Blättern.) Gut für die Auflage, wenn man BILD für die Promotion gewinnen kann. Dieter Bohlen und die Wahrheit. Verona Feldbusch und der Spinat. Becker und... - also mich beeindruckt es schon, wenn der Sperminator Boris Becker erklärt: "Und sie hatte genau diese zwei Sekunden länger geschaut, die dem erfahrenen Jäger sagen: Die will was von dir." - Ich dachte bisher nämlich immer, Becker wäre nur ein erfahrener Tennisspieler gewesen.

Schon 1986 war ich von dem Verkehrsexperten (dieses Mal: Straßen-) Boris Becker begeistert, als der - auch in BILD - erklärte: "Es gibt keine guten und schlechten Autofahrer. Es gibt nur die, die überleben, und die, die sterben."

Es ist eigentlich ungeklärt, was Michel Friedman ist, ein guter, oder ein  schlechter Autofahrer? Tatsache: Friedman lebt. Bei "Max" hat er jetzt seine "zweite Chance" und die "letzte Seite". "Die wird er nutzen ..., nicht, um seine Vergangenheit aufzuarbeiten." Sagt der "Max"-Chefredakteur in seinem Editorial. Und dann arbeitet Michel Friedman dort doch seine letzte Vergangenheit auf. "Ich weiß, wovon ich spreche." Und er schreibt: "Ich würde mir wünschen, dass die junge Generation - eigentlich wie immer - uns aufschreckt und erschreckt. Mit Sichtweisen und Gedanken, die uns, die wir uns eingerichtet haben, stören und ärgern."

Als MdB Hohmann aber jetzt aufschreckte... - Vielleicht ist der aber auch zu alt, nicht die "junge Generation". Und so war das vielleicht von Friedman auch nicht gemeint. Aber - zugegeben - mich hat dieser junge (Fried)Man schon geärgert, als ich ihn sonntags bei "Sabine Christiansen" hörte. Nicht zum Thema der Sendung (was war das nur?), sondern zu seiner "Läuterung". Frau Christiansen bot ihm eine Platt-Form, ein Forum. - Ich habe abgeschaltet. Ich fand das peinlich. Wie ein Opel Meriva (vor dem Serienanlauf) im Eiskanal zufällig bei "Wetten das..." - Aber da ist inzwischen sogar die "BamS" drauf gekommen. -

Peter Struck, unser Verteidigungsminister, findet einen General etwas "verwirrt" und entlässt ihn. Struck ist der gleiche Mann, der u.U. schnell zu einer Entscheidungsfindung kommen muss, wenn es darum geht, eine Passagiermaschine aus Sicherheitsgründen abzuschießen. Oder nicht? - Oder doch? - Man stelle sich vor, in einer Maschine, deren Abschuss von ihm befohlen wird, sitzt auch nur ein Jude. - Hat man  das bedacht? - Sollte man da nicht - sicherheitshalber - Paul Spiegel in eine evtl. notwendig werdende Entscheidungsfindung einbeziehen? - Wenn jemand schon wegen einer dümmlichen Rede Strafanzeige erstattet... - (Oder: nur erstatten will?)

MdB Martin Hohmann war mit seiner Rede (am Nationalfeiertag!) sicherlich auf Stimmenfang. Man sollte sie schon in ihrer ganzen Länge, Satz für Satz, kennen. Da ist manches einfach dumm, manches geradezu "platt", aber exakt auf die Wählermeinung abgestimmt, auf den Beifall der Massen ausgerichtet. Wie Politiker das so machen. Und Marketingexperten. Aber die Rede führt zu einem "guten Ende": "Daher sind weder 'die Deutschen' noch 'die Juden' ein Tätervolk. Mit vollem Recht aber kann man sagen: Die Gottlosen mit ihren gottlosen Idiologien, sie waren das Tätervolk des letzten blutigen Jahrhunderts." - Der Segen des Papstes ist ihm gewiss.

"Des letzten blutigen Jahrhunderts"? - Wer wird wohl zum "Tätervolk des neuen blutigen Jahrhunderts" gemacht, gewählt werden? - Wer der "Vogel des Jahres" ist, wissen wir ja schon. In 2004: der Zaunkönig.

Und was hat der Herr General, Reinhard Günzel, "Verwirrtes" gemacht? Er hat in einem Brief an MdB Hohmann festgestellt: "...können Sie sicher sein, dass Sie mit diesen Gedanken der Mehrheit unseres Volkes eindeutig aus der Seele sprechen." - Was ist daran falsch? - Der Mann blickt durch.

Wenn man das gerade veröffentlichte Ergebnis einer europäischen Umfrage betrachtet, schätzt er die Realität richtig ein. - Dumm gelaufen. Für die Politiker. Die eigentlich keine sind. Sie machen keine Trends, sie laufen ihnen nach. Sie hören nicht zu, leben in ihrer eigenen Welt. Das meiste, was man von ihnen hört, kann man getrost vergessen. - Übrigens war an dem - antisemitischen - Ergebnis der europäischen Umfrage die "falsche Fragestellung" schuld. Sagt Nebenerwerbs-Politiker Berlusconi. - Also die richtigen Antworten auf die falschen Fragen? - Oder was will Berlusconi uns erklären?

Dagegen ist es manchmal sehr "erklärend", wenn man sich alter Zitate von Managern erinnert. Man versteht die Firma Ford z.B. in ihrer "Unternehmenskultur" viel besser, wenn sich der Worte von Firmengründer Henry Ford I. erinnert: "Unmöglich könnte ich tagaus, tagein das gleiche tun; für andere, ja für die meisten Menschen jedoch ist das Denken müssen eine Strafe. Ihnen schwebt als Ideal eine Arbeit vor, die keinerlei Ansprüche an den Schöpferinstinkt stellt." (Hat der vielleicht auch Politiker der damaligen Zeit näher gekannt?)

Ford hat seine Einstellung auch mit einer anderen Aussage unterstrichen: "Ich liebe den Gesang der Vögel, kann selbst aber nicht singen. Der Tenor Caruso hingegen besitzt eine außergewöhnliche Stimme. Gleichheit ist nicht nur gefährlich, sie ist vor allem widernatürlich. Die Arbeiter können bei der Arbeit nicht räsonieren, ebenso, wie ich nicht singen kann. Wollen sie dennoch ihre Originalität beweisen, so sind sie in der Fabrik fehl am Platze."

Es ehrt also die vielen Ford-Mit-Arbeiter, wenn sie demnächst - wie geplant - bei Ford ausgemustert oder entlassen werden. Vielleicht haben sie zuviel Originalität bewiesen, mitgedacht, Dinge entschieden, Schöpferinstinkt bewiesen. - Da ist man bei Ford als Arbeiter fehl am Platz. - Übrigens auch anderswo.

Und Mercedes ist z.B. schuld, wenn es heute doch - entgegen der Becker-These (s.o.) - viele schlechte Autofahrer gibt: dank des A-Klasse-Debakels gibt es  nun ESP. Und mit ESP können heute selbst schlechte Autofahrer überleben. Und mit Hilfe des Sozialamtes vermehren die sich noch. (Viagra wird auch bezahlt.) - Und damit wären wir dann auf dem Niveau der Hohmann-Rede.

Ich möchte daraus den "Motorteil" zitieren: "Meine Damen und Herren, es wird Sie überraschen, dass der amerikanische Autokönig Henry Ford 1920 ein Buch mit dem Titel "The International Jew" herausgegeben hat. Dieses Buch hat in den USA eine Auflage von 500.000 Exemplaren erlebt. Es wurde ein Weltbestseller und in 16 Sprachen übersetzt. Darin prangert Ford die Juden generalisierend als 'Weltbolschewisten' an. Er vermeinte, einen 'alljüdischen Stempel auf dem roten Russland' ausmachen zu können wo damals die bolschewistische Revolution tobte. Er bezeichnete die Juden in 'hervorragendem Maße' als 'Revolutionsmacher'. Dabei bezog er sich auf Russland, Deutschland und Ungarn. Ford brachte in seinem Buch eine angebliche 'Wesensgleichheit' von Judentum und Kommunismus bzw. Bolschewismus zum Ausdruck."

Ja, ja - der gute alte Henry! - Nun verstehe ich auch den alten Ford-Werbespruch: "Ford weist den Weg". Aber ich verstehe auch, dass Ford immer weniger Automobile verkauft. Ich habe jetzt erst erfahren - da vor meiner Zeit deutlich geworden - welche Einstellung Henry Ford den Juden gegenüber hatte. Henry Ford I. ist tot. Aber seine Nachfolger haben vor Jahren u.a. Volvo, Jaguar und Aston Martin gekauft. Und Juden vergessen nicht. Da wird einem klar, in welch einem Dilemma die Juden heute leben müssen: Sie werden unter den Mangelerscheinungen im automobilen Premiumbereich leiden müssen.

Ich verstehe nun auch, wenn es mit dem Ford-Automobilgeschäft derzeit  nicht so recht klappt. Vielleicht liegt das aber - auch - am Niveau. Dabei hat sich Ford (beim Buch) richtig Mühe gegeben. Wie auch der Herr MdB Hohmann in seiner Rede. - Niveau?

Das gibt es auch anderswo. Fragt sich nur: Welches?

Da schreibt gerade einer meiner Leser: "Ich will Ihnen zu aller erst für Ihre hervorragenden Seiten gratulieren! Ich bin seit etwa einem Jahr "Stammleser", wobei ich schon fast dachte, dass Sie mit dem Schreiben aufhören würden (wegen der Pause). Gut dass Sie es nicht getan haben! Ich muss sagen, bevor ich (durch Zufall) auf Ihre Site traf, war mir gar nicht bewusst, wie einseitig die "Motorpresse" in Deutschland ist. Ich hab mir da auch gar keine Gedanken gemacht, wenn ich ehrlich bin."

Und das ist "des Pudels Kern": man macht sich zu wenig Gedanken. Über alles. Und darum habe ich heute mal "über alles" geschrieben. Um anzustoßen. Nicht nur über Automobile, Motoren und Rennen. Meine heute gleichzeitig erschienenen Geschichten sind aber "ohne alles". - Obwohl: sie sind "nicht ohne".

Noch einmal zurück zu Boris Becker. Der war ja nicht nur Sportler, der hat sich auch als Geschäftsmann versucht. Zum Beispiel als Mercedes-Händler. Vielseitig, dieser Mann! Und da hätte ich dann noch einen Tipp für ihn. Zur Kostensenkung in seinem Mercedes-Betrieb: bei Tageszulassungen kostet jedes Nummernschild, jeder TÜV-Stempel Gebühren. Und wenn man mal 30 oder 50 Tageszulassungen hat... - das summiert sich. Da lässt sich sparen. Wenn die Zulassungsstelle mitspielt. Eine Mercedes-Niederlassung kann hier für Mercedes-Händler Boris Becker als Vorbild dienen: die in Reutlingen. Dort zahlt man inzwischen für all die Kleinigkeiten nicht mehr. - Das wird dort die Mercedes-Statistik sicherlich verbessern.

Denn um was geht es heute eigentlich: doch nur um die richtige öffentliche Darstellung, um das Sich-optimal-Verkaufen. Nicht um die Wahrheit. Alles muss "stimmen". Und wenn es nicht stimmt, dann muss man es stimmend machen. - Oder zumindest so aussehen lassen. Auch in der Statistik.

Um die "Mischung" in diesem "Guten Tag" abzurunden, könnte ich jetzt Albert Camus zitieren, der einmal gesagt hat: "Die Grausamkeit empört, aber die Dummheit entmutigt."

Aber ich finde, hier passt Bärbel Schäfer noch besser, die dem "stern" anvertraute: "Das Leben ist so gerecht, wie man es sich recht macht."

Recht so.

Herzliche Grüße aus der Eifel

Wilhelm Hahne

PS: Ganz ernsthaft: noch in der Volksschule, so um 1941, hat einer meiner Lehrer den Verdacht gehabt, dass ich - warum auch immer - jüdischer Abstammung sein könne. Sein Argument: "Juden haben oft so einen Tiernamen, wie du auch einen trägst". Und er hat immer wieder hinterfragt und - als engagierter Parteigenosse - versucht mich und meine Geschwister als Juden zu entlarven. Mit dem Ergebnis, dass mich meine Mitschüler hänselten: Jude, Jude, Jude. - Das hat sich dann wieder verloren. Aber ich habe das nicht vergessen. - Ich kann nicht dafür, dass ich kein Jude bin. Auch nicht, dass mein Vater ein "Fan" der Juden war. Er hatte seine kaufmännische Ausbildung in einer jüdischen Privatbank erfahren. Und ich habe von ihm nur Gutes über die Juden gehört. Er verdankte ihnen viel. - Darum verstehe ich jetzt diesen "Blödsinn" nicht. Weder von dieser, noch von der anderen Seite. - Sind wir eigentlich nicht alle "erwachsene Menschen"? -


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