Der  normale Arbeitstag eines Motor-Journalisten

Eigentlich ist dieser Mittwoch (5. November) wie jeder Tag. Hoffentlich wird es heute schön, denke ich, als um 5:30 Uhr aufstehe. Nach dem Frühstück schaue ich ins Internet. Normales Programm, normale Schlagzeilen, die übliche Information. Irgendwer hat heute die Nordschleife gemietet. Weil sich einige Leute um eine Erklärung gedrückt haben, weiß ich, dass es interessant sein könnte. Könnte. Also mache ich meine Kamera fertig. Die größere. Eine kleinere habe ich immer dabei. Dann noch ein paar Telefonate, die E-mail abgerufen, ein paar davon beantwortet und - fertig zur Abfahrt.

Ganz geheime Opel-Testfahrten

03-11-09/01. - Als ich vors Haus trete, scheint die Sonne wunderbar auf einen Baum der unterhalb der Burgruine steht, auf die ich blicke. Ein wunderschönes Bild. Ich denke, das sollte man mit der Kamera festhalten. Warum sollte man nur Automobile fotografieren?

Und ich fahre nun die rund 10 Kilometer zur nächsten Tankstelle. So ist das nun mal in der Eifel. Nichts ist sofort greifbar. Auch meine täglichen Zeitungen und Zeitschriften hole ich hier an der Tankstelle. Zum jeweiligen Zeitschriftenpreis kommen also immer rund 20 Kilometer Fahrtkosten. Ich zeige Ihnen mal das Tankstellen-Logo, damit auch Sie diese Einkaufsquelle (darauf komme ich noch) direkt an der B 258 finden können:

Nachdem ich meine Zeitungen gekauft habe, fahre ich mal ins "Industriegebiet". Mal schauen, ob es irgendwo, besonders aber bei "Phoenix", dem Opel-Einsatzteam, Bewegung gibt. Aber alles scheint ruhig.

So fahre ich weiter zum "Brünnchen", wo ich mich zunächst einmal dem Lesen der Zeitungen widme. Es ist nichts los. Also fahre ich mal zum "Bergwerk". Es ist dort alles richtig nass. Und auch andere Stellen, die ich - sozusagen im Vorbeifahren - inspiziere, sind stellenweise sehr feucht. Vielleicht sind das sogar die richtigen Bedingungen für eine besondere Art von Tests.

Ich fahre wieder zurück zum "Brünnchen". Dort stehen inzwischen ein paar Motorrad- und Autofahrer und klönen im warmen Sonnenschein. Hier, wo die Sonne die Straße gut erreicht, ist die Strecke - zumindestens auf der Ideallinie trocken. Aber oben, wo es wieder in den Wald geht, ist es richtig feucht. Schmierig feucht, weil das abfallende Laub die Strecke nicht griffiger macht.

Aus Langeweile fotografiere ich mein Standortumfeld.

Und ich mache mir so meine Gedanken. Über dieses und Jenes. Notiere mir einige Dinge die mir einfallen, rufe mal diesen mal jenen an. Ich kann also auch hier in meiner "Wartezeit" arbeiten. - Und dann höre ich Motorengeräusch. Erstaunlich, wie leise so ein Rennauto ist. Und dann kommt er:

Opel testet also schon intensiv im Hinblick auf das 24-Stunden-Rennen, das am 12./13. Juni 2004 durchgeführt werden soll. Wenn ich das richtig sehe, arbeitet man an der Aerodynamik. Der Heckflügel... - Ich muss das mal beobachten. - Aber dann ist Ruhe. Nichts rührt sich mehr.

Also mache ich mir mal wieder ein paar Gedanken, weil ich von meinem Standort aus gerade auf ein Werbeschild der Nürburgring GmbH blicke. Das Schild sieht so aus:

Das "neue" hat man mit gelber Farbe überpinselt. Nicht gut gemacht. Das wirkt wie repariert, macht in jedem Falle darauf aufmerksam, dass in der sogenannten "Erlebniswelt" nichts mehr "neu" ist. Und warum schreibt man "Aktion" mit "C", warum das auch bei "Attraktion"? - Wir sind in der Eifel. - Warum steht das Zeichen "Erlebniswelt" auch noch (aus meiner Sicht) rechts? - Die Markette auf der linken Seite hätte genügt. Ich hätte auch das "neue" stehen lassen und mit einem auf einem Einschubhaken stehendes "immer wieder" ergänzt, was sicherlich einige Leute dazu bringen würde, mal wieder in der "Erlebniswelt" aufzukreuzen, weil sich dort - wie das auch normal ist - immer wieder etwas ändert, etwas ergänzt wird, eben "immer wieder neu" ist. - Aber das ist eigentlich nicht mein Problem. Nur: ich kann nicht anders als mitdenken.

Man hört in der Ferne ein leichtes Grollen. Aber das ist wohl ein Flugzeug. Und während ich den Himmel danach absuche, fällt mir das Gedicht ein: "Über allen Wipfeln ist Ruh'". Das ist in der Eifel inzwischen auch nicht mehr so. Der Beweis:

Aber nun wird mir doch langweilig und ich beschließe einmal zur Einfahrt Nordschleife zu fahren. Dort müsste sich das Opel-Team doch aufhalten.Und richtig:

Alle Tore geschlossen und demonstrativ Fahrzeuge - natürlich Opel - davor geparkt. Innen parken  die Service-Fahrzeuge, das Feuerwehrfahrzeug, der Krankenwagen. Mehr oder weniger gut gegen Blicke von außen geschützt. Und dann sehe ich Volker Strycek "zur Arbeit gehen":

Also begebe ich mich jetzt in den Streckenabschnitt "Tiergarten". Ich weiß zwar, das heute die Lichtverhältnisse überall nicht ideal sind, aber ich kann mir vorstellen, dass der Opel bei Topspeed schon ein paar Blätter aufwirbelt. Und ich kenne dort eine Stelle... -

Dann höre ich das Motorengeräusch des startenden Fahrzeugs, dass sich aber - was ist das? - in die Gegenrichtung entfernt. Mir ist aber sofort klar: Strycek fährt zunächst entgegen der normalen Fahrtrichtung, um dann kurz vor dem "Galgenkopf" zu drehen und - Vollgas! - So passiert er in voller Fahrt die Zeitnahme und man kann so auch eine vergleichbare Zeiten messen. Denn bei der Durchfahrt... - Aber zunächst höre ich ihn kommen. Wenn er meine Stelle passiert, müsste der Speed so um 260 km/h liegen. Da es aber auch hier noch richtig feucht ist... - Aber wunderbar: ein paar Blätter fliegen.

Sie können auf diesen Fotos auch erkennen, wie schmierig die Strecke ist. Da kann man sich ausrechnen, dass hier keine Superzeiten zustande kommen. Aber wenn ich die auch mitstoppen will, dann muss ich mich jetzt beeilen, um zu einer anderen Stelle der Geraden zu kommen.

Ich werde erst später, im Verlaufe des Abend, bei meiner Arbeit am Computer die Zeit ermitteln können. Und als ich sie kenne - um 7:45 min - bin ich ganz schön nachdenklich. Das bedeutet nämlich, das man mit diesem Opel bei trockenen Streckenverhältnissen und einer besseren Asphalttemperatur, die dann auch mehr Grip vermittelt, klar unter sieben Minuten fahren kann.

Was noch wichtig ist zur Beurteilung der Fahrzeiten: im letzten Jahr fuhr Opel - aber auch Audi - noch ohne ABS-System. Nur BMW nutzte dieses System, was aber bei dem idealen Rennwetter nicht so zum Tragen kam, wie es bei Regen - aber auch nur feuchten Straßen - zum Tragen gekommen wäre. Opel wird in 2004 auch ein ABS-System verwenden, nach meiner Beobachtung das gleiche, das auch bei BMW zum Einsatz kam. Es wurde z.B. über einen Gierraten-Sensor weiter perfektioniert, ist wahnsinnig schnell im Druckaufbau, aber nicht unbedingt schneller als ein Serien-ABS in den Regelzyclen. Das würde das Automobil bei voller Ausnutzung der Möglichkeiten zu unruhig machen. Um einen Eindruck zu vermitteln: so ein ABS kostet, perfekt an das jeweilige Rennfahrzeug angepasst, so nahe 40.000 Euro. - Und weil wir einmal beim Thema sind: Bosch macht nach meiner Kenntnis heute kein Renn-ABS mehr. Das letzte mir bekannte Bosch-Renn-ABS-System wurde im Porsche GT1 verbaut und verfolgte eine andere - nennen wir es mal - "Philosophie" als das von Conti-Teves, das heute auf diesem Sektor die Hauptrolle spielt.

Übrigens: mein erster Eindruck war richtig. Opel versuchte das aerodynamische System zu optimieren, weil man mit zu viel Abtrieb, auf der Nürburgring-Nordschleife - gerade mit so einem schnellen Auto - eine Menge verschenkt. Volker Strycek war auf der Suche nach der optimalen Einstellung, der, mit der sich die schnellsten Rundenzeiten auf der Nordschleife erzielen lassen. - Aber wie gesagt: das bleibt unter uns, das ist alles geheim.

Eigentlich könnte ich jetzt noch das Einsatzfahrzeug oben - vielleicht beim Wenden - fotografieren. Und so fahre ich zur "Tankstelle Döttinger Höhe", parke dort meinen Wagen um dann festzustellen, dass ich "auf die Schnelle" nicht zu meinem gedachten Platz kommen kann. Also versuche ich ein Foto durch den Zaun zu schießen, das einen Eindruck von der Geschwindigkeit des Opel vermitteln soll. Aber...

...das gelingt mir nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich hätte mir den Opel (bei 1/125 sec) mehr als "zerrissenen Farbfleck" vorgestellt.

Nun will ich langsam Feierabend machen, noch kurz tanken... - Und beim Tanken lese ich, was man auf einem Laufsschriftband mitteilt:

Und dann kann ich es kaum fassen. Hätte ich doch nur bei meinem Zeitungskauf schon auf die Laufschrift geschaut. Dort steht doch tatsächlich:

Ich komme mir vor wie jemand der durchs Fenster einsteigt, weil er übersehen hat, dass die Eingangstür offen steht. "Geheime Testfahrten" gibt es wohl in der Eifel nicht.

Ich fahre noch mal bei Phoenix vorbei, wobei mir auffällt...

...dass dort inzwischen Michelin-Fahnen wehen. In der DTM fährt man - weil es nicht anders zulässig ist - Dunlop. Im letzten Jahr waren beim 24-Stunden-Rennen auch Dunlop-Reifen im Einsatz. Ich fragte damals Volker Strycek, warum er nicht die besseren Michelin - die auch schneller sind! - fahren würde. "Wir haben einen Vertrag mit Dunlop", war seine Antwort. Meine darauf: "Aber den hat Audi auch. Trotzdem fahren die beim 24-Stunden-Rennen  Michelin." - Strycek hatte sich allerdings spezielle Dunlop-Reifen (auf der Basis der Rennreifen aus der japanischen GT-Meisterschaft) besorgen lassen. Aber inzwischen weiß wohl auch er (was ich schon damals wusste): Wenn man richtig schnell sein will, kommt man an Michelin nicht vorbei. Ich denke, dass der Vorteil des Michelin zum Dunlop auf der Nordschleife zwischen 5 und 10 sec pro Runde liegt. Wenn man den Reifen wirklich nutzt.

Fast hätte ich noch ein Foto von der Tankstelle vergessen. Und das ist gleichzeitig ein Tipp:

Denn bald ist Weihnachten. Und ich erlebe jedes Jahr, wie die Fans von Modellautos von Nürnberg, Frankfurt, Köln, Essen - einfach von überall her - anreisen, weil H. Joachim Retterath, hier ein (natürlich bewusst "künstlerisches", unscharfes) Foto von ihm und seiner Frau...

...einfach die größte Auswahl weit und breit hat. Seine Telefon-Nummer: 02691-92390. (Wenn Sie etwas Bestimmtes suchen.)

Inzwischen ist - an der Tankstelle - der Mond aufgegangen:

Aber als ich dann nach Hause kommen, da mache ich das Mondfoto noch einmal, weil es nun das gleiche Motiv wie am Morgen, nur zur anderen Stunde zeigt:

Ein Arbeitstag geht - fast - zu Ende. Die nächsten Stunden verbringe ich am Computer, bringe die Fotos auf die Festplatte, bearbeite sie so, dass Sie als Leser und Betrachter nicht zu lange auf den Bildaufbau warten müssen, stimme die Größe auf die Laufbreite der Geschichte im Internet ab. - Wenn Sie diese Geschichte lesen, habe ich für diesen Bericht über "geheime Testfahrten" so um 16 - 18 Stunden aufgewendet.

Mir hat es Spaß gemacht. Und für Sie ist sicherlich die eine oder andere Information neu. - Bei mir ist das "neu" auch nicht gestrichen, übermalt.

MK/Wilhelm Hahne


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